Allgemeine Zeitung, Nr. 15, 16. Januar 1924.Allgemeine Zeitung Nr. 15 Mittwoch, den 16. Januar 1924. [Spaltenumbruch]
Das Bedeutendste gibt der deutschnatio- "Auch das Wahlrecht bedarf einer Aen- Herr Strathmann hat also die Maske All diese überholt geglaubten Vor- Nicht ohne weiteres aber möchten wir Im übrigen: Was sagen die christlich- Alles in Allem: ein prächtiger Vor- Die englische Thronrede London, 15. Januar.Der König begab sich Meine Beziehungen zu den auswär- Der König wandte sich hierauf den inner- Die Rede ging dann weiter auf die Pläne der Frankreichs Rückzug in der Pfalzfrage Paris, 15. Januar.Es bestätigt sich, daß die Italienisch-albanischer Zwischenfall Rom, 15. Januar.Die Blätter bringen die Streik auf der "Heinrichshütte" Bochum, 15. Januar.Auf der "Heinrichs- Arbeiterunruhen im Solinger Industriegebiet Solingen, 15. Jan.Hier wurden einzelne grö- Berufungsverhandlung im Düsseldorfer Prozeß Düsseldorf, 15. Jan.Ueber die von den Ver- Tagung der demokratischen * Dresden, 15. JanuarReichstagsfraktion Gestern hat hier eine "Wir sind," so sagte er, "in die Mitte der Par- Reichsminister a. D. Dr. Koch wies darauf Er schloß seine Ausführungen: "Wir haben die Reichswirtschaftsminister Dr. Hamm betonte, Ferner kamen zur Erörterung die auswärtige Im weiteren Verlaufe kamen die schweren Be- In diese Debatte griff auch Reichswirtschafts, Ebert an Petersen Berlin, 15. Jan.Reichspräsident Ebert hat [Spaltenumbruch] Nebeneinander Horus besucht Hora; sie wohnt im Hotel, in Er öffnet die Balkontür, der Balkon ist gerade Es ist nach Tisch, die Sonne steht über den Darauf liegen zwanzig Menschen, wie Tote Hora sieht ihn an; da er ihren Blick nicht er- Es ist ein Blatt für die Dame; der Redakteur Hirt und Nymphe treten auf, Paris gibt sein Hora denkt: immer ist Antike, wo unter losem Auch Horus hat die Stimme Pans vernommen. Sein Blick streift Hora. Er sieht, daß sie die Nun redet er sich zu, morgen, beim Skilauf, Und er träumt, wie Hora sein könnte, wenn sie Hora schaut unter den Lidern zu ihm herüber So sinnen sie parallel zueinander und suchen Ein gutes Beispiel Heute ist die Zeit gekommen, in der man aus Architektur ist Hintergrund, Folie fürs Men- Wer wird's? Das Frankfurter Opernhaus ist Jawohl, hie Bekker. Der neue Mann ist kein Infolge dieser Komplikation und mancher Eine heitere musikalische Soiree in Alt-Wien. Einem verehrungswürdigen Publikum der Diese lustige Form hat die "Konzertge- Allgemeine Zeitung Nr. 15 Mittwoch, den 16. Januar 1924. [Spaltenumbruch]
Das Bedeutendſte gibt der deutſchnatio- „Auch das Wahlrecht bedarf einer Aen- Herr Strathmann hat alſo die Maske All dieſe überholt geglaubten Vor- Nicht ohne weiteres aber möchten wir Im übrigen: Was ſagen die chriſtlich- Alles in Allem: ein prächtiger Vor- Die engliſche Thronrede London, 15. Januar.Der König begab ſich Meine Beziehungen zu den auswär- Der König wandte ſich hierauf den inner- Die Rede ging dann weiter auf die Pläne der Frankreichs Rückzug in der Pfalzfrage Paris, 15. Januar.Es beſtätigt ſich, daß die Italieniſch-albaniſcher Zwiſchenfall Rom, 15. Januar.Die Blätter bringen die Streik auf der „Heinrichshütte“ Bochum, 15. Januar.Auf der „Heinrichs- Arbeiterunruhen im Solinger Induſtriegebiet Solingen, 15. Jan.Hier wurden einzelne grö- Berufungsverhandlung im Düſſeldorfer Prozeß Düſſeldorf, 15. Jan.Ueber die von den Ver- Tagung der demokratiſchen * Dresden, 15. JanuarReichstagsfraktion Geſtern hat hier eine „Wir ſind,“ ſo ſagte er, „in die Mitte der Par- Reichsminiſter a. D. Dr. Koch wies darauf Er ſchloß ſeine Ausführungen: „Wir haben die Reichswirtſchaftsminiſter Dr. Hamm betonte, Ferner kamen zur Erörterung die auswärtige Im weiteren Verlaufe kamen die ſchweren Be- In dieſe Debatte griff auch Reichswirtſchafts, Ebert an Peterſen Berlin, 15. Jan.Reichspräſident Ebert hat [Spaltenumbruch] Nebeneinander Horus beſucht Hora; ſie wohnt im Hotel, in Er öffnet die Balkontür, der Balkon iſt gerade Es iſt nach Tiſch, die Sonne ſteht über den Darauf liegen zwanzig Menſchen, wie Tote Hora ſieht ihn an; da er ihren Blick nicht er- Es iſt ein Blatt für die Dame; der Redakteur Hirt und Nymphe treten auf, Paris gibt ſein Hora denkt: immer iſt Antike, wo unter loſem Auch Horus hat die Stimme Pans vernommen. Sein Blick ſtreift Hora. Er ſieht, daß ſie die Nun redet er ſich zu, morgen, beim Skilauf, Und er träumt, wie Hora ſein könnte, wenn ſie Hora ſchaut unter den Lidern zu ihm herüber So ſinnen ſie parallel zueinander und ſuchen Ein gutes Beiſpiel Heute iſt die Zeit gekommen, in der man aus Architektur iſt Hintergrund, Folie fürs Men- Wer wird’s? Das Frankfurter Opernhaus iſt Jawohl, hie Bekker. Der neue Mann iſt kein Infolge dieſer Komplikation und mancher Eine heitere muſikaliſche Soiree in Alt-Wien. Einem verehrungswürdigen Publikum der Dieſe luſtige Form hat die „Konzertge- <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div type="jComment" n="2"> <pb facs="#f0002" n="2"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Allgemeine Zeitung</hi> Nr. 15 Mittwoch, den 16. Januar 1924.</fw><lb/> <cb/> <p>Das Bedeutendſte gibt der deutſchnatio-<lb/> nale Führer Strathmann aber in folgen-<lb/> dem Abſatz von ſich, den wir aus guten<lb/> Gründen <hi rendition="#g">im Wortlaut</hi> zitieren wollen:</p><lb/> <cit> <quote>„Auch das Wahlrecht bedarf einer Aen-<lb/> derung, und zwar in dem Sinne, daß das<lb/> jetzige, rein atomiſtiſche Wahlrecht durch<lb/> organiſche Geſichtspunkte ergänzt wird.<lb/> Dieſe Ergänzung iſt zu ſuchen in der Ein-<lb/> führung von Zuſatzſtimmen etwa für alle,<lb/> die einen ſelbſtändigen Betrieb leiten, oder<lb/> für alle, die mindeſtens <hi rendition="#g">eine</hi> verſiche-<lb/> rungspflichtige Perſon beſchäftigen oder<lb/> ähnlich. Andeutungen in dieſer Richtung<lb/> hat auch der Abgeordnete Held gemacht.“</quote> </cit><lb/> <p>Herr Strathmann hat alſo die <hi rendition="#g">Maske<lb/> fallen laſſen, weshalb in Wirk-<lb/> lichkeit die Verfaſſungsreform<lb/> nötig iſt. Man will die Entrech-<lb/> tung der breiten Volksmaſſen,<lb/> der Arbeiter, Angeſtellten und<lb/> Beamten. Man will ein Plural-<lb/> recht</hi> nach ſächſiſchem Muſter in einem<lb/> Moment, wo unter dem allgemeinen,<lb/> gleichen Wahlrecht die ſächſiſchen Städte<lb/> bürgerliche Mehrheiten liefern! Man will<lb/> die wirtſchaftlich Selbſtändigen ſcheinbar<lb/> bevorzugen, ohne zu bedenken, daß heute<lb/> Ruhe und Ordnung und der reibungsloſe<lb/> Gang des Wirtſchaftslebens für dieſe<lb/> Kreiſe viel bedeutſamer iſt als eine ſolche<lb/> Bevorzugung, wobei noch gerade in<lb/> Bayern die Angſt vor der Sozialdemo-<lb/> kratie ohnedies ausſcheidet, da dieſe Par-<lb/> tei in Bayern allein niemals die Mehrheit<lb/> bekommen kann! Die Angſt vor der So-<lb/> zialdemokratie kann alſo <hi rendition="#g">nicht</hi> die<lb/> Triebfeder zu dieſen Anträgen ſein. <hi rendition="#g">Man<lb/> will vielmehr den Klaſſen-<lb/> kampf und den Klaſſenſtaat im<lb/> Prinzip!</hi> Nun wird klar, daß die<lb/> heutige Deutſchnationale Volkspartei nichts<lb/> anderes iſt, als die <hi rendition="#g">alte konſer-<lb/> vative Partei der Heydebrand<lb/> und Genoſſen,</hi> die von der <hi rendition="#g">Vor-<lb/> enthaltung eines gerechten<lb/> Wahlrechts parteipolitiſch ge-<lb/> werbsmäßig lebten</hi> und gerade<lb/> dadurch die auch von uns bedauerten<lb/> Fehler der Sozialdemokratie in erſter<lb/> Linie mitverſchuldet haben.</p><lb/> <p>All dieſe überholt geglaubten Vor-<lb/> ſtellungen über „Staat“ und „Staatskunſt“<lb/> nach dem Herzen dieſer Leute leben<lb/> alſo wieder auf! Dazu ſoll die baye-<lb/> riſche Verfaſſungsreform und die Aen-<lb/> derung der zur Verfaſſungsänderung<lb/> nötigen Mehrheit in Wahrheit dienen!<lb/> Und daß gerade in dem Blatte des<lb/> dem „liberalen“ Flügel der Deutſch-<lb/> nationalen Volkspartei angehörigen Herrn<lb/><hi rendition="#g">Traub</hi> dieſe ungeheure Provokation<lb/> gegen das Gerechtigkeitsgefühl und die<lb/> Vorſtellungen des Liberalismus ſich findet,<lb/> iſt nicht verwunderlich.</p><lb/> <p>Nicht ohne weiteres aber möchten wir<lb/> annehmen, daß auch der Abg. <hi rendition="#g">Held</hi> und<lb/> die <hi rendition="#g">bayer. Volkspartei ſich auf<lb/> dieſen abſchüſſigen Pfad be-<lb/> geben wollen</hi>. Zwar hat ja Herr Held<lb/> in der letzten Zeit ſeine Augen ſtark nach<lb/> rechts gerichtet, z. B. in der Frage des<lb/><cb/> Koalitionsrechts, und auch manch andere<lb/> Zuſammenhänge könnten einen ſtutzig<lb/> machen.</p><lb/> <p>Im übrigen: Was ſagen die <hi rendition="#g">chriſtlich-<lb/> nationalen Wählerkreiſe</hi> zu<lb/> dieſen Plänen einer der Regierungspar-<lb/> teien? <hi rendition="#g">Was ſagen die chriſtlich-<lb/> nationalen Gewerkſchaftler</hi>, die<lb/><hi rendition="#g">deutſchnationalen Handlungs-<lb/> gehilfen</hi>, die <hi rendition="#g">Beamtenſchaft</hi> und<lb/><hi rendition="#g">alle anderen Berufsgruppen,<lb/> die an die Wand gedrückt wer-<lb/> den ſollen?</hi> Die Zuſatzſtimme über<lb/> das 40. Lebensjahr dürfte übrigens vor<lb/> allem gegen die <hi rendition="#g">Deutſch-Völkiſchen</hi><lb/> gemünzt ſein, die ja überwiegend aus<lb/> jüngeren Jahrgängen ſich rekrutieren und<lb/> deren Konkurrenzliſte, die bereits im kräf-<lb/> tigen Werden begriffen iſt, wenn wir<lb/> richtig unterrichtet ſind, auf dieſe Weiſe<lb/> an die Wand gedrückt werden ſoll.</p><lb/> <p>Alles in Allem: ein prächtiger Vor-<lb/> ſchlag zur Schaffung von Unordnung<lb/> und Unfriede! ... Von den Parteien, die<lb/><hi rendition="#g">nicht</hi> daran denken, Wahlrechtsver-<lb/> ſchlechterungen vorzunehmen, glauben wir,<lb/> daß ſie dieſem unerhörten Angriff auf den<lb/> ſozialen Frieden und die ruhige Fort-<lb/> entwicklung mit ſchärfſtem Nachdruck ent-<lb/> gegentreten und dem ganzen Lande endlich<lb/> zeigen, warum in Wirklichkeit die Baye-<lb/> riſche Verfaſſung geändert werden ſoll:<lb/><hi rendition="#g">zur Aufrichtung einer öden<lb/> Klaſſenherrſchaft!</hi></p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die engliſche Thronrede</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">London,</hi> 15. Januar.</dateline><lb/> <p>Der <hi rendition="#g">König</hi> begab ſich<lb/> heute in dem üblichen zeremoniellen Aufzug vom<lb/> Bukingham-Palaſt nach <hi rendition="#g">Weſtminſter</hi>, um dort<lb/> in den althergebrachten Formeln das <hi rendition="#g">Parla-<lb/> ment mit ſeiner Thronrede zu er-<lb/> öffnen</hi>. Er war begleitet von der <hi rendition="#g">Königin</hi><lb/> und wurde auf ſeiner Fahrt von der die Straßen<lb/> dicht ſäumenden Menſchenmenge begeiſtert be-<lb/> grüßt. Auch der Prinz von Wales und der Herzog<lb/> von York begaben ſich unter den lauten Huldigun-<lb/> gen der Volksmenge ins Parlament. Nach den<lb/> üblichen Einleitungsformalitäten verlas der König<lb/> ſeine <hi rendition="#g">Thronrede,</hi> in der er ungefähr aus-<lb/> führte:</p><lb/> <cit> <quote>Meine <hi rendition="#g">Beziehungen zu den auswär-<lb/> tigen Mächten</hi> werden auch weiterhin freund-<lb/> ſchaftlicher Natur ſein. Ich freue mich, mitteilen<lb/> zu können, daß in der <hi rendition="#g">Löſung der Fragen</hi>,<lb/> die bisher den Weg gegenſeitigen Verſtändniſſes<lb/> behinderten und die die Wiedererholung der Welt<lb/> verzögert haben, <hi rendition="#g">ein endgültiger Fort-<lb/> ſchritt erzielt worden iſt</hi>. Die <hi rendition="#g">Repa-<lb/> rationskommiſſion hat zwei Aus-<lb/> ſchüſſe</hi> eingeſetzt, in denen Sachverſtändige der<lb/> Vereinigten Staaten gemeinſchaftlich mit den Ver-<lb/> tretern der Alliierten die Fragen zu prüfen haben,<lb/> die in der <hi rendition="#g">Reparation Deutſchlands</hi><lb/> eine entſcheidende Rolle ſpielen werden. Der zu-<lb/> künftige Zuſtand der <hi rendition="#g">Tanger-Zone in<lb/> Marokko,</hi> der ſo lange Zeit eine Quelle der<lb/> Uneinigkeit geweſen iſt, iſt der Gegenſtand eines<lb/> zwiſchen den daran beteiligten Mächten getroffenen<lb/> Abkommens geworden. Demnächſt wird ein Ge-<lb/> ſetzentwurf zur Ratifikation des <hi rendition="#g">Lauſanner<lb/> Vertrages</hi> vorgelegt werden. Es wird weiter-<lb/> hin der Gegenſtand meiner Beſtrebungen ſein,<lb/> den <hi rendition="#g">Einfluß des Völkerbundes</hi> mit allen<lb/> mir zu Gebote ſtehenden Kräften und Mitteln zu<lb/> befeſtigen. Die letzten <hi rendition="#g">britiſchen Reichs-<lb/> konferenzen</hi> haben in der Frage der inner-<lb/> reichlichen Zuſammenarbeit bemerkenswerte Fort-<lb/> ſchritte erzielt. Vorſchläge, um die von beiden<lb/> Konferenzen gefaßten Beſchlüſſe in Kraft zu ſetzen,<lb/><cb/> werden Ihnen vorgelegt werden. Ich begrüße die<lb/> günſtige Gelegenheit, die durch die kommende<lb/><hi rendition="#g">Reichsausſtellung</hi> dem wirtſchaftlichen Le-<lb/> ben meines Reiches gewährt wird.</quote> </cit><lb/> <p>Der König wandte ſich hierauf den <hi rendition="#g">inner-<lb/> politiſchen Fragen</hi> zu und bemerkte ein-<lb/> leitend über die Ergebniſſe der unter dem <hi rendition="#g">Schutz-<lb/> zollgedanken</hi> ausgefochtenen letzten Wahlen.<lb/> Während ich mich freue, feſtſtellen zu können, daß<lb/> die zur Bekämpfung der <hi rendition="#g">Arbeitsloſigkeit</hi><lb/> gegenwärtig in der Ausführung begriffenen Maß-<lb/> nahmen das wertvolle Ergebnis gehabt haben, im<lb/> Laufe des letzten Jahres die Zahl der Arbeitsloſen<lb/> zu vermindern, ſo iſt dennoch dieſe Zahl der Er-<lb/> werbsloſen für mich der Gegenſtand ſorgenvollſter<lb/> Betrachtung. Es wird um ihre Zuſtimmung zur<lb/> Ausdehnung und Beſſerung der von dem Vor-<lb/> ſchlage der Reichswirtſchaftskonferenz vorgeſehenen<lb/><hi rendition="#g">Handelserleichterungen u. Ausfuhr-<lb/> kreditplänen</hi> gebeten, um gewiſſe öffentliche<lb/> Unternehmungen innerhalb des Imperiums zu<lb/> unterſtützen, und zwar dadurch, daß dieſe finan-<lb/> zielle Hilfe durch <hi rendition="#g">ſtaatliche Zuſchüſſe</hi> oder<lb/> ſolche von öffentlichen Körperſchaften ergänzt<lb/> werden.</p><lb/> <p>Die Rede ging dann weiter auf die Pläne der<lb/> Regierung ein, um der Schiffsbauinduſtrie durch<lb/> den ſofortigen <hi rendition="#g">Bau von Schlachtkreuzern</hi><lb/> Arbeit zu verſchaffen. Auch Fragen der Heran-<lb/> bildung techniſcher Hilfskräfte, um die Arbeits-<lb/> loſigkeit der Jugendlichen zu vermindern, auch die<lb/> beabſichtigte <hi rendition="#g">Ausdehnung der engliſchen<lb/> Luftſtreitkräfte</hi> im Intereſſe der nationalen<lb/> Verteidigung, die geſetzliche Anerkennung unehe-<lb/> licher Kinder, deren Eltern dann ſpäter geheiratet<lb/> haben, und eine ganze Reihe anderer Fragen der<lb/> inneren Politik wurden beſprochen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Frankreichs Rückzug in der Pfalzfrage</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Paris,</hi> 15. Januar.</dateline><lb/> <p>Es beſtätigt ſich, daß die<lb/> franzöſiſche Regierung wohl oder übel vorläufig<lb/> zum Rückgug gezwungen wurde, weil Lord Crewe<lb/> Poincaré am Sonntag früh vor die vollendete<lb/> Tatſache geſtellt hat, die mit der bereits erfolgten<lb/> Abreiſe Clives gegeben war.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Italieniſch-albaniſcher Zwiſchenfall</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Rom,</hi> 15. Januar.</dateline><lb/> <p>Die Blätter bringen die<lb/> Meldung von einem Zwiſchenfall in <hi rendition="#g">Valona</hi>.<lb/> Der erſte Offizier des dort angelangten Dampfers<lb/> „Serajewo“ wurde beim Betreten von albaniſchen<lb/> Offizieren und Mannſchaften ſchwer mißhandelt.<lb/><hi rendition="#g">Der italieniſche Geſandte verlangte<lb/> ſofort Genugtuung</hi>. Zunächſt wurde das<lb/> weitere Anlegen von italieniſchen Dampfern in<lb/> Valona eingeſtellt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Streik auf der „Heinrichshütte“</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Bochum,</hi> 15. Januar.</dateline><lb/> <p>Auf der „<hi rendition="#g">Heinrichs-<lb/> hütte</hi>“ in Nelper ſind infolge des bis heute be-<lb/> reits zehn Tage andauernden <hi rendition="#g">Streiks</hi> drei<lb/> Martinsöfen zum Einfrieren gebracht worden.<lb/> Die Notſtandsarbeiten am Turbinenwerk werden<lb/> von Ingenieuren, Meiſtern und Beamten ausge-<lb/> führt. Die Werkdirektion iſt durch das völlige<lb/> Stilliegen des Betriebes gezwungen, ſelbſt bei<lb/> Wiederaufnahme der Arbeit die ganze Stahlpro-<lb/> duktion auf unabſehbare Zeit einzuſtellen und die<lb/> Stahlmengen anderswoher zu beziehen. Die ge-<lb/> ſamte Belegſchaft von 4500 Mann ſtreikt wegen<lb/> Differenzen über die Arbeitszeit.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Arbeiterunruhen im Solinger Induſtriegebiet</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Solingen,</hi> 15. Jan.</dateline><lb/> <p>Hier wurden einzelne grö-<lb/> ßere <hi rendition="#g">Betriebe</hi> unter Anwendung von <hi rendition="#g">Ge-<lb/> walt</hi> ſtillgelegt. Auf den meiſten Großbetrieben<lb/> wird jedoch weitergearbeitet. In <hi rendition="#g">Opladen</hi> kam<lb/> es bei dem Verſuch einiger Streikender und Ar-<lb/> beitsloſer, die Eiſenbahnwerkſtätte ſtillzulegen, zu<lb/> Zuſammenſtößen mit örtlicher <hi rendition="#g">Polizei</hi> ſowie<lb/> mit ſpäter aus Köln eintreffenden Verſtärkungen.<lb/> Es wurden mehrere <hi rendition="#g">Verhaftungen</hi> vorge-<lb/> nommen. Ein Verſuch, das <hi rendition="#g">Gefängnis zu<lb/> ſtürmen</hi> und die <hi rendition="#g">Gefangenen zu be-<lb/> freien,</hi> konnte vereitelt werden. Ausgeſperrte<lb/> und Arbeitsloſe verſuchten, in der Eiſenfabrik<lb/> Chriſtian Nundorf einzudringen und den Betrieb<lb/><cb/> ſtillzulegen. Der Fabrikbeſitzer und ſein Sohn<lb/> ſuchten dies zu verhindern. Es fielen einige<lb/> Schüſſe, durch die mehrere <hi rendition="#g">Arbeiter verletzt</hi><lb/> wurden. Die beiden Fabrikbeſitzer wurden ſo be-</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Berufungsverhandlung im Düſſeldorfer Prozeß</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Düſſeldorf,</hi> 15. Jan.</dateline><lb/> <p>Ueber die von den Ver-<lb/> urteilten im Düſſeldorfer Prozeß eingelegte Be-<lb/> rufung wird am 17. Januar vor dem Berufungs-<lb/> gericht in Mainz verhandelt werden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Tagung der demokratiſchen<lb/> Reichstagsfraktion</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">* Dresden,</hi> 15. Januar</dateline><lb/> <p>Geſtern hat hier eine<lb/><hi rendition="#g">Tagung der Demokratiſchen Reichs-<lb/> tagsfraktion</hi> begonnen. Bei der Begrüßungs-<lb/> feier im Ausſtellungspalaſt ſprach der bisherige<lb/> Vorſitzende der Demokratiſchen Partei, Bürger-<lb/> meiſter Dr. <hi rendition="#g">Peterſen</hi>.</p><lb/> <cit> <quote>„Wir ſind,“ ſo ſagte er, „in die Mitte der Par-<lb/> teien geſtellt. Daher obliegt uns am meiſten die<lb/> Aufgabe, alles zu tun, was für das Wohl des<lb/> Reiches und für die <hi rendition="#g">Wiederaufrichtung<lb/> unſeres gequälten Volkes</hi> not tut. Nie-<lb/> mals war Dienſt für die Partei in einem ſolchen<lb/> Maße Dienſt für das Vaterland, niemals war<lb/> härteſte Pflichterfüllung notwendiger als in dieſer<lb/> Zeit des Unglückes und der Not.<lb/> Wir nennen uns mit Stolz die Partei, die nicht<lb/> national redet, ſondern handelt. Aus dieſem<lb/> Grunde haben wir uns immer bekannt zu einer<lb/> Politik, die nicht die Verantwortung ſcheut, ſon-<lb/> dern ſie ſucht.“</quote> </cit><lb/> <p>Reichsminiſter a. D. Dr. <hi rendition="#g">Koch</hi> wies darauf<lb/> hin, daß der politiſche Kampf auch weiterhin nach<lb/> rechts wie nach links geführt werden müſſe.</p><lb/> <cit> <quote>Er ſchloß ſeine Ausführungen: „Wir haben die<lb/> längſte Zeit den Kampf geführt zur Befreiung<lb/> der Wirtſchaft vom Staate und wir werden viel-<lb/> leicht einmal kämpfen müſſen für die Befreiung<lb/> des Staates von der Wirtſchaft.“</quote> </cit><lb/> <p>Reichswirtſchaftsminiſter Dr. <hi rendition="#g">Hamm</hi> betonte,<lb/> das Programm der Reichsregierung umfaſſe klare,<lb/><hi rendition="#g">harte Pflichten für das Volk</hi>, Einſchrän-<lb/> kungen, Verbilligung und Sparſamkeit. Das Reich<lb/> habe die Zwangswirtſchaft nicht abgebaut, um der<lb/> Wirtſchaft eine Zwangswirtſchaft zu übertragen.<lb/> In einigen Monaten würde man die Wirkungen<lb/> der erhöhten Arbeitsleiſtungen im Bergbau uſw.<lb/> fühlen. Dann werde man auch an einen <hi rendition="#g">Abbau<lb/> der Eiſenbahntarife</hi> denken können. Die<lb/><hi rendition="#g">Zuſammenarbeit zwiſchen Staat und<lb/> Wirtſchaft</hi> müſſe einen einheitlichen Zuſam-<lb/> menklang ergeben. Das fordere auch die Demo-<lb/> kratie.</p><lb/> <p>Ferner kamen zur Erörterung die auswärtige<lb/> Politik und die Fragen der beſetzten Gebiete, ins-<lb/> beſondere in der <hi rendition="#g">Pfalz</hi>.</p><lb/> <p>Im weiteren Verlaufe kamen die ſchweren Be-<lb/> denken zur Sprache, die ſich aus dem Beamten-<lb/> abbau ergeben. Mehrere Redner wandten ſich<lb/> gegen einen ſchematiſchen Abbau der Beamten-<lb/> ſchaft und wieſen auf die ſchweren Schäden hin,<lb/> die dem Reiche daraus erwachſen.</p><lb/> <p>In dieſe Debatte griff auch Reichswirtſchafts,<lb/> miniſter Dr. <hi rendition="#g">Hamm</hi> ein und begründete den<lb/> Standpunkt der Reichsregierung.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Ebert an Peterſen</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Berlin,</hi> 15. Jan.</dateline><lb/> <p>Reichspräſident <hi rendition="#g">Ebert</hi> hat<lb/> an den jetzigen <hi rendition="#g">Bürgermeiſter von Ham-<lb/> burg Dr. Peterſen</hi> ein Telegramm gerich-<lb/> tet, in dem er ihm zu der Wahl zum Bürger-<lb/> meiſter und Senatspräſidenten ſeine aufrichtigſten<lb/> Glückwünſche ausſpricht und die Hoffnung äußert,<lb/> daß Dr. Peterſens Amtsführung Hamburg eine<lb/> gedeihliche Weiterentwicklung und ferneren Auf-<lb/> ſtieg bringe. Mit lebhaftem <hi rendition="#g">Bedauern</hi> ſehe<lb/> er Dr. Peterſen aus dem Reichstag und als Vor-<lb/> ſitzenden der Demokratiſchen Partei ſcheiden. Dr.<lb/> Peterſen habe in ſeiner parlamentariſchen und<lb/> öffentlichen Tätigkeit dem Reiche <hi rendition="#g">wertvolle</hi><lb/> und <hi rendition="#g">große Dienſte</hi> geleiſtet, deren ſtets dank-<lb/> bar gedacht werden würde.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> </div> </div> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Nebeneinander</hi> </head><lb/> <byline> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g">Von Otto Flake</hi> </hi> </byline><lb/> <p>Horus beſucht Hora; ſie wohnt im Hotel, in<lb/> einer der dreihundert Waber, die nach der Sonne<lb/> orientiert ſind.</p><lb/> <p>Er öffnet die Balkontür, der Balkon iſt gerade<lb/> breit genug, daß Horus ſeinen Stuhl darauf ſtel-<lb/> len kann; Hora rückt ihren Seſſel in die Tür<lb/> ſelbſt.</p><lb/> <p>Es iſt nach Tiſch, die Sonne ſteht über den<lb/> Schneemulden, die Menſchen ſind ſtill. Wenn Ho-<lb/> rus ſich über das Geländer beugt, ſieht er in<lb/> der Tiefe auf der Terraſſe vor dem Speiſeſaal<lb/> zwanzig Liegeſtühle, parallel aufgereiht.</p><lb/> <p>Darauf liegen zwanzig Menſchen, wie Tote<lb/> in der Sonne zu dörren. Ich bin in Aſien, denkt<lb/> Horus, das Hotel iſt Tempel auf einer Hochebene,<lb/> gleich werden vom Grat dort die Geier herabſto-<lb/> ßen, um die Leichen zu entfleiſchen, heilige Hand-<lb/> lung.</p><lb/> <p>Hora ſieht ihn an; da er ihren Blick nicht er-<lb/> widert, nimmt ſie ein Heft zur Hand und lieſt.</p><lb/> <p>Es iſt ein Blatt für die Dame; der Redakteur<lb/> iſt ſich ſeiner Pflicht bewußt, die Dinge des Bluts<lb/> zu ſtreifen, ohne ſie heranzuziehen; er benutzt da-<lb/> zu Mythologie und Vers; beide brechen dem Pfeil,<lb/> der in die Wirklichkeit zielt, die Spitze ab.</p><lb/> <p>Hirt und Nymphe treten auf, Paris gibt ſein<lb/> Begehren in reizendem Wortfall kund, die Schöne<lb/> iſt ihm zu Willen und der Zeichner hat ſein Be-<lb/> ſtes getan, um das Natürliche zärtlich und das<lb/> Zärtliche ſelbſtverſtändlich zu machen.</p><lb/> <p>Hora denkt: immer iſt Antike, wo unter loſem<lb/> Gewand ein Körper jung iſt und Pan lebt; nie-<lb/> mand weiß, in welcher der dreihundert Waben ich<lb/> wohne, o welche Stille. Horus, wenn du Paris<lb/><cb/> wäreſt, ich könnte mich nicht wehren, Nymphe zu<lb/> ſein.</p><lb/> <p>Auch Horus hat die Stimme Pans vernommen.<lb/> Sie iſt hinter ihm, im Zimmer, wo das Lager<lb/> ſteht. Die Stimme ſpricht vom Sinn der Stille.</p><lb/> <p>Sein Blick ſtreift Hora. Er ſieht, daß ſie die<lb/> Augen geſchloſſen hat. Sie iſt unerregt, denkt<lb/> er enttäuſcht, und: was hälfe es mir, wenn ſie<lb/> wachte? Sie iſt die junge Dame, die ich reſpek-<lb/> tieren muß, ich kann ſie doch nicht überfallen.</p><lb/> <p>Nun redet er ſich zu, morgen, beim Skilauf,<lb/> werde die Stunde ihm günſtiger ſein. Rauſch des<lb/> Aufſtiegs, wenn die Höhenluft wie Champagner<lb/> wirkt und die Mundhöhle mit Perlen klaren<lb/> Waſſers füllt; Rauſch des erſten Laufs über die<lb/> Schneefelder bis zur Hütte; Rauſch der Einſam-<lb/> keit in der Hütte, wenn ſtundenweit unter und<lb/> neben ihnen kein menſchliches Weſen ſein wird.</p><lb/> <p>Und er träumt, wie Hora ſein könnte, wenn ſie<lb/> ſich dem Gedanken öffnete, daß immer noch An-<lb/> tike und Pan iſt. Er nimmt die Kühnheit vor-<lb/> weg, die er nicht wagen wird.</p><lb/> <p>Hora ſchaut unter den Lidern zu ihm herüber<lb/> und ſieht, daß er die Augen geſchloſſen hat. Der<lb/> wunderbare Tag erregt ihn nicht, denkt ſie, und<lb/> erſchlafft.</p><lb/> <p>So ſinnen ſie parallel zueinander und ſuchen<lb/> den Schnittpunkt, in dem die Parallelen ſich tref-<lb/> fen könnten. Parallelen treffen ſich im Unendli-<lb/> chen, was nützt es denen, die ſich im Endlichen<lb/> treffen müßten.</p> </div><lb/> <div type="jComment" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Ein gutes Beiſpiel</hi> </head><lb/> <p>Heute iſt die Zeit gekommen, in der man aus<lb/> Geldnot weniger durch monumentale Neubauten,<lb/> als vielmehr durch Ergänzungsbauten Verein-<lb/> fachung und Aenderungen, beſonders aber durch<lb/> glückliche Beſeitigung von ſchlechten Zutaten zur<lb/><cb/> <hi rendition="#g">künſtleriſchen Bereicherung des<lb/> Stadtbildes</hi> kommen muß. Auf einige ſolch<lb/> gelungene Löſungen, vor allem die Frauenklinik<lb/> und den Mittelbau der Veterinärſchule haben wir<lb/> ſchon früher gebührend hingewieſen. Die <hi rendition="#g">Han-<lb/> delsbank</hi> in der Maffeiſtraße mit ihrer voll-<lb/> kommen neu anmutenden Faſſade reiht ſich jenen<lb/> Bauten würdig an. Kann man über die Geſtal-<lb/> tung des vielumſtrittenen Maffeibogens — der in<lb/> ſeiner Nacktheit übrigens noch einer eventuellen<lb/> Bemalung harrt — nicht reſtlos erfreut ſein, ſo<lb/> muß man das neue Kleid der bei dieſer Gelegen-<lb/> heit vollſtändig veränderten Handelsbank dankbar<lb/> als ſchöne Bereicherung des inneren Stadtbildes<lb/> begrüßen. Wer ſich noch erinnert, wie häßlich und<lb/> aufdringlich dieſe früher rote Faſſade im Straßen-<lb/> raum ſtand, wie linkiſch die runde Ecklöſung die<lb/> Aufmerkſamkeit auf ſich zog, wird die heutige<lb/> ruhige, ſchlichte Umwandlung in eine grauweiße<lb/> Putzarchitektur doppelt liebgewinnen.</p><lb/> <p>Architektur iſt Hintergrund, Folie fürs Men-<lb/> ſchenleben. Ein Haus in einer Straße, das ſich<lb/> durch ſeine Beſtimmung und Lage nicht ganz be-<lb/> ſonders vor ſeinen Nachbarn auszeichnet, darf ſich<lb/> nicht als Trumpf aufſpielen, ſondern muß ſich dem<lb/> Geſamtcharakter ein- und unterordnen. Wenn<lb/> unſere beſchränkte Neubautätigkeit in dieſem<lb/> Sinne <hi rendition="#g">ſchlechtes Altes</hi> vernichtet und ver-<lb/> beſſert, wo ſie aus Not nicht immer <hi rendition="#g">gutes<lb/> Neues</hi> ſchaffen kann, ſo trägt ſie in vielen Fällen<lb/> mehr zur Verſchönerung der Stadt bei, als wenn<lb/> ihr unumſchränkte Mittel zur Verfügung ſtünden.<lb/> Zweifellos gibt ſich bald wieder Gelegenheit, in<lb/> dieſer Weiſe aus der Not eine Tugend zu machen;<lb/> hoffentlich wieder in einer ähnlich guten Löſung.</p><lb/> <byline> <hi rendition="#aq">H. <hi rendition="#g">Sörgel</hi>.</hi> </byline> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Wer wird’s?</hi> </head><lb/> <p>Das Frankfurter Opernhaus iſt<lb/> herrenlos. Der Intendant Lert iſt zurückgetreten<lb/> — aber noch kein Nachfolger da. Bisher galt<lb/><hi rendition="#g">Guſtav Hartung,</hi> der Darmſtädter General-<lb/> intendant, als der kommende Mann. Nun tritt<lb/> aber ein neuer Bewerber auf, und durch ſeine<lb/> Perſon wird die Angelegenheit für Frankfurt zur<lb/> Senſation. Jetzt ſteht Partei gegen Partei — faſt<lb/><cb/> leidenſchaftlich kämpfen die beiden Lager. Hier<lb/><hi rendition="#g">Hartung,</hi> hie <hi rendition="#g">Bekker!</hi></p><lb/> <p>Jawohl, hie Bekker. Der neue Mann iſt kein<lb/> andrer als Paul Bekker, der bekannte Muſikſchrift-<lb/> ſteller, der ehemalige Muſikkritiker der „Frank-<lb/> furter Zeitung“, der junge Alte. Von ihm ver-<lb/> ſpricht man ſich gründliche Reform, und die täte<lb/> der Frankfurter Oper ebenſo not wie den meiſten<lb/> andern. Dies ſcheint der Intendant des Schau-<lb/> ſpielhauſes, Richard Weichert, auch zu glauben —<lb/> doch zugleich, daß Bekker als Leiter der Oper auch<lb/> auf eben das Schauſpielhaus Einfluß gewinnen<lb/> würde. Dies ſcheint Weichert unerwünſcht; er<lb/> will ſeine Entlaſſung nehmen, wenn Bekker die<lb/> Stelle erhält.</p><lb/> <p>Infolge dieſer Komplikation und mancher<lb/> Gründe, die für und wider den einen wie den<lb/> andern Bewerber ſprechen, ſteigt die Spannung.<lb/> Wir werden über den Verlauf ſowie über Bekkers<lb/> und Hartungs Verdienſte und Eignung noch be-<lb/> richten.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head>Eine heitere muſikaliſche Soiree in Alt-Wien.</head><lb/> <p>Einem verehrungswürdigen Publikum der<lb/> Hauptſtadt München gibt ſich ... der Veran-<lb/> ſtalter ... die Ehre, die Einladung zu über-<lb/> reichen für eine heytere muſicaliſche Academie, in<lb/> der der Beyſtand einer Reihe von vorzüglichen<lb/> Tonkünſtlern der Stadt gewährleiſtet iſt, ſo daß<lb/> die Konzertgeber ſich wohl werden ſchmeicheln<lb/> dürfen, Zufriedenheit eines wohlwollenden Publi-<lb/> kums von Kennern und Muſikfreunden zu er-<lb/> ringen.</p><lb/> <p>Dieſe luſtige Form hat die „<hi rendition="#g">Konzertge-<lb/> ſellſchaft für Chorgeſang</hi>“ gewählt, um<lb/> ganz im Stile der Zeit, der das Konzert ge-<lb/> widmet iſt, zum Beſuche der beiden Abende auf-<lb/> zufordern. Da die zweimal vorgeſehene Veran-<lb/> ſtaltung tatſächlich eine Reihe reizvollſter, ſelten<lb/> oder nie gehörter Werke bietet, wollen wir es<lb/> nicht verſäumen, auch hier eigens auf ſie hinzu-<lb/> weiſen. Auffriſchung tut uns und unſerem<lb/> Konzertbetrieb not. Dieſe Alt-Wiener Soiree<lb/> ſcheint eine glückliche Abwechſelung zu verſprechen.<lb/> — Heute abend im <hi rendition="#g">Odeon</hi> (7½ Uhr) und morgen<lb/> Donnerstag (<hi rendition="#g">Odeon</hi> 7½ Uhr).</p> </div> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [2/0002]
Allgemeine Zeitung Nr. 15 Mittwoch, den 16. Januar 1924.
Das Bedeutendſte gibt der deutſchnatio-
nale Führer Strathmann aber in folgen-
dem Abſatz von ſich, den wir aus guten
Gründen im Wortlaut zitieren wollen:
„Auch das Wahlrecht bedarf einer Aen-
derung, und zwar in dem Sinne, daß das
jetzige, rein atomiſtiſche Wahlrecht durch
organiſche Geſichtspunkte ergänzt wird.
Dieſe Ergänzung iſt zu ſuchen in der Ein-
führung von Zuſatzſtimmen etwa für alle,
die einen ſelbſtändigen Betrieb leiten, oder
für alle, die mindeſtens eine verſiche-
rungspflichtige Perſon beſchäftigen oder
ähnlich. Andeutungen in dieſer Richtung
hat auch der Abgeordnete Held gemacht.“
Herr Strathmann hat alſo die Maske
fallen laſſen, weshalb in Wirk-
lichkeit die Verfaſſungsreform
nötig iſt. Man will die Entrech-
tung der breiten Volksmaſſen,
der Arbeiter, Angeſtellten und
Beamten. Man will ein Plural-
recht nach ſächſiſchem Muſter in einem
Moment, wo unter dem allgemeinen,
gleichen Wahlrecht die ſächſiſchen Städte
bürgerliche Mehrheiten liefern! Man will
die wirtſchaftlich Selbſtändigen ſcheinbar
bevorzugen, ohne zu bedenken, daß heute
Ruhe und Ordnung und der reibungsloſe
Gang des Wirtſchaftslebens für dieſe
Kreiſe viel bedeutſamer iſt als eine ſolche
Bevorzugung, wobei noch gerade in
Bayern die Angſt vor der Sozialdemo-
kratie ohnedies ausſcheidet, da dieſe Par-
tei in Bayern allein niemals die Mehrheit
bekommen kann! Die Angſt vor der So-
zialdemokratie kann alſo nicht die
Triebfeder zu dieſen Anträgen ſein. Man
will vielmehr den Klaſſen-
kampf und den Klaſſenſtaat im
Prinzip! Nun wird klar, daß die
heutige Deutſchnationale Volkspartei nichts
anderes iſt, als die alte konſer-
vative Partei der Heydebrand
und Genoſſen, die von der Vor-
enthaltung eines gerechten
Wahlrechts parteipolitiſch ge-
werbsmäßig lebten und gerade
dadurch die auch von uns bedauerten
Fehler der Sozialdemokratie in erſter
Linie mitverſchuldet haben.
All dieſe überholt geglaubten Vor-
ſtellungen über „Staat“ und „Staatskunſt“
nach dem Herzen dieſer Leute leben
alſo wieder auf! Dazu ſoll die baye-
riſche Verfaſſungsreform und die Aen-
derung der zur Verfaſſungsänderung
nötigen Mehrheit in Wahrheit dienen!
Und daß gerade in dem Blatte des
dem „liberalen“ Flügel der Deutſch-
nationalen Volkspartei angehörigen Herrn
Traub dieſe ungeheure Provokation
gegen das Gerechtigkeitsgefühl und die
Vorſtellungen des Liberalismus ſich findet,
iſt nicht verwunderlich.
Nicht ohne weiteres aber möchten wir
annehmen, daß auch der Abg. Held und
die bayer. Volkspartei ſich auf
dieſen abſchüſſigen Pfad be-
geben wollen. Zwar hat ja Herr Held
in der letzten Zeit ſeine Augen ſtark nach
rechts gerichtet, z. B. in der Frage des
Koalitionsrechts, und auch manch andere
Zuſammenhänge könnten einen ſtutzig
machen.
Im übrigen: Was ſagen die chriſtlich-
nationalen Wählerkreiſe zu
dieſen Plänen einer der Regierungspar-
teien? Was ſagen die chriſtlich-
nationalen Gewerkſchaftler, die
deutſchnationalen Handlungs-
gehilfen, die Beamtenſchaft und
alle anderen Berufsgruppen,
die an die Wand gedrückt wer-
den ſollen? Die Zuſatzſtimme über
das 40. Lebensjahr dürfte übrigens vor
allem gegen die Deutſch-Völkiſchen
gemünzt ſein, die ja überwiegend aus
jüngeren Jahrgängen ſich rekrutieren und
deren Konkurrenzliſte, die bereits im kräf-
tigen Werden begriffen iſt, wenn wir
richtig unterrichtet ſind, auf dieſe Weiſe
an die Wand gedrückt werden ſoll.
Alles in Allem: ein prächtiger Vor-
ſchlag zur Schaffung von Unordnung
und Unfriede! ... Von den Parteien, die
nicht daran denken, Wahlrechtsver-
ſchlechterungen vorzunehmen, glauben wir,
daß ſie dieſem unerhörten Angriff auf den
ſozialen Frieden und die ruhige Fort-
entwicklung mit ſchärfſtem Nachdruck ent-
gegentreten und dem ganzen Lande endlich
zeigen, warum in Wirklichkeit die Baye-
riſche Verfaſſung geändert werden ſoll:
zur Aufrichtung einer öden
Klaſſenherrſchaft!
Die engliſche Thronrede
London, 15. Januar.
Der König begab ſich
heute in dem üblichen zeremoniellen Aufzug vom
Bukingham-Palaſt nach Weſtminſter, um dort
in den althergebrachten Formeln das Parla-
ment mit ſeiner Thronrede zu er-
öffnen. Er war begleitet von der Königin
und wurde auf ſeiner Fahrt von der die Straßen
dicht ſäumenden Menſchenmenge begeiſtert be-
grüßt. Auch der Prinz von Wales und der Herzog
von York begaben ſich unter den lauten Huldigun-
gen der Volksmenge ins Parlament. Nach den
üblichen Einleitungsformalitäten verlas der König
ſeine Thronrede, in der er ungefähr aus-
führte:
Meine Beziehungen zu den auswär-
tigen Mächten werden auch weiterhin freund-
ſchaftlicher Natur ſein. Ich freue mich, mitteilen
zu können, daß in der Löſung der Fragen,
die bisher den Weg gegenſeitigen Verſtändniſſes
behinderten und die die Wiedererholung der Welt
verzögert haben, ein endgültiger Fort-
ſchritt erzielt worden iſt. Die Repa-
rationskommiſſion hat zwei Aus-
ſchüſſe eingeſetzt, in denen Sachverſtändige der
Vereinigten Staaten gemeinſchaftlich mit den Ver-
tretern der Alliierten die Fragen zu prüfen haben,
die in der Reparation Deutſchlands
eine entſcheidende Rolle ſpielen werden. Der zu-
künftige Zuſtand der Tanger-Zone in
Marokko, der ſo lange Zeit eine Quelle der
Uneinigkeit geweſen iſt, iſt der Gegenſtand eines
zwiſchen den daran beteiligten Mächten getroffenen
Abkommens geworden. Demnächſt wird ein Ge-
ſetzentwurf zur Ratifikation des Lauſanner
Vertrages vorgelegt werden. Es wird weiter-
hin der Gegenſtand meiner Beſtrebungen ſein,
den Einfluß des Völkerbundes mit allen
mir zu Gebote ſtehenden Kräften und Mitteln zu
befeſtigen. Die letzten britiſchen Reichs-
konferenzen haben in der Frage der inner-
reichlichen Zuſammenarbeit bemerkenswerte Fort-
ſchritte erzielt. Vorſchläge, um die von beiden
Konferenzen gefaßten Beſchlüſſe in Kraft zu ſetzen,
werden Ihnen vorgelegt werden. Ich begrüße die
günſtige Gelegenheit, die durch die kommende
Reichsausſtellung dem wirtſchaftlichen Le-
ben meines Reiches gewährt wird.
Der König wandte ſich hierauf den inner-
politiſchen Fragen zu und bemerkte ein-
leitend über die Ergebniſſe der unter dem Schutz-
zollgedanken ausgefochtenen letzten Wahlen.
Während ich mich freue, feſtſtellen zu können, daß
die zur Bekämpfung der Arbeitsloſigkeit
gegenwärtig in der Ausführung begriffenen Maß-
nahmen das wertvolle Ergebnis gehabt haben, im
Laufe des letzten Jahres die Zahl der Arbeitsloſen
zu vermindern, ſo iſt dennoch dieſe Zahl der Er-
werbsloſen für mich der Gegenſtand ſorgenvollſter
Betrachtung. Es wird um ihre Zuſtimmung zur
Ausdehnung und Beſſerung der von dem Vor-
ſchlage der Reichswirtſchaftskonferenz vorgeſehenen
Handelserleichterungen u. Ausfuhr-
kreditplänen gebeten, um gewiſſe öffentliche
Unternehmungen innerhalb des Imperiums zu
unterſtützen, und zwar dadurch, daß dieſe finan-
zielle Hilfe durch ſtaatliche Zuſchüſſe oder
ſolche von öffentlichen Körperſchaften ergänzt
werden.
Die Rede ging dann weiter auf die Pläne der
Regierung ein, um der Schiffsbauinduſtrie durch
den ſofortigen Bau von Schlachtkreuzern
Arbeit zu verſchaffen. Auch Fragen der Heran-
bildung techniſcher Hilfskräfte, um die Arbeits-
loſigkeit der Jugendlichen zu vermindern, auch die
beabſichtigte Ausdehnung der engliſchen
Luftſtreitkräfte im Intereſſe der nationalen
Verteidigung, die geſetzliche Anerkennung unehe-
licher Kinder, deren Eltern dann ſpäter geheiratet
haben, und eine ganze Reihe anderer Fragen der
inneren Politik wurden beſprochen.
Frankreichs Rückzug in der Pfalzfrage
Paris, 15. Januar.
Es beſtätigt ſich, daß die
franzöſiſche Regierung wohl oder übel vorläufig
zum Rückgug gezwungen wurde, weil Lord Crewe
Poincaré am Sonntag früh vor die vollendete
Tatſache geſtellt hat, die mit der bereits erfolgten
Abreiſe Clives gegeben war.
Italieniſch-albaniſcher Zwiſchenfall
Rom, 15. Januar.
Die Blätter bringen die
Meldung von einem Zwiſchenfall in Valona.
Der erſte Offizier des dort angelangten Dampfers
„Serajewo“ wurde beim Betreten von albaniſchen
Offizieren und Mannſchaften ſchwer mißhandelt.
Der italieniſche Geſandte verlangte
ſofort Genugtuung. Zunächſt wurde das
weitere Anlegen von italieniſchen Dampfern in
Valona eingeſtellt.
Streik auf der „Heinrichshütte“
Bochum, 15. Januar.
Auf der „Heinrichs-
hütte“ in Nelper ſind infolge des bis heute be-
reits zehn Tage andauernden Streiks drei
Martinsöfen zum Einfrieren gebracht worden.
Die Notſtandsarbeiten am Turbinenwerk werden
von Ingenieuren, Meiſtern und Beamten ausge-
führt. Die Werkdirektion iſt durch das völlige
Stilliegen des Betriebes gezwungen, ſelbſt bei
Wiederaufnahme der Arbeit die ganze Stahlpro-
duktion auf unabſehbare Zeit einzuſtellen und die
Stahlmengen anderswoher zu beziehen. Die ge-
ſamte Belegſchaft von 4500 Mann ſtreikt wegen
Differenzen über die Arbeitszeit.
Arbeiterunruhen im Solinger Induſtriegebiet
Solingen, 15. Jan.
Hier wurden einzelne grö-
ßere Betriebe unter Anwendung von Ge-
walt ſtillgelegt. Auf den meiſten Großbetrieben
wird jedoch weitergearbeitet. In Opladen kam
es bei dem Verſuch einiger Streikender und Ar-
beitsloſer, die Eiſenbahnwerkſtätte ſtillzulegen, zu
Zuſammenſtößen mit örtlicher Polizei ſowie
mit ſpäter aus Köln eintreffenden Verſtärkungen.
Es wurden mehrere Verhaftungen vorge-
nommen. Ein Verſuch, das Gefängnis zu
ſtürmen und die Gefangenen zu be-
freien, konnte vereitelt werden. Ausgeſperrte
und Arbeitsloſe verſuchten, in der Eiſenfabrik
Chriſtian Nundorf einzudringen und den Betrieb
ſtillzulegen. Der Fabrikbeſitzer und ſein Sohn
ſuchten dies zu verhindern. Es fielen einige
Schüſſe, durch die mehrere Arbeiter verletzt
wurden. Die beiden Fabrikbeſitzer wurden ſo be-
Berufungsverhandlung im Düſſeldorfer Prozeß
Düſſeldorf, 15. Jan.
Ueber die von den Ver-
urteilten im Düſſeldorfer Prozeß eingelegte Be-
rufung wird am 17. Januar vor dem Berufungs-
gericht in Mainz verhandelt werden.
Tagung der demokratiſchen
Reichstagsfraktion
* Dresden, 15. Januar
Geſtern hat hier eine
Tagung der Demokratiſchen Reichs-
tagsfraktion begonnen. Bei der Begrüßungs-
feier im Ausſtellungspalaſt ſprach der bisherige
Vorſitzende der Demokratiſchen Partei, Bürger-
meiſter Dr. Peterſen.
„Wir ſind,“ ſo ſagte er, „in die Mitte der Par-
teien geſtellt. Daher obliegt uns am meiſten die
Aufgabe, alles zu tun, was für das Wohl des
Reiches und für die Wiederaufrichtung
unſeres gequälten Volkes not tut. Nie-
mals war Dienſt für die Partei in einem ſolchen
Maße Dienſt für das Vaterland, niemals war
härteſte Pflichterfüllung notwendiger als in dieſer
Zeit des Unglückes und der Not.
Wir nennen uns mit Stolz die Partei, die nicht
national redet, ſondern handelt. Aus dieſem
Grunde haben wir uns immer bekannt zu einer
Politik, die nicht die Verantwortung ſcheut, ſon-
dern ſie ſucht.“
Reichsminiſter a. D. Dr. Koch wies darauf
hin, daß der politiſche Kampf auch weiterhin nach
rechts wie nach links geführt werden müſſe.
Er ſchloß ſeine Ausführungen: „Wir haben die
längſte Zeit den Kampf geführt zur Befreiung
der Wirtſchaft vom Staate und wir werden viel-
leicht einmal kämpfen müſſen für die Befreiung
des Staates von der Wirtſchaft.“
Reichswirtſchaftsminiſter Dr. Hamm betonte,
das Programm der Reichsregierung umfaſſe klare,
harte Pflichten für das Volk, Einſchrän-
kungen, Verbilligung und Sparſamkeit. Das Reich
habe die Zwangswirtſchaft nicht abgebaut, um der
Wirtſchaft eine Zwangswirtſchaft zu übertragen.
In einigen Monaten würde man die Wirkungen
der erhöhten Arbeitsleiſtungen im Bergbau uſw.
fühlen. Dann werde man auch an einen Abbau
der Eiſenbahntarife denken können. Die
Zuſammenarbeit zwiſchen Staat und
Wirtſchaft müſſe einen einheitlichen Zuſam-
menklang ergeben. Das fordere auch die Demo-
kratie.
Ferner kamen zur Erörterung die auswärtige
Politik und die Fragen der beſetzten Gebiete, ins-
beſondere in der Pfalz.
Im weiteren Verlaufe kamen die ſchweren Be-
denken zur Sprache, die ſich aus dem Beamten-
abbau ergeben. Mehrere Redner wandten ſich
gegen einen ſchematiſchen Abbau der Beamten-
ſchaft und wieſen auf die ſchweren Schäden hin,
die dem Reiche daraus erwachſen.
In dieſe Debatte griff auch Reichswirtſchafts,
miniſter Dr. Hamm ein und begründete den
Standpunkt der Reichsregierung.
Ebert an Peterſen
Berlin, 15. Jan.
Reichspräſident Ebert hat
an den jetzigen Bürgermeiſter von Ham-
burg Dr. Peterſen ein Telegramm gerich-
tet, in dem er ihm zu der Wahl zum Bürger-
meiſter und Senatspräſidenten ſeine aufrichtigſten
Glückwünſche ausſpricht und die Hoffnung äußert,
daß Dr. Peterſens Amtsführung Hamburg eine
gedeihliche Weiterentwicklung und ferneren Auf-
ſtieg bringe. Mit lebhaftem Bedauern ſehe
er Dr. Peterſen aus dem Reichstag und als Vor-
ſitzenden der Demokratiſchen Partei ſcheiden. Dr.
Peterſen habe in ſeiner parlamentariſchen und
öffentlichen Tätigkeit dem Reiche wertvolle
und große Dienſte geleiſtet, deren ſtets dank-
bar gedacht werden würde.
Nebeneinander
Von Otto Flake
Horus beſucht Hora; ſie wohnt im Hotel, in
einer der dreihundert Waber, die nach der Sonne
orientiert ſind.
Er öffnet die Balkontür, der Balkon iſt gerade
breit genug, daß Horus ſeinen Stuhl darauf ſtel-
len kann; Hora rückt ihren Seſſel in die Tür
ſelbſt.
Es iſt nach Tiſch, die Sonne ſteht über den
Schneemulden, die Menſchen ſind ſtill. Wenn Ho-
rus ſich über das Geländer beugt, ſieht er in
der Tiefe auf der Terraſſe vor dem Speiſeſaal
zwanzig Liegeſtühle, parallel aufgereiht.
Darauf liegen zwanzig Menſchen, wie Tote
in der Sonne zu dörren. Ich bin in Aſien, denkt
Horus, das Hotel iſt Tempel auf einer Hochebene,
gleich werden vom Grat dort die Geier herabſto-
ßen, um die Leichen zu entfleiſchen, heilige Hand-
lung.
Hora ſieht ihn an; da er ihren Blick nicht er-
widert, nimmt ſie ein Heft zur Hand und lieſt.
Es iſt ein Blatt für die Dame; der Redakteur
iſt ſich ſeiner Pflicht bewußt, die Dinge des Bluts
zu ſtreifen, ohne ſie heranzuziehen; er benutzt da-
zu Mythologie und Vers; beide brechen dem Pfeil,
der in die Wirklichkeit zielt, die Spitze ab.
Hirt und Nymphe treten auf, Paris gibt ſein
Begehren in reizendem Wortfall kund, die Schöne
iſt ihm zu Willen und der Zeichner hat ſein Be-
ſtes getan, um das Natürliche zärtlich und das
Zärtliche ſelbſtverſtändlich zu machen.
Hora denkt: immer iſt Antike, wo unter loſem
Gewand ein Körper jung iſt und Pan lebt; nie-
mand weiß, in welcher der dreihundert Waben ich
wohne, o welche Stille. Horus, wenn du Paris
wäreſt, ich könnte mich nicht wehren, Nymphe zu
ſein.
Auch Horus hat die Stimme Pans vernommen.
Sie iſt hinter ihm, im Zimmer, wo das Lager
ſteht. Die Stimme ſpricht vom Sinn der Stille.
Sein Blick ſtreift Hora. Er ſieht, daß ſie die
Augen geſchloſſen hat. Sie iſt unerregt, denkt
er enttäuſcht, und: was hälfe es mir, wenn ſie
wachte? Sie iſt die junge Dame, die ich reſpek-
tieren muß, ich kann ſie doch nicht überfallen.
Nun redet er ſich zu, morgen, beim Skilauf,
werde die Stunde ihm günſtiger ſein. Rauſch des
Aufſtiegs, wenn die Höhenluft wie Champagner
wirkt und die Mundhöhle mit Perlen klaren
Waſſers füllt; Rauſch des erſten Laufs über die
Schneefelder bis zur Hütte; Rauſch der Einſam-
keit in der Hütte, wenn ſtundenweit unter und
neben ihnen kein menſchliches Weſen ſein wird.
Und er träumt, wie Hora ſein könnte, wenn ſie
ſich dem Gedanken öffnete, daß immer noch An-
tike und Pan iſt. Er nimmt die Kühnheit vor-
weg, die er nicht wagen wird.
Hora ſchaut unter den Lidern zu ihm herüber
und ſieht, daß er die Augen geſchloſſen hat. Der
wunderbare Tag erregt ihn nicht, denkt ſie, und
erſchlafft.
So ſinnen ſie parallel zueinander und ſuchen
den Schnittpunkt, in dem die Parallelen ſich tref-
fen könnten. Parallelen treffen ſich im Unendli-
chen, was nützt es denen, die ſich im Endlichen
treffen müßten.
Ein gutes Beiſpiel
Heute iſt die Zeit gekommen, in der man aus
Geldnot weniger durch monumentale Neubauten,
als vielmehr durch Ergänzungsbauten Verein-
fachung und Aenderungen, beſonders aber durch
glückliche Beſeitigung von ſchlechten Zutaten zur
künſtleriſchen Bereicherung des
Stadtbildes kommen muß. Auf einige ſolch
gelungene Löſungen, vor allem die Frauenklinik
und den Mittelbau der Veterinärſchule haben wir
ſchon früher gebührend hingewieſen. Die Han-
delsbank in der Maffeiſtraße mit ihrer voll-
kommen neu anmutenden Faſſade reiht ſich jenen
Bauten würdig an. Kann man über die Geſtal-
tung des vielumſtrittenen Maffeibogens — der in
ſeiner Nacktheit übrigens noch einer eventuellen
Bemalung harrt — nicht reſtlos erfreut ſein, ſo
muß man das neue Kleid der bei dieſer Gelegen-
heit vollſtändig veränderten Handelsbank dankbar
als ſchöne Bereicherung des inneren Stadtbildes
begrüßen. Wer ſich noch erinnert, wie häßlich und
aufdringlich dieſe früher rote Faſſade im Straßen-
raum ſtand, wie linkiſch die runde Ecklöſung die
Aufmerkſamkeit auf ſich zog, wird die heutige
ruhige, ſchlichte Umwandlung in eine grauweiße
Putzarchitektur doppelt liebgewinnen.
Architektur iſt Hintergrund, Folie fürs Men-
ſchenleben. Ein Haus in einer Straße, das ſich
durch ſeine Beſtimmung und Lage nicht ganz be-
ſonders vor ſeinen Nachbarn auszeichnet, darf ſich
nicht als Trumpf aufſpielen, ſondern muß ſich dem
Geſamtcharakter ein- und unterordnen. Wenn
unſere beſchränkte Neubautätigkeit in dieſem
Sinne ſchlechtes Altes vernichtet und ver-
beſſert, wo ſie aus Not nicht immer gutes
Neues ſchaffen kann, ſo trägt ſie in vielen Fällen
mehr zur Verſchönerung der Stadt bei, als wenn
ihr unumſchränkte Mittel zur Verfügung ſtünden.
Zweifellos gibt ſich bald wieder Gelegenheit, in
dieſer Weiſe aus der Not eine Tugend zu machen;
hoffentlich wieder in einer ähnlich guten Löſung.
H. Sörgel.
Wer wird’s?
Das Frankfurter Opernhaus iſt
herrenlos. Der Intendant Lert iſt zurückgetreten
— aber noch kein Nachfolger da. Bisher galt
Guſtav Hartung, der Darmſtädter General-
intendant, als der kommende Mann. Nun tritt
aber ein neuer Bewerber auf, und durch ſeine
Perſon wird die Angelegenheit für Frankfurt zur
Senſation. Jetzt ſteht Partei gegen Partei — faſt
leidenſchaftlich kämpfen die beiden Lager. Hier
Hartung, hie Bekker!
Jawohl, hie Bekker. Der neue Mann iſt kein
andrer als Paul Bekker, der bekannte Muſikſchrift-
ſteller, der ehemalige Muſikkritiker der „Frank-
furter Zeitung“, der junge Alte. Von ihm ver-
ſpricht man ſich gründliche Reform, und die täte
der Frankfurter Oper ebenſo not wie den meiſten
andern. Dies ſcheint der Intendant des Schau-
ſpielhauſes, Richard Weichert, auch zu glauben —
doch zugleich, daß Bekker als Leiter der Oper auch
auf eben das Schauſpielhaus Einfluß gewinnen
würde. Dies ſcheint Weichert unerwünſcht; er
will ſeine Entlaſſung nehmen, wenn Bekker die
Stelle erhält.
Infolge dieſer Komplikation und mancher
Gründe, die für und wider den einen wie den
andern Bewerber ſprechen, ſteigt die Spannung.
Wir werden über den Verlauf ſowie über Bekkers
und Hartungs Verdienſte und Eignung noch be-
richten.
Eine heitere muſikaliſche Soiree in Alt-Wien.
Einem verehrungswürdigen Publikum der
Hauptſtadt München gibt ſich ... der Veran-
ſtalter ... die Ehre, die Einladung zu über-
reichen für eine heytere muſicaliſche Academie, in
der der Beyſtand einer Reihe von vorzüglichen
Tonkünſtlern der Stadt gewährleiſtet iſt, ſo daß
die Konzertgeber ſich wohl werden ſchmeicheln
dürfen, Zufriedenheit eines wohlwollenden Publi-
kums von Kennern und Muſikfreunden zu er-
ringen.
Dieſe luſtige Form hat die „Konzertge-
ſellſchaft für Chorgeſang“ gewählt, um
ganz im Stile der Zeit, der das Konzert ge-
widmet iſt, zum Beſuche der beiden Abende auf-
zufordern. Da die zweimal vorgeſehene Veran-
ſtaltung tatſächlich eine Reihe reizvollſter, ſelten
oder nie gehörter Werke bietet, wollen wir es
nicht verſäumen, auch hier eigens auf ſie hinzu-
weiſen. Auffriſchung tut uns und unſerem
Konzertbetrieb not. Dieſe Alt-Wiener Soiree
ſcheint eine glückliche Abwechſelung zu verſprechen.
— Heute abend im Odeon (7½ Uhr) und morgen
Donnerstag (Odeon 7½ Uhr).
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(2022-12-19T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
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