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Allgemeine Zeitung, Nr. 137, 23. März 1908.

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München, Montag Allgemeine Zeitung 23. Marz 1908. Nr. 137.
[Spaltenumbruch]

Fällen handelte es sich, wie die Leicheneröffnung ergab, um
totgeborene Kinder.

* Todesfall.

Heute morgen ist Kreisschulrat Max Greisl,
ein verdienter Volksschulmann, im 52. Lebensjahr gestorben.
Greisl, der am 1. Juli 1895 zum Kreisschulinspektor bei der Kreis-
regierung für Oberbayern ernannt und dem am 1. Januar 1902
der Titel Kreisschulrat verliehen worden war, war auch Erzieher
der Söhne des Prinzen Leopold, denen er längere Zeit
Elementarunterricht gab.

* Selbstmordversuch.

Am Südlichen Friedhof schoß sich
gestern nachmittag eine junge Frau eine Kugel in die Brust,
ohne sich tödlich zu verletzen. Sie schrie herzzerreißend nach ihrer
Mutter. Sie wurde ins Krankenhaus verbracht.

* Hotel Wagner vorm. Trefler.

"Nomina sunt odiosa" wird
sich wohl Herr Wagner gedacht haben, als er sein auch heuer
wieder vorzüglich geratenes Doppelbier "Auer Kraftbier"
benamste; daß dieses seinem Namen alle Ehre macht und sich wür-
dig den vielen Vorgängern anreiht, dürfte die heutige Ausschank-
eröffnung bewiesen haben. Trotz der noch nicht versiegten "Sal-
vator"-Quelle am Nockherberge war der Saal bald nach Be-
ginn gefüllt. Die hübsche, zweckentsprechende Dekoration wird
allseitig Beifall finden. Im frischen Grün ziehen sich um Balkone,
Ballustraden usw. Girlanden und Kränze, aus welchen grüne
Lichter stimmungsvoll hervorleuchten. Zwei tüchtige Musikkapel-
len wechseln mit fulminanten Krügelreden unserer altbekannten
Humoristen J. Thannhauser, Braunbeck usw. ab und tragen zur
allgemeinen frohen Stimmung bei. Zugleich mit dem Beginn
des Ausschankes des Auer Kraftbieres fand die feierliche Eröff-
nung des umgebauten Konzertsaales statt. Durch An-
gliederung des unteren Nebenraumes und des sog. Spiegelsaales
hat die Konzerthalle bedeutend an Größe gewonnen; dadurch
dürfte jetzt dem bisherigen Platzmangel bei den vielen Veran-
staltungen des Hotels Wagner abgeholfen sein. Nach den Plä-
nen des Herrn Architekten Schmucker umgebaut und neu renoviert,
präsentiert sich der Saal, in lichtem Weiß gehalten, in vornehm
ruhiger Weise, dessen Wirkung nach Entfernung der jetzigen Deko-
ration wohl noch mehr zur Geltung kommen dürfte. Auch in
seinem neuen Gewande reiht sich der Konzertsaal des Hotel Wag-
ner würdig unseren übrigen Vergnügungsetablissements an. Herr
Wagner dürfte sich in seinem jetzigen Heim des gleich regen Be-
suches wie bisher zu erfreuen haben.

* Das Imperial-Theater, Schützenstraße 1a, bildet mit seinem
neuen Programm für die Woche vom 21. bis 27. März wieder
einen Anziehungspunkt aller Freunde der Kinematographie.
Neben unterhaltenden Bildern, wie "Der angeheiterte Onkel"
und "Der schlaue Zollwächter" sind die Films "Die Macht der
Liebe und des Tanzes", "Fischfang auf offenem Meere", "Napo-
leon auf Elba", "Renntiere in Lappland" u. a. m. besonders er-
wähnenswert. Sportsfreunde wird die Aufnahme vom Renn-
platze "Ein guter Tipp als Retter in der Not" interessieren. Das
Theater erfreut sich stets regen Besuches.



Inhalt der Unterhaltungsbeilage "Der Sonntag":
Gedichte. Von Ferdinand Frhrn. v. Paungarten.
Zwei Beethoven-Briefe. Mitgeteilt von Ernst Rychnovsky.
Dißiplin im Theater. Von Olga Wohlbrück.
Die Konkurrenz der Frau. Von Dr. Käthe Schirmacher-
Paris.
Pariser Modebrief. Von Elisabeth.
Schachzeitung. -- Photographische Rundschau.


Bayerische Chronik.
Reichsratsausschuß und Augustinerstock.

* Der Finanzausschuß der Reichsrats-
kammer
hat heute über das vom Plenum an ihn zurück-
verwiesene Augustinerstockprojekt neuerdings beraten, nach-
dem er in den letzten Tagen einen Augenschein vor-
genommen hatte. Das Ergebnis der Beratung war aber-
mals die einstimmige Annahme des Regie-
rungsprojekts
unter Ablehnung des Antrages
v. Müller.

Der Landesverband der Magistratsbeamtenvereine der unmittel-
baren Städte des Königreiches Bayern

hielt am 15. März in Regensburg eine außerordentliche Gene-
ralversammlung ab, um zu der Frage des Zusammenschlus-
ses aller Gemeindebeamten und - Bediensteten

des Königreiches Stellung zu nehmen. Nach einer umfangreichen
Debatte wurde folgender Beschluß gefaßt. Der Landesverband
beschließt, aus dem Hauptausschuß auszuscheiden, erklärt sich jedoch
bereit, mit letzterem in Fragen von gemeinsamen Interesse zu
beraten und die geeigneten Maßnahmen gemeinschaftlich zu tref-
fen. Auch ist der Landesverband bereit zu einem förmlichen Zu-
sammenschluß den nicht in den unmittelbaren Städten ver-
wendeten Gemeindebeamten und -Bediensteten, die die Bedin-
gungen für die Aufnahme in den Landesverband erfüllt haben,
die Hand zu bieten und die Satzungen dementsprechend zu ändern.

Nach den Satzungen des Landesverbandes können Mitglieder
desselben werden: 1. Höhere Gemeindebedienstete, die ihre Stel-
lung vermöge ihrer Befähigung für den Verwaltungs- oder tech-
nischen Dienst bekleiden. 2. Andere im Dienste einer Gemeinde
stehenden Personen, welche die für den höheren Gemeindedienst
vorgeschriebene Befähigung haben.

Der nun seit 8 Jahren bestehende Landesverband der Magi-
stratsbeamten der unmittelbaren Städte hat durch den Beschluß
den Kreis der zur Aufnahme berechtigten Gemeindebeamten und
Bediensteten erweitert, so daß hierdurch die Möglichkeit zu
einem Zusammenschluß aller höheren Gemeindebediensteten und
geprüften Anwärter auf solche Stellen gegeben ist.

Im weiteren Verlaufe der Versammlung wurde eine Ab-
änderung der Satzungen
beschlossen, nach der künftig die
Generalversammlung des Landesverbandes außer den Obmännern
auch den 1. und 2. Vorsitzenden, den 1. und 2. Schriftführer und
den Kassier zu wählen hat. Mit dieser Satzungsänderung wurde
die Neuwahl der Vorsitzenden, Schriftführer und des Kassiers
notwendig.

Da der bisherige Vorsitzende Herr Oberinspektor Schmid
(München), der sich um die Leitung des Landesverbandes große
Verdienste erworben hat, erklärte, unter keinen Umständen mehr
diese Funktion beibehalten zu können, wurden folgende Herren
gewählt, als 1. Vorsitzender: Rieß (Augsburg), 2. Vorsitzender:
Neubert (Würzburg), 1. Schriftführer: Hofmann (Augs-
burg), 2. Schriftführer: Oswald (München) und als Kassier:
Leupold (München).

Für den als 1. Vorsitzenden gewählten bisherigen Obmann,
Herrn Polizeikommissar Rieß, wurde als Obmann, bezw. Beisitzer
(wie die Bezeichnung künftig lauten soll) Herr Oberinspektor
Schmid gewählt, dem von der Versammlung für seine bis-
herige ersprießliche Tätigkeit als Verbandsvorsitzender eine herz-
liche Ovation dargebracht wurde.



* Ministervortrag.

Se. kgl. Hoh. der Prinzregent hat
heute vormittag den kgl. Kriegsminister Frhrn. v. Horn
zum Vortrag empfangen.

* Der neue Domkapitular.

Wir erhalten folgende Zuschrift:
Unliebsames Aufsehen erregt in hiesigen klerikalen Kreisen die
Ernennung des Regensburger Lyzealprofessors Buchberger
zum Domkapitular. Kaum 34 Jahre alt, wird dieser junge
Mann auf einen Posten gestellt, auf dem seiner die wichtigsten
Aemter harren. Aeltere Herren, die in der Großstadt ein
arbeits- und erfolgreiches Leben hinter sich haben, sind mit
ihrem Gesuche durchgefallen. Warum wurde denn der junge
[Spaltenumbruch] Professor so vielen älteren verdienstvollen Männern vorgezogen?
Seiner Gelehrsamkeit wegen? Von tiefgründiger Gelehrsamkeit
ist in Fachkreisen nichts bekannt; denn das kirchliche Handlexikon,
das Buchberger redigierte, zeugte nicht von profunder Wissen-
schaft, ja es sind Klagen laut geworden, daß der Redakteur jede
Spur von freiheitlicher Regung aus den eingesandten Beiträgen
tilgte. Und dieser Mann soll nun als Zensor, wie ihn die
Enzyklika Pascendi fordert, im Ordinariat einziehen! Er soll
zu Gericht sitzen über Männer, die fast ein Menschenalter hindurch
an der wissenschaftlichen Vertiefung der Theologie gearbeitet
haben? Kann man sich da wundern, wenn selbst in den ortho-
doxesten Kreisen des Klerus tiefste Verstimmung sich zeigt? Wer
aber hat dem hochwürdigsten Herrn Erzbischof die Notwendigkeit
dieser Ernennung beizubringen gewußt? Buchberger hatte früher
in Freising bei der Abwesenheit des Herrn Prälaten Daller
dessen Kirchenrecht vorzulesen. Wenige Tage vor der Ernennung
wurde Buchberger nach Freising gerufen, wo ihn zwei Dom-
kapitulare aus München, die miteinander eng befreundet sind,
erwarteten. Dies sagt genug. Der junge Theologe ist berufen
zur Verstärkung jener Partei im Ordinariate, die die "Aus-
länder" haßt, die jede selbständige Regung im Klerus, jeden
Fortschritt in der katholischen Wissenschaft zu unterdrücken sucht.
Darum muß, selbst wenn man zugibt, daß dem Domkapitel eine
Verjüngung nottut, Front gemacht werden gegen das System,
das in dieser Ernennung seine Macht wieder erprobte.



(Privattelegramm.)
Eine der hiesigen renommiertesten Privatbrauereien, die
Brauerei zum Goldenen Stern des Hrn. Georg Deffner,
ging um die Summe von 550,000 Mark in den Besitz des
Brauereibesitzers Gäbler in Schmichen über. In dem Ver-
kaufspreis ist nur das Stammanwesen mit inbegriffen. Die
übrigen zur Brauerei gehörigen Anwesen verbleiben in den
Händen des Vorbesitzers.



Deutscher Reichstag.
131. Plenarsitzung.

Etat für Kiautschau.

Am Bundesratstisch: Staatssekretär v. Tirpitz.

Auf der Tagesordnung steht zunächst die Beratung des
Spezialetats für das Schutzgebiet Kiautschau.

Die Budgetkommission hat einige Abstriche gemacht.

Staatssekretär v. Tirpitz: Ich habe bereits in der Budget-
kommission ausgeführt, daß der Reichszuschuß nach Mög-
lichkeit herabgesetzt
wird. Die Marineverwaltung hat
sich auch bereits in dieser Richtung betätigt. Natürlich muß man
darin eine gewisse Vorsicht üben, wenn man nicht die Entwicklung
hemmen will. Was die Kompetenzen der Beamten
anbetrifft, so liegt der Verwaltung vor allen Dingen an den
Leistungen der Beamten. Wir werden allmählich zu permanen-
teren Zuständen kommen und dementsprechend die Kompetenzen
einrichten. Daß die Kompetenz des ersten Beamten natürlich
auch auf die anderen einwirkt, ist begreiflich. Ich werde jeden-
falls diese ganze Kompetenzfrage einer erneuten Prüfung unter-
ziehen. Ueber die wirtschaftliche Situation der
Kolonie
ist in der Denkschrift das Erforderliche gesagt. Wir
sind in der Zeit, die uns zur Verfügung stand, so rasch vorwärts
gekommen, wie man verlangen konnte. Es ist zu berücksichtigen,
daß der Platz erst 10 Jahre in unserem Besitz ist, wovon
8 Jahre noch abgehen, weil erst die nötigen Vorbedingungen für
den Handel geschaffen werden mußten. Erst seit etwa zwei
Jahren
haben auch die Chinesen etwas mehr Vertrauen zu
uns gefaßt. Meines Erachtens ist aber schon sehr viel erreicht
worden. Wir stehen von allen Settlements in China an sechster
Stelle.

Unterstaatssekretär des Auswärtigen Amtes Stemrich: Im
Namen des durch Krankheit verhinderten Staatssekretärs des
Auswärtigen Amtes erkläre ich, daß der Gedanke, Kiau-
tschau aufzugeben, nicht besteht.
Wollten wir darauf
verzichten, so würde das unser Ansehen in der Welt und speziell
in Ostasien schädigen; es würde unser Ansehen in ganz China
so herabsetzen, daß wir dies niemals gutmachen könnten. Poli-
tische Verwicklungen sind in keiner Weise zu befürchten, weder
mit China noch mit irgend einer anderen Macht. Wir haben
zur Verteidigung unserer Stellung in China keine anderen als
friedliche Absichten. (Beifall.)

Staatssekretär v. Tirpitz: Den Ausspruch, daß, wie die
Nationen sich an der weiteren geistigen Entwicklung in Kiau-
tschau beteiligen, auch ihre wirtschaftliche Beteiligung sein wird,
kann ich nach meinem persönlichen Eindruck unterschreiben. Ich
sehe Kiautschau nicht pessimistisch an.
Mit
Schanghai ist Kiautschau nicht zu vergleichen. Tsingtau liegt im
Norden, wo kein schiffbarer Fluß ist, sondern nur ein Fluß, der
immer mehr versandet. Von den nördlichen Provinzen ist Tsing-
tau aber der gegebene Hafenplatz. Alle Kenner Chinas stimmen
darin überein. Ein Beweis dafür sind die Konsularberichte und
die Handelskammerberichte. Ein Kanalsystem ist nicht möglich,
denn es liegen Gebirge dazwischen.

Darauf werden die ordentlichen Ausgaben nach
den Kommissionsanträgen bewilligt.

Folgende Resolution der Kommission wird ange-
nommen: Den Reichskanzler zu ersuchen, eine Verminderung der
Kosten der Verwaltung des Schutzgebietes, insbesondere durch
eine den veränderten Verhältnissen entsprechende Herab-
setzung der Bezüge der Beamten
im Schutzgebiete
herbeizuführen. An den einmaligen Ausgaben hat die
Kommission im ganzen 620,000 M gestrichen, und zwar 100,000 M
von den Ausgaben für Hafenbauten, 180,000 M von den Aus-
gaben für Tiefbauten. Ferner ist die Forderung von 300,000 M
zur Errichtung und Ausstattung von Schulräumen zu Unter-
richtsanstalten für chinesische Schüler gestrichen worden. Dafür
sollen 50,000 M zu Vorarbeiten für die etwaige Errichtung von
Lehranstalten für Chinesen bewilligt werden. Schließlich ist auch
die Forderung von 120,000 M zur Unterstützung der Seiden-
industrie im Schutzgebiete von der Kommission abgelehnt worden.

Staatssekretär v. Tirpitz: Die Marineverwaltung wird die
Missionsschulen stets berücksichtigen und die Schulfrage nur im
Einvernehmen mit den Missionen lösen. Im Extraordinarium
ist auch 1 Million für Armierungsausgaben ausgeworfen.

Auf eine Anfrage erklärt Staatssekretär v. Tirpitz, daß er
der Anregung, die Marine-Infanterietruppen zum Teil zur Aus-
führung von Pionierarbeiten zu verwenden, nachgehen werde.
Es besteht allerdings ein Unterschied gegenüber Südwestafrika,
wo es sich wesentlich um Eisenbahnbauarbeiten handelt. In
Kiautschau handelt es sich in der Hauptsache um Erdarbeiten,
die während der Sommerhitze ruhen müssen.

Die Kommissionsanträge werden durchweg angenommen und
sodann die Einnahmen genehmigt. Der Reichszuschuß wird er-
mäßigt auf 9,739,953 M. Folgende Resolution wird an-
genommen: den Reichskanzler zu ersuchen, in Erwägung zu
ziehen, durch angemessene Besteuerung die Bewohner
des Schutzgebietes zur teilweisen Tragung der Kosten heran-
zuziehen.

Das Etatsgesetz für den Haushalt der Schutzgebiete für 1908
wird in zweiter Lesung angenommen.

Es folgt der
Etat für die Expedition nach Ostasien.
Die auf dem außerordentlichen Etat stehenden Ausgaben dieses
Etats führen als Behörden im Kriegsministerium auf: 1. einen
[Spaltenumbruch] Stabsoffizier in der Stellung als vortragender Rat 6552 M
Gehalt, 900 M Dienstzulage, Wohnungsgeldzuschuß und 2 Ratio-
nen, 1 Expedienten 3000--6000 M, 1 Unterzahlmeister, 3 Sani-
tätsunteroffiziere, 1 Assistenten beim Bekleidungsamt des Garde-
korps, 1 Packmeister.

Die Kommission hat statt des Stabsoffiziers nur einen in-
aktiven Stabsoffizier mit 1782 M nicht pensionsfähiger Zulage
bewilligt und die übrigen Beamten bis auf den Expedienten
und Packmeister gestrichen. Damit sind 16,259 M an laufenden
Kosten abgesetzt. Entsprechende Abstriche sind an anderen per-
sönlichen Ausgaben, sächlichen und vermischten Ausgaben vor-
geschlagen. Die Invalidenpensionen usw. will die Kommission
aus diesem Etat entfernen und in den Etat des allgemeinen
Pensionsfonds einfügen.

Ein Antrag Liebermann v. Sonnenberg, Fürst
Hatzfeldt, Frhr. v. Richthofen, Dr. Paasche und
Graf Oriola geht auf die Wiederherstellung der
Position des Stabsoffiziers
nach dem Wortlaut des
Etatsentwurfs.

Von einer Anzahl von Mitgliedern der Zentrumsfraktion
ist ein Antrag auf namentliche Abstimmung am Schluß der
nächsten Sitzung über diesen Antrag eingegangen.

Generalleutnant v. Armin: Ich brauche nicht ausdrücklich
zu betonen, daß auch wir den Wunsch teilen, das Detachement
aus Ostasien zurückzuziehen. So lange aber aus politischen
Gründen das Besatzungsdetachement in Ostasien für erforderlich
erachtet wird, halten wir es für unsere Pflicht, das Detachement
in der Verfassung zu erhalten, die es befähigt, seine Aufgabe zu
erfüllen und dafür zu sorgen, daß eine geordnete Verwaltung
stattfindet, daß peinlich genaue Bestimmungen und eine ent-
sprechende Rechnungslegung geführt wird. Als die sogenannte
Expedition nach Ostasien beendet war, wurde hier eine Kom-
mission zusammengesetzt, die die Erfahrungen, die man in Ost-
asien gemacht hatte, zusammenstellte. Auf Grund dieser Er-
fahrungen ist dann der Etat für Ostasien aufgestellt worden.
Die Angriffe gegen die Form und Ausgestaltung des Etats
weise ich zurück. Wir haben keinen Anlaß, an der Form etwas zu
ändern, nachdem der Reichstag sie so viele Jahre unbeanstandet
gelassen hat. Nun berührt doch etwas wunderbar, daß es hier
so dargestellt wird, als würde das Geld zum Fenster hinausge-
worfen. Wer mit Verwaltungsdingen zu tun hat, weiß, daß
ganz selbstverständlich ein kleines Truppenkontingent eines ver-
hältnismäßig großen Verwaltungsapparates bedarf als ein
größeres. Was den aktiven Stabsoffizier anbetrifft, erfordert
diese Stelle die Tätigkeit einer ganzen Arbeitskraft. Ich möchte
dringend bitten, dem Antrage Liebermann v. Sonnenberg Folge
zu geben und im übrigen den Kommissionsvorschlägen zu folgen.

Das Haus nimmt hierauf den Etat in der Fassung
der Kommissionsanträge an.

Die Einnahmen aus dem Bankwesen sind ver-
anschlagt im Etat für 1908 auf 22,615,000 M und zwar 19,900,000
Mark Anteil des Reiches an dem Reingewinn der Reichsbank
und 2,715,000 M Steuer von den durch entsprechenden Barvorrat
nicht gedeckten Banknoten.

Die Budgetkommission beantragt unveränderte Genehmigung
und bringt folgende Resolution in Vorschlag:

Den Reichskanzler zu ersuchen, dafür Fürsorge zu treffen,
daß die Noten der im Deutschen Reiche zur Banknotenausgabe
berechtigten Notenbanken bei allen öffentlichen Kassen des
Reiches als Zahlung angenommen werden müssen.

Hierzu ist der Antrag gestellt worden, die Einnahme aus
dem Anteil des Reiches auf 29,991,000 M, diejenigen aus der
Notensteuer auf 4,678,000 M zu erhöhen, also die Einnahme aus
dem Anteil des Reiches auf 29,991,000 M, diejenigen aus der
Notensteuer auf 4,678,000 M zu erhöhen, also die Einnahme im
ganzen um 12,054,000 M höher einzustellen.

In Anbetracht der bevorstehenden Enquete wurde allseitig
auf die Besprechung der Bankfrage verzichtet.

Reichsbankpräsident Harenstein: Ob und wann die Bank
den Diskonto herabsetzen kann, kann ich durchaus nicht
sagen. Aber sowohl ich wie das Reichsbankdirektorium haben
den ehrlichen und ernsten Willen dazu, sobald es irgendwie an-
gemessen erscheint. Eine Gefahr der Goldausfuhr be-
steht nicht mehr.
Der Grund des hohen Diskontos liegt in
der kolossalen Anspannung des Kredites im
Lande.
Dem Wunsche der Goldindustrie, mehr Barren zu
liefern, werden wir nachkommen, aber bisher hat der Barren-
bestand der Reichsbank gerade für die Prägemittel ausgereicht.
Die Wünsche für die Beamten kann ich nicht alle anerkennen, aber
sie werden eingehend und mit Wohlwollen geprüft werden. Die
Resolution würde sehr unerfreuliche Schwierigkeiten mit sich
bringen, denn alle Postanstalten müßten fremde Scheine nehmen.
Die öffentlichen Kassen werden nicht in der Lage sein, diese Noten
zuverlässig auf ihre Echtheit zu prüfen. Die Resolution würde
aber auch in direktem Widerspruch stehen mit der Tendenz des
Bankgesetzes. Dieses Gesetz hat die Privatnotenbanken aufrecht-
erhalten. Diese Notenbanken haben sich wohltätig wirkend neben
die Reichsbankanstalten gestellt. Ich bitte also die Resolution
abzulehnen.

Bundesratsbevollmächtigter v. Burkhard: Ich möchte gegen-
über dem Vorstoß gegen die Privatnotenbanken namens der
bayerischen Regierung erklären, daß sie großen Wert auf die Fort-
erhaltung der bayerischen Notenbanken legt. Die bayerischen
Notenbanken haben die Tätigkeit der Reichsbank in erfreulicher
Weise ergänzt. Dasselbe gilt auch von den Notenbanken der
übrigen Staaten.

Die beiden Anträge Arendt werden ange-
nommen.
Die Resolution der Kommission ab-
gelehnt.

Damit ist die Beratung des Etats der Reichs-
bank erledigt.

Die Vereinbarung zwischen dem Reich und der
Schweiz
und der Gesetzentwurf über die Vorlegung der
deutsch-schweizerischen Grenze
bei Leopoldshöhe
werden in erster und zweiter Lesung ohne Debatte erledigt.

Hierauf wird ein Vertagungsantrag angenommen.

Nächste Sitzung: Montag 1 Uhr: Etat des Reichs-
kanzlers, der Reichskanzlei und des Auswärtigen Amtes.

Schluß 51/4 Uhr.

[irrelevantes Material]
München, Montag Allgemeine Zeitung 23. Marz 1908. Nr. 137.
[Spaltenumbruch]

Fällen handelte es ſich, wie die Leicheneröffnung ergab, um
totgeborene Kinder.

* Todesfall.

Heute morgen iſt Kreisſchulrat Max Greisl,
ein verdienter Volksſchulmann, im 52. Lebensjahr geſtorben.
Greisl, der am 1. Juli 1895 zum Kreisſchulinſpektor bei der Kreis-
regierung für Oberbayern ernannt und dem am 1. Januar 1902
der Titel Kreisſchulrat verliehen worden war, war auch Erzieher
der Söhne des Prinzen Leopold, denen er längere Zeit
Elementarunterricht gab.

* Selbſtmordverſuch.

Am Südlichen Friedhof ſchoß ſich
geſtern nachmittag eine junge Frau eine Kugel in die Bruſt,
ohne ſich tödlich zu verletzen. Sie ſchrie herzzerreißend nach ihrer
Mutter. Sie wurde ins Krankenhaus verbracht.

* Hotel Wagner vorm. Trefler.

„Nomina sunt odiosa“ wird
ſich wohl Herr Wagner gedacht haben, als er ſein auch heuer
wieder vorzüglich geratenes Doppelbier „Auer Kraftbier
benamſte; daß dieſes ſeinem Namen alle Ehre macht und ſich wür-
dig den vielen Vorgängern anreiht, dürfte die heutige Ausſchank-
eröffnung bewieſen haben. Trotz der noch nicht verſiegten „Sal-
vator“-Quelle am Nockherberge war der Saal bald nach Be-
ginn gefüllt. Die hübſche, zweckentſprechende Dekoration wird
allſeitig Beifall finden. Im friſchen Grün ziehen ſich um Balkone,
Balluſtraden uſw. Girlanden und Kränze, aus welchen grüne
Lichter ſtimmungsvoll hervorleuchten. Zwei tüchtige Muſikkapel-
len wechſeln mit fulminanten Krügelreden unſerer altbekannten
Humoriſten J. Thannhauſer, Braunbeck uſw. ab und tragen zur
allgemeinen frohen Stimmung bei. Zugleich mit dem Beginn
des Ausſchankes des Auer Kraftbieres fand die feierliche Eröff-
nung des umgebauten Konzertſaales ſtatt. Durch An-
gliederung des unteren Nebenraumes und des ſog. Spiegelſaales
hat die Konzerthalle bedeutend an Größe gewonnen; dadurch
dürfte jetzt dem bisherigen Platzmangel bei den vielen Veran-
ſtaltungen des Hotels Wagner abgeholfen ſein. Nach den Plä-
nen des Herrn Architekten Schmucker umgebaut und neu renoviert,
präſentiert ſich der Saal, in lichtem Weiß gehalten, in vornehm
ruhiger Weiſe, deſſen Wirkung nach Entfernung der jetzigen Deko-
ration wohl noch mehr zur Geltung kommen dürfte. Auch in
ſeinem neuen Gewande reiht ſich der Konzertſaal des Hotel Wag-
ner würdig unſeren übrigen Vergnügungsetabliſſements an. Herr
Wagner dürfte ſich in ſeinem jetzigen Heim des gleich regen Be-
ſuches wie bisher zu erfreuen haben.

* Das Imperial-Theater, Schützenſtraße 1a, bildet mit ſeinem
neuen Programm für die Woche vom 21. bis 27. März wieder
einen Anziehungspunkt aller Freunde der Kinematographie.
Neben unterhaltenden Bildern, wie „Der angeheiterte Onkel“
und „Der ſchlaue Zollwächter“ ſind die Films „Die Macht der
Liebe und des Tanzes“, „Fiſchfang auf offenem Meere“, „Napo-
leon auf Elba“, „Renntiere in Lappland“ u. a. m. beſonders er-
wähnenswert. Sportsfreunde wird die Aufnahme vom Renn-
platze „Ein guter Tipp als Retter in der Not“ intereſſieren. Das
Theater erfreut ſich ſtets regen Beſuches.



Inhalt der Unterhaltungsbeilage „Der Sonntag“:
Gedichte. Von Ferdinand Frhrn. v. Paungarten.
Zwei Beethoven-Briefe. Mitgeteilt von Ernſt Rychnovsky.
Diſziplin im Theater. Von Olga Wohlbrück.
Die Konkurrenz der Frau. Von Dr. Käthe Schirmacher-
Paris.
Pariſer Modebrief. Von Eliſabeth.
Schachzeitung. — Photographiſche Rundſchau.


Bayeriſche Chronik.
Reichsratsausſchuß und Auguſtinerſtock.

* Der Finanzausſchuß der Reichsrats-
kammer
hat heute über das vom Plenum an ihn zurück-
verwieſene Auguſtinerſtockprojekt neuerdings beraten, nach-
dem er in den letzten Tagen einen Augenſchein vor-
genommen hatte. Das Ergebnis der Beratung war aber-
mals die einſtimmige Annahme des Regie-
rungsprojekts
unter Ablehnung des Antrages
v. Müller.

Der Landesverband der Magiſtratsbeamtenvereine der unmittel-
baren Städte des Königreiches Bayern

hielt am 15. März in Regensburg eine außerordentliche Gene-
ralverſammlung ab, um zu der Frage des Zuſammenſchluſ-
ſes aller Gemeindebeamten und - Bedienſteten

des Königreiches Stellung zu nehmen. Nach einer umfangreichen
Debatte wurde folgender Beſchluß gefaßt. Der Landesverband
beſchließt, aus dem Hauptausſchuß auszuſcheiden, erklärt ſich jedoch
bereit, mit letzterem in Fragen von gemeinſamen Intereſſe zu
beraten und die geeigneten Maßnahmen gemeinſchaftlich zu tref-
fen. Auch iſt der Landesverband bereit zu einem förmlichen Zu-
ſammenſchluß den nicht in den unmittelbaren Städten ver-
wendeten Gemeindebeamten und -Bedienſteten, die die Bedin-
gungen für die Aufnahme in den Landesverband erfüllt haben,
die Hand zu bieten und die Satzungen dementſprechend zu ändern.

Nach den Satzungen des Landesverbandes können Mitglieder
desſelben werden: 1. Höhere Gemeindebedienſtete, die ihre Stel-
lung vermöge ihrer Befähigung für den Verwaltungs- oder tech-
niſchen Dienſt bekleiden. 2. Andere im Dienſte einer Gemeinde
ſtehenden Perſonen, welche die für den höheren Gemeindedienſt
vorgeſchriebene Befähigung haben.

Der nun ſeit 8 Jahren beſtehende Landesverband der Magi-
ſtratsbeamten der unmittelbaren Städte hat durch den Beſchluß
den Kreis der zur Aufnahme berechtigten Gemeindebeamten und
Bedienſteten erweitert, ſo daß hierdurch die Möglichkeit zu
einem Zuſammenſchluß aller höheren Gemeindebedienſteten und
geprüften Anwärter auf ſolche Stellen gegeben iſt.

Im weiteren Verlaufe der Verſammlung wurde eine Ab-
änderung der Satzungen
beſchloſſen, nach der künftig die
Generalverſammlung des Landesverbandes außer den Obmännern
auch den 1. und 2. Vorſitzenden, den 1. und 2. Schriftführer und
den Kaſſier zu wählen hat. Mit dieſer Satzungsänderung wurde
die Neuwahl der Vorſitzenden, Schriftführer und des Kaſſiers
notwendig.

Da der bisherige Vorſitzende Herr Oberinſpektor Schmid
(München), der ſich um die Leitung des Landesverbandes große
Verdienſte erworben hat, erklärte, unter keinen Umſtänden mehr
dieſe Funktion beibehalten zu können, wurden folgende Herren
gewählt, als 1. Vorſitzender: Rieß (Augsburg), 2. Vorſitzender:
Neubert (Würzburg), 1. Schriftführer: Hofmann (Augs-
burg), 2. Schriftführer: Oswald (München) und als Kaſſier:
Leupold (München).

Für den als 1. Vorſitzenden gewählten bisherigen Obmann,
Herrn Polizeikommiſſar Rieß, wurde als Obmann, bezw. Beiſitzer
(wie die Bezeichnung künftig lauten ſoll) Herr Oberinſpektor
Schmid gewählt, dem von der Verſammlung für ſeine bis-
herige erſprießliche Tätigkeit als Verbandsvorſitzender eine herz-
liche Ovation dargebracht wurde.



* Miniſtervortrag.

Se. kgl. Hoh. der Prinzregent hat
heute vormittag den kgl. Kriegsminiſter Frhrn. v. Horn
zum Vortrag empfangen.

* Der neue Domkapitular.

Wir erhalten folgende Zuſchrift:
Unliebſames Aufſehen erregt in hieſigen klerikalen Kreiſen die
Ernennung des Regensburger Lyzealprofeſſors Buchberger
zum Domkapitular. Kaum 34 Jahre alt, wird dieſer junge
Mann auf einen Poſten geſtellt, auf dem ſeiner die wichtigſten
Aemter harren. Aeltere Herren, die in der Großſtadt ein
arbeits- und erfolgreiches Leben hinter ſich haben, ſind mit
ihrem Geſuche durchgefallen. Warum wurde denn der junge
[Spaltenumbruch] Profeſſor ſo vielen älteren verdienſtvollen Männern vorgezogen?
Seiner Gelehrſamkeit wegen? Von tiefgründiger Gelehrſamkeit
iſt in Fachkreiſen nichts bekannt; denn das kirchliche Handlexikon,
das Buchberger redigierte, zeugte nicht von profunder Wiſſen-
ſchaft, ja es ſind Klagen laut geworden, daß der Redakteur jede
Spur von freiheitlicher Regung aus den eingeſandten Beiträgen
tilgte. Und dieſer Mann ſoll nun als Zenſor, wie ihn die
Enzyklika Pascendi fordert, im Ordinariat einziehen! Er ſoll
zu Gericht ſitzen über Männer, die faſt ein Menſchenalter hindurch
an der wiſſenſchaftlichen Vertiefung der Theologie gearbeitet
haben? Kann man ſich da wundern, wenn ſelbſt in den ortho-
doxeſten Kreiſen des Klerus tiefſte Verſtimmung ſich zeigt? Wer
aber hat dem hochwürdigſten Herrn Erzbiſchof die Notwendigkeit
dieſer Ernennung beizubringen gewußt? Buchberger hatte früher
in Freiſing bei der Abweſenheit des Herrn Prälaten Daller
deſſen Kirchenrecht vorzuleſen. Wenige Tage vor der Ernennung
wurde Buchberger nach Freiſing gerufen, wo ihn zwei Dom-
kapitulare aus München, die miteinander eng befreundet ſind,
erwarteten. Dies ſagt genug. Der junge Theologe iſt berufen
zur Verſtärkung jener Partei im Ordinariate, die die „Aus-
länder“ haßt, die jede ſelbſtändige Regung im Klerus, jeden
Fortſchritt in der katholiſchen Wiſſenſchaft zu unterdrücken ſucht.
Darum muß, ſelbſt wenn man zugibt, daß dem Domkapitel eine
Verjüngung nottut, Front gemacht werden gegen das Syſtem,
das in dieſer Ernennung ſeine Macht wieder erprobte.



(Privattelegramm.)
Eine der hieſigen renommierteſten Privatbrauereien, die
Brauerei zum Goldenen Stern des Hrn. Georg Deffner,
ging um die Summe von 550,000 Mark in den Beſitz des
Brauereibeſitzers Gäbler in Schmichen über. In dem Ver-
kaufspreis iſt nur das Stammanweſen mit inbegriffen. Die
übrigen zur Brauerei gehörigen Anweſen verbleiben in den
Händen des Vorbeſitzers.



Deutſcher Reichstag.
131. Plenarſitzung.

Etat für Kiautſchau.

Am Bundesratstiſch: Staatsſekretär v. Tirpitz.

Auf der Tagesordnung ſteht zunächſt die Beratung des
Spezialetats für das Schutzgebiet Kiautſchau.

Die Budgetkommiſſion hat einige Abſtriche gemacht.

Staatsſekretär v. Tirpitz: Ich habe bereits in der Budget-
kommiſſion ausgeführt, daß der Reichszuſchuß nach Mög-
lichkeit herabgeſetzt
wird. Die Marineverwaltung hat
ſich auch bereits in dieſer Richtung betätigt. Natürlich muß man
darin eine gewiſſe Vorſicht üben, wenn man nicht die Entwicklung
hemmen will. Was die Kompetenzen der Beamten
anbetrifft, ſo liegt der Verwaltung vor allen Dingen an den
Leiſtungen der Beamten. Wir werden allmählich zu permanen-
teren Zuſtänden kommen und dementſprechend die Kompetenzen
einrichten. Daß die Kompetenz des erſten Beamten natürlich
auch auf die anderen einwirkt, iſt begreiflich. Ich werde jeden-
falls dieſe ganze Kompetenzfrage einer erneuten Prüfung unter-
ziehen. Ueber die wirtſchaftliche Situation der
Kolonie
iſt in der Denkſchrift das Erforderliche geſagt. Wir
ſind in der Zeit, die uns zur Verfügung ſtand, ſo raſch vorwärts
gekommen, wie man verlangen konnte. Es iſt zu berückſichtigen,
daß der Platz erſt 10 Jahre in unſerem Beſitz iſt, wovon
8 Jahre noch abgehen, weil erſt die nötigen Vorbedingungen für
den Handel geſchaffen werden mußten. Erſt ſeit etwa zwei
Jahren
haben auch die Chineſen etwas mehr Vertrauen zu
uns gefaßt. Meines Erachtens iſt aber ſchon ſehr viel erreicht
worden. Wir ſtehen von allen Settlements in China an ſechſter
Stelle.

Unterſtaatsſekretär des Auswärtigen Amtes Stemrich: Im
Namen des durch Krankheit verhinderten Staatsſekretärs des
Auswärtigen Amtes erkläre ich, daß der Gedanke, Kiau-
tſchau aufzugeben, nicht beſteht.
Wollten wir darauf
verzichten, ſo würde das unſer Anſehen in der Welt und ſpeziell
in Oſtaſien ſchädigen; es würde unſer Anſehen in ganz China
ſo herabſetzen, daß wir dies niemals gutmachen könnten. Poli-
tiſche Verwicklungen ſind in keiner Weiſe zu befürchten, weder
mit China noch mit irgend einer anderen Macht. Wir haben
zur Verteidigung unſerer Stellung in China keine anderen als
friedliche Abſichten. (Beifall.)

Staatsſekretär v. Tirpitz: Den Ausſpruch, daß, wie die
Nationen ſich an der weiteren geiſtigen Entwicklung in Kiau-
tſchau beteiligen, auch ihre wirtſchaftliche Beteiligung ſein wird,
kann ich nach meinem perſönlichen Eindruck unterſchreiben. Ich
ſehe Kiautſchau nicht peſſimiſtiſch an.
Mit
Schanghai iſt Kiautſchau nicht zu vergleichen. Tſingtau liegt im
Norden, wo kein ſchiffbarer Fluß iſt, ſondern nur ein Fluß, der
immer mehr verſandet. Von den nördlichen Provinzen iſt Tſing-
tau aber der gegebene Hafenplatz. Alle Kenner Chinas ſtimmen
darin überein. Ein Beweis dafür ſind die Konſularberichte und
die Handelskammerberichte. Ein Kanalſyſtem iſt nicht möglich,
denn es liegen Gebirge dazwiſchen.

Darauf werden die ordentlichen Ausgaben nach
den Kommiſſionsanträgen bewilligt.

Folgende Reſolution der Kommiſſion wird ange-
nommen: Den Reichskanzler zu erſuchen, eine Verminderung der
Koſten der Verwaltung des Schutzgebietes, insbeſondere durch
eine den veränderten Verhältniſſen entſprechende Herab-
ſetzung der Bezüge der Beamten
im Schutzgebiete
herbeizuführen. An den einmaligen Ausgaben hat die
Kommiſſion im ganzen 620,000 M geſtrichen, und zwar 100,000 M
von den Ausgaben für Hafenbauten, 180,000 M von den Aus-
gaben für Tiefbauten. Ferner iſt die Forderung von 300,000 M
zur Errichtung und Ausſtattung von Schulräumen zu Unter-
richtsanſtalten für chineſiſche Schüler geſtrichen worden. Dafür
ſollen 50,000 M zu Vorarbeiten für die etwaige Errichtung von
Lehranſtalten für Chineſen bewilligt werden. Schließlich iſt auch
die Forderung von 120,000 M zur Unterſtützung der Seiden-
induſtrie im Schutzgebiete von der Kommiſſion abgelehnt worden.

Staatsſekretär v. Tirpitz: Die Marineverwaltung wird die
Miſſionsſchulen ſtets berückſichtigen und die Schulfrage nur im
Einvernehmen mit den Miſſionen löſen. Im Extraordinarium
iſt auch 1 Million für Armierungsausgaben ausgeworfen.

Auf eine Anfrage erklärt Staatsſekretär v. Tirpitz, daß er
der Anregung, die Marine-Infanterietruppen zum Teil zur Aus-
führung von Pionierarbeiten zu verwenden, nachgehen werde.
Es beſteht allerdings ein Unterſchied gegenüber Südweſtafrika,
wo es ſich weſentlich um Eiſenbahnbauarbeiten handelt. In
Kiautſchau handelt es ſich in der Hauptſache um Erdarbeiten,
die während der Sommerhitze ruhen müſſen.

Die Kommiſſionsanträge werden durchweg angenommen und
ſodann die Einnahmen genehmigt. Der Reichszuſchuß wird er-
mäßigt auf 9,739,953 M. Folgende Reſolution wird an-
genommen: den Reichskanzler zu erſuchen, in Erwägung zu
ziehen, durch angemeſſene Beſteuerung die Bewohner
des Schutzgebietes zur teilweiſen Tragung der Koſten heran-
zuziehen.

Das Etatsgeſetz für den Haushalt der Schutzgebiete für 1908
wird in zweiter Leſung angenommen.

Es folgt der
Etat für die Expedition nach Oſtaſien.
Die auf dem außerordentlichen Etat ſtehenden Ausgaben dieſes
Etats führen als Behörden im Kriegsminiſterium auf: 1. einen
[Spaltenumbruch] Stabsoffizier in der Stellung als vortragender Rat 6552 M
Gehalt, 900 M Dienſtzulage, Wohnungsgeldzuſchuß und 2 Ratio-
nen, 1 Expedienten 3000—6000 M, 1 Unterzahlmeiſter, 3 Sani-
tätsunteroffiziere, 1 Aſſiſtenten beim Bekleidungsamt des Garde-
korps, 1 Packmeiſter.

Die Kommiſſion hat ſtatt des Stabsoffiziers nur einen in-
aktiven Stabsoffizier mit 1782 M nicht penſionsfähiger Zulage
bewilligt und die übrigen Beamten bis auf den Expedienten
und Packmeiſter geſtrichen. Damit ſind 16,259 M an laufenden
Koſten abgeſetzt. Entſprechende Abſtriche ſind an anderen per-
ſönlichen Ausgaben, ſächlichen und vermiſchten Ausgaben vor-
geſchlagen. Die Invalidenpenſionen uſw. will die Kommiſſion
aus dieſem Etat entfernen und in den Etat des allgemeinen
Penſionsfonds einfügen.

Ein Antrag Liebermann v. Sonnenberg, Fürſt
Hatzfeldt, Frhr. v. Richthofen, Dr. Paaſche und
Graf Oriola geht auf die Wiederherſtellung der
Poſition des Stabsoffiziers
nach dem Wortlaut des
Etatsentwurfs.

Von einer Anzahl von Mitgliedern der Zentrumsfraktion
iſt ein Antrag auf namentliche Abſtimmung am Schluß der
nächſten Sitzung über dieſen Antrag eingegangen.

Generalleutnant v. Armin: Ich brauche nicht ausdrücklich
zu betonen, daß auch wir den Wunſch teilen, das Detachement
aus Oſtaſien zurückzuziehen. So lange aber aus politiſchen
Gründen das Beſatzungsdetachement in Oſtaſien für erforderlich
erachtet wird, halten wir es für unſere Pflicht, das Detachement
in der Verfaſſung zu erhalten, die es befähigt, ſeine Aufgabe zu
erfüllen und dafür zu ſorgen, daß eine geordnete Verwaltung
ſtattfindet, daß peinlich genaue Beſtimmungen und eine ent-
ſprechende Rechnungslegung geführt wird. Als die ſogenannte
Expedition nach Oſtaſien beendet war, wurde hier eine Kom-
miſſion zuſammengeſetzt, die die Erfahrungen, die man in Oſt-
aſien gemacht hatte, zuſammenſtellte. Auf Grund dieſer Er-
fahrungen iſt dann der Etat für Oſtaſien aufgeſtellt worden.
Die Angriffe gegen die Form und Ausgeſtaltung des Etats
weiſe ich zurück. Wir haben keinen Anlaß, an der Form etwas zu
ändern, nachdem der Reichstag ſie ſo viele Jahre unbeanſtandet
gelaſſen hat. Nun berührt doch etwas wunderbar, daß es hier
ſo dargeſtellt wird, als würde das Geld zum Fenſter hinausge-
worfen. Wer mit Verwaltungsdingen zu tun hat, weiß, daß
ganz ſelbſtverſtändlich ein kleines Truppenkontingent eines ver-
hältnismäßig großen Verwaltungsapparates bedarf als ein
größeres. Was den aktiven Stabsoffizier anbetrifft, erfordert
dieſe Stelle die Tätigkeit einer ganzen Arbeitskraft. Ich möchte
dringend bitten, dem Antrage Liebermann v. Sonnenberg Folge
zu geben und im übrigen den Kommiſſionsvorſchlägen zu folgen.

Das Haus nimmt hierauf den Etat in der Faſſung
der Kommiſſionsanträge an.

Die Einnahmen aus dem Bankweſen ſind ver-
anſchlagt im Etat für 1908 auf 22,615,000 M und zwar 19,900,000
Mark Anteil des Reiches an dem Reingewinn der Reichsbank
und 2,715,000 M Steuer von den durch entſprechenden Barvorrat
nicht gedeckten Banknoten.

Die Budgetkommiſſion beantragt unveränderte Genehmigung
und bringt folgende Reſolution in Vorſchlag:

Den Reichskanzler zu erſuchen, dafür Fürſorge zu treffen,
daß die Noten der im Deutſchen Reiche zur Banknotenausgabe
berechtigten Notenbanken bei allen öffentlichen Kaſſen des
Reiches als Zahlung angenommen werden müſſen.

Hierzu iſt der Antrag geſtellt worden, die Einnahme aus
dem Anteil des Reiches auf 29,991,000 M, diejenigen aus der
Notenſteuer auf 4,678,000 M zu erhöhen, alſo die Einnahme aus
dem Anteil des Reiches auf 29,991,000 M, diejenigen aus der
Notenſteuer auf 4,678,000 M zu erhöhen, alſo die Einnahme im
ganzen um 12,054,000 M höher einzuſtellen.

In Anbetracht der bevorſtehenden Enquete wurde allſeitig
auf die Beſprechung der Bankfrage verzichtet.

Reichsbankpräſident Harenſtein: Ob und wann die Bank
den Diskonto herabſetzen kann, kann ich durchaus nicht
ſagen. Aber ſowohl ich wie das Reichsbankdirektorium haben
den ehrlichen und ernſten Willen dazu, ſobald es irgendwie an-
gemeſſen erſcheint. Eine Gefahr der Goldausfuhr be-
ſteht nicht mehr.
Der Grund des hohen Diskontos liegt in
der koloſſalen Anſpannung des Kredites im
Lande.
Dem Wunſche der Goldinduſtrie, mehr Barren zu
liefern, werden wir nachkommen, aber bisher hat der Barren-
beſtand der Reichsbank gerade für die Prägemittel ausgereicht.
Die Wünſche für die Beamten kann ich nicht alle anerkennen, aber
ſie werden eingehend und mit Wohlwollen geprüft werden. Die
Reſolution würde ſehr unerfreuliche Schwierigkeiten mit ſich
bringen, denn alle Poſtanſtalten müßten fremde Scheine nehmen.
Die öffentlichen Kaſſen werden nicht in der Lage ſein, dieſe Noten
zuverläſſig auf ihre Echtheit zu prüfen. Die Reſolution würde
aber auch in direktem Widerſpruch ſtehen mit der Tendenz des
Bankgeſetzes. Dieſes Geſetz hat die Privatnotenbanken aufrecht-
erhalten. Dieſe Notenbanken haben ſich wohltätig wirkend neben
die Reichsbankanſtalten geſtellt. Ich bitte alſo die Reſolution
abzulehnen.

Bundesratsbevollmächtigter v. Burkhard: Ich möchte gegen-
über dem Vorſtoß gegen die Privatnotenbanken namens der
bayeriſchen Regierung erklären, daß ſie großen Wert auf die Fort-
erhaltung der bayeriſchen Notenbanken legt. Die bayeriſchen
Notenbanken haben die Tätigkeit der Reichsbank in erfreulicher
Weiſe ergänzt. Dasſelbe gilt auch von den Notenbanken der
übrigen Staaten.

Die beiden Anträge Arendt werden ange-
nommen.
Die Reſolution der Kommiſſion ab-
gelehnt.

Damit iſt die Beratung des Etats der Reichs-
bank erledigt.

Die Vereinbarung zwiſchen dem Reich und der
Schweiz
und der Geſetzentwurf über die Vorlegung der
deutſch-ſchweizeriſchen Grenze
bei Leopoldshöhe
werden in erſter und zweiter Leſung ohne Debatte erledigt.

Hierauf wird ein Vertagungsantrag angenommen.

Nächſte Sitzung: Montag 1 Uhr: Etat des Reichs-
kanzlers, der Reichskanzlei und des Auswärtigen Amtes.

Schluß 5¼ Uhr.

[irrelevantes Material]
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            <head> <hi rendition="#b">* Der neue Domkapitular.</hi> </head>
            <p>Wir erhalten folgende Zu&#x017F;chrift:<lb/><cit><quote>Unlieb&#x017F;ames Auf&#x017F;ehen erregt in hie&#x017F;igen klerikalen Krei&#x017F;en die<lb/>
Ernennung des Regensburger Lyzealprofe&#x017F;&#x017F;ors <hi rendition="#g">Buchberger</hi><lb/>
zum Domkapitular. Kaum 34 Jahre alt, wird die&#x017F;er junge<lb/>
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Aemter harren. Aeltere Herren, die in der Groß&#x017F;tadt ein<lb/>
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Profe&#x017F;&#x017F;or &#x017F;o vielen älteren verdien&#x017F;tvollen Männern vorgezogen?<lb/>
Seiner Gelehr&#x017F;amkeit wegen? Von tiefgründiger Gelehr&#x017F;amkeit<lb/>
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&#x017F;chaft, ja es &#x017F;ind Klagen laut geworden, daß der Redakteur jede<lb/>
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tilgte. Und die&#x017F;er Mann &#x017F;oll nun als Zen&#x017F;or, wie ihn die<lb/>
Enzyklika Pascendi fordert, im Ordinariat einziehen! Er &#x017F;oll<lb/>
zu Gericht &#x017F;itzen über Männer, die fa&#x017F;t ein Men&#x017F;chenalter hindurch<lb/>
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haben? Kann man &#x017F;ich da wundern, wenn &#x017F;elb&#x017F;t in den ortho-<lb/>
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Verjüngung nottut, Front gemacht werden gegen das Sy&#x017F;tem,<lb/>
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Brauereibe&#x017F;itzers <hi rendition="#g">Gäbler</hi> in Schmichen über. In dem Ver-<lb/>
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Schanghai i&#x017F;t Kiaut&#x017F;chau nicht zu vergleichen. T&#x017F;ingtau liegt im<lb/>
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Einvernehmen mit den Mi&#x017F;&#x017F;ionen lö&#x017F;en. Im Extraordinarium<lb/>
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Po&#x017F;ition des Stabsoffiziers</hi> nach dem Wortlaut des<lb/>
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[4/0004] München, Montag Allgemeine Zeitung 23. Marz 1908. Nr. 137. Fällen handelte es ſich, wie die Leicheneröffnung ergab, um totgeborene Kinder. * Todesfall. Heute morgen iſt Kreisſchulrat Max Greisl, ein verdienter Volksſchulmann, im 52. Lebensjahr geſtorben. Greisl, der am 1. Juli 1895 zum Kreisſchulinſpektor bei der Kreis- regierung für Oberbayern ernannt und dem am 1. Januar 1902 der Titel Kreisſchulrat verliehen worden war, war auch Erzieher der Söhne des Prinzen Leopold, denen er längere Zeit Elementarunterricht gab. * Selbſtmordverſuch. Am Südlichen Friedhof ſchoß ſich geſtern nachmittag eine junge Frau eine Kugel in die Bruſt, ohne ſich tödlich zu verletzen. Sie ſchrie herzzerreißend nach ihrer Mutter. Sie wurde ins Krankenhaus verbracht. * Hotel Wagner vorm. Trefler. „Nomina sunt odiosa“ wird ſich wohl Herr Wagner gedacht haben, als er ſein auch heuer wieder vorzüglich geratenes Doppelbier „Auer Kraftbier“ benamſte; daß dieſes ſeinem Namen alle Ehre macht und ſich wür- dig den vielen Vorgängern anreiht, dürfte die heutige Ausſchank- eröffnung bewieſen haben. Trotz der noch nicht verſiegten „Sal- vator“-Quelle am Nockherberge war der Saal bald nach Be- ginn gefüllt. Die hübſche, zweckentſprechende Dekoration wird allſeitig Beifall finden. Im friſchen Grün ziehen ſich um Balkone, Balluſtraden uſw. Girlanden und Kränze, aus welchen grüne Lichter ſtimmungsvoll hervorleuchten. Zwei tüchtige Muſikkapel- len wechſeln mit fulminanten Krügelreden unſerer altbekannten Humoriſten J. Thannhauſer, Braunbeck uſw. ab und tragen zur allgemeinen frohen Stimmung bei. Zugleich mit dem Beginn des Ausſchankes des Auer Kraftbieres fand die feierliche Eröff- nung des umgebauten Konzertſaales ſtatt. Durch An- gliederung des unteren Nebenraumes und des ſog. Spiegelſaales hat die Konzerthalle bedeutend an Größe gewonnen; dadurch dürfte jetzt dem bisherigen Platzmangel bei den vielen Veran- ſtaltungen des Hotels Wagner abgeholfen ſein. Nach den Plä- nen des Herrn Architekten Schmucker umgebaut und neu renoviert, präſentiert ſich der Saal, in lichtem Weiß gehalten, in vornehm ruhiger Weiſe, deſſen Wirkung nach Entfernung der jetzigen Deko- ration wohl noch mehr zur Geltung kommen dürfte. Auch in ſeinem neuen Gewande reiht ſich der Konzertſaal des Hotel Wag- ner würdig unſeren übrigen Vergnügungsetabliſſements an. Herr Wagner dürfte ſich in ſeinem jetzigen Heim des gleich regen Be- ſuches wie bisher zu erfreuen haben. * Das Imperial-Theater, Schützenſtraße 1a, bildet mit ſeinem neuen Programm für die Woche vom 21. bis 27. März wieder einen Anziehungspunkt aller Freunde der Kinematographie. Neben unterhaltenden Bildern, wie „Der angeheiterte Onkel“ und „Der ſchlaue Zollwächter“ ſind die Films „Die Macht der Liebe und des Tanzes“, „Fiſchfang auf offenem Meere“, „Napo- leon auf Elba“, „Renntiere in Lappland“ u. a. m. beſonders er- wähnenswert. Sportsfreunde wird die Aufnahme vom Renn- platze „Ein guter Tipp als Retter in der Not“ intereſſieren. Das Theater erfreut ſich ſtets regen Beſuches. Inhalt der Unterhaltungsbeilage „Der Sonntag“: Gedichte. Von Ferdinand Frhrn. v. Paungarten. Zwei Beethoven-Briefe. Mitgeteilt von Ernſt Rychnovsky. Diſziplin im Theater. Von Olga Wohlbrück. Die Konkurrenz der Frau. Von Dr. Käthe Schirmacher- Paris. Pariſer Modebrief. Von Eliſabeth. Schachzeitung. — Photographiſche Rundſchau. Bayeriſche Chronik. Reichsratsausſchuß und Auguſtinerſtock. * Der Finanzausſchuß der Reichsrats- kammer hat heute über das vom Plenum an ihn zurück- verwieſene Auguſtinerſtockprojekt neuerdings beraten, nach- dem er in den letzten Tagen einen Augenſchein vor- genommen hatte. Das Ergebnis der Beratung war aber- mals die einſtimmige Annahme des Regie- rungsprojekts unter Ablehnung des Antrages v. Müller. Der Landesverband der Magiſtratsbeamtenvereine der unmittel- baren Städte des Königreiches Bayern hielt am 15. März in Regensburg eine außerordentliche Gene- ralverſammlung ab, um zu der Frage des Zuſammenſchluſ- ſes aller Gemeindebeamten und - Bedienſteten des Königreiches Stellung zu nehmen. Nach einer umfangreichen Debatte wurde folgender Beſchluß gefaßt. Der Landesverband beſchließt, aus dem Hauptausſchuß auszuſcheiden, erklärt ſich jedoch bereit, mit letzterem in Fragen von gemeinſamen Intereſſe zu beraten und die geeigneten Maßnahmen gemeinſchaftlich zu tref- fen. Auch iſt der Landesverband bereit zu einem förmlichen Zu- ſammenſchluß den nicht in den unmittelbaren Städten ver- wendeten Gemeindebeamten und -Bedienſteten, die die Bedin- gungen für die Aufnahme in den Landesverband erfüllt haben, die Hand zu bieten und die Satzungen dementſprechend zu ändern. Nach den Satzungen des Landesverbandes können Mitglieder desſelben werden: 1. Höhere Gemeindebedienſtete, die ihre Stel- lung vermöge ihrer Befähigung für den Verwaltungs- oder tech- niſchen Dienſt bekleiden. 2. Andere im Dienſte einer Gemeinde ſtehenden Perſonen, welche die für den höheren Gemeindedienſt vorgeſchriebene Befähigung haben. Der nun ſeit 8 Jahren beſtehende Landesverband der Magi- ſtratsbeamten der unmittelbaren Städte hat durch den Beſchluß den Kreis der zur Aufnahme berechtigten Gemeindebeamten und Bedienſteten erweitert, ſo daß hierdurch die Möglichkeit zu einem Zuſammenſchluß aller höheren Gemeindebedienſteten und geprüften Anwärter auf ſolche Stellen gegeben iſt. Im weiteren Verlaufe der Verſammlung wurde eine Ab- änderung der Satzungen beſchloſſen, nach der künftig die Generalverſammlung des Landesverbandes außer den Obmännern auch den 1. und 2. Vorſitzenden, den 1. und 2. Schriftführer und den Kaſſier zu wählen hat. Mit dieſer Satzungsänderung wurde die Neuwahl der Vorſitzenden, Schriftführer und des Kaſſiers notwendig. Da der bisherige Vorſitzende Herr Oberinſpektor Schmid (München), der ſich um die Leitung des Landesverbandes große Verdienſte erworben hat, erklärte, unter keinen Umſtänden mehr dieſe Funktion beibehalten zu können, wurden folgende Herren gewählt, als 1. Vorſitzender: Rieß (Augsburg), 2. Vorſitzender: Neubert (Würzburg), 1. Schriftführer: Hofmann (Augs- burg), 2. Schriftführer: Oswald (München) und als Kaſſier: Leupold (München). Für den als 1. Vorſitzenden gewählten bisherigen Obmann, Herrn Polizeikommiſſar Rieß, wurde als Obmann, bezw. Beiſitzer (wie die Bezeichnung künftig lauten ſoll) Herr Oberinſpektor Schmid gewählt, dem von der Verſammlung für ſeine bis- herige erſprießliche Tätigkeit als Verbandsvorſitzender eine herz- liche Ovation dargebracht wurde. * Miniſtervortrag. Se. kgl. Hoh. der Prinzregent hat heute vormittag den kgl. Kriegsminiſter Frhrn. v. Horn zum Vortrag empfangen. * Der neue Domkapitular. Wir erhalten folgende Zuſchrift: Unliebſames Aufſehen erregt in hieſigen klerikalen Kreiſen die Ernennung des Regensburger Lyzealprofeſſors Buchberger zum Domkapitular. Kaum 34 Jahre alt, wird dieſer junge Mann auf einen Poſten geſtellt, auf dem ſeiner die wichtigſten Aemter harren. Aeltere Herren, die in der Großſtadt ein arbeits- und erfolgreiches Leben hinter ſich haben, ſind mit ihrem Geſuche durchgefallen. Warum wurde denn der junge Profeſſor ſo vielen älteren verdienſtvollen Männern vorgezogen? Seiner Gelehrſamkeit wegen? Von tiefgründiger Gelehrſamkeit iſt in Fachkreiſen nichts bekannt; denn das kirchliche Handlexikon, das Buchberger redigierte, zeugte nicht von profunder Wiſſen- ſchaft, ja es ſind Klagen laut geworden, daß der Redakteur jede Spur von freiheitlicher Regung aus den eingeſandten Beiträgen tilgte. Und dieſer Mann ſoll nun als Zenſor, wie ihn die Enzyklika Pascendi fordert, im Ordinariat einziehen! Er ſoll zu Gericht ſitzen über Männer, die faſt ein Menſchenalter hindurch an der wiſſenſchaftlichen Vertiefung der Theologie gearbeitet haben? Kann man ſich da wundern, wenn ſelbſt in den ortho- doxeſten Kreiſen des Klerus tiefſte Verſtimmung ſich zeigt? Wer aber hat dem hochwürdigſten Herrn Erzbiſchof die Notwendigkeit dieſer Ernennung beizubringen gewußt? Buchberger hatte früher in Freiſing bei der Abweſenheit des Herrn Prälaten Daller deſſen Kirchenrecht vorzuleſen. Wenige Tage vor der Ernennung wurde Buchberger nach Freiſing gerufen, wo ihn zwei Dom- kapitulare aus München, die miteinander eng befreundet ſind, erwarteten. Dies ſagt genug. Der junge Theologe iſt berufen zur Verſtärkung jener Partei im Ordinariate, die die „Aus- länder“ haßt, die jede ſelbſtändige Regung im Klerus, jeden Fortſchritt in der katholiſchen Wiſſenſchaft zu unterdrücken ſucht. Darum muß, ſelbſt wenn man zugibt, daß dem Domkapitel eine Verjüngung nottut, Front gemacht werden gegen das Syſtem, das in dieſer Ernennung ſeine Macht wieder erprobte. r. Augsburg, 21. März. 11.06 V. (Privattelegramm.) Eine der hieſigen renommierteſten Privatbrauereien, die Brauerei zum Goldenen Stern des Hrn. Georg Deffner, ging um die Summe von 550,000 Mark in den Beſitz des Brauereibeſitzers Gäbler in Schmichen über. In dem Ver- kaufspreis iſt nur das Stammanweſen mit inbegriffen. Die übrigen zur Brauerei gehörigen Anweſen verbleiben in den Händen des Vorbeſitzers. Deutſcher Reichstag. 131. Plenarſitzung. (Telegraphiſcher Bericht der Allgemeinen Zeitung.) * Berlin, 21, März. Etat für Kiautſchau. Am Bundesratstiſch: Staatsſekretär v. Tirpitz. Auf der Tagesordnung ſteht zunächſt die Beratung des Spezialetats für das Schutzgebiet Kiautſchau. Die Budgetkommiſſion hat einige Abſtriche gemacht. Staatsſekretär v. Tirpitz: Ich habe bereits in der Budget- kommiſſion ausgeführt, daß der Reichszuſchuß nach Mög- lichkeit herabgeſetzt wird. Die Marineverwaltung hat ſich auch bereits in dieſer Richtung betätigt. Natürlich muß man darin eine gewiſſe Vorſicht üben, wenn man nicht die Entwicklung hemmen will. Was die Kompetenzen der Beamten anbetrifft, ſo liegt der Verwaltung vor allen Dingen an den Leiſtungen der Beamten. Wir werden allmählich zu permanen- teren Zuſtänden kommen und dementſprechend die Kompetenzen einrichten. Daß die Kompetenz des erſten Beamten natürlich auch auf die anderen einwirkt, iſt begreiflich. Ich werde jeden- falls dieſe ganze Kompetenzfrage einer erneuten Prüfung unter- ziehen. Ueber die wirtſchaftliche Situation der Kolonie iſt in der Denkſchrift das Erforderliche geſagt. Wir ſind in der Zeit, die uns zur Verfügung ſtand, ſo raſch vorwärts gekommen, wie man verlangen konnte. Es iſt zu berückſichtigen, daß der Platz erſt 10 Jahre in unſerem Beſitz iſt, wovon 8 Jahre noch abgehen, weil erſt die nötigen Vorbedingungen für den Handel geſchaffen werden mußten. Erſt ſeit etwa zwei Jahren haben auch die Chineſen etwas mehr Vertrauen zu uns gefaßt. Meines Erachtens iſt aber ſchon ſehr viel erreicht worden. Wir ſtehen von allen Settlements in China an ſechſter Stelle. Unterſtaatsſekretär des Auswärtigen Amtes Stemrich: Im Namen des durch Krankheit verhinderten Staatsſekretärs des Auswärtigen Amtes erkläre ich, daß der Gedanke, Kiau- tſchau aufzugeben, nicht beſteht. Wollten wir darauf verzichten, ſo würde das unſer Anſehen in der Welt und ſpeziell in Oſtaſien ſchädigen; es würde unſer Anſehen in ganz China ſo herabſetzen, daß wir dies niemals gutmachen könnten. Poli- tiſche Verwicklungen ſind in keiner Weiſe zu befürchten, weder mit China noch mit irgend einer anderen Macht. Wir haben zur Verteidigung unſerer Stellung in China keine anderen als friedliche Abſichten. (Beifall.) Staatsſekretär v. Tirpitz: Den Ausſpruch, daß, wie die Nationen ſich an der weiteren geiſtigen Entwicklung in Kiau- tſchau beteiligen, auch ihre wirtſchaftliche Beteiligung ſein wird, kann ich nach meinem perſönlichen Eindruck unterſchreiben. Ich ſehe Kiautſchau nicht peſſimiſtiſch an. Mit Schanghai iſt Kiautſchau nicht zu vergleichen. Tſingtau liegt im Norden, wo kein ſchiffbarer Fluß iſt, ſondern nur ein Fluß, der immer mehr verſandet. Von den nördlichen Provinzen iſt Tſing- tau aber der gegebene Hafenplatz. Alle Kenner Chinas ſtimmen darin überein. Ein Beweis dafür ſind die Konſularberichte und die Handelskammerberichte. Ein Kanalſyſtem iſt nicht möglich, denn es liegen Gebirge dazwiſchen. Darauf werden die ordentlichen Ausgaben nach den Kommiſſionsanträgen bewilligt. Folgende Reſolution der Kommiſſion wird ange- nommen: Den Reichskanzler zu erſuchen, eine Verminderung der Koſten der Verwaltung des Schutzgebietes, insbeſondere durch eine den veränderten Verhältniſſen entſprechende Herab- ſetzung der Bezüge der Beamten im Schutzgebiete herbeizuführen. An den einmaligen Ausgaben hat die Kommiſſion im ganzen 620,000 M geſtrichen, und zwar 100,000 M von den Ausgaben für Hafenbauten, 180,000 M von den Aus- gaben für Tiefbauten. Ferner iſt die Forderung von 300,000 M zur Errichtung und Ausſtattung von Schulräumen zu Unter- richtsanſtalten für chineſiſche Schüler geſtrichen worden. Dafür ſollen 50,000 M zu Vorarbeiten für die etwaige Errichtung von Lehranſtalten für Chineſen bewilligt werden. Schließlich iſt auch die Forderung von 120,000 M zur Unterſtützung der Seiden- induſtrie im Schutzgebiete von der Kommiſſion abgelehnt worden. Staatsſekretär v. Tirpitz: Die Marineverwaltung wird die Miſſionsſchulen ſtets berückſichtigen und die Schulfrage nur im Einvernehmen mit den Miſſionen löſen. Im Extraordinarium iſt auch 1 Million für Armierungsausgaben ausgeworfen. Auf eine Anfrage erklärt Staatsſekretär v. Tirpitz, daß er der Anregung, die Marine-Infanterietruppen zum Teil zur Aus- führung von Pionierarbeiten zu verwenden, nachgehen werde. Es beſteht allerdings ein Unterſchied gegenüber Südweſtafrika, wo es ſich weſentlich um Eiſenbahnbauarbeiten handelt. In Kiautſchau handelt es ſich in der Hauptſache um Erdarbeiten, die während der Sommerhitze ruhen müſſen. Die Kommiſſionsanträge werden durchweg angenommen und ſodann die Einnahmen genehmigt. Der Reichszuſchuß wird er- mäßigt auf 9,739,953 M. Folgende Reſolution wird an- genommen: den Reichskanzler zu erſuchen, in Erwägung zu ziehen, durch angemeſſene Beſteuerung die Bewohner des Schutzgebietes zur teilweiſen Tragung der Koſten heran- zuziehen. Das Etatsgeſetz für den Haushalt der Schutzgebiete für 1908 wird in zweiter Leſung angenommen. Es folgt der Etat für die Expedition nach Oſtaſien. Die auf dem außerordentlichen Etat ſtehenden Ausgaben dieſes Etats führen als Behörden im Kriegsminiſterium auf: 1. einen Stabsoffizier in der Stellung als vortragender Rat 6552 M Gehalt, 900 M Dienſtzulage, Wohnungsgeldzuſchuß und 2 Ratio- nen, 1 Expedienten 3000—6000 M, 1 Unterzahlmeiſter, 3 Sani- tätsunteroffiziere, 1 Aſſiſtenten beim Bekleidungsamt des Garde- korps, 1 Packmeiſter. Die Kommiſſion hat ſtatt des Stabsoffiziers nur einen in- aktiven Stabsoffizier mit 1782 M nicht penſionsfähiger Zulage bewilligt und die übrigen Beamten bis auf den Expedienten und Packmeiſter geſtrichen. Damit ſind 16,259 M an laufenden Koſten abgeſetzt. Entſprechende Abſtriche ſind an anderen per- ſönlichen Ausgaben, ſächlichen und vermiſchten Ausgaben vor- geſchlagen. Die Invalidenpenſionen uſw. will die Kommiſſion aus dieſem Etat entfernen und in den Etat des allgemeinen Penſionsfonds einfügen. Ein Antrag Liebermann v. Sonnenberg, Fürſt Hatzfeldt, Frhr. v. Richthofen, Dr. Paaſche und Graf Oriola geht auf die Wiederherſtellung der Poſition des Stabsoffiziers nach dem Wortlaut des Etatsentwurfs. Von einer Anzahl von Mitgliedern der Zentrumsfraktion iſt ein Antrag auf namentliche Abſtimmung am Schluß der nächſten Sitzung über dieſen Antrag eingegangen. Generalleutnant v. Armin: Ich brauche nicht ausdrücklich zu betonen, daß auch wir den Wunſch teilen, das Detachement aus Oſtaſien zurückzuziehen. So lange aber aus politiſchen Gründen das Beſatzungsdetachement in Oſtaſien für erforderlich erachtet wird, halten wir es für unſere Pflicht, das Detachement in der Verfaſſung zu erhalten, die es befähigt, ſeine Aufgabe zu erfüllen und dafür zu ſorgen, daß eine geordnete Verwaltung ſtattfindet, daß peinlich genaue Beſtimmungen und eine ent- ſprechende Rechnungslegung geführt wird. Als die ſogenannte Expedition nach Oſtaſien beendet war, wurde hier eine Kom- miſſion zuſammengeſetzt, die die Erfahrungen, die man in Oſt- aſien gemacht hatte, zuſammenſtellte. Auf Grund dieſer Er- fahrungen iſt dann der Etat für Oſtaſien aufgeſtellt worden. Die Angriffe gegen die Form und Ausgeſtaltung des Etats weiſe ich zurück. Wir haben keinen Anlaß, an der Form etwas zu ändern, nachdem der Reichstag ſie ſo viele Jahre unbeanſtandet gelaſſen hat. Nun berührt doch etwas wunderbar, daß es hier ſo dargeſtellt wird, als würde das Geld zum Fenſter hinausge- worfen. Wer mit Verwaltungsdingen zu tun hat, weiß, daß ganz ſelbſtverſtändlich ein kleines Truppenkontingent eines ver- hältnismäßig großen Verwaltungsapparates bedarf als ein größeres. Was den aktiven Stabsoffizier anbetrifft, erfordert dieſe Stelle die Tätigkeit einer ganzen Arbeitskraft. Ich möchte dringend bitten, dem Antrage Liebermann v. Sonnenberg Folge zu geben und im übrigen den Kommiſſionsvorſchlägen zu folgen. Das Haus nimmt hierauf den Etat in der Faſſung der Kommiſſionsanträge an. Die Einnahmen aus dem Bankweſen ſind ver- anſchlagt im Etat für 1908 auf 22,615,000 M und zwar 19,900,000 Mark Anteil des Reiches an dem Reingewinn der Reichsbank und 2,715,000 M Steuer von den durch entſprechenden Barvorrat nicht gedeckten Banknoten. Die Budgetkommiſſion beantragt unveränderte Genehmigung und bringt folgende Reſolution in Vorſchlag: Den Reichskanzler zu erſuchen, dafür Fürſorge zu treffen, daß die Noten der im Deutſchen Reiche zur Banknotenausgabe berechtigten Notenbanken bei allen öffentlichen Kaſſen des Reiches als Zahlung angenommen werden müſſen. Hierzu iſt der Antrag geſtellt worden, die Einnahme aus dem Anteil des Reiches auf 29,991,000 M, diejenigen aus der Notenſteuer auf 4,678,000 M zu erhöhen, alſo die Einnahme aus dem Anteil des Reiches auf 29,991,000 M, diejenigen aus der Notenſteuer auf 4,678,000 M zu erhöhen, alſo die Einnahme im ganzen um 12,054,000 M höher einzuſtellen. In Anbetracht der bevorſtehenden Enquete wurde allſeitig auf die Beſprechung der Bankfrage verzichtet. Reichsbankpräſident Harenſtein: Ob und wann die Bank den Diskonto herabſetzen kann, kann ich durchaus nicht ſagen. Aber ſowohl ich wie das Reichsbankdirektorium haben den ehrlichen und ernſten Willen dazu, ſobald es irgendwie an- gemeſſen erſcheint. Eine Gefahr der Goldausfuhr be- ſteht nicht mehr. Der Grund des hohen Diskontos liegt in der koloſſalen Anſpannung des Kredites im Lande. Dem Wunſche der Goldinduſtrie, mehr Barren zu liefern, werden wir nachkommen, aber bisher hat der Barren- beſtand der Reichsbank gerade für die Prägemittel ausgereicht. Die Wünſche für die Beamten kann ich nicht alle anerkennen, aber ſie werden eingehend und mit Wohlwollen geprüft werden. Die Reſolution würde ſehr unerfreuliche Schwierigkeiten mit ſich bringen, denn alle Poſtanſtalten müßten fremde Scheine nehmen. Die öffentlichen Kaſſen werden nicht in der Lage ſein, dieſe Noten zuverläſſig auf ihre Echtheit zu prüfen. Die Reſolution würde aber auch in direktem Widerſpruch ſtehen mit der Tendenz des Bankgeſetzes. Dieſes Geſetz hat die Privatnotenbanken aufrecht- erhalten. Dieſe Notenbanken haben ſich wohltätig wirkend neben die Reichsbankanſtalten geſtellt. Ich bitte alſo die Reſolution abzulehnen. Bundesratsbevollmächtigter v. Burkhard: Ich möchte gegen- über dem Vorſtoß gegen die Privatnotenbanken namens der bayeriſchen Regierung erklären, daß ſie großen Wert auf die Fort- erhaltung der bayeriſchen Notenbanken legt. Die bayeriſchen Notenbanken haben die Tätigkeit der Reichsbank in erfreulicher Weiſe ergänzt. Dasſelbe gilt auch von den Notenbanken der übrigen Staaten. Die beiden Anträge Arendt werden ange- nommen. Die Reſolution der Kommiſſion ab- gelehnt. Damit iſt die Beratung des Etats der Reichs- bank erledigt. Die Vereinbarung zwiſchen dem Reich und der Schweiz und der Geſetzentwurf über die Vorlegung der deutſch-ſchweizeriſchen Grenze bei Leopoldshöhe werden in erſter und zweiter Leſung ohne Debatte erledigt. Hierauf wird ein Vertagungsantrag angenommen. Nächſte Sitzung: Montag 1 Uhr: Etat des Reichs- kanzlers, der Reichskanzlei und des Auswärtigen Amtes. Schluß 5¼ Uhr. _

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 137, 23. März 1908, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine137_1908/4>, abgerufen am 21.11.2024.