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Allgemeine Zeitung, Nr. 12, 12. Januar 1830.

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12 Januar.
Beilage zur Allgemeinen Zeitung.
Nro. 12. 1830.



[Spaltenumbruch]
Ueber den Gang des Staatspapierhandels
im Jahre 1829
.

Mehrere große Finanzope-
rationen sind, trügen wir uns nicht, im Werke. Sie bezweken
eine Herabsezung der Zinsen der Staatsschuld; mithin eine sehr
reelle Verbesserung des Staatshaushalts. Zu dem Ende sollen
von verschiedenen Regierungen neue Anleihen eröfnet werden, um
den Inhabern ihrer höher verzinslichen Staatseffekten die Alter-
native der Heimzahlung des Kapitals oder der Herabsezung des
Zinsfußes anbieten zu können. Nach bekannten Vorgängen zu
schließen -- wie z. B. die jüngste östreichische Anleihe, sodann die
jezt in Frankreich eröfnete Submissiou auf 4prozentige Renten --
gehen diese Finanzoperationen von der Basis aus, der Durch-
schnittspreis der Kapitalien sey jährlich vier vom Hundert. --
Wir haben eine Uebersicht vor uns, welche die täglichen Kursver-
änderungen angibt, so die an hiesiger Börse gangbaren Effekten
im Laufe des verflossenen Jahres erfahren haben. Die Mitthei-
lung einiger Ziffern daraus, welche in dieser Sache eben so viele
statistische Thatsachen sind, dürfte in diesem Augenblike um so
mehr von Interesse seyn, weil sich daraus, unter mehrern andern
Konsequenzen, auch ein höchst wahrscheinlicher Schluß auf die Er-
folge ableiten läßt, welche die Ausführung der erwähnten Finanz-
operationen haben dürfte. Zu dem Ende schiken wir hier eine
Nebeneinanderstellung der Baarkurse voran, wie eben jene Ueber-
sicht solche zu Anfang und am Schlusse des J. 1829 angibt.

[Tabelle]

Sämtliche Effektensorten haben, wie vorstehende Vergleichung er-
gibt, im Verlaufe des J. 1829 einen bedeutenden Aufschwung er-
fahren. Jedoch ziehen wir zuerst die einen firen Zins tragenden
Effekten in Betrachtung, so finden wir, daß dieser Aufschwung bei
den 5prozentigen ungleich schwächer, als bei allen übrigen Papie-
ren war, deren Zinsfuß niedriger ist. Machen hievon die 5pro-
zentigen Bethmann'schen Obligationen eine scheinbare Ausnahme,
da solche um etwas mehr als 10 Prozent stiegen, indessen sich die
5prozentigen Metalliques nur um 7 Prozent hoben, so liegt die
[Spaltenumbruch] Ursache davon in der bekannten Verfügung, wornach deren Zins-
koupons fortan nicht mehr nach dem Kurse der Metalliques be-
rechnet, sondern in klingender Münze bezahlt werden. Dagegen
sind sämtliche unter 5Prozent verzinsliche Effekten, je weiter sie
von ihrem Pari entfernt standen, desto schnellern Schrittes diesem
Zielpunkte zugeeilt; allein je näher sie demselbeu kamen, desto
unmerklicher stiegen sie. So beträgt der Aufschwung bei den
östreichischen 4prozentigen Obligationen beinahe 20 Proz.; bei den
preußischen Staatsschuldscheinen 73/4 Proz.; bei den Darmstädter
4prozentigen Obligationen 1 5/8 Proz.; bei den bayerischen 4prozentigen
nur 3/4 Proz. Sind die Triebfedern des Steigens der obengenannten
Effektensorten theils in den Operationen der Spekulanten, die am
Kurse des Kapitals gewinnen wollen, theils in der Konkurrenz der
Kapitalisten zu suchen, die ihre Fonds, nur um sich einen regelmä-
ßigen Zinsgenuß zu sichern, denselben zuwandten, so regulirten sich
die Kurswandlungen der Lotterie-Effekten nach ganz andern Rük-
sichten. Bei ihnen nemlich sind es ganz besonders die Chancen
des Spiels, die, sind sonst die Umstände gleich, ihren Börsen-
preis bestimmen. Allein die Ermittelung dieser Chancen beruhet
auf einer Wahrscheinlichkeitsberechnung, die, so sicher ihre Resul-
tate im Durchschnitt der Zeit auch immerhiu seyn mögen, doch
zu verwikelt ist, um dem spiellustigen Publikum sogleich in die
Sinne zu fallen. Aus dieser Ursache erklärt es sich denn auch,
daß die Rothschildischen 100Guldenloose im verwichenen Jahre um
183/4 fl. per Stük in die Höhe gingen, die Partiale aber nur
um 83/4 Proz. *) Bei den Darmstädter 50Guldenloosen war der
Aufschlag noch beträchtlicher, nemlich 241/2 Proz., wogegen die
badischen 50Guldenloose nur 53/4 fl. per Stük höher gingen, was

*) Die Agiotage, im eigentlichsten Sinne, hat offenbar viel dazu mit-
gewirkt, die 100Guldenloose auf ihre jezige übers@annte Höhe zu
treiben, wogegen sie, in umgekehrtem Sinne operirend, die Partiale
zeither vergleichsweise so sehr darnieder zu halten strebte. Daß dis
keine bloße Hypothese, mag folgende Berechnung darthun: Für
10,000 fl. kauft man 30 St. Partiallose zum Kurs von 1321/2 Proz.
oder auch 57 St. 100Guldenloose zu 175 fl. das Stük. Erscheinen
nun jene 30 Stük Partiallose in der nächsten Ziehung mit ihrem
geringsten Preis von 3021/2 fl., so erhält man . = 9075 fl.
57 St. 100Guldenloose aber ertragen zu ihrem nie-
drigsten Preise in der nächsten Ziehung ... = 8550 --
Es bleiben mithin ........... = 525 --
als Ueberschuß, oder vielmehr als Minusverlust, den, bei gleichem
Mißgeschik des Spielens, die Partiale gewähren, oder einen 5 Proz.,
einschließlich des dabei befindlichen, aber abgehenden Zinskoupons.
Mit jeder folgenden Ziehung wird aber das Spiel der Partialloose
noch vortheilhafter, so daß dieselben, im richtigen Verhältnisse zum
heutigen Kurse der 100Guldenloose einen Spekulationswerth von
circa 142 Proz. haben, wovon man sich, nach der angedeuteten
Basis die Berechnung fortsezend, leicht überzeugen kan. Dagegen
wird man sich eben so leicht überzeugen können, daß die 100Gul-
denloose bereits jezt ihren eigentlichen Spielwerth um ein Beträcht-
ches überschritten haben. Um uns kurz zu fassen, wollen wir nur
den Fall sezen, es kaufe Jemand sämtliche noch übrige 100Gulden-
loose = 119,860 Stük, zu dem Preise von 180 fl. das Stük, den
sie heute um mehrere Gul en schon überschritten haben. Spielt er
solche bis zum J. 1800, als der lezten Ziehungszeit, und berechnet
sich dabei einen Kapitalzins von 4 Proz. jährlich, so wird derselbe
einen reinen Verlust von 2,800,000 fl. und noch etwas dacüber
erleiden, da bekanntlich die Ausbezahlung der Gewinnste jedesmal
erst drei Monate nach der Ziehung erfolgt.
12 Januar.
Beilage zur Allgemeinen Zeitung.
Nro. 12. 1830.



[Spaltenumbruch]
Ueber den Gang des Staatspapierhandels
im Jahre 1829
.

Mehrere große Finanzope-
rationen ſind, trügen wir uns nicht, im Werke. Sie bezweken
eine Herabſezung der Zinſen der Staatsſchuld; mithin eine ſehr
reelle Verbeſſerung des Staatshaushalts. Zu dem Ende ſollen
von verſchiedenen Regierungen neue Anleihen eröfnet werden, um
den Inhabern ihrer höher verzinslichen Staatseffekten die Alter-
native der Heimzahlung des Kapitals oder der Herabſezung des
Zinsfußes anbieten zu können. Nach bekannten Vorgängen zu
ſchließen — wie z. B. die jüngſte öſtreichiſche Anleihe, ſodann die
jezt in Frankreich eröfnete Submiſſiou auf 4prozentige Renten —
gehen dieſe Finanzoperationen von der Baſis aus, der Durch-
ſchnittspreis der Kapitalien ſey jährlich vier vom Hundert. —
Wir haben eine Ueberſicht vor uns, welche die täglichen Kursver-
änderungen angibt, ſo die an hieſiger Börſe gangbaren Effekten
im Laufe des verfloſſenen Jahres erfahren haben. Die Mitthei-
lung einiger Ziffern daraus, welche in dieſer Sache eben ſo viele
ſtatiſtiſche Thatſachen ſind, dürfte in dieſem Augenblike um ſo
mehr von Intereſſe ſeyn, weil ſich daraus, unter mehrern andern
Konſequenzen, auch ein höchſt wahrſcheinlicher Schluß auf die Er-
folge ableiten läßt, welche die Ausführung der erwähnten Finanz-
operationen haben dürfte. Zu dem Ende ſchiken wir hier eine
Nebeneinanderſtellung der Baarkurſe voran, wie eben jene Ueber-
ſicht ſolche zu Anfang und am Schluſſe des J. 1829 angibt.

[Tabelle]

Sämtliche Effektenſorten haben, wie vorſtehende Vergleichung er-
gibt, im Verlaufe des J. 1829 einen bedeutenden Aufſchwung er-
fahren. Jedoch ziehen wir zuerſt die einen firen Zins tragenden
Effekten in Betrachtung, ſo finden wir, daß dieſer Aufſchwung bei
den 5prozentigen ungleich ſchwächer, als bei allen übrigen Papie-
ren war, deren Zinsfuß niedriger iſt. Machen hievon die 5pro-
zentigen Bethmann’ſchen Obligationen eine ſcheinbare Ausnahme,
da ſolche um etwas mehr als 10 Prozent ſtiegen, indeſſen ſich die
5prozentigen Metalliques nur um 7 Prozent hoben, ſo liegt die
[Spaltenumbruch] Urſache davon in der bekannten Verfügung, wornach deren Zins-
koupons fortan nicht mehr nach dem Kurſe der Metalliques be-
rechnet, ſondern in klingender Münze bezahlt werden. Dagegen
ſind ſämtliche unter 5Prozent verzinsliche Effekten, je weiter ſie
von ihrem Pari entfernt ſtanden, deſto ſchnellern Schrittes dieſem
Zielpunkte zugeeilt; allein je näher ſie demſelbeu kamen, deſto
unmerklicher ſtiegen ſie. So beträgt der Aufſchwung bei den
öſtreichiſchen 4prozentigen Obligationen beinahe 20 Proz.; bei den
preußiſchen Staatsſchuldſcheinen 7¾ Proz.; bei den Darmſtädter
4prozentigen Obligationen 1⅝Proz.; bei den bayeriſchen 4prozentigen
nur ¾ Proz. Sind die Triebfedern des Steigens der obengenannten
Effektenſorten theils in den Operationen der Spekulanten, die am
Kurſe des Kapitals gewinnen wollen, theils in der Konkurrenz der
Kapitaliſten zu ſuchen, die ihre Fonds, nur um ſich einen regelmä-
ßigen Zinsgenuß zu ſichern, denſelben zuwandten, ſo regulirten ſich
die Kurswandlungen der Lotterie-Effekten nach ganz andern Rük-
ſichten. Bei ihnen nemlich ſind es ganz beſonders die Chancen
des Spiels, die, ſind ſonſt die Umſtände gleich, ihren Börſen-
preis beſtimmen. Allein die Ermittelung dieſer Chancen beruhet
auf einer Wahrſcheinlichkeitsberechnung, die, ſo ſicher ihre Reſul-
tate im Durchſchnitt der Zeit auch immerhiu ſeyn mögen, doch
zu verwikelt iſt, um dem ſpielluſtigen Publikum ſogleich in die
Sinne zu fallen. Aus dieſer Urſache erklärt es ſich denn auch,
daß die Rothſchildiſchen 100Guldenlooſe im verwichenen Jahre um
18¾ fl. per Stük in die Höhe gingen, die Partiale aber nur
um 8¾ Proz. *) Bei den Darmſtädter 50Guldenlooſen war der
Aufſchlag noch beträchtlicher, nemlich 24½ Proz., wogegen die
badiſchen 50Guldenlooſe nur 5¾ fl. per Stük höher gingen, was

*) Die Agiotage, im eigentlichſten Sinne, hat offenbar viel dazu mit-
gewirkt, die 100Guldenlooſe auf ihre jezige überſ@annte Höhe zu
treiben, wogegen ſie, in umgekehrtem Sinne operirend, die Partiale
zeither vergleichsweiſe ſo ſehr darnieder zu halten ſtrebte. Daß dis
keine bloße Hypotheſe, mag folgende Berechnung darthun: Für
10,000 fl. kauft man 30 St. Partialloſe zum Kurs von 132½ Proz.
oder auch 57 St. 100Guldenlooſe zu 175 fl. das Stük. Erſcheinen
nun jene 30 Stük Partialloſe in der nächſten Ziehung mit ihrem
geringſten Preis von 302½ fl., ſo erhält man . = 9075 fl.
57 St. 100Guldenlooſe aber ertragen zu ihrem nie-
drigſten Preiſe in der nächſten Ziehung ... = 8550 —
Es bleiben mithin ........... = 525 —
als Ueberſchuß, oder vielmehr als Minusverluſt, den, bei gleichem
Mißgeſchik des Spielens, die Partiale gewähren, oder einen 5 Proz.,
einſchließlich des dabei befindlichen, aber abgehenden Zinskoupons.
Mit jeder folgenden Ziehung wird aber das Spiel der Partiallooſe
noch vortheilhafter, ſo daß dieſelben, im richtigen Verhältniſſe zum
heutigen Kurſe der 100Guldenlooſe einen Spekulationswerth von
circa 142 Proz. haben, wovon man ſich, nach der angedeuteten
Baſis die Berechnung fortſezend, leicht überzeugen kan. Dagegen
wird man ſich eben ſo leicht überzeugen können, daß die 100Gul-
denlooſe bereits jezt ihren eigentlichen Spielwerth um ein Beträcht-
ches überſchritten haben. Um uns kurz zu faſſen, wollen wir nur
den Fall ſezen, es kaufe Jemand ſämtliche noch übrige 100Gulden-
looſe = 119,860 Stük, zu dem Preiſe von 180 fl. das Stük, den
ſie heute um mehrere Gul en ſchon überſchritten haben. Spielt er
ſolche bis zum J. 1800, als der lezten Ziehungszeit, und berechnet
ſich dabei einen Kapitalzins von 4 Proz. jährlich, ſo wird derſelbe
einen reinen Verluſt von 2,800,000 fl. und noch etwas dacüber
erleiden, da bekanntlich die Ausbezahlung der Gewinnſte jedesmal
erſt drei Monate nach der Ziehung erfolgt.
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[0005] 12 Januar. Beilage zur Allgemeinen Zeitung. Nro. 12. 1830. Ueber den Gang des Staatspapierhandels im Jahre 1829. **Frankfurt a. M., 6 Jan.Mehrere große Finanzope- rationen ſind, trügen wir uns nicht, im Werke. Sie bezweken eine Herabſezung der Zinſen der Staatsſchuld; mithin eine ſehr reelle Verbeſſerung des Staatshaushalts. Zu dem Ende ſollen von verſchiedenen Regierungen neue Anleihen eröfnet werden, um den Inhabern ihrer höher verzinslichen Staatseffekten die Alter- native der Heimzahlung des Kapitals oder der Herabſezung des Zinsfußes anbieten zu können. Nach bekannten Vorgängen zu ſchließen — wie z. B. die jüngſte öſtreichiſche Anleihe, ſodann die jezt in Frankreich eröfnete Submiſſiou auf 4prozentige Renten — gehen dieſe Finanzoperationen von der Baſis aus, der Durch- ſchnittspreis der Kapitalien ſey jährlich vier vom Hundert. — Wir haben eine Ueberſicht vor uns, welche die täglichen Kursver- änderungen angibt, ſo die an hieſiger Börſe gangbaren Effekten im Laufe des verfloſſenen Jahres erfahren haben. Die Mitthei- lung einiger Ziffern daraus, welche in dieſer Sache eben ſo viele ſtatiſtiſche Thatſachen ſind, dürfte in dieſem Augenblike um ſo mehr von Intereſſe ſeyn, weil ſich daraus, unter mehrern andern Konſequenzen, auch ein höchſt wahrſcheinlicher Schluß auf die Er- folge ableiten läßt, welche die Ausführung der erwähnten Finanz- operationen haben dürfte. Zu dem Ende ſchiken wir hier eine Nebeneinanderſtellung der Baarkurſe voran, wie eben jene Ueber- ſicht ſolche zu Anfang und am Schluſſe des J. 1829 angibt. Sämtliche Effektenſorten haben, wie vorſtehende Vergleichung er- gibt, im Verlaufe des J. 1829 einen bedeutenden Aufſchwung er- fahren. Jedoch ziehen wir zuerſt die einen firen Zins tragenden Effekten in Betrachtung, ſo finden wir, daß dieſer Aufſchwung bei den 5prozentigen ungleich ſchwächer, als bei allen übrigen Papie- ren war, deren Zinsfuß niedriger iſt. Machen hievon die 5pro- zentigen Bethmann’ſchen Obligationen eine ſcheinbare Ausnahme, da ſolche um etwas mehr als 10 Prozent ſtiegen, indeſſen ſich die 5prozentigen Metalliques nur um 7 Prozent hoben, ſo liegt die Urſache davon in der bekannten Verfügung, wornach deren Zins- koupons fortan nicht mehr nach dem Kurſe der Metalliques be- rechnet, ſondern in klingender Münze bezahlt werden. Dagegen ſind ſämtliche unter 5Prozent verzinsliche Effekten, je weiter ſie von ihrem Pari entfernt ſtanden, deſto ſchnellern Schrittes dieſem Zielpunkte zugeeilt; allein je näher ſie demſelbeu kamen, deſto unmerklicher ſtiegen ſie. So beträgt der Aufſchwung bei den öſtreichiſchen 4prozentigen Obligationen beinahe 20 Proz.; bei den preußiſchen Staatsſchuldſcheinen 7¾ Proz.; bei den Darmſtädter 4prozentigen Obligationen 1⅝Proz.; bei den bayeriſchen 4prozentigen nur ¾ Proz. Sind die Triebfedern des Steigens der obengenannten Effektenſorten theils in den Operationen der Spekulanten, die am Kurſe des Kapitals gewinnen wollen, theils in der Konkurrenz der Kapitaliſten zu ſuchen, die ihre Fonds, nur um ſich einen regelmä- ßigen Zinsgenuß zu ſichern, denſelben zuwandten, ſo regulirten ſich die Kurswandlungen der Lotterie-Effekten nach ganz andern Rük- ſichten. Bei ihnen nemlich ſind es ganz beſonders die Chancen des Spiels, die, ſind ſonſt die Umſtände gleich, ihren Börſen- preis beſtimmen. Allein die Ermittelung dieſer Chancen beruhet auf einer Wahrſcheinlichkeitsberechnung, die, ſo ſicher ihre Reſul- tate im Durchſchnitt der Zeit auch immerhiu ſeyn mögen, doch zu verwikelt iſt, um dem ſpielluſtigen Publikum ſogleich in die Sinne zu fallen. Aus dieſer Urſache erklärt es ſich denn auch, daß die Rothſchildiſchen 100Guldenlooſe im verwichenen Jahre um 18¾ fl. per Stük in die Höhe gingen, die Partiale aber nur um 8¾ Proz. *) Bei den Darmſtädter 50Guldenlooſen war der Aufſchlag noch beträchtlicher, nemlich 24½ Proz., wogegen die badiſchen 50Guldenlooſe nur 5¾ fl. per Stük höher gingen, was *) Die Agiotage, im eigentlichſten Sinne, hat offenbar viel dazu mit- gewirkt, die 100Guldenlooſe auf ihre jezige überſ@annte Höhe zu treiben, wogegen ſie, in umgekehrtem Sinne operirend, die Partiale zeither vergleichsweiſe ſo ſehr darnieder zu halten ſtrebte. Daß dis keine bloße Hypotheſe, mag folgende Berechnung darthun: Für 10,000 fl. kauft man 30 St. Partialloſe zum Kurs von 132½ Proz. oder auch 57 St. 100Guldenlooſe zu 175 fl. das Stük. Erſcheinen nun jene 30 Stük Partialloſe in der nächſten Ziehung mit ihrem geringſten Preis von 302½ fl., ſo erhält man . = 9075 fl. 57 St. 100Guldenlooſe aber ertragen zu ihrem nie- drigſten Preiſe in der nächſten Ziehung ... = 8550 — Es bleiben mithin ........... = 525 — als Ueberſchuß, oder vielmehr als Minusverluſt, den, bei gleichem Mißgeſchik des Spielens, die Partiale gewähren, oder einen 5 Proz., einſchließlich des dabei befindlichen, aber abgehenden Zinskoupons. Mit jeder folgenden Ziehung wird aber das Spiel der Partiallooſe noch vortheilhafter, ſo daß dieſelben, im richtigen Verhältniſſe zum heutigen Kurſe der 100Guldenlooſe einen Spekulationswerth von circa 142 Proz. haben, wovon man ſich, nach der angedeuteten Baſis die Berechnung fortſezend, leicht überzeugen kan. Dagegen wird man ſich eben ſo leicht überzeugen können, daß die 100Gul- denlooſe bereits jezt ihren eigentlichen Spielwerth um ein Beträcht- ches überſchritten haben. Um uns kurz zu faſſen, wollen wir nur den Fall ſezen, es kaufe Jemand ſämtliche noch übrige 100Gulden- looſe = 119,860 Stük, zu dem Preiſe von 180 fl. das Stük, den ſie heute um mehrere Gul en ſchon überſchritten haben. Spielt er ſolche bis zum J. 1800, als der lezten Ziehungszeit, und berechnet ſich dabei einen Kapitalzins von 4 Proz. jährlich, ſo wird derſelbe einen reinen Verluſt von 2,800,000 fl. und noch etwas dacüber erleiden, da bekanntlich die Ausbezahlung der Gewinnſte jedesmal erſt drei Monate nach der Ziehung erfolgt.

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 12, 12. Januar 1830, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine12_1830/5>, abgerufen am 28.11.2024.