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Allgemeine Zeitung, Nr. 11, 11. Januar 1872.

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seien heute hauptsächlich zwei Dinge vonnöthen, nämlich möglichste Festigkeit und
Ausdauer: "Wir müssen mit Festigkeit alle Versuche zu Erhebungen unterdrücken,
Leben und Eigenthum schützen, und keinen Plan gelten lassen der zur Unsicherheit
oder Zerstückelung dieses großen Reiches beitragen könnte. Wir müssen ferner
Festigkeit entwickeln, indem wir dem irischen Volke zeigen daß wir die Herrschaft
über das Schulwesen ebensowenig ihnen und den Priestern ausschließlich überant-
worten, als wir sie in England den Fürsprechern des confessionellen Schulwesens
anheim geben."
Was das irische Schulwesen anbelangt, so rüstet sich der katho-
lische Klerus für die kommende Session auf einen heißen Kampf; doch ist es im
hohen Grade wahrscheinlich daß die irische Unterrichtsfrage vorderhand noch nicht
zur Erledigung kommen wird.

Die Internationale scheint sich eine Art von Preßbureau eingerichtet zu
haben, denn jeden Montag bringen unsere Blätter eine gleichlautende officiöse Notiz
über die letzte Sitzung des Generalrathes. Ueberdieß scheint es daß diese Notiz es
hauptsächlich darauf abgesehen hat dem Continent Sand in die Augen zu streuen,
denn hier läßt man sich durch dieses ewige Ausposaunen des Selbstlobes nicht be-
irren. In der letzten Sitzung, in welcher Jung, der Secretär für die Schweiz, den
Vorsitz führte, wurde wieder über nichts anderes gesprochen, oder, bessergesagt, wird
wieder über nichts anderes berichtet als über die Ausbreitung des Verbandes in
England, in Irland, in Holland, in Dänemark, in Schweden u. s. w.

Charakteristisch ist eine Polizeiverordnung welche so eben in der Hauptstadt
Irlands erlassen worden ist. Oberst Lake nämlich, der Chef der Dubliner Polizei,
hat das Droschkenreglement derart abgeändert, daß es fernerhin verboten ist Leichen
oder Särge in irgendeinem Fuhrwerk zu befördern welches auch zur Beförderung
von Passagieren benutzt wird.

Die mit der letzten Cappost eingetroffenen Blätter geben einige Einzelheiten
über die Annectirung der Diamantenfelder am 17 November 1871, welche unter
ungeheuerem Menschenzudrang und mit Kundgebung eines begeisterten Patriotis-
mus stattfand. Die sämmtlichen Regierungsbeamten nahmen an der Ceremonie
theil, und auf allen Fuhrwerken die nur aufzutreiben waren gieng es von einem
Lager zum andern um die Proclamation zu verlesen und die brittische Flagge auf-
zuziehen. Daß die Diamantengräber sich in Folge der Annectirung ein Bene
thaten, und sich's nicht nehmen ließen die Regierungscommissarien festlich zu be-
wirthen, versteht sich von selbst. Der Werth von Griqua-Land-West -- so heißt
die neue Colonie -- scheint übrigens immer noch im Steigen zu sein, und in den
letzten vierzehn Tagen vor Abgang der Post wurden nicht weniger als 4512 Karat
Diamanten zu 20,189 Pfd. Sterl. verkauft.

Frankreich.

* Bei der gestrigen Wahl eines Abgeordneten für die Stadt Paris
ist der Präsident des Pariser Municipalraths, Hr. Vautrain, mit 121,158
Stimmen gewählt worden, während sein einziger Gegen-Candidat, Victor Hugo,
deren nur 93,425 erhielt. Die Gesammtzahl der eingeschriebenen Wähler vom
Seine-Departement betrug 455,540, so daß die Zahl der Wahlenthaltungen sich
nahezu auf 50 Procent des Wahlkörpers beziffert.

"Es wäre unbillig, bemerkt die
"Frz. Corr." hiezu, wollte man in diesen Enthaltungen nichts als Parteigänger
der Monarchie erblicken, deren Organe bekanntlich die völlige Wahlenthaltung als
Losung ausgegeben hatten. In verschiedenen durchaus radicalen Quartieren, wie
im 19. Arrondissement (Belleville) und im 20. (Montmartre), war die Zahl der
überhaupt Votirenden eine verschwindend kleine, da im erstgenannten Bezirk im
ganzen nur 5000, im zweiten nur 8000 Wähler an der Urne erschienen. Niemand
aber wird behaupten wollen daß die Vorstädte Belleville und Montmartre durch
eine so kärgliche Betheiligung an der Wahl eine monarchische Demonstration beab-
sichtigt haben. -- Die Wahl des Hrn. Vautrain in Paris muß als ein immenser
Sieg nicht nur der gemäßigt republicanischen Partei, sondern vorzüglich als ein
Triumph der Regierung des Hrn. Thiers betrachtet werden, wodurch allerdings
die monarchische Mehrheit in der Versailler Nationalversammlung schwerlich günsti-
ger für Paris und die Rückkehr nach der Hauptstadt gestimmt werden dürfte, da in
den Augen der Mitglieder der Rechten Hr. Vautrain auch eben nichts weiter ist
als ein Republicaner."

Die Blätter sind noch sehr sparsam mit Commentaren über dieses Wahl-
ergebniß. Die "Republique Francaise" und ebenso die meisten andern radicalen
Organe werfen nicht ohne Geschicklichkeit die Gestalt des großen Poeten über Bord,
der für sie, nachdem er gefallen, von keinem besondern Interesse mehr zu sein
scheint. Das Organ Gambetta's sagt:

"Die Wahl des Hrn. Vautrain ist ein
Sieg für die republicanische Partei, der beide Candidaten angehörten. Die mon-
archische Partei war vom Kampfplatze desertirt; man wird sie nach den unbeschrie-
benen Wahlzetteln und den individuellen Voten zählen. Der Erwählte, unter-
stützt von allen Organen der Regierung, hatte sich präsentirt als Besitzer der Macht-
vollkommenheit die Versammlung nach Paris zurückzuführen, und die Wünsche
nach Beruhigung und Milde zu verwirklichen die in aller Pariser Herzen sind. Er
hat triumphirt. Die republicanische Partei hat sich gespalten. Wir glauben noch
immer daß sie Unrecht gehabt hat sich nicht ganz und gar auf Seite desjenigen
Candidaten zu stellen der ihren legitimen Ansprüchen die klarste Form gegeben
hat."

-- Das Blatt des Hrn. Mottu, der "Radical," verfolgt dieselbe Taktik:

"Am 7 Jan. standen sich zwei Fractionen der republicanischen Partei gegenüber.
Die eine trat für den Hrn. Vautrain ein, in der Hoffnung durch Concessionen von
der Versammlung alle Genugthuungen erlangen zu können welche Paris zu fordern
nicht aufhört. Die andere, welche sich um Victor Hugo schaarte, glaubt daß das
Programm der republicanischen Partei nicht durch die Versammlung vom 8 Febr.
verwirklicht werden kann. Wir erwarten nach dem Siege der erstern Fraction der
republicanischen Partei die Erfolge welche sie in der Versammlung erringen wird."

-- Der "Peuple Souverain," das Organ eines persönlichen Freundes des Hrn.
Thiers, des radicalen Abg. Pascal Duprat, sagt kurz:

"Das allgemeine Stimm-
recht hat gesprochen. Victor Hugo ist von Vautrain geschlagen worden. Aber
bei dieser Niederlage Victor Hugo's triumphirt die Republik. Wir haben ein sol-
ches Ergebniß nicht zu beklagen."

Auch das "Journ. des Debats" spricht sich mit großer Befriedigung über
die Wahl Vautrains aus.

"Die Pariser Bevölkerung," sagt es, "hat einen neuen
Beweis ihrer Mäßigung und ihres politischen Tactes gegeben, indem sie sich wei-
gerte den Aufreizungen der Feinde der Ordnung nachzugeben, und es ist nicht nur
die communistische Partei die wir darunter meinen, es sind die bonapartistischen
und klerikalen Blätter die sich anstrengen die Dinge zum Schlimmsten zu treiben,
und durch Empfehlung der Enthaltung indirect ihre Unterstützung dem Candidaten
des Radicalismus leihen, unter dem Vorwande die conservativen Interessen zu ver-
theidigen."

Das Blatt stellt nun die Pariser Wahlen des letzten Jahres zusam-
men, um zu zeigen daß der Radicalismus in Paris an Boden verloren hat. Bei
den ersten Wahlen am 8 Februar 1871 erhielt Victor Hugo 214,169 Stimmen,
gestern nur 93,423. Bei den Ergänzungswahlen vom 2 Juli 1871 betrug die
Zahl der eingeschriebenen Wähler 458,993, an der Abstimmung betheiligten sich
gegen 250,000, bei den gestrigen Wahlen nahmen 214,581 Theil. Der Abstim-
mung enthielten sich im Juli 208,993, gestern 243,193, also gegen 35,000 mehr.
Das genannte Blatt erklärt diese große Summe der Enthaltungen für bedeutungs-
los, aber es scheint doch daß in ihr die Zahl der Conservativen zum Vorschein
kommt. Immerhin ist diese Thatsache ohne Einfluß, die große Bedeutung der
Wahl Vautrains liegt in der Niederlage der Radicalen, und in diesem Sinne darf
sie als Anzeichen für die baldige Rückkehr der Regierung nach Paris aufgefaßt
werden. -- Sehr kühl äußert sich der "Constitutionnel." Er constatirt das Wahl-
ergebniß, und ermahnt die Nationalversammlung nunmehr mit Eifer an die Er-
füllung ihrer Aufgabe zu gehen. -- Betrachtet man das Wahlergebniß nach den
einzelnen Arrondissements, so ergibt sich daß Vautrain in allen gesiegt hat mit
Ausnahme des 11., 12., 13., 14., 15., 18., 19., 20.; der Sieg Victor Hugo's ist
übrigens nur im 11., 18. und 20. Arrondissement ein bedeutender.

Hr. Vautrain ist ein rechtzeitiger Succurs für den
Finanzminister und für Thiers. Beide fühlen sich gestärkt seitdem Paris durch die
Stimmen von mehr als 211,000 Wählern sich abermals für die Republik, und
zwar mit mehr als 120,000 Stimmen für die Thiers'sche Republik, und gegen die
Komödianten welche sie mit verrätherischen Hintergedanken experimentiren, ent-
schieden hat. Da ein Drittel der eingeschriebenen Wähler unter allen Um-
ständen und aus den mannichfaltigsten Ursachen nicht zur Urne zu gelangen
pflegt, und gestern fast die Hälfte der eingeschriebenen Wähler theils für Vautrain,
theils für Victor Hugo gestimmt hat, so kann man daran das Fiasco der bonapar-
tistischen Corruption und der monarchisch-klerikalen Coalition ermessen, welche das
gebildete Publicum zu einer Demonstration des Nichtstimmens pressen wollten.
Nun, die Demonstration hat stattgefunden: jene Reactionsparteien haben sich gezählt,
und ihre Stärke in Paris kann auf 36,000 Mann unter mehr als 450,000 Wählern
geschätzt werden. Wenn unter 17 Wahlen in den Departements mindestens 12 zu
Gunsten der Republik ausfielen, so ist dieß weniger als man erwartete, aber immer-
hin genug um die wahren Gesinnungen der Bevölkerung seit den ersten Wahlen
für die Nationalversammlung am 8 Februar v. J. zum drittenmale zu beweisen.
Schon morgen muß der Ausschußbericht über die Rückkehr nach Paris vorgelegt
werden. Die Debatte wird unverzüglich beginnen. Der Präsident des Pariser
Gemeinderaths wird mit überwiegender Autorität sich an der Discussion betheiligen.
Ohne ein imperatives Mandat anzunehmen, unterbreitete er seiner Erwählung das
allgemein vorausgesetzte, von Thiers gleichsam gegengezeichnete, Uebereinkommen:
Versailles und die Pontons zu leeren, die Regierung, die Nationalversammlung
und die Gefangenen nach Paris zurückzubringen, die Periode der Besänftigung,
der Versöhnung und des patriotischen Zusammenwirkens zu eröffnen. Nach all-
gemeinem Ermessen ist die Abstimmung welche die Ordnungspartei in einer repu-
blicanischen Candidatur vereinigte, eine neue und zwar die kostbarste Kraft für die
bestehende Ordnung, für die Republik. Die gestrigen Wahlergebnisse sind noch
keine endgültige Lösung der Verfassungsfrage, aber ein Anzeichen mit welchem ge-
rechnet werden muß, und die Andeutung der unvermeidlichen Lösung. Sie machen
es noch handgreiflicher daß jede Reaction oder Restauration unverträglich mit der
sittlichen und materiellen Ordnung, eine unaufhörliche Aufreizung zu erschöpfenden
Agitationen, eine Verschlimmerung der socialen Gegensätze, ein unverzüglich zum
Bürgerkrieg führendes Abenteuer wäre. Die wahrhaft gefährlichen Feinde der
Republik sind bloß diejenigen welche in der Ueberstürzung, in Uebertreibungen sich
gefallen.

Verschiedenes.

Vor kurzem erschien das Personalverzeichniß der
polytechnischen Schule in München, wonach sich die Frequenz dieser Hochschule
als eine außerordentlich lebhafte ergibt. Die Zahl der Inscribirten beläuft sich auf 900,
unter denen 230 Nichtbayern sind. Von den letzteren gehören verhältnißmäßig die
meisten der österreichisch-ungarischen Monarchie an; denn während auf Norddeutschland
43, auf Süddeutschland nur 16 treffen, kommen auf Tirol 28, auf Ungarn 24,
Böhmen 21, Oesterreich 11 und auf die übrigen Länder der Monarchie 14. Außerdem
hören am Polytechnikum 20 Schweizer, 15 Russen und Polen, 9 Amerikaner, 7 Eng-
länder, 7 Italiener, 7 Serben und Rumänen u. s. w. Das Münchener Polytechnikum
hat sich demnach in dem kurzen Zeitraum seines Bestehens unter allen ähnlichen An-
stalten Deutschlands auf die erste Stelle emporgeschwungen, und die Liberalität welche
die bayerischen Kammern bei dem Bau und bei der Dotation der Sammlungen dieser
Hochschule bewiesen haben, hat gute Früchte getragen.

*(Bayerische Presse.)

Vom 1 Jan. d. J. an erscheinen in Bayern folgende
neue Tagblätter und Zeitschriften: "Bamberger Volksblatt" in Bamberg, "Lohrer Zei-
tung" in Aschaffenburg, "Münchberger Neueste Nachrichten" in Münchberg, "Neubur-
ger Neueste Nachrichten" in Neuburg, "Nürnberger Presse" in Nürnberg, "Die Bremse"
in München (letztere beide Wochenschriften), und endlich eine "Zeitschrift für Gerichts-
vollzieher" in München.

Im Schleswig'schen starb dieser Tage der aus den 1848er Jahren bekannte
Förster Bracklow. Er war der erste welcher damals nach Vertreibung der dänischen
Truppen aus Kiel, Rendsburg und Altona ein Freicorps bildete; später kamen dann die
v. d. Tann'schen Freischaaren.

* Die Original-Partitur des Don Juan von Mozart, welche der ver-
storbene Kunstfreund Ritter v. Friedland im Besitz hatte, ist aus dessen Nachlaß von
der k. k. Hofbibliothek in Wien erstanden worden.

* Statistik über ungarische Literatur.

Die "Ungar. Corr." schreibt:
Nach den statistischen Aufnahmen beträgt die Zahl jener welche in Ungarn als Schrift-
steller sich ausgeben 604, was aber offenbar übertrieben ist, da kaum der dritte Theil
derselben vom Schriftstellerthum lebt. Akademiemitglieder sind 293. Wie viele Bücher
verkauft werden ist schwer zu constatiren, aber gewiß ist es daß nur die für ein großes Publicum
bestimmtem Werke in einer Auflage von 2--3000 Exemplaren gedruckt werden. Es sind
dieß sehr traurige Verhältnisse, wenn man erwägt daß bei einer Bevölkerung von
15 Millionen Seelen kaum einige hundert Menschen sich finden die ein ernstes literari-
sches Werk sich anschaffen.

(Livingstone.)

Dem Vernehmen nach hat die Regierung das
Gesuch der geographischen Gesellschaft, eine Expedition zur Aufsuchung Livingstone's
durch Geldmittel zu unterstützen, abgelehnt, und damit stimmt denn auch ein Aufruf den
die genannte Gesellschaft heute auf dem Annoncenwege erläßt, um die Unterstützung des

ſeien heute hauptſächlich zwei Dinge vonnöthen, nämlich möglichſte Feſtigkeit und
Ausdauer: „Wir müſſen mit Feſtigkeit alle Verſuche zu Erhebungen unterdrücken,
Leben und Eigenthum ſchützen, und keinen Plan gelten laſſen der zur Unſicherheit
oder Zerſtückelung dieſes großen Reiches beitragen könnte. Wir müſſen ferner
Feſtigkeit entwickeln, indem wir dem iriſchen Volke zeigen daß wir die Herrſchaft
über das Schulweſen ebenſowenig ihnen und den Prieſtern ausſchließlich überant-
worten, als wir ſie in England den Fürſprechern des confeſſionellen Schulweſens
anheim geben.“
Was das iriſche Schulweſen anbelangt, ſo rüſtet ſich der katho-
liſche Klerus für die kommende Seſſion auf einen heißen Kampf; doch iſt es im
hohen Grade wahrſcheinlich daß die iriſche Unterrichtsfrage vorderhand noch nicht
zur Erledigung kommen wird.

Die Internationale ſcheint ſich eine Art von Preßbureau eingerichtet zu
haben, denn jeden Montag bringen unſere Blätter eine gleichlautende officiöſe Notiz
über die letzte Sitzung des Generalrathes. Ueberdieß ſcheint es daß dieſe Notiz es
hauptſächlich darauf abgeſehen hat dem Continent Sand in die Augen zu ſtreuen,
denn hier läßt man ſich durch dieſes ewige Auspoſaunen des Selbſtlobes nicht be-
irren. In der letzten Sitzung, in welcher Jung, der Secretär für die Schweiz, den
Vorſitz führte, wurde wieder über nichts anderes geſprochen, oder, beſſergeſagt, wird
wieder über nichts anderes berichtet als über die Ausbreitung des Verbandes in
England, in Irland, in Holland, in Dänemark, in Schweden u. ſ. w.

Charakteriſtiſch iſt eine Polizeiverordnung welche ſo eben in der Hauptſtadt
Irlands erlaſſen worden iſt. Oberſt Lake nämlich, der Chef der Dubliner Polizei,
hat das Droſchkenreglement derart abgeändert, daß es fernerhin verboten iſt Leichen
oder Särge in irgendeinem Fuhrwerk zu befördern welches auch zur Beförderung
von Paſſagieren benutzt wird.

Die mit der letzten Cappoſt eingetroffenen Blätter geben einige Einzelheiten
über die Annectirung der Diamantenfelder am 17 November 1871, welche unter
ungeheuerem Menſchenzudrang und mit Kundgebung eines begeiſterten Patriotis-
mus ſtattfand. Die ſämmtlichen Regierungsbeamten nahmen an der Ceremonie
theil, und auf allen Fuhrwerken die nur aufzutreiben waren gieng es von einem
Lager zum andern um die Proclamation zu verleſen und die brittiſche Flagge auf-
zuziehen. Daß die Diamantengräber ſich in Folge der Annectirung ein Bene
thaten, und ſich’s nicht nehmen ließen die Regierungscommiſſarien feſtlich zu be-
wirthen, verſteht ſich von ſelbſt. Der Werth von Griqua-Land-Weſt — ſo heißt
die neue Colonie — ſcheint übrigens immer noch im Steigen zu ſein, und in den
letzten vierzehn Tagen vor Abgang der Poſt wurden nicht weniger als 4512 Karat
Diamanten zu 20,189 Pfd. Sterl. verkauft.

Frankreich.

* Bei der geſtrigen Wahl eines Abgeordneten für die Stadt Paris
iſt der Präſident des Pariſer Municipalraths, Hr. Vautrain, mit 121,158
Stimmen gewählt worden, während ſein einziger Gegen-Candidat, Victor Hugo,
deren nur 93,425 erhielt. Die Geſammtzahl der eingeſchriebenen Wähler vom
Seine-Departement betrug 455,540, ſo daß die Zahl der Wahlenthaltungen ſich
nahezu auf 50 Procent des Wahlkörpers beziffert.

„Es wäre unbillig, bemerkt die
„Frz. Corr.“ hiezu, wollte man in dieſen Enthaltungen nichts als Parteigänger
der Monarchie erblicken, deren Organe bekanntlich die völlige Wahlenthaltung als
Loſung ausgegeben hatten. In verſchiedenen durchaus radicalen Quartieren, wie
im 19. Arrondiſſement (Belleville) und im 20. (Montmartre), war die Zahl der
überhaupt Votirenden eine verſchwindend kleine, da im erſtgenannten Bezirk im
ganzen nur 5000, im zweiten nur 8000 Wähler an der Urne erſchienen. Niemand
aber wird behaupten wollen daß die Vorſtädte Belleville und Montmartre durch
eine ſo kärgliche Betheiligung an der Wahl eine monarchiſche Demonſtration beab-
ſichtigt haben. — Die Wahl des Hrn. Vautrain in Paris muß als ein immenſer
Sieg nicht nur der gemäßigt republicaniſchen Partei, ſondern vorzüglich als ein
Triumph der Regierung des Hrn. Thiers betrachtet werden, wodurch allerdings
die monarchiſche Mehrheit in der Verſailler Nationalverſammlung ſchwerlich günſti-
ger für Paris und die Rückkehr nach der Hauptſtadt geſtimmt werden dürfte, da in
den Augen der Mitglieder der Rechten Hr. Vautrain auch eben nichts weiter iſt
als ein Republicaner.“

Die Blätter ſind noch ſehr ſparſam mit Commentaren über dieſes Wahl-
ergebniß. Die „République Françaiſe“ und ebenſo die meiſten andern radicalen
Organe werfen nicht ohne Geſchicklichkeit die Geſtalt des großen Poeten über Bord,
der für ſie, nachdem er gefallen, von keinem beſondern Intereſſe mehr zu ſein
ſcheint. Das Organ Gambetta’s ſagt:

„Die Wahl des Hrn. Vautrain iſt ein
Sieg für die republicaniſche Partei, der beide Candidaten angehörten. Die mon-
archiſche Partei war vom Kampfplatze deſertirt; man wird ſie nach den unbeſchrie-
benen Wahlzetteln und den individuellen Voten zählen. Der Erwählte, unter-
ſtützt von allen Organen der Regierung, hatte ſich präſentirt als Beſitzer der Macht-
vollkommenheit die Verſammlung nach Paris zurückzuführen, und die Wünſche
nach Beruhigung und Milde zu verwirklichen die in aller Pariſer Herzen ſind. Er
hat triumphirt. Die republicaniſche Partei hat ſich geſpalten. Wir glauben noch
immer daß ſie Unrecht gehabt hat ſich nicht ganz und gar auf Seite desjenigen
Candidaten zu ſtellen der ihren legitimen Anſprüchen die klarſte Form gegeben
hat.“

— Das Blatt des Hrn. Mottu, der „Radical,“ verfolgt dieſelbe Taktik:

„Am 7 Jan. ſtanden ſich zwei Fractionen der republicaniſchen Partei gegenüber.
Die eine trat für den Hrn. Vautrain ein, in der Hoffnung durch Conceſſionen von
der Verſammlung alle Genugthuungen erlangen zu können welche Paris zu fordern
nicht aufhört. Die andere, welche ſich um Victor Hugo ſchaarte, glaubt daß das
Programm der republicaniſchen Partei nicht durch die Verſammlung vom 8 Febr.
verwirklicht werden kann. Wir erwarten nach dem Siege der erſtern Fraction der
republicaniſchen Partei die Erfolge welche ſie in der Verſammlung erringen wird.“

— Der „Peuple Souverain,“ das Organ eines perſönlichen Freundes des Hrn.
Thiers, des radicalen Abg. Pascal Duprat, ſagt kurz:

„Das allgemeine Stimm-
recht hat geſprochen. Victor Hugo iſt von Vautrain geſchlagen worden. Aber
bei dieſer Niederlage Victor Hugo’s triumphirt die Republik. Wir haben ein ſol-
ches Ergebniß nicht zu beklagen.“

Auch das „Journ. des Débats“ ſpricht ſich mit großer Befriedigung über
die Wahl Vautrains aus.

„Die Pariſer Bevölkerung,“ ſagt es, „hat einen neuen
Beweis ihrer Mäßigung und ihres politiſchen Tactes gegeben, indem ſie ſich wei-
gerte den Aufreizungen der Feinde der Ordnung nachzugeben, und es iſt nicht nur
die communiſtiſche Partei die wir darunter meinen, es ſind die bonapartiſtiſchen
und klerikalen Blätter die ſich anſtrengen die Dinge zum Schlimmſten zu treiben,
und durch Empfehlung der Enthaltung indirect ihre Unterſtützung dem Candidaten
des Radicalismus leihen, unter dem Vorwande die conſervativen Intereſſen zu ver-
theidigen.“

Das Blatt ſtellt nun die Pariſer Wahlen des letzten Jahres zuſam-
men, um zu zeigen daß der Radicalismus in Paris an Boden verloren hat. Bei
den erſten Wahlen am 8 Februar 1871 erhielt Victor Hugo 214,169 Stimmen,
geſtern nur 93,423. Bei den Ergänzungswahlen vom 2 Juli 1871 betrug die
Zahl der eingeſchriebenen Wähler 458,993, an der Abſtimmung betheiligten ſich
gegen 250,000, bei den geſtrigen Wahlen nahmen 214,581 Theil. Der Abſtim-
mung enthielten ſich im Juli 208,993, geſtern 243,193, alſo gegen 35,000 mehr.
Das genannte Blatt erklärt dieſe große Summe der Enthaltungen für bedeutungs-
los, aber es ſcheint doch daß in ihr die Zahl der Conſervativen zum Vorſchein
kommt. Immerhin iſt dieſe Thatſache ohne Einfluß, die große Bedeutung der
Wahl Vautrains liegt in der Niederlage der Radicalen, und in dieſem Sinne darf
ſie als Anzeichen für die baldige Rückkehr der Regierung nach Paris aufgefaßt
werden. — Sehr kühl äußert ſich der „Conſtitutionnel.“ Er conſtatirt das Wahl-
ergebniß, und ermahnt die Nationalverſammlung nunmehr mit Eifer an die Er-
füllung ihrer Aufgabe zu gehen. — Betrachtet man das Wahlergebniß nach den
einzelnen Arrondiſſements, ſo ergibt ſich daß Vautrain in allen geſiegt hat mit
Ausnahme des 11., 12., 13., 14., 15., 18., 19., 20.; der Sieg Victor Hugo’s iſt
übrigens nur im 11., 18. und 20. Arrondiſſement ein bedeutender.

Hr. Vautrain iſt ein rechtzeitiger Succurs für den
Finanzminiſter und für Thiers. Beide fühlen ſich geſtärkt ſeitdem Paris durch die
Stimmen von mehr als 211,000 Wählern ſich abermals für die Republik, und
zwar mit mehr als 120,000 Stimmen für die Thiers’ſche Republik, und gegen die
Komödianten welche ſie mit verrätheriſchen Hintergedanken experimentiren, ent-
ſchieden hat. Da ein Drittel der eingeſchriebenen Wähler unter allen Um-
ſtänden und aus den mannichfaltigſten Urſachen nicht zur Urne zu gelangen
pflegt, und geſtern faſt die Hälfte der eingeſchriebenen Wähler theils für Vautrain,
theils für Victor Hugo geſtimmt hat, ſo kann man daran das Fiasco der bonapar-
tiſtiſchen Corruption und der monarchiſch-klerikalen Coalition ermeſſen, welche das
gebildete Publicum zu einer Demonſtration des Nichtſtimmens preſſen wollten.
Nun, die Demonſtration hat ſtattgefunden: jene Reactionsparteien haben ſich gezählt,
und ihre Stärke in Paris kann auf 36,000 Mann unter mehr als 450,000 Wählern
geſchätzt werden. Wenn unter 17 Wahlen in den Departements mindeſtens 12 zu
Gunſten der Republik ausfielen, ſo iſt dieß weniger als man erwartete, aber immer-
hin genug um die wahren Geſinnungen der Bevölkerung ſeit den erſten Wahlen
für die Nationalverſammlung am 8 Februar v. J. zum drittenmale zu beweiſen.
Schon morgen muß der Ausſchußbericht über die Rückkehr nach Paris vorgelegt
werden. Die Debatte wird unverzüglich beginnen. Der Präſident des Pariſer
Gemeinderaths wird mit überwiegender Autorität ſich an der Discuſſion betheiligen.
Ohne ein imperatives Mandat anzunehmen, unterbreitete er ſeiner Erwählung das
allgemein vorausgeſetzte, von Thiers gleichſam gegengezeichnete, Uebereinkommen:
Verſailles und die Pontons zu leeren, die Regierung, die Nationalverſammlung
und die Gefangenen nach Paris zurückzubringen, die Periode der Beſänftigung,
der Verſöhnung und des patriotiſchen Zuſammenwirkens zu eröffnen. Nach all-
gemeinem Ermeſſen iſt die Abſtimmung welche die Ordnungspartei in einer repu-
blicaniſchen Candidatur vereinigte, eine neue und zwar die koſtbarſte Kraft für die
beſtehende Ordnung, für die Republik. Die geſtrigen Wahlergebniſſe ſind noch
keine endgültige Löſung der Verfaſſungsfrage, aber ein Anzeichen mit welchem ge-
rechnet werden muß, und die Andeutung der unvermeidlichen Löſung. Sie machen
es noch handgreiflicher daß jede Reaction oder Reſtauration unverträglich mit der
ſittlichen und materiellen Ordnung, eine unaufhörliche Aufreizung zu erſchöpfenden
Agitationen, eine Verſchlimmerung der ſocialen Gegenſätze, ein unverzüglich zum
Bürgerkrieg führendes Abenteuer wäre. Die wahrhaft gefährlichen Feinde der
Republik ſind bloß diejenigen welche in der Ueberſtürzung, in Uebertreibungen ſich
gefallen.

Verſchiedenes.

Vor kurzem erſchien das Perſonalverzeichniß der
polytechniſchen Schule in München, wonach ſich die Frequenz dieſer Hochſchule
als eine außerordentlich lebhafte ergibt. Die Zahl der Inſcribirten beläuft ſich auf 900,
unter denen 230 Nichtbayern ſind. Von den letzteren gehören verhältnißmäßig die
meiſten der öſterreichiſch-ungariſchen Monarchie an; denn während auf Norddeutſchland
43, auf Süddeutſchland nur 16 treffen, kommen auf Tirol 28, auf Ungarn 24,
Böhmen 21, Oeſterreich 11 und auf die übrigen Länder der Monarchie 14. Außerdem
hören am Polytechnikum 20 Schweizer, 15 Ruſſen und Polen, 9 Amerikaner, 7 Eng-
länder, 7 Italiener, 7 Serben und Rumänen u. ſ. w. Das Münchener Polytechnikum
hat ſich demnach in dem kurzen Zeitraum ſeines Beſtehens unter allen ähnlichen An-
ſtalten Deutſchlands auf die erſte Stelle emporgeſchwungen, und die Liberalität welche
die bayeriſchen Kammern bei dem Bau und bei der Dotation der Sammlungen dieſer
Hochſchule bewieſen haben, hat gute Früchte getragen.

*(Bayeriſche Preſſe.)

Vom 1 Jan. d. J. an erſcheinen in Bayern folgende
neue Tagblätter und Zeitſchriften: „Bamberger Volksblatt“ in Bamberg, „Lohrer Zei-
tung“ in Aſchaffenburg, „Münchberger Neueſte Nachrichten“ in Münchberg, „Neubur-
ger Neueſte Nachrichten“ in Neuburg, „Nürnberger Preſſe“ in Nürnberg, „Die Bremſe“
in München (letztere beide Wochenſchriften), und endlich eine „Zeitſchrift für Gerichts-
vollzieher“ in München.

Im Schleswig’ſchen ſtarb dieſer Tage der aus den 1848er Jahren bekannte
Förſter Bracklow. Er war der erſte welcher damals nach Vertreibung der däniſchen
Truppen aus Kiel, Rendsburg und Altona ein Freicorps bildete; ſpäter kamen dann die
v. d. Tann’ſchen Freiſchaaren.

* Die Original-Partitur des Don Juan von Mozart, welche der ver-
ſtorbene Kunſtfreund Ritter v. Friedland im Beſitz hatte, iſt aus deſſen Nachlaß von
der k. k. Hofbibliothek in Wien erſtanden worden.

* Statiſtik über ungariſche Literatur.

Die „Ungar. Corr.“ ſchreibt:
Nach den ſtatiſtiſchen Aufnahmen beträgt die Zahl jener welche in Ungarn als Schrift-
ſteller ſich ausgeben 604, was aber offenbar übertrieben iſt, da kaum der dritte Theil
derſelben vom Schriftſtellerthum lebt. Akademiemitglieder ſind 293. Wie viele Bücher
verkauft werden iſt ſchwer zu conſtatiren, aber gewiß iſt es daß nur die für ein großes Publicum
beſtimmtem Werke in einer Auflage von 2—3000 Exemplaren gedruckt werden. Es ſind
dieß ſehr traurige Verhältniſſe, wenn man erwägt daß bei einer Bevölkerung von
15 Millionen Seelen kaum einige hundert Menſchen ſich finden die ein ernſtes literari-
ſches Werk ſich anſchaffen.

(Livingſtone.)

Dem Vernehmen nach hat die Regierung das
Geſuch der geographiſchen Geſellſchaft, eine Expedition zur Aufſuchung Livingſtone’s
durch Geldmittel zu unterſtützen, abgelehnt, und damit ſtimmt denn auch ein Aufruf den
die genannte Geſellſchaft heute auf dem Annoncenwege erläßt, um die Unterſtützung des

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[151/0007] ſeien heute hauptſächlich zwei Dinge vonnöthen, nämlich möglichſte Feſtigkeit und Ausdauer: „Wir müſſen mit Feſtigkeit alle Verſuche zu Erhebungen unterdrücken, Leben und Eigenthum ſchützen, und keinen Plan gelten laſſen der zur Unſicherheit oder Zerſtückelung dieſes großen Reiches beitragen könnte. Wir müſſen ferner Feſtigkeit entwickeln, indem wir dem iriſchen Volke zeigen daß wir die Herrſchaft über das Schulweſen ebenſowenig ihnen und den Prieſtern ausſchließlich überant- worten, als wir ſie in England den Fürſprechern des confeſſionellen Schulweſens anheim geben.“ Was das iriſche Schulweſen anbelangt, ſo rüſtet ſich der katho- liſche Klerus für die kommende Seſſion auf einen heißen Kampf; doch iſt es im hohen Grade wahrſcheinlich daß die iriſche Unterrichtsfrage vorderhand noch nicht zur Erledigung kommen wird. Die Internationale ſcheint ſich eine Art von Preßbureau eingerichtet zu haben, denn jeden Montag bringen unſere Blätter eine gleichlautende officiöſe Notiz über die letzte Sitzung des Generalrathes. Ueberdieß ſcheint es daß dieſe Notiz es hauptſächlich darauf abgeſehen hat dem Continent Sand in die Augen zu ſtreuen, denn hier läßt man ſich durch dieſes ewige Auspoſaunen des Selbſtlobes nicht be- irren. In der letzten Sitzung, in welcher Jung, der Secretär für die Schweiz, den Vorſitz führte, wurde wieder über nichts anderes geſprochen, oder, beſſergeſagt, wird wieder über nichts anderes berichtet als über die Ausbreitung des Verbandes in England, in Irland, in Holland, in Dänemark, in Schweden u. ſ. w. Charakteriſtiſch iſt eine Polizeiverordnung welche ſo eben in der Hauptſtadt Irlands erlaſſen worden iſt. Oberſt Lake nämlich, der Chef der Dubliner Polizei, hat das Droſchkenreglement derart abgeändert, daß es fernerhin verboten iſt Leichen oder Särge in irgendeinem Fuhrwerk zu befördern welches auch zur Beförderung von Paſſagieren benutzt wird. Die mit der letzten Cappoſt eingetroffenen Blätter geben einige Einzelheiten über die Annectirung der Diamantenfelder am 17 November 1871, welche unter ungeheuerem Menſchenzudrang und mit Kundgebung eines begeiſterten Patriotis- mus ſtattfand. Die ſämmtlichen Regierungsbeamten nahmen an der Ceremonie theil, und auf allen Fuhrwerken die nur aufzutreiben waren gieng es von einem Lager zum andern um die Proclamation zu verleſen und die brittiſche Flagge auf- zuziehen. Daß die Diamantengräber ſich in Folge der Annectirung ein Bene thaten, und ſich’s nicht nehmen ließen die Regierungscommiſſarien feſtlich zu be- wirthen, verſteht ſich von ſelbſt. Der Werth von Griqua-Land-Weſt — ſo heißt die neue Colonie — ſcheint übrigens immer noch im Steigen zu ſein, und in den letzten vierzehn Tagen vor Abgang der Poſt wurden nicht weniger als 4512 Karat Diamanten zu 20,189 Pfd. Sterl. verkauft. Frankreich. Paris, 8 Jan. * Bei der geſtrigen Wahl eines Abgeordneten für die Stadt Paris iſt der Präſident des Pariſer Municipalraths, Hr. Vautrain, mit 121,158 Stimmen gewählt worden, während ſein einziger Gegen-Candidat, Victor Hugo, deren nur 93,425 erhielt. Die Geſammtzahl der eingeſchriebenen Wähler vom Seine-Departement betrug 455,540, ſo daß die Zahl der Wahlenthaltungen ſich nahezu auf 50 Procent des Wahlkörpers beziffert. „Es wäre unbillig, bemerkt die „Frz. Corr.“ hiezu, wollte man in dieſen Enthaltungen nichts als Parteigänger der Monarchie erblicken, deren Organe bekanntlich die völlige Wahlenthaltung als Loſung ausgegeben hatten. In verſchiedenen durchaus radicalen Quartieren, wie im 19. Arrondiſſement (Belleville) und im 20. (Montmartre), war die Zahl der überhaupt Votirenden eine verſchwindend kleine, da im erſtgenannten Bezirk im ganzen nur 5000, im zweiten nur 8000 Wähler an der Urne erſchienen. Niemand aber wird behaupten wollen daß die Vorſtädte Belleville und Montmartre durch eine ſo kärgliche Betheiligung an der Wahl eine monarchiſche Demonſtration beab- ſichtigt haben. — Die Wahl des Hrn. Vautrain in Paris muß als ein immenſer Sieg nicht nur der gemäßigt republicaniſchen Partei, ſondern vorzüglich als ein Triumph der Regierung des Hrn. Thiers betrachtet werden, wodurch allerdings die monarchiſche Mehrheit in der Verſailler Nationalverſammlung ſchwerlich günſti- ger für Paris und die Rückkehr nach der Hauptſtadt geſtimmt werden dürfte, da in den Augen der Mitglieder der Rechten Hr. Vautrain auch eben nichts weiter iſt als ein Republicaner.“ Die Blätter ſind noch ſehr ſparſam mit Commentaren über dieſes Wahl- ergebniß. Die „République Françaiſe“ und ebenſo die meiſten andern radicalen Organe werfen nicht ohne Geſchicklichkeit die Geſtalt des großen Poeten über Bord, der für ſie, nachdem er gefallen, von keinem beſondern Intereſſe mehr zu ſein ſcheint. Das Organ Gambetta’s ſagt: „Die Wahl des Hrn. Vautrain iſt ein Sieg für die republicaniſche Partei, der beide Candidaten angehörten. Die mon- archiſche Partei war vom Kampfplatze deſertirt; man wird ſie nach den unbeſchrie- benen Wahlzetteln und den individuellen Voten zählen. Der Erwählte, unter- ſtützt von allen Organen der Regierung, hatte ſich präſentirt als Beſitzer der Macht- vollkommenheit die Verſammlung nach Paris zurückzuführen, und die Wünſche nach Beruhigung und Milde zu verwirklichen die in aller Pariſer Herzen ſind. Er hat triumphirt. Die republicaniſche Partei hat ſich geſpalten. Wir glauben noch immer daß ſie Unrecht gehabt hat ſich nicht ganz und gar auf Seite desjenigen Candidaten zu ſtellen der ihren legitimen Anſprüchen die klarſte Form gegeben hat.“— Das Blatt des Hrn. Mottu, der „Radical,“ verfolgt dieſelbe Taktik: „Am 7 Jan. ſtanden ſich zwei Fractionen der republicaniſchen Partei gegenüber. Die eine trat für den Hrn. Vautrain ein, in der Hoffnung durch Conceſſionen von der Verſammlung alle Genugthuungen erlangen zu können welche Paris zu fordern nicht aufhört. Die andere, welche ſich um Victor Hugo ſchaarte, glaubt daß das Programm der republicaniſchen Partei nicht durch die Verſammlung vom 8 Febr. verwirklicht werden kann. Wir erwarten nach dem Siege der erſtern Fraction der republicaniſchen Partei die Erfolge welche ſie in der Verſammlung erringen wird.“ — Der „Peuple Souverain,“ das Organ eines perſönlichen Freundes des Hrn. Thiers, des radicalen Abg. Pascal Duprat, ſagt kurz: „Das allgemeine Stimm- recht hat geſprochen. Victor Hugo iſt von Vautrain geſchlagen worden. Aber bei dieſer Niederlage Victor Hugo’s triumphirt die Republik. Wir haben ein ſol- ches Ergebniß nicht zu beklagen.“ Auch das „Journ. des Débats“ ſpricht ſich mit großer Befriedigung über die Wahl Vautrains aus. „Die Pariſer Bevölkerung,“ ſagt es, „hat einen neuen Beweis ihrer Mäßigung und ihres politiſchen Tactes gegeben, indem ſie ſich wei- gerte den Aufreizungen der Feinde der Ordnung nachzugeben, und es iſt nicht nur die communiſtiſche Partei die wir darunter meinen, es ſind die bonapartiſtiſchen und klerikalen Blätter die ſich anſtrengen die Dinge zum Schlimmſten zu treiben, und durch Empfehlung der Enthaltung indirect ihre Unterſtützung dem Candidaten des Radicalismus leihen, unter dem Vorwande die conſervativen Intereſſen zu ver- theidigen.“Das Blatt ſtellt nun die Pariſer Wahlen des letzten Jahres zuſam- men, um zu zeigen daß der Radicalismus in Paris an Boden verloren hat. Bei den erſten Wahlen am 8 Februar 1871 erhielt Victor Hugo 214,169 Stimmen, geſtern nur 93,423. Bei den Ergänzungswahlen vom 2 Juli 1871 betrug die Zahl der eingeſchriebenen Wähler 458,993, an der Abſtimmung betheiligten ſich gegen 250,000, bei den geſtrigen Wahlen nahmen 214,581 Theil. Der Abſtim- mung enthielten ſich im Juli 208,993, geſtern 243,193, alſo gegen 35,000 mehr. Das genannte Blatt erklärt dieſe große Summe der Enthaltungen für bedeutungs- los, aber es ſcheint doch daß in ihr die Zahl der Conſervativen zum Vorſchein kommt. Immerhin iſt dieſe Thatſache ohne Einfluß, die große Bedeutung der Wahl Vautrains liegt in der Niederlage der Radicalen, und in dieſem Sinne darf ſie als Anzeichen für die baldige Rückkehr der Regierung nach Paris aufgefaßt werden. — Sehr kühl äußert ſich der „Conſtitutionnel.“ Er conſtatirt das Wahl- ergebniß, und ermahnt die Nationalverſammlung nunmehr mit Eifer an die Er- füllung ihrer Aufgabe zu gehen. — Betrachtet man das Wahlergebniß nach den einzelnen Arrondiſſements, ſo ergibt ſich daß Vautrain in allen geſiegt hat mit Ausnahme des 11., 12., 13., 14., 15., 18., 19., 20.; der Sieg Victor Hugo’s iſt übrigens nur im 11., 18. und 20. Arrondiſſement ein bedeutender. · Paris, 8 Jan. Hr. Vautrain iſt ein rechtzeitiger Succurs für den Finanzminiſter und für Thiers. Beide fühlen ſich geſtärkt ſeitdem Paris durch die Stimmen von mehr als 211,000 Wählern ſich abermals für die Republik, und zwar mit mehr als 120,000 Stimmen für die Thiers’ſche Republik, und gegen die Komödianten welche ſie mit verrätheriſchen Hintergedanken experimentiren, ent- ſchieden hat. Da ein Drittel der eingeſchriebenen Wähler unter allen Um- ſtänden und aus den mannichfaltigſten Urſachen nicht zur Urne zu gelangen pflegt, und geſtern faſt die Hälfte der eingeſchriebenen Wähler theils für Vautrain, theils für Victor Hugo geſtimmt hat, ſo kann man daran das Fiasco der bonapar- tiſtiſchen Corruption und der monarchiſch-klerikalen Coalition ermeſſen, welche das gebildete Publicum zu einer Demonſtration des Nichtſtimmens preſſen wollten. Nun, die Demonſtration hat ſtattgefunden: jene Reactionsparteien haben ſich gezählt, und ihre Stärke in Paris kann auf 36,000 Mann unter mehr als 450,000 Wählern geſchätzt werden. Wenn unter 17 Wahlen in den Departements mindeſtens 12 zu Gunſten der Republik ausfielen, ſo iſt dieß weniger als man erwartete, aber immer- hin genug um die wahren Geſinnungen der Bevölkerung ſeit den erſten Wahlen für die Nationalverſammlung am 8 Februar v. J. zum drittenmale zu beweiſen. Schon morgen muß der Ausſchußbericht über die Rückkehr nach Paris vorgelegt werden. Die Debatte wird unverzüglich beginnen. Der Präſident des Pariſer Gemeinderaths wird mit überwiegender Autorität ſich an der Discuſſion betheiligen. Ohne ein imperatives Mandat anzunehmen, unterbreitete er ſeiner Erwählung das allgemein vorausgeſetzte, von Thiers gleichſam gegengezeichnete, Uebereinkommen: Verſailles und die Pontons zu leeren, die Regierung, die Nationalverſammlung und die Gefangenen nach Paris zurückzubringen, die Periode der Beſänftigung, der Verſöhnung und des patriotiſchen Zuſammenwirkens zu eröffnen. Nach all- gemeinem Ermeſſen iſt die Abſtimmung welche die Ordnungspartei in einer repu- blicaniſchen Candidatur vereinigte, eine neue und zwar die koſtbarſte Kraft für die beſtehende Ordnung, für die Republik. Die geſtrigen Wahlergebniſſe ſind noch keine endgültige Löſung der Verfaſſungsfrage, aber ein Anzeichen mit welchem ge- rechnet werden muß, und die Andeutung der unvermeidlichen Löſung. Sie machen es noch handgreiflicher daß jede Reaction oder Reſtauration unverträglich mit der ſittlichen und materiellen Ordnung, eine unaufhörliche Aufreizung zu erſchöpfenden Agitationen, eine Verſchlimmerung der ſocialen Gegenſätze, ein unverzüglich zum Bürgerkrieg führendes Abenteuer wäre. Die wahrhaft gefährlichen Feinde der Republik ſind bloß diejenigen welche in der Ueberſtürzung, in Uebertreibungen ſich gefallen. Verſchiedenes. x München, 7 Jan. Vor kurzem erſchien das Perſonalverzeichniß der polytechniſchen Schule in München, wonach ſich die Frequenz dieſer Hochſchule als eine außerordentlich lebhafte ergibt. Die Zahl der Inſcribirten beläuft ſich auf 900, unter denen 230 Nichtbayern ſind. Von den letzteren gehören verhältnißmäßig die meiſten der öſterreichiſch-ungariſchen Monarchie an; denn während auf Norddeutſchland 43, auf Süddeutſchland nur 16 treffen, kommen auf Tirol 28, auf Ungarn 24, Böhmen 21, Oeſterreich 11 und auf die übrigen Länder der Monarchie 14. Außerdem hören am Polytechnikum 20 Schweizer, 15 Ruſſen und Polen, 9 Amerikaner, 7 Eng- länder, 7 Italiener, 7 Serben und Rumänen u. ſ. w. Das Münchener Polytechnikum hat ſich demnach in dem kurzen Zeitraum ſeines Beſtehens unter allen ähnlichen An- ſtalten Deutſchlands auf die erſte Stelle emporgeſchwungen, und die Liberalität welche die bayeriſchen Kammern bei dem Bau und bei der Dotation der Sammlungen dieſer Hochſchule bewieſen haben, hat gute Früchte getragen. *(Bayeriſche Preſſe.)Vom 1 Jan. d. J. an erſcheinen in Bayern folgende neue Tagblätter und Zeitſchriften: „Bamberger Volksblatt“ in Bamberg, „Lohrer Zei- tung“ in Aſchaffenburg, „Münchberger Neueſte Nachrichten“ in Münchberg, „Neubur- ger Neueſte Nachrichten“ in Neuburg, „Nürnberger Preſſe“ in Nürnberg, „Die Bremſe“ in München (letztere beide Wochenſchriften), und endlich eine „Zeitſchrift für Gerichts- vollzieher“ in München. Im Schleswig’ſchen ſtarb dieſer Tage der aus den 1848er Jahren bekannte Förſter Bracklow. Er war der erſte welcher damals nach Vertreibung der däniſchen Truppen aus Kiel, Rendsburg und Altona ein Freicorps bildete; ſpäter kamen dann die v. d. Tann’ſchen Freiſchaaren. * Die Original-Partitur des Don Juan von Mozart, welche der ver- ſtorbene Kunſtfreund Ritter v. Friedland im Beſitz hatte, iſt aus deſſen Nachlaß von der k. k. Hofbibliothek in Wien erſtanden worden. * Statiſtik über ungariſche Literatur.Die „Ungar. Corr.“ ſchreibt: Nach den ſtatiſtiſchen Aufnahmen beträgt die Zahl jener welche in Ungarn als Schrift- ſteller ſich ausgeben 604, was aber offenbar übertrieben iſt, da kaum der dritte Theil derſelben vom Schriftſtellerthum lebt. Akademiemitglieder ſind 293. Wie viele Bücher verkauft werden iſt ſchwer zu conſtatiren, aber gewiß iſt es daß nur die für ein großes Publicum beſtimmtem Werke in einer Auflage von 2—3000 Exemplaren gedruckt werden. Es ſind dieß ſehr traurige Verhältniſſe, wenn man erwägt daß bei einer Bevölkerung von 15 Millionen Seelen kaum einige hundert Menſchen ſich finden die ein ernſtes literari- ſches Werk ſich anſchaffen. * London.(Livingſtone.) Dem Vernehmen nach hat die Regierung das Geſuch der geographiſchen Geſellſchaft, eine Expedition zur Aufſuchung Livingſtone’s durch Geldmittel zu unterſtützen, abgelehnt, und damit ſtimmt denn auch ein Aufruf den die genannte Geſellſchaft heute auf dem Annoncenwege erläßt, um die Unterſtützung des

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 11, 11. Januar 1872, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine11_1872/7>, abgerufen am 16.07.2024.