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Allgemeine Zeitung, Nr. 11, 11. Januar 1830.

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[Spaltenumbruch] zu Grunde richten, aber sie können sie vor vielem Ungemache da-
durch bewahren, daß sie die öffentliche Meynung durch Urtheilsprü-
che berichtigen. Es gibt keinen heiligeren Dienst unter konstitu-
tionellen Regierungen als den, den die Gerichtshöfe ausüben, sie
haben den Beruf, nicht nur die Sache des Privatmanns, sondern
auch die der Monarchie zu richten. Wie soll man glauben, daß
Franzosen, die Gott zu Schiedsrichtern der Ruhe ihres Vaterlan-
des gemacht, diesen heiligen Auftrag hintansezen, daß Gerichtsper-
sonen sich dem Souverain, der sie gewählt, der ihre Eide empfan-
gen hat, entgegen stellen werden; daß sie im Angesichte von Eu-
ropa, das sie beobachtet, die Verläumdung, welche die Geseze ver-
urtheilen, die Irreligion, die sie bestrafen, die Empörung, die
ihnen ein Gräuel ist, rechtfertigen sollten? Nein, Nein, dieses
Unglük ist nicht für Franlreich zu fürchten! .. Da die Richter
selbst Familienväter sind, so machen sie in jeder der Sachen, wo-
von die Ruhe von Frankreich abhängt, Partei. Wenn sie den
Atheismus weihen, so werden ihre Söhne ihnen fluchen; wenn sie die
Frechheit autorisiren, so werden ihre Frauen sie verrathen: wenn
die Revolution durch ihre strafbare Nachsicht wieder ausbricht, so
wird ihnen Gott die Strafe der Wiedervergeltung auflegen; sie
werden ihrerseits vor dem Tribunal der Parteimänner erscheinen,
und nicht so glüklich wie die würdigen Magistraturpersonen, die
unser Zeitalter ein unschuldiges Haupt auf das Schafott tragen
sah, sich sagen müssen, wir haben es verdient!

Italien.

Der Prinz Friedrich von Würtemberg und der Herzog Aleran-
der von Würtemberg, welche unter dem Namen Grafen von Ho-
henberg reisen, waren gegen Ende Decembers zu Florenz an-
gekommen.

Der Herzog von Lucca reiste am 31 Dec. aus seiner Haupt-
stadt nach Wien ab.

Oestreich.

Keine Börse. Bankaktien 1283.

Türkei.

Der Semaphore von Marseille meldet aus Konstanti-
nopel
vom 30 Nov.: "Der Großherr hat bei Sr. Erc. dem Gra-
fen Guilleminot durch den Grafen Colosso anfragen lassen, ob es
dem Könige von Frankreich angenehm seyn würde, wenn hundert
junge Türken, aus den ersten Familien der Hauptstadt auserlesen,
sich auf einer französischen Fregatte nach Paris begäben, um dort
dieselbe Erziehung wie die französische Jugend zu genießen. Der
französische Botschafter antwortete bejahend und benachrichtigte so-
gleich den Admiral de Rigny davon. Man erwartet demnach hier
jeden Augenblik die Ankunft der Fregatte, die die jungen Musel-
männer nach Frankreich bringen soll. Bei diesem Anlasse bezeugte
der Sultan den Hauptpersonen seiner Umgebung, er wünsche die
ehrenwerthen Dienste des Hrn. Colosso zu belohnen und wolle,
daß der Sohn dieses ausgezeichneten Offiziers, der seine Studien
in einem Jesuitenkollegium zu Turin angefangen habe, seine Er-
ziehung zu Paris mit den hundert dahin abzuschikenden Musel-
männern vollende. Zu dem Ende ließ er den französischen Bot-
schafter ersuchen, sich bei dem Turiner Hofe zu verwenden, daß
dem jungen Colosso die Erlaubniß dazu ertheilt würde. Der Bot-
schafter beeilte sich dem Wunsche Sr. Hoheit Genüge zu leisten."

Am 5 d. hatte Graf Orloff
Privatandienz beim Großherrn, in welcher er demselben ein eigen-
händiges Schreiben des Kaisers Nikolaus überreichte. Der Sultan
[Spaltenumbruch] ergrif diese Gelegenheit, um dem russischen Abgesandten seine
Freude über die Wiederherstellung der freundschaftlichen Verhält-
nisse, und Seine hohe Achtung für die Person des Kaisers zu er-
kennen zu geben. Die Audienz dauerte anderthalb Stunden, in
Gegenwart des ersten Dolmetschers der Pforte, doch soll dabei
nur im Allgemeinen von den einzuleitenden Unterhandlungen die
Rede gewesen seyn, da in den Instruktionen des Grafen Orloff
der Fall nicht vorgesehen war, daß Halil Pascha schon nach Odessa
abgereist wäre, und Ersterer daher neue Verhaltungsbefehle ab-
warten muß. Einstweilen hat Graf Orloff auf Ertheilung von
Fermans in bianco für die Durchfahrt russischer Schiffe angetra-
gen, worüber jedoch erst das Gutachten des Ministeriums des
Innern eingeholt werden soll. Die ausgezeichnete Aufnahme, die
der Großherr dem Grafen Orloff angedeihen ließ; macht es den
türkischen Großen zur Pflicht, ihm nicht mindere Aufmerksamkeit
zu bezeugen, wie denn auch einem fremden Abgeordneten nie
mehr Ehrenbezeugungen erwiesen wurden. Alles berechtigt zu der
Hofnung, die Friedensstipulationen auf das Pünktlichste vollzogen,
und das beste Einverständniß mit Rußland für die Dauer herge-
stellt zu sehen. Hr. v. Butenieff, der bis zur Ankunft des Gra-
fen Ribeaupierre die Stelle eines Geschäftsträgers bei der Pforte
bekleidet, hat seine Kreditive übergeben, und dem diplomatischen
Korps die gebräuchlichen Besuche gemacht. Er soll hauptsächlich
beauftragt seyn, über die Gränzbestimmung der sechs einzuver-
leibenden serbischen Distrikte mit der Pforte zu unterhandeln.
Zwar sind bereits die Fermans zur Einverleibung dieser Distrikte
nach Serbien abgegangen, allein da der Friedenstraktat von Adriano-
pel diesen Punkt in Absicht auf die Begränzung der fraglichen Di-
strikte nicht genau bestimmt, und darüber verschiedene Ansichten
herrschen, so scheint zur Vermeidung künftiger Irrungen von Seite
sowol der türkischen als serbischen Behörden, eine genaue Erörte-
rung der Frage über die Gränzen dieser Distrikte erforderlich. --
Der Großwessier soll sich von Schumla nach Adrianopel begeben
haben, er wird hier erwartet, und man ist in Rüksicht auf den
Empfang, der ihm von Seite des Großherrn bevorsteht, sehr ge-
spannt. Uebrigens herrscht noch immer viel Gährung in den Provin-
zen, obgleich der Ferman, wodurch den christlichen Unterthanen volle
Amnestie zugesichert wird, an Alisch Pascha nach Adrianopel abgegan-
gen ist. Diese Stadt ist jezt der Centralpunkt aller Unzufriedenen, und
von ihrer Ruhe hängt die Ruhe der übrigen europäischen Provinzen
ab, denn von jeher ging von hier der Impuls für das ganze Land
aus. Dadurch wird auch das Mißvergnügen des Sultans über
das laue Betragen der Bewohner Adrianopels bei dem Vorrüken
der Russen sehr erklärbar, und scheint nicht unverdient. Man
versichert, es wären 40,000 Mann Truppen nach Adrianopel beor-
dert, und will wissen, daß der ehemalige Großwessier zum Gouver-
neur daselbst ernannt werden solle. -- In Klein-Asien ist der Auf-
ruhr abermals, und zwar heftiger als vorher, ausgebrochen; man
fürchtet große Ercesse, und selbst einen Angrif auf Smyrna. Das
Einzige was der Pforte in diesem Augenblike zum Vortheile ge-
reicht, ist die erwartete Ankunft mehrerer türkischen Kriegsschiffe
aus Alerandrien, welche bereits nach Smyrna beordert wurden.
Die Rükkehr dieser Schiffe zeugt entweder von einer Veränderung
in dem politischen Systeme des Vicekönigs, oder von einer großen
Behutsamkeit in seinen Unternehmungen. -- Es geht hier fort-
während die Rede, daß Graf Guilleminot uns verlassen, und nach
Paris zurükkehren werde.



Verantwortlicher Redakteur, C. J. Stegmann.


[Spaltenumbruch] zu Grunde richten, aber ſie können ſie vor vielem Ungemache da-
durch bewahren, daß ſie die öffentliche Meynung durch Urtheilſprü-
che berichtigen. Es gibt keinen heiligeren Dienſt unter konſtitu-
tionellen Regierungen als den, den die Gerichtshöfe ausüben, ſie
haben den Beruf, nicht nur die Sache des Privatmanns, ſondern
auch die der Monarchie zu richten. Wie ſoll man glauben, daß
Franzoſen, die Gott zu Schiedsrichtern der Ruhe ihres Vaterlan-
des gemacht, dieſen heiligen Auftrag hintanſezen, daß Gerichtsper-
ſonen ſich dem Souverain, der ſie gewählt, der ihre Eide empfan-
gen hat, entgegen ſtellen werden; daß ſie im Angeſichte von Eu-
ropa, das ſie beobachtet, die Verläumdung, welche die Geſeze ver-
urtheilen, die Irreligion, die ſie beſtrafen, die Empörung, die
ihnen ein Gräuel iſt, rechtfertigen ſollten? Nein, Nein, dieſes
Unglük iſt nicht für Franlreich zu fürchten! .. Da die Richter
ſelbſt Familienväter ſind, ſo machen ſie in jeder der Sachen, wo-
von die Ruhe von Frankreich abhängt, Partei. Wenn ſie den
Atheismus weihen, ſo werden ihre Söhne ihnen fluchen; wenn ſie die
Frechheit autoriſiren, ſo werden ihre Frauen ſie verrathen: wenn
die Revolution durch ihre ſtrafbare Nachſicht wieder ausbricht, ſo
wird ihnen Gott die Strafe der Wiedervergeltung auflegen; ſie
werden ihrerſeits vor dem Tribunal der Parteimänner erſcheinen,
und nicht ſo glüklich wie die würdigen Magiſtraturperſonen, die
unſer Zeitalter ein unſchuldiges Haupt auf das Schafott tragen
ſah, ſich ſagen müſſen, wir haben es verdient!

Italien.

Der Prinz Friedrich von Würtemberg und der Herzog Aleran-
der von Würtemberg, welche unter dem Namen Grafen von Ho-
henberg reiſen, waren gegen Ende Decembers zu Florenz an-
gekommen.

Der Herzog von Lucca reiste am 31 Dec. aus ſeiner Haupt-
ſtadt nach Wien ab.

Oeſtreich.

Keine Börſe. Bankaktien 1283.

Türkei.

Der Semaphore von Marſeille meldet aus Konſtanti-
nopel
vom 30 Nov.: „Der Großherr hat bei Sr. Erc. dem Gra-
fen Guilleminot durch den Grafen Coloſſo anfragen laſſen, ob es
dem Könige von Frankreich angenehm ſeyn würde, wenn hundert
junge Türken, aus den erſten Familien der Hauptſtadt auserleſen,
ſich auf einer franzöſiſchen Fregatte nach Paris begäben, um dort
dieſelbe Erziehung wie die franzöſiſche Jugend zu genießen. Der
franzöſiſche Botſchafter antwortete bejahend und benachrichtigte ſo-
gleich den Admiral de Rigny davon. Man erwartet demnach hier
jeden Augenblik die Ankunft der Fregatte, die die jungen Muſel-
männer nach Frankreich bringen ſoll. Bei dieſem Anlaſſe bezeugte
der Sultan den Hauptperſonen ſeiner Umgebung, er wünſche die
ehrenwerthen Dienſte des Hrn. Coloſſo zu belohnen und wolle,
daß der Sohn dieſes ausgezeichneten Offiziers, der ſeine Studien
in einem Jeſuitenkollegium zu Turin angefangen habe, ſeine Er-
ziehung zu Paris mit den hundert dahin abzuſchikenden Muſel-
männern vollende. Zu dem Ende ließ er den franzöſiſchen Bot-
ſchafter erſuchen, ſich bei dem Turiner Hofe zu verwenden, daß
dem jungen Coloſſo die Erlaubniß dazu ertheilt würde. Der Bot-
ſchafter beeilte ſich dem Wunſche Sr. Hoheit Genüge zu leiſten.“

Am 5 d. hatte Graf Orloff
Privatandienz beim Großherrn, in welcher er demſelben ein eigen-
händiges Schreiben des Kaiſers Nikolaus überreichte. Der Sultan
[Spaltenumbruch] ergrif dieſe Gelegenheit, um dem ruſſiſchen Abgeſandten ſeine
Freude über die Wiederherſtellung der freundſchaftlichen Verhält-
niſſe, und Seine hohe Achtung für die Perſon des Kaiſers zu er-
kennen zu geben. Die Audienz dauerte anderthalb Stunden, in
Gegenwart des erſten Dolmetſchers der Pforte, doch ſoll dabei
nur im Allgemeinen von den einzuleitenden Unterhandlungen die
Rede geweſen ſeyn, da in den Inſtruktionen des Grafen Orloff
der Fall nicht vorgeſehen war, daß Halil Paſcha ſchon nach Odeſſa
abgereist wäre, und Erſterer daher neue Verhaltungsbefehle ab-
warten muß. Einſtweilen hat Graf Orloff auf Ertheilung von
Fermans in bianco für die Durchfahrt ruſſiſcher Schiffe angetra-
gen, worüber jedoch erſt das Gutachten des Miniſteriums des
Innern eingeholt werden ſoll. Die ausgezeichnete Aufnahme, die
der Großherr dem Grafen Orloff angedeihen ließ; macht es den
türkiſchen Großen zur Pflicht, ihm nicht mindere Aufmerkſamkeit
zu bezeugen, wie denn auch einem fremden Abgeordneten nie
mehr Ehrenbezeugungen erwieſen wurden. Alles berechtigt zu der
Hofnung, die Friedensſtipulationen auf das Pünktlichſte vollzogen,
und das beſte Einverſtändniß mit Rußland für die Dauer herge-
ſtellt zu ſehen. Hr. v. Butenieff, der bis zur Ankunft des Gra-
fen Ribeaupierre die Stelle eines Geſchäftsträgers bei der Pforte
bekleidet, hat ſeine Kreditive übergeben, und dem diplomatiſchen
Korps die gebräuchlichen Beſuche gemacht. Er ſoll hauptſächlich
beauftragt ſeyn, über die Gränzbeſtimmung der ſechs einzuver-
leibenden ſerbiſchen Diſtrikte mit der Pforte zu unterhandeln.
Zwar ſind bereits die Fermans zur Einverleibung dieſer Diſtrikte
nach Serbien abgegangen, allein da der Friedenstraktat von Adriano-
pel dieſen Punkt in Abſicht auf die Begränzung der fraglichen Di-
ſtrikte nicht genau beſtimmt, und darüber verſchiedene Anſichten
herrſchen, ſo ſcheint zur Vermeidung künftiger Irrungen von Seite
ſowol der türkiſchen als ſerbiſchen Behörden, eine genaue Erörte-
rung der Frage über die Gränzen dieſer Diſtrikte erforderlich. —
Der Großweſſier ſoll ſich von Schumla nach Adrianopel begeben
haben, er wird hier erwartet, und man iſt in Rükſicht auf den
Empfang, der ihm von Seite des Großherrn bevorſteht, ſehr ge-
ſpannt. Uebrigens herrſcht noch immer viel Gährung in den Provin-
zen, obgleich der Ferman, wodurch den chriſtlichen Unterthanen volle
Amneſtie zugeſichert wird, an Aliſch Paſcha nach Adrianopel abgegan-
gen iſt. Dieſe Stadt iſt jezt der Centralpunkt aller Unzufriedenen, und
von ihrer Ruhe hängt die Ruhe der übrigen europäiſchen Provinzen
ab, denn von jeher ging von hier der Impuls für das ganze Land
aus. Dadurch wird auch das Mißvergnügen des Sultans über
das laue Betragen der Bewohner Adrianopels bei dem Vorrüken
der Ruſſen ſehr erklärbar, und ſcheint nicht unverdient. Man
verſichert, es wären 40,000 Mann Truppen nach Adrianopel beor-
dert, und will wiſſen, daß der ehemalige Großweſſier zum Gouver-
neur daſelbſt ernannt werden ſolle. — In Klein-Aſien iſt der Auf-
ruhr abermals, und zwar heftiger als vorher, ausgebrochen; man
fürchtet große Erceſſe, und ſelbſt einen Angrif auf Smyrna. Das
Einzige was der Pforte in dieſem Augenblike zum Vortheile ge-
reicht, iſt die erwartete Ankunft mehrerer türkiſchen Kriegsſchiffe
aus Alerandrien, welche bereits nach Smyrna beordert wurden.
Die Rükkehr dieſer Schiffe zeugt entweder von einer Veränderung
in dem politiſchen Syſteme des Vicekönigs, oder von einer großen
Behutſamkeit in ſeinen Unternehmungen. — Es geht hier fort-
während die Rede, daß Graf Guilleminot uns verlaſſen, und nach
Paris zurükkehren werde.



Verantwortlicher Redakteur, C. J. Stegmann.


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[44/0004] zu Grunde richten, aber ſie können ſie vor vielem Ungemache da- durch bewahren, daß ſie die öffentliche Meynung durch Urtheilſprü- che berichtigen. Es gibt keinen heiligeren Dienſt unter konſtitu- tionellen Regierungen als den, den die Gerichtshöfe ausüben, ſie haben den Beruf, nicht nur die Sache des Privatmanns, ſondern auch die der Monarchie zu richten. Wie ſoll man glauben, daß Franzoſen, die Gott zu Schiedsrichtern der Ruhe ihres Vaterlan- des gemacht, dieſen heiligen Auftrag hintanſezen, daß Gerichtsper- ſonen ſich dem Souverain, der ſie gewählt, der ihre Eide empfan- gen hat, entgegen ſtellen werden; daß ſie im Angeſichte von Eu- ropa, das ſie beobachtet, die Verläumdung, welche die Geſeze ver- urtheilen, die Irreligion, die ſie beſtrafen, die Empörung, die ihnen ein Gräuel iſt, rechtfertigen ſollten? Nein, Nein, dieſes Unglük iſt nicht für Franlreich zu fürchten! .. Da die Richter ſelbſt Familienväter ſind, ſo machen ſie in jeder der Sachen, wo- von die Ruhe von Frankreich abhängt, Partei. Wenn ſie den Atheismus weihen, ſo werden ihre Söhne ihnen fluchen; wenn ſie die Frechheit autoriſiren, ſo werden ihre Frauen ſie verrathen: wenn die Revolution durch ihre ſtrafbare Nachſicht wieder ausbricht, ſo wird ihnen Gott die Strafe der Wiedervergeltung auflegen; ſie werden ihrerſeits vor dem Tribunal der Parteimänner erſcheinen, und nicht ſo glüklich wie die würdigen Magiſtraturperſonen, die unſer Zeitalter ein unſchuldiges Haupt auf das Schafott tragen ſah, ſich ſagen müſſen, wir haben es verdient! Italien. Der Prinz Friedrich von Würtemberg und der Herzog Aleran- der von Würtemberg, welche unter dem Namen Grafen von Ho- henberg reiſen, waren gegen Ende Decembers zu Florenz an- gekommen. Der Herzog von Lucca reiste am 31 Dec. aus ſeiner Haupt- ſtadt nach Wien ab. Oeſtreich. Wien, 6 Jan.Keine Börſe. Bankaktien 1283. Türkei. Der Semaphore von Marſeille meldet aus Konſtanti- nopel vom 30 Nov.: „Der Großherr hat bei Sr. Erc. dem Gra- fen Guilleminot durch den Grafen Coloſſo anfragen laſſen, ob es dem Könige von Frankreich angenehm ſeyn würde, wenn hundert junge Türken, aus den erſten Familien der Hauptſtadt auserleſen, ſich auf einer franzöſiſchen Fregatte nach Paris begäben, um dort dieſelbe Erziehung wie die franzöſiſche Jugend zu genießen. Der franzöſiſche Botſchafter antwortete bejahend und benachrichtigte ſo- gleich den Admiral de Rigny davon. Man erwartet demnach hier jeden Augenblik die Ankunft der Fregatte, die die jungen Muſel- männer nach Frankreich bringen ſoll. Bei dieſem Anlaſſe bezeugte der Sultan den Hauptperſonen ſeiner Umgebung, er wünſche die ehrenwerthen Dienſte des Hrn. Coloſſo zu belohnen und wolle, daß der Sohn dieſes ausgezeichneten Offiziers, der ſeine Studien in einem Jeſuitenkollegium zu Turin angefangen habe, ſeine Er- ziehung zu Paris mit den hundert dahin abzuſchikenden Muſel- männern vollende. Zu dem Ende ließ er den franzöſiſchen Bot- ſchafter erſuchen, ſich bei dem Turiner Hofe zu verwenden, daß dem jungen Coloſſo die Erlaubniß dazu ertheilt würde. Der Bot- ſchafter beeilte ſich dem Wunſche Sr. Hoheit Genüge zu leiſten.“ †Konſtantinopel, 10 Dec.Am 5 d. hatte Graf Orloff Privatandienz beim Großherrn, in welcher er demſelben ein eigen- händiges Schreiben des Kaiſers Nikolaus überreichte. Der Sultan ergrif dieſe Gelegenheit, um dem ruſſiſchen Abgeſandten ſeine Freude über die Wiederherſtellung der freundſchaftlichen Verhält- niſſe, und Seine hohe Achtung für die Perſon des Kaiſers zu er- kennen zu geben. Die Audienz dauerte anderthalb Stunden, in Gegenwart des erſten Dolmetſchers der Pforte, doch ſoll dabei nur im Allgemeinen von den einzuleitenden Unterhandlungen die Rede geweſen ſeyn, da in den Inſtruktionen des Grafen Orloff der Fall nicht vorgeſehen war, daß Halil Paſcha ſchon nach Odeſſa abgereist wäre, und Erſterer daher neue Verhaltungsbefehle ab- warten muß. Einſtweilen hat Graf Orloff auf Ertheilung von Fermans in bianco für die Durchfahrt ruſſiſcher Schiffe angetra- gen, worüber jedoch erſt das Gutachten des Miniſteriums des Innern eingeholt werden ſoll. Die ausgezeichnete Aufnahme, die der Großherr dem Grafen Orloff angedeihen ließ; macht es den türkiſchen Großen zur Pflicht, ihm nicht mindere Aufmerkſamkeit zu bezeugen, wie denn auch einem fremden Abgeordneten nie mehr Ehrenbezeugungen erwieſen wurden. Alles berechtigt zu der Hofnung, die Friedensſtipulationen auf das Pünktlichſte vollzogen, und das beſte Einverſtändniß mit Rußland für die Dauer herge- ſtellt zu ſehen. Hr. v. Butenieff, der bis zur Ankunft des Gra- fen Ribeaupierre die Stelle eines Geſchäftsträgers bei der Pforte bekleidet, hat ſeine Kreditive übergeben, und dem diplomatiſchen Korps die gebräuchlichen Beſuche gemacht. Er ſoll hauptſächlich beauftragt ſeyn, über die Gränzbeſtimmung der ſechs einzuver- leibenden ſerbiſchen Diſtrikte mit der Pforte zu unterhandeln. Zwar ſind bereits die Fermans zur Einverleibung dieſer Diſtrikte nach Serbien abgegangen, allein da der Friedenstraktat von Adriano- pel dieſen Punkt in Abſicht auf die Begränzung der fraglichen Di- ſtrikte nicht genau beſtimmt, und darüber verſchiedene Anſichten herrſchen, ſo ſcheint zur Vermeidung künftiger Irrungen von Seite ſowol der türkiſchen als ſerbiſchen Behörden, eine genaue Erörte- rung der Frage über die Gränzen dieſer Diſtrikte erforderlich. — Der Großweſſier ſoll ſich von Schumla nach Adrianopel begeben haben, er wird hier erwartet, und man iſt in Rükſicht auf den Empfang, der ihm von Seite des Großherrn bevorſteht, ſehr ge- ſpannt. Uebrigens herrſcht noch immer viel Gährung in den Provin- zen, obgleich der Ferman, wodurch den chriſtlichen Unterthanen volle Amneſtie zugeſichert wird, an Aliſch Paſcha nach Adrianopel abgegan- gen iſt. Dieſe Stadt iſt jezt der Centralpunkt aller Unzufriedenen, und von ihrer Ruhe hängt die Ruhe der übrigen europäiſchen Provinzen ab, denn von jeher ging von hier der Impuls für das ganze Land aus. Dadurch wird auch das Mißvergnügen des Sultans über das laue Betragen der Bewohner Adrianopels bei dem Vorrüken der Ruſſen ſehr erklärbar, und ſcheint nicht unverdient. Man verſichert, es wären 40,000 Mann Truppen nach Adrianopel beor- dert, und will wiſſen, daß der ehemalige Großweſſier zum Gouver- neur daſelbſt ernannt werden ſolle. — In Klein-Aſien iſt der Auf- ruhr abermals, und zwar heftiger als vorher, ausgebrochen; man fürchtet große Erceſſe, und ſelbſt einen Angrif auf Smyrna. Das Einzige was der Pforte in dieſem Augenblike zum Vortheile ge- reicht, iſt die erwartete Ankunft mehrerer türkiſchen Kriegsſchiffe aus Alerandrien, welche bereits nach Smyrna beordert wurden. Die Rükkehr dieſer Schiffe zeugt entweder von einer Veränderung in dem politiſchen Syſteme des Vicekönigs, oder von einer großen Behutſamkeit in ſeinen Unternehmungen. — Es geht hier fort- während die Rede, daß Graf Guilleminot uns verlaſſen, und nach Paris zurükkehren werde. Verantwortlicher Redakteur, C. J. Stegmann.

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 11, 11. Januar 1830, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine11_1830/4>, abgerufen am 23.11.2024.