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Allgemeine Zeitung, Nr. 10, 12. Januar 1929.

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Samstag. den 12., Sonntag, den 13. Januar "AZ am Abend" Nr. 10
[Spaltenumbruch]
Ein schlechter Scherz
Die Heiratslustigen in der Philharmonie

Dame mit weißem Rosenstrauch wird gesucht * Dirigentin fällt in Ohnmacht

[Spaltenumbruch]

Irgendeine Unbe-
kannte hatte sich den Scherz erlaubt, 60
oder 70 Herren, deren Adressen sie auf
Grund einer von ihr aufgegebenen Heirats-
annonce erfahren hatte, gleichzeitig in das
gestrige Konzert der Wiener Dirigentin
Lisa Mayer zu bestellen.

Schon zu Beginn des Konzertes fiel es
auf, daß sich
fast nur Herren im Saale befanden.
Es herrschte besonders in den vorderen
Reihen, in denen sich die teueren Plätze be-
finden, von vorneherein eine gewisse Un-
ruhe, weil viele Herren die Briefschreiberin
überall vergeblich suchten. Alle hatten sich
auf die Heiratsannonce beworben, nach der,
wie es hieß, "eine 21jährige Waise die Be-
kanntschaft eines besseren Herrn zwecks
späterer Heirat" suchte. Die "21jährige
Waise" hatte auf zierlichen rosa und grünen
Bviesbogen
an alle Bewerber die gleiche Anlwort
ergehen lassen: "Ihre Zuschrift gefällt mir,
und ich wäre nicht abgeneigt, Ihre Bekannt-
schaft zu machen. Ich bin Freitag abend,
[Spaltenumbruch] den 11. d. M., in der Philharmonie und
sitze in den vordersten Reihen und wäre in
den Pausen Vorstellungsmöglichkeit gege-
ben. Ich bin groß und trage einen Strauß
weißer Rosen."

Auch nach dem ersten Teil des Konzerts
war die Dame mit den Rosen noch nicht da.
Schließlich bildete sich in einer Saalecke
eine Gruppe von Leidensgenossen,
denen sich immer mehr Entrüstete zuge-
sellten. Die Erregung wurde immer lauter,
drohend schwankte man die roten und grü-
nen Briefe. Schließlich als zum Schlusse die
"Euryanthe"-Ouvertüre von Weber gespielt
wurde, entfesselte ein lauter Zuruf nach dem
Dirigentonpult einen
allgemeinen Skandal.
Die Dirigentin versuchte zunächst weiter-
zuspielen, verfiel aber, als der Lärm immer
größer wurde, in eine
Ohnmacht
und mußte herausgetragen werden. Nach
einer längeren Pause konnte sie dann das
Konzert zu Ende führen.



Grippeepidemie in Berlin

1348 Erkrankte * 48 Todesfälle
Krankenhäuser überfüllt * Baracken werden angefordert

[Spaltenumbruch]

Der Direktor des
Hauptgesundheitsamtes, Prof. Dr. Hoff-
mann erklärte den Vertretern der Presse,
die Grippewelle habe auch in den letzten
Tagen noch nicht abgenommen. Während
noch am 3. Januar in den städtischen An-
stalten Berlins 608 sichere Grippefälle ver-
zeichnet wurden, beträgt die Krankenziffer
vom 10. Januar 1348.

Die Erkrankungen nehmen diesmal über-
haupt einen leichteren Verlauf. Seit dem
[Spaltenumbruch] 1. Januar sind nur 48 Todesfälle bei
Grippe zu verzeichnen. In verhältnismäßig
großer Zahl sind Kinder erkrankt. Von dem
in den Krankenanstalten beschäftigten Per-
sonal sind 10 Prozent grippekrank. Es ist
daher ein empfindlicher Mangel an
Pflegepersonal eingetreten.

Da die Krankenhäuser überfüllt sind, hat
das Hauptgesundheitsamt beschlossen, vom
Roten Kreuz Baracken anzufordern und im
Notfalle Schulen als Notkrankenhäuser ein-
zurichten.



Beim Besuch der "Emden" in Cartagena,
[Abbildung]

des deuischen Kreuzers, der zurzeit seine Weltreise ausführt, legte der Kommandant,
Fregattenkapitän von Arnauld de la Perriere, mit einer Abordnung einen Kranz am
Sarkophag des Erfinders des U-Booles, Isaac Peral, nieder. Der Kapitän ist der Stadt
Cartagena ein guter Bekannter, da er während des Krieges als Kommandant eines
U-Booles die feindliche Sperre vor Cartagena durchbrach und in den Hafen einlief.



[Spaltenumbruch]
Armeetransport-
Flugzeug abgestürzt

Fünf Tote drei Verletzte

Nach einer Meldung
aus Middlekown (Pennsylvanien) ist dort ein
großes Armeetransportflugzeug mit
zehn Insassen abgestürzt. Fünf Insassen wurden
dabei getötet, drei haben Verletzungen erlitten.

Middletown (Pennsylvanien), 12. Jan. Das mit
zehn Insassen abgestürzte Flugzeug war ein drei-
motoriges Fokkerflugzeug von demselben Typ wie
die durch ihren Rekord berühmt gewordene
"Question Mark". Es war am Vormittag nach
einem Uebungsflug, den es vom Washingtoner
Flugplatz Bolling Field aus mit einem Piloten
und sieben Soldaten unternommen hatte, auf dem
hiesigen Armeeflugfeld zur Aufnahme von Vor-
räten gelandet und dann zum Rückflug nach
Bolling Field aufgestiegen. Der Absturz erfolgte
drei Kilometer von hier auf freiem Felde. Die
Ursache ist unbekannt. Augenzeugen berichten,
sie hätten das Flugzeug eine Zeitlang schwanken
und dann plötzlich abstürzen sehen. Die Opfer
mußten aus den Trümmern herausgesägt werden.

[Spaltenumbruch]
Auch Sportsstudenten verharren im Streik

Nachdem der Senat der Deutschen Hochschule
für Leibesübungen den Sportsftudenten mitgeteilt
hat, daß der Lehrbetrieb am 15. Januar wieder
aufgenommen werden soll, beschloß der Stu-
dentenausschuß, dem "Berliner Lokalanzeiger" zu-
folge, auch weiterhin der Hochschule fernzubleiben.
Die Sportsstudenten sind der Ansicht, daß ihnen
bei dem jetzigen System der Hochschule keine Ge-
währ gegeben ist, durch das Studium zu wirt-
schaftlicher Unabhängigkeit zu kommen. Der Aus-
schuß empfahl den Studenten, einen anderen Be-
ruf zu ergreisen.

*

Owen Young Führer der amerikanischen Sach-
verständigendelegation?

Owen Young halte eine längere Unterredung
mit Coolidge und Mellon. Es wurde im Staats-
departement der Ansicht Ausdruck gegeben, daß
Young trotz der Krankheit seiner Galtin sich wahr-
scheinlich bereit finden werde, die Führung der
amerikanischen Delegation auf der Sachverstän-
digenkonferenz für die Repurationsfrage zu über-
nehmen.

[Spaltenumbruch]
Kritische Stunden in Afghanistan
[Abbildung]

Zwanzig Kilomeler von der afghanischen Hauptstadt Kabul entfernt ist eine neue Schlacht
zwischen Regierungstruppen und Aufständischen im Gange. -- Unser Bild zeigt König
Aman Ullah bei der Befehlsausgabe an seine Offiziere.



Der Cadolzburger Bilderdiebstahl
Nach viertägiger Verhandlung
das Urteil gefällt
[Spaltenumbruch]

Nach viertägiger Verhandlung
hat das erweiterte Schöffengericht im Prozeß
gegen die Cadolzburger Bilderdiebe folgendes
Urteil gefällt:

Lippmann 10 Monate Gefängnis, Mayer
1 Jahr 4 Monate Gefängnis, Schmidt 1 Jahr
2 Monate Gefängnis, Graske 3 Jahre Zucht-
haus, 6 Jahre Ehrverlust, Zahn 10 Monate
Gefängnis, Breitfeld 7 Monate Gefängnis.
Die Angeklagte Schwarz wurde unter Ueber-
bürdung der Kosten auf die Staatskasse frei-
gesprochen.

Die Verurteilung erfolgte gegen die ersten fünf
Angeklagten wegen gemeinschaftlicher Verübung
eines Verbrechens des schweren Diebstahls. Bei
Graske handelt es sich um einen Rückfall. Die
Haftbefehle gegen Lippmann und Zahn wurden
aufgehoben. Bei Lippmann und Zahn sind die
Strafen durch die Untersuchungshaft verbüßt.
Im übrigen wurde an Untersuchungshaft ange-
rechnet: bei Mayer 10 Monate 1 Woche, bei
Schmidt 8 Monate 2 Wochen, bei Graske 5 Mo-
nate 3 Wochen, bei Breitfeld 3 Monate 4 Wochen.

In den
Urteilsgründen
erklärt das Gericht, daß sich eine Feststellung,
wer der Vater des Diebstahlsgedankens war, in
der Verhandlung nicht habe treffen lassen. Es sei
nur sicher, daß die Hauptbeteiligten in einer
Weise zusammenarbeiteten, daß es sich um Mit-
täterschaft im gesetzlichen Sinne handelt. Bei
Breitfeld hat es sich nur um Beihilfe gehandelt.
Das Verhältnis zwischen Lippmann und Mayer
würdigte das Gericht in gleicher Weise, wie die
medizinischen Gutachter festgestellt hatten. Das
Gericht war der Anschauung, daß es sich bei dem
Diebstahl trotz des nachher festgestellten nicht
allzu hohen Wertes der Bildet doch um eine
schwere Tat gehandelt habe. Die Schwarz sei
deshalb freigesprochen worden, weil sie den von
der Polizei gesuchten Schmidt nur als Grünfeld
kannte. Die Angeklagten Lippmann, Schmidt
und Breilseld und Zahn nahmen das Urteil so-
fort an.

[Spaltenumbruch]
Raubmord
an einer 50jährigen Frau
40 Mark Beute

Die "Schlesische Zeitung"
meldet aus Münsterberg in Schlesien: In Tepli-
woda im hiesigen Kreise ist gestern abend in der
zehnten Stunde die 50 Jahre alte Kausmanns-
frau Beblein in ihrer Wohnung überfallen und
ermordet worden. Die Leiche wies einen Messer-
stich über dem rechten Auge auf, das linke Auge
war verletzt und ausgelaufen. Ferner wurden



[irrelevantes Material]


noch Messerstiche in der Herzgegend festgestellt,
die wohl den Tod verursacht haben. Zwischen
dem Mörder und seinem Opfer hat offenbar ein
schwerer Kampf stattgefunden. Der Mörder raubte
die Ladenkasse mit etwa 40 Mark Inhalt und
steckte dann die Wohnung in Brand. Durch das
Feuer wurden die Nachbarn und die im Gasthause
bei einem Tanzvergnügen weilende Tochter der
Ermordeten aufmerksam.

Als dringend der Tat verdächtig wurde ein
Schmiedegeselle verhaftet, der Blutspuren an sei-
ner Hand aufwies.



[irrelevantes Material]
Samstag. den 12., Sonntag, den 13. Januar „AZ am Abend“ Nr. 10
[Spaltenumbruch]
Ein schlechter Scherz
Die Heiratsluſtigen in der Philharmonie

Dame mit weißem Roſenſtrauch wird geſucht * Dirigentin fällt in Ohnmacht

[Spaltenumbruch]

Irgendeine Unbe-
kannte hatte ſich den Scherz erlaubt, 60
oder 70 Herren, deren Adreſſen ſie auf
Grund einer von ihr aufgegebenen Heirats-
annonce erfahren hatte, gleichzeitig in das
geſtrige Konzert der Wiener Dirigentin
Liſa Mayer zu beſtellen.

Schon zu Beginn des Konzertes fiel es
auf, daß ſich
faſt nur Herren im Saale befanden.
Es herrſchte beſonders in den vorderen
Reihen, in denen ſich die teueren Plätze be-
finden, von vorneherein eine gewiſſe Un-
ruhe, weil viele Herren die Briefſchreiberin
überall vergeblich ſuchten. Alle hatten ſich
auf die Heiratsannonce beworben, nach der,
wie es hieß, „eine 21jährige Waiſe die Be-
kanntſchaft eines beſſeren Herrn zwecks
ſpäterer Heirat“ ſuchte. Die „21jährige
Waiſe“ hatte auf zierlichen roſa und grünen
Bvieſbogen
an alle Bewerber die gleiche Anlwort
ergehen laſſen: „Ihre Zuſchrift gefällt mir,
und ich wäre nicht abgeneigt, Ihre Bekannt-
ſchaft zu machen. Ich bin Freitag abend,
[Spaltenumbruch] den 11. d. M., in der Philharmonie und
ſitze in den vorderſten Reihen und wäre in
den Pauſen Vorſtellungsmöglichkeit gege-
ben. Ich bin groß und trage einen Strauß
weißer Roſen.“

Auch nach dem erſten Teil des Konzerts
war die Dame mit den Roſen noch nicht da.
Schließlich bildete ſich in einer Saalecke
eine Gruppe von Leidensgenoſſen,
denen ſich immer mehr Entrüſtete zuge-
ſellten. Die Erregung wurde immer lauter,
drohend ſchwankte man die roten und grü-
nen Briefe. Schließlich als zum Schluſſe die
„Euryanthe“-Ouvertüre von Weber geſpielt
wurde, entfeſſelte ein lauter Zuruf nach dem
Dirigentonpult einen
allgemeinen Skandal.
Die Dirigentin verſuchte zunächſt weiter-
zuſpielen, verfiel aber, als der Lärm immer
größer wurde, in eine
Ohnmacht
und mußte herausgetragen werden. Nach
einer längeren Pauſe konnte ſie dann das
Konzert zu Ende führen.



Grippeepidemie in Berlin

1348 Erkrankte * 48 Todesfälle
Krankenhäuſer überfüllt * Baracken werden angefordert

[Spaltenumbruch]

Der Direktor des
Hauptgeſundheitsamtes, Prof. Dr. Hoff-
mann erklärte den Vertretern der Preſſe,
die Grippewelle habe auch in den letzten
Tagen noch nicht abgenommen. Während
noch am 3. Januar in den ſtädtiſchen An-
ſtalten Berlins 608 ſichere Grippefälle ver-
zeichnet wurden, beträgt die Krankenziffer
vom 10. Januar 1348.

Die Erkrankungen nehmen diesmal über-
haupt einen leichteren Verlauf. Seit dem
[Spaltenumbruch] 1. Januar ſind nur 48 Todesfälle bei
Grippe zu verzeichnen. In verhältnismäßig
großer Zahl ſind Kinder erkrankt. Von dem
in den Krankenanſtalten beſchäftigten Per-
ſonal ſind 10 Prozent grippekrank. Es iſt
daher ein empfindlicher Mangel an
Pflegeperſonal eingetreten.

Da die Krankenhäuſer überfüllt ſind, hat
das Hauptgeſundheitsamt beſchloſſen, vom
Roten Kreuz Baracken anzufordern und im
Notfalle Schulen als Notkrankenhäuſer ein-
zurichten.



Beim Beſuch der „Emden“ in Cartagena,
[Abbildung]

des deuiſchen Kreuzers, der zurzeit ſeine Weltreiſe ausführt, legte der Kommandant,
Fregattenkapitän von Arnauld de la Perriére, mit einer Abordnung einen Kranz am
Sarkophag des Erfinders des U-Booles, Iſaac Peral, nieder. Der Kapitän iſt der Stadt
Cartagena ein guter Bekannter, da er während des Krieges als Kommandant eines
U-Booles die feindliche Sperre vor Cartagena durchbrach und in den Hafen einlief.



[Spaltenumbruch]
Armeetransport-
Flugzeug abgeſtürzt

Fünf Tote drei Verletzte

Nach einer Meldung
aus Middlekown (Pennſylvanien) iſt dort ein
großes Armeetransportflugzeug mit
zehn Inſaſſen abgeſtürzt. Fünf Inſaſſen wurden
dabei getötet, drei haben Verletzungen erlitten.

Middletown (Pennſylvanien), 12. Jan. Das mit
zehn Inſaſſen abgeſtürzte Flugzeug war ein drei-
motoriges Fokkerflugzeug von demſelben Typ wie
die durch ihren Rekord berühmt gewordene
„Queſtion Mark“. Es war am Vormittag nach
einem Uebungsflug, den es vom Waſhingtoner
Flugplatz Bolling Field aus mit einem Piloten
und ſieben Soldaten unternommen hatte, auf dem
hieſigen Armeeflugfeld zur Aufnahme von Vor-
räten gelandet und dann zum Rückflug nach
Bolling Field aufgeſtiegen. Der Abſturz erfolgte
drei Kilometer von hier auf freiem Felde. Die
Urſache iſt unbekannt. Augenzeugen berichten,
ſie hätten das Flugzeug eine Zeitlang ſchwanken
und dann plötzlich abſtürzen ſehen. Die Opfer
mußten aus den Trümmern herausgeſägt werden.

[Spaltenumbruch]
Auch Sportsſtudenten verharren im Streik

Nachdem der Senat der Deutſchen Hochſchule
für Leibesübungen den Sportsftudenten mitgeteilt
hat, daß der Lehrbetrieb am 15. Januar wieder
aufgenommen werden ſoll, beſchloß der Stu-
dentenausſchuß, dem „Berliner Lokalanzeiger“ zu-
folge, auch weiterhin der Hochſchule fernzubleiben.
Die Sportsſtudenten ſind der Anſicht, daß ihnen
bei dem jetzigen Syſtem der Hochſchule keine Ge-
währ gegeben iſt, durch das Studium zu wirt-
ſchaftlicher Unabhängigkeit zu kommen. Der Aus-
ſchuß empfahl den Studenten, einen anderen Be-
ruf zu ergreiſen.

*

Owen Young Führer der amerikaniſchen Sach-
verſtändigendelegation?

Owen Young halte eine längere Unterredung
mit Coolidge und Mellon. Es wurde im Staats-
departement der Anſicht Ausdruck gegeben, daß
Young trotz der Krankheit ſeiner Galtin ſich wahr-
ſcheinlich bereit finden werde, die Führung der
amerikaniſchen Delegation auf der Sachverſtän-
digenkonferenz für die Repurationsfrage zu über-
nehmen.

[Spaltenumbruch]
Kritiſche Stunden in Afghaniſtan
[Abbildung]

Zwanzig Kilomeler von der afghaniſchen Hauptſtadt Kabul entfernt iſt eine neue Schlacht
zwiſchen Regierungstruppen und Aufſtändiſchen im Gange. — Unſer Bild zeigt König
Aman Ullah bei der Befehlsausgabe an ſeine Offiziere.



Der Cadolzburger Bilderdiebstahl
Nach viertägiger Verhandlung
das Urteil gefällt
[Spaltenumbruch]

Nach viertägiger Verhandlung
hat das erweiterte Schöffengericht im Prozeß
gegen die Cadolzburger Bilderdiebe folgendes
Urteil gefällt:

Lippmann 10 Monate Gefängnis, Mayer
1 Jahr 4 Monate Gefängnis, Schmidt 1 Jahr
2 Monate Gefängnis, Graske 3 Jahre Zucht-
haus, 6 Jahre Ehrverluſt, Zahn 10 Monate
Gefängnis, Breitfeld 7 Monate Gefängnis.
Die Angeklagte Schwarz wurde unter Ueber-
bürdung der Koſten auf die Staatskaſſe frei-
geſprochen.

Die Verurteilung erfolgte gegen die erſten fünf
Angeklagten wegen gemeinſchaftlicher Verübung
eines Verbrechens des ſchweren Diebſtahls. Bei
Graske handelt es ſich um einen Rückfall. Die
Haftbefehle gegen Lippmann und Zahn wurden
aufgehoben. Bei Lippmann und Zahn ſind die
Strafen durch die Unterſuchungshaft verbüßt.
Im übrigen wurde an Unterſuchungshaft ange-
rechnet: bei Mayer 10 Monate 1 Woche, bei
Schmidt 8 Monate 2 Wochen, bei Graske 5 Mo-
nate 3 Wochen, bei Breitfeld 3 Monate 4 Wochen.

In den
Urteilsgründen
erklärt das Gericht, daß ſich eine Feſtſtellung,
wer der Vater des Diebſtahlsgedankens war, in
der Verhandlung nicht habe treffen laſſen. Es ſei
nur ſicher, daß die Hauptbeteiligten in einer
Weiſe zuſammenarbeiteten, daß es ſich um Mit-
täterſchaft im geſetzlichen Sinne handelt. Bei
Breitfeld hat es ſich nur um Beihilfe gehandelt.
Das Verhältnis zwiſchen Lippmann und Mayer
würdigte das Gericht in gleicher Weiſe, wie die
mediziniſchen Gutachter feſtgeſtellt hatten. Das
Gericht war der Anſchauung, daß es ſich bei dem
Diebſtahl trotz des nachher feſtgeſtellten nicht
allzu hohen Wertes der Bildet doch um eine
ſchwere Tat gehandelt habe. Die Schwarz ſei
deshalb freigeſprochen worden, weil ſie den von
der Polizei geſuchten Schmidt nur als Grünfeld
kannte. Die Angeklagten Lippmann, Schmidt
und Breilſeld und Zahn nahmen das Urteil ſo-
fort an.

[Spaltenumbruch]
Raubmord
an einer 50jährigen Frau
40 Mark Beute

Die „Schleſiſche Zeitung“
meldet aus Münſterberg in Schleſien: In Tepli-
woda im hieſigen Kreiſe iſt geſtern abend in der
zehnten Stunde die 50 Jahre alte Kauſmanns-
frau Beblein in ihrer Wohnung überfallen und
ermordet worden. Die Leiche wies einen Meſſer-
ſtich über dem rechten Auge auf, das linke Auge
war verletzt und ausgelaufen. Ferner wurden



[irrelevantes Material]


noch Meſſerſtiche in der Herzgegend feſtgeſtellt,
die wohl den Tod verurſacht haben. Zwiſchen
dem Mörder und ſeinem Opfer hat offenbar ein
ſchwerer Kampf ſtattgefunden. Der Mörder raubte
die Ladenkaſſe mit etwa 40 Mark Inhalt und
ſteckte dann die Wohnung in Brand. Durch das
Feuer wurden die Nachbarn und die im Gaſthauſe
bei einem Tanzvergnügen weilende Tochter der
Ermordeten aufmerkſam.

Als dringend der Tat verdächtig wurde ein
Schmiedegeſelle verhaftet, der Blutſpuren an ſei-
ner Hand aufwies.



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[Seite 3[3]/0003] Samstag. den 12., Sonntag, den 13. Januar „AZ am Abend“ Nr. 10 Ein schlechter Scherz Die Heiratsluſtigen in der Philharmonie Dame mit weißem Roſenſtrauch wird geſucht * Dirigentin fällt in Ohnmacht Berlin, 12. Januar.Irgendeine Unbe- kannte hatte ſich den Scherz erlaubt, 60 oder 70 Herren, deren Adreſſen ſie auf Grund einer von ihr aufgegebenen Heirats- annonce erfahren hatte, gleichzeitig in das geſtrige Konzert der Wiener Dirigentin Liſa Mayer zu beſtellen. Schon zu Beginn des Konzertes fiel es auf, daß ſich faſt nur Herren im Saale befanden. Es herrſchte beſonders in den vorderen Reihen, in denen ſich die teueren Plätze be- finden, von vorneherein eine gewiſſe Un- ruhe, weil viele Herren die Briefſchreiberin überall vergeblich ſuchten. Alle hatten ſich auf die Heiratsannonce beworben, nach der, wie es hieß, „eine 21jährige Waiſe die Be- kanntſchaft eines beſſeren Herrn zwecks ſpäterer Heirat“ ſuchte. Die „21jährige Waiſe“ hatte auf zierlichen roſa und grünen Bvieſbogen an alle Bewerber die gleiche Anlwort ergehen laſſen: „Ihre Zuſchrift gefällt mir, und ich wäre nicht abgeneigt, Ihre Bekannt- ſchaft zu machen. Ich bin Freitag abend, den 11. d. M., in der Philharmonie und ſitze in den vorderſten Reihen und wäre in den Pauſen Vorſtellungsmöglichkeit gege- ben. Ich bin groß und trage einen Strauß weißer Roſen.“ Auch nach dem erſten Teil des Konzerts war die Dame mit den Roſen noch nicht da. Schließlich bildete ſich in einer Saalecke eine Gruppe von Leidensgenoſſen, denen ſich immer mehr Entrüſtete zuge- ſellten. Die Erregung wurde immer lauter, drohend ſchwankte man die roten und grü- nen Briefe. Schließlich als zum Schluſſe die „Euryanthe“-Ouvertüre von Weber geſpielt wurde, entfeſſelte ein lauter Zuruf nach dem Dirigentonpult einen allgemeinen Skandal. Die Dirigentin verſuchte zunächſt weiter- zuſpielen, verfiel aber, als der Lärm immer größer wurde, in eine Ohnmacht und mußte herausgetragen werden. Nach einer längeren Pauſe konnte ſie dann das Konzert zu Ende führen. Grippeepidemie in Berlin 1348 Erkrankte * 48 Todesfälle Krankenhäuſer überfüllt * Baracken werden angefordert Berlin, 12. Januar.Der Direktor des Hauptgeſundheitsamtes, Prof. Dr. Hoff- mann erklärte den Vertretern der Preſſe, die Grippewelle habe auch in den letzten Tagen noch nicht abgenommen. Während noch am 3. Januar in den ſtädtiſchen An- ſtalten Berlins 608 ſichere Grippefälle ver- zeichnet wurden, beträgt die Krankenziffer vom 10. Januar 1348. Die Erkrankungen nehmen diesmal über- haupt einen leichteren Verlauf. Seit dem 1. Januar ſind nur 48 Todesfälle bei Grippe zu verzeichnen. In verhältnismäßig großer Zahl ſind Kinder erkrankt. Von dem in den Krankenanſtalten beſchäftigten Per- ſonal ſind 10 Prozent grippekrank. Es iſt daher ein empfindlicher Mangel an Pflegeperſonal eingetreten. Da die Krankenhäuſer überfüllt ſind, hat das Hauptgeſundheitsamt beſchloſſen, vom Roten Kreuz Baracken anzufordern und im Notfalle Schulen als Notkrankenhäuſer ein- zurichten. Beim Beſuch der „Emden“ in Cartagena, [Abbildung des deuiſchen Kreuzers, der zurzeit ſeine Weltreiſe ausführt, legte der Kommandant, Fregattenkapitän von Arnauld de la Perriére, mit einer Abordnung einen Kranz am Sarkophag des Erfinders des U-Booles, Iſaac Peral, nieder. Der Kapitän iſt der Stadt Cartagena ein guter Bekannter, da er während des Krieges als Kommandant eines U-Booles die feindliche Sperre vor Cartagena durchbrach und in den Hafen einlief.] Armeetransport- Flugzeug abgeſtürzt Fünf Tote drei Verletzte Newyork, 12. Jan.Nach einer Meldung aus Middlekown (Pennſylvanien) iſt dort ein großes Armeetransportflugzeug mit zehn Inſaſſen abgeſtürzt. Fünf Inſaſſen wurden dabei getötet, drei haben Verletzungen erlitten. Middletown (Pennſylvanien), 12. Jan. Das mit zehn Inſaſſen abgeſtürzte Flugzeug war ein drei- motoriges Fokkerflugzeug von demſelben Typ wie die durch ihren Rekord berühmt gewordene „Queſtion Mark“. Es war am Vormittag nach einem Uebungsflug, den es vom Waſhingtoner Flugplatz Bolling Field aus mit einem Piloten und ſieben Soldaten unternommen hatte, auf dem hieſigen Armeeflugfeld zur Aufnahme von Vor- räten gelandet und dann zum Rückflug nach Bolling Field aufgeſtiegen. Der Abſturz erfolgte drei Kilometer von hier auf freiem Felde. Die Urſache iſt unbekannt. Augenzeugen berichten, ſie hätten das Flugzeug eine Zeitlang ſchwanken und dann plötzlich abſtürzen ſehen. Die Opfer mußten aus den Trümmern herausgeſägt werden. Auch Sportsſtudenten verharren im Streik Nachdem der Senat der Deutſchen Hochſchule für Leibesübungen den Sportsftudenten mitgeteilt hat, daß der Lehrbetrieb am 15. Januar wieder aufgenommen werden ſoll, beſchloß der Stu- dentenausſchuß, dem „Berliner Lokalanzeiger“ zu- folge, auch weiterhin der Hochſchule fernzubleiben. Die Sportsſtudenten ſind der Anſicht, daß ihnen bei dem jetzigen Syſtem der Hochſchule keine Ge- währ gegeben iſt, durch das Studium zu wirt- ſchaftlicher Unabhängigkeit zu kommen. Der Aus- ſchuß empfahl den Studenten, einen anderen Be- ruf zu ergreiſen. * Owen Young Führer der amerikaniſchen Sach- verſtändigendelegation? Owen Young halte eine längere Unterredung mit Coolidge und Mellon. Es wurde im Staats- departement der Anſicht Ausdruck gegeben, daß Young trotz der Krankheit ſeiner Galtin ſich wahr- ſcheinlich bereit finden werde, die Führung der amerikaniſchen Delegation auf der Sachverſtän- digenkonferenz für die Repurationsfrage zu über- nehmen. Kritiſche Stunden in Afghaniſtan [Abbildung Zwanzig Kilomeler von der afghaniſchen Hauptſtadt Kabul entfernt iſt eine neue Schlacht zwiſchen Regierungstruppen und Aufſtändiſchen im Gange. — Unſer Bild zeigt König Aman Ullah bei der Befehlsausgabe an ſeine Offiziere.] Der Cadolzburger Bilderdiebstahl Nach viertägiger Verhandlung das Urteil gefällt Fürth, 12. Jan.Nach viertägiger Verhandlung hat das erweiterte Schöffengericht im Prozeß gegen die Cadolzburger Bilderdiebe folgendes Urteil gefällt: Lippmann 10 Monate Gefängnis, Mayer 1 Jahr 4 Monate Gefängnis, Schmidt 1 Jahr 2 Monate Gefängnis, Graske 3 Jahre Zucht- haus, 6 Jahre Ehrverluſt, Zahn 10 Monate Gefängnis, Breitfeld 7 Monate Gefängnis. Die Angeklagte Schwarz wurde unter Ueber- bürdung der Koſten auf die Staatskaſſe frei- geſprochen. Die Verurteilung erfolgte gegen die erſten fünf Angeklagten wegen gemeinſchaftlicher Verübung eines Verbrechens des ſchweren Diebſtahls. Bei Graske handelt es ſich um einen Rückfall. Die Haftbefehle gegen Lippmann und Zahn wurden aufgehoben. Bei Lippmann und Zahn ſind die Strafen durch die Unterſuchungshaft verbüßt. Im übrigen wurde an Unterſuchungshaft ange- rechnet: bei Mayer 10 Monate 1 Woche, bei Schmidt 8 Monate 2 Wochen, bei Graske 5 Mo- nate 3 Wochen, bei Breitfeld 3 Monate 4 Wochen. In den Urteilsgründen erklärt das Gericht, daß ſich eine Feſtſtellung, wer der Vater des Diebſtahlsgedankens war, in der Verhandlung nicht habe treffen laſſen. Es ſei nur ſicher, daß die Hauptbeteiligten in einer Weiſe zuſammenarbeiteten, daß es ſich um Mit- täterſchaft im geſetzlichen Sinne handelt. Bei Breitfeld hat es ſich nur um Beihilfe gehandelt. Das Verhältnis zwiſchen Lippmann und Mayer würdigte das Gericht in gleicher Weiſe, wie die mediziniſchen Gutachter feſtgeſtellt hatten. Das Gericht war der Anſchauung, daß es ſich bei dem Diebſtahl trotz des nachher feſtgeſtellten nicht allzu hohen Wertes der Bildet doch um eine ſchwere Tat gehandelt habe. Die Schwarz ſei deshalb freigeſprochen worden, weil ſie den von der Polizei geſuchten Schmidt nur als Grünfeld kannte. Die Angeklagten Lippmann, Schmidt und Breilſeld und Zahn nahmen das Urteil ſo- fort an. Raubmord an einer 50jährigen Frau 40 Mark Beute Breslau, 12. Jan.Die „Schleſiſche Zeitung“ meldet aus Münſterberg in Schleſien: In Tepli- woda im hieſigen Kreiſe iſt geſtern abend in der zehnten Stunde die 50 Jahre alte Kauſmanns- frau Beblein in ihrer Wohnung überfallen und ermordet worden. Die Leiche wies einen Meſſer- ſtich über dem rechten Auge auf, das linke Auge war verletzt und ausgelaufen. Ferner wurden _ noch Meſſerſtiche in der Herzgegend feſtgeſtellt, die wohl den Tod verurſacht haben. Zwiſchen dem Mörder und ſeinem Opfer hat offenbar ein ſchwerer Kampf ſtattgefunden. Der Mörder raubte die Ladenkaſſe mit etwa 40 Mark Inhalt und ſteckte dann die Wohnung in Brand. Durch das Feuer wurden die Nachbarn und die im Gaſthauſe bei einem Tanzvergnügen weilende Tochter der Ermordeten aufmerkſam. Als dringend der Tat verdächtig wurde ein Schmiedegeſelle verhaftet, der Blutſpuren an ſei- ner Hand aufwies. _

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 10, 12. Januar 1929, S. Seite 3[3]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine10_1929/3>, abgerufen am 24.11.2024.