Allgemeine Zeitung, Nr. 10, 12. Januar 1929.Samstag. den 12., Sonntag, den 13. Januar "AZ am Abend" Nr. 10 [Spaltenumbruch]
Jack London Zu seinem Geburtstage am 12. Januar * John, ich bitt' euch, entscheidet selbst, wie kann Damals schacherte er mit Briefmarken und Fla- Um das sechzehnte Jahr war er Besitzer einer Niemand ist vor sich selbst sicher. Eines Tages Wohin er sich auch wandte, König Alkohol folgte Viel Staat war mit dem fungen London nicht Was tut ein Mann, der für immer genug be- Es war ihm bitter ernst mit seinem Entschluß. [irrelevantes Material] [Spaltenumbruch]
seinem tinkensleckigen Tisch. Die Sicherheit, mit Man mußte leben, das bedeutete, daß man die Der nur träumende, gedankenlose Abenteurer Der dänische Hauptmann Lembourn.
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der im vergangenen Juni bei Betreten deutschen Gold als dies hat er nicht mitgebracht. Aermer Mit einem Male, über Nacht ist der Erfolg da. Unaufhaltsam steigt Jack empor. Er studiert In Glen Ellen, einem der schönsten Flecke des Der Schein trügt. Jack ist nicht glücklich. War- Eines Morgens sanden sie ihn sterbend in sel- Dreifaches Gaunerspiel EIN BANKNOTENROMAN (14. Fortsetzung) "Hm. -- Haben Sie in der Lage des "Nein, ich habe doch gleich gesehen, daß "Den Revolver haben Sie wohl schon "Nein, der gnädige Herr hielt seine Waf- "Haben Sie den Revolver berührt, oder Mit einem Entsetzen, das ehrlich schien, "Ich habe ihn zur Hand genommen", er- Morris war hinzugetreten und hatte die "Merkwürdig", sagte er, ihn lange und Lund meinte dazu: "Wenn die Patronen "Herr Doktor", nahm Morris wieder das "Gewiß", nickte der Arzt verständnisvoll. "Ich danke Ihnen, Herr Doktor." "Bin ich noch weiter von nöten, Herr "Ich glaube, nein. -- Bitte, suchen Sie Während die beiden Männer voneinan- "Ein merkwürdiges Stück!" erläuterte er. "Das war eine Erfindung des gnädigen "Und Sie glauben", fragte Lund. "daß "Er hat ja kein Wert mehr mit mir ge- "Gut. -- Jonas, führen Sie diesen Mann Als die beiden gegangen waren, schickte "Ich muß Ihnen ein peinliches Geständ- "War der Page unzweifelhaft eine "Eine Dame? Wie meinen Sie? Sie "Ja, lieber Lund, dann hat -- verzeihen "Der Teufel soll in solchen Augenblicken "Stimmt: der Teufel. Ein guter Krimi- "Sie verstehen doch an alles zu denken, "Es ist bei mir mehr eine instinktive "Lassen Sie mir das Verzeichnis bald zu- "Ich habe Rupert gebeten, es hierher zu (Fortsekung folgt). Im Zeichen der Völkerversöhnung
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Der saarländische Großindustrielle Dr. h. c. Her- Samstag. den 12., Sonntag, den 13. Januar „AZ am Abend“ Nr. 10 [Spaltenumbruch]
Jack London Zu ſeinem Geburtstage am 12. Januar * John, ich bitt’ euch, entſcheidet ſelbſt, wie kann Damals ſchacherte er mit Briefmarken und Fla- Um das ſechzehnte Jahr war er Beſitzer einer Niemand iſt vor ſich ſelbſt ſicher. Eines Tages Wohin er ſich auch wandte, König Alkohol folgte Viel Staat war mit dem fungen London nicht Was tut ein Mann, der für immer genug be- Es war ihm bitter ernſt mit ſeinem Entſchluß. [irrelevantes Material] [Spaltenumbruch]
ſeinem tinkenſleckigen Tiſch. Die Sicherheit, mit Man mußte leben, das bedeutete, daß man die Der nur träumende, gedankenloſe Abenteurer Der däniſche Hauptmann Lembourn.
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der im vergangenen Juni bei Betreten deutſchen Gold als dies hat er nicht mitgebracht. Aermer Mit einem Male, über Nacht iſt der Erfolg da. Unaufhaltſam ſteigt Jack empor. Er ſtudiert In Glen Ellen, einem der ſchönſten Flecke des Der Schein trügt. Jack iſt nicht glücklich. War- Eines Morgens ſanden ſie ihn ſterbend in ſel- Dreifaches Gaunerspiel EIN BANKNOTENROMAN (14. Fortſetzung) „Hm. — Haben Sie in der Lage des „Nein, ich habe doch gleich geſehen, daß „Den Revolver haben Sie wohl ſchon „Nein, der gnädige Herr hielt ſeine Waf- „Haben Sie den Revolver berührt, oder Mit einem Entſetzen, das ehrlich ſchien, „Ich habe ihn zur Hand genommen“, er- Morris war hinzugetreten und hatte die „Merkwürdig“, ſagte er, ihn lange und Lund meinte dazu: „Wenn die Patronen „Herr Doktor“, nahm Morris wieder das „Gewiß“, nickte der Arzt verſtändnisvoll. „Ich danke Ihnen, Herr Doktor.“ „Bin ich noch weiter von nöten, Herr „Ich glaube, nein. — Bitte, ſuchen Sie Während die beiden Männer voneinan- „Ein merkwürdiges Stück!“ erläuterte er. „Das war eine Erfindung des gnädigen „Und Sie glauben“, fragte Lund. „daß „Er hat ja kein Wert mehr mit mir ge- „Gut. — Jonas, führen Sie dieſen Mann Als die beiden gegangen waren, ſchickte „Ich muß Ihnen ein peinliches Geſtänd- „War der Page unzweifelhaft eine „Eine Dame? Wie meinen Sie? Sie „Ja, lieber Lund, dann hat — verzeihen „Der Teufel ſoll in ſolchen Augenblicken „Stimmt: der Teufel. Ein guter Krimi- „Sie verſtehen doch an alles zu denken, „Es iſt bei mir mehr eine inſtinktive „Laſſen Sie mir das Verzeichnis bald zu- „Ich habe Rupert gebeten, es hierher zu (Fortſekung folgt). Im Zeichen der Völkerverſöhnung
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Der ſaarländiſche Großinduſtrielle Dr. h. c. Her- <TEI> <text> <body> <div type="jCulturalNews" n="1"> <div type="jArticle" n="3"> <pb facs="#f0013" n="Seite 13[13]"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Samstag. den 12., Sonntag, den 13. Januar „AZ am Abend“ Nr. 10</hi> </fw><lb/> <cb/> </div> </div> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div xml:id="a04a" next="#a04b" type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Jack London</hi> </hi> </head><lb/> <argument> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Zu ſeinem Geburtstage am 12. Januar *</hi> </hi> </p> </argument> <byline> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Von Lothar Manhold</hi> </hi> </byline><lb/> <cb/> <p>John, ich bitt’ euch, entſcheidet ſelbſt, wie kann<lb/> ein Menſch, der es zu etwas bringen will in die-<lb/> ſer Welt, nur John heißen. Jack freilich, das iſt<lb/> etwas anderes. Knapp und hell klingt es einem in<lb/> die Ohren, dieſes Jack. Alſo nannte ſich der Zehn-<lb/> jährige — er kann auch fünger geweſen ſein —<lb/> kurz entſchloſſen Jack. Zwar führten ihn die Re-<lb/> giſter Oaklands, der Vaterſtadt, unter dem ver-<lb/> haßten Vornamen. Doch Regiſter hin, Regiſter<lb/> her. Von nun an hieß er Juck London. Hat je-<lb/> mand etwas dagegen, he?</p><lb/> <p>Damals ſchacherte er mit Briefmarken und Fla-<lb/> ſchen. Und ſeine Beredtſamkeit in Geſchäften, die<lb/> einem griechiſchen Händler Tränen in die Augen<lb/> treiben konnte, war gefürchtet und berühmt, mehr<lb/> gefürchtet als berühmt, das muß man ſchon ſagen.<lb/> Denn ach, wer konnte dieſem Mundwerk wider-<lb/> ſtehen?</p><lb/> <p>Um das ſechzehnte Jahr war er Beſitzer einer<lb/> ſeetüchtigen Jolle. „Razzlo Dazzlo“ ſtand am Bug.<lb/> Der Bengel ſegelte ſein Boot in der Flotte der<lb/> Schwarzfiſcher, die die Auſternbänke plünderten.<lb/> Ah, es war eine Luſt, ſo zu leben. Man hatte<lb/> Abenteuer und Geld, mehr als genug. Die Gold-<lb/> münzen klingelten nur ſo in den Taſchen der<lb/> Spendierhoſe. Mit eisgrauen Seemännern ſoff er<lb/> in der „Letzten Chance“, ſchloß mit ihnen Bruder-<lb/> ſchaft. Sie erzählten ihre prachtvollen Geſchichten<lb/> von Freundſchaft, Kühnheit und Liebe. Und man<lb/> grölte im Chor all die wundervollen Seeräuber-<lb/> lieder, die Joe Gooſe auf dem Schifferklavier wie<lb/> ein gefallener Engel vortrug. Manchmal gab es<lb/> blutige Prügeleien. Die Meſſer blitzten und die<lb/> Piſtole knallte. Und wenn einer ſtill und bleich im<lb/> Sand lag, griff man nach der Korbflaſche, be-<lb/> weinte ſeinen Tod und ſchwor — zum tauſend-<lb/> ſten Male — ewige Bruderſchaft. Zu dieſer Zeit<lb/> nannten ſie ihn im Hafen von Oakland: Fürſt<lb/> der Auſternbänke. Einzig mit jenem tollen Nel-<lb/> ſon, dem breitſchultrigſten Mann, den der Toten-<lb/> beſchauer von Benicia je auf ſeinem Brett hat<lb/> liegen ſehen, einzig mit Nelſon war er zu ver-<lb/> gleichen. Sie ſegelten ſpäter zuſammen, und der<lb/> verhexte Holländer konnte nicht tollkühner fahren<lb/> als die beiden. Freilich waren ſie bei ihren Aben-<lb/> teuern immer — angeſäuſelt.</p><lb/> <p>Niemand iſt vor ſich ſelbſt ſicher. Eines Tages<lb/> überfiel ihn die Erkenntnis ſeines Hundelebens.<lb/> Ein Selbſtmordverſuch, in der Melancholie des<lb/> Rauſches verübt, mißlang durch einen Zufall.<lb/> Die Augen gingen ihm auf Es war Zeit, höchſte<lb/> Zeit, die Zelte abzubrechen. Die Träume von<lb/> einem herrlich ſchäumenden Leben drohten für<lb/> immer zu verſinken. Alſo floh der Siebzehnjährige<lb/> hinaus auf die See. Mit einem Dreimaſtſchoner,<lb/> als Matroſe, fuhr er nach Japan — und König<lb/> Alkohol fuhr mit, als blinder Paſſagier. Einund-<lb/> fünfzig Tage dauerte die Reiſe nach den Bonin-<lb/> Inſeln, und dieſe einundfünfzig Tage auf dem<lb/> Segelſchiff waren beſſer als ein Jahr Radikalkur<lb/> in einer Trinkerheilanſtalt. Aber als die Leute<lb/> der „Sophie Southerland“ mit den kanadiſchen<lb/> und amerikaniſchen Robbenfängern jene be-<lb/> rauſchende Saturnalien feierten, konnte da ein<lb/> Mann wie Jack London zurückſtehen? Einen<lb/> Rauſch, und zwar einen königlichen, war er allein<lb/> ſeiner Selbſtachtung ſchuldig. Haha, ganze Stra-<lb/> ßenzüge lächerlicher, japaniſcher Papierhäuschen<lb/> wurden bei den Saturnalien dieſer modernen<lb/> Argonauten zertrampelt, zerdroſchen und zerfetzt.<lb/> Es war wunderbar, glaubt mir. Es war unver-<lb/> geßlich ſchön.</p><lb/> <p>Wohin er ſich auch wandte, König Alkohol folgte<lb/> ihm nach. Jack kannte ſeinen Peiniger und haßte<lb/> ihn. Aber König Alkohol war klug. Sehr klug<lb/> ſogar und luſtig obendrein. Oh, König Alkohol<lb/> wußte ſein Opfer zu halten. Nichts eilte. Der<lb/> Tag der Abrechnung würde ſchon kommen. Jetzt<lb/> ſchenkte er, König Alkohol, alles. Geduld — die<lb/> Zeche wird bezahlt.</p><lb/> <p>Viel Staat war mit dem fungen London nicht<lb/> zu machen. Gewiß, ſeine Schultern waren breit,<lb/> ſeine Muskeln eiften. Sein Geſicht war ſchön,<lb/> hart gaſermt vom Griff des abenteuerlichen Le-<lb/> bens. Seine Augen, ſchimmernd und ewig wech-<lb/> ſelnd wie das Meer, verrieten die Seele eines<lb/> Künſtlers. Doch was nutzt das. Seht, er ſetzt ſich<lb/> in den Kopf, Elektrotechniker zu werden. Natür-<lb/> lich mußte er dazu arbeiten. Natürlich warf er<lb/> alles eines ſchönen Tages beiſeite. Mochte ſchuf-<lb/> ten wer Luſt hatte, er nicht. Freilich hatte er für<lb/> zwei Kohlenſchaufler rackern müſſen. Seine Ar-<lb/> beitsorgie trug ihm nicht mehr ein als dreißig<lb/> Dollar, und hinterher mußte er ein Jahr lang die<lb/> Handgelenke im Verband tragen. Aber —</p><lb/> <p>Was tut ein Mann, der für immer genug be-<lb/> kommen hat von der Arbeit? Er ſchließt ſich, weil<lb/> die Gelegenheit gerade günſtig iſt, General Kellys<lb/> Lumpenarmee an. Oſtwärts wanderte Jack Lon-<lb/> don auf dem Schienenſtrang. Vagabund unter<lb/> Vagabunden. Doch ſeltſam, auf ſeinen mühevollen<lb/> Wanderungen durch die Bereinigten Staaten<lb/> kommt dem jungen Tramp ein leuchtender Ge-<lb/> danke. Ein Gedenke, mühſam gefunden nach<lb/> langen Froſtnächten, nach ungezählten Hunger-<lb/> togen. Nach Hauſe zurück. Bücher vor. Lernen.<lb/> Das Hirn trainieren. Nur Kopfarbeit iſt lohnend,<lb/> das ſagt ſich der abgeriſſene Soldat aus Kellys<lb/> Lumpenarmee, und ſeine Stieſel klopfen den Takt<lb/> dazu auf den Schwellen des Bahndamms.</p><lb/> <p>Es war ihm bitter ernſt mit ſeinem Entſchluß.<lb/> In vier Monaten leiſtete er die Arbeit zweier<lb/> Jahre. Er begann zu ſchreiben. Es gab Zeiten,<lb/> in denen er tagein, tagaus fünfzehn Stunden täg-<lb/> lich dichtete. Die Manuſkripte häuſten ſich unter</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jAn" n="2"> <gap reason="insignificant"/> </div> <cb/> <div prev="#a04a" xml:id="a04b" next="#a04c" type="jArticle" n="2"> <p>ſeinem tinkenſleckigen Tiſch. Die Sicherheit, mit<lb/> der ſie den Weg von den Redaktionen zu ihm<lb/> zurückfanden, grenzte aus Phantaſtiſche. Jack be-<lb/> gann an der Exiſtenz von Redakteuren zu zwei-<lb/> feln. Vielleicht waren nur Maſchinen da, die<lb/> — allein die Arbeit in der Dampfwäſcherei von<lb/> Belmont vertrieb ihm alles Grübeln. Rützliches ſo-<lb/> wie unnützes über die Exiſtenz von Redalteuren.</p><lb/> <p>Man mußte leben, das bedeutete, daß man die<lb/> geliebte Schreibmaſchine, das Zimmerchen und die<lb/> Bücher verließ, um zu arbeiten wie ein Gaul,<lb/> dumpf und gedankenlos. Als er im Frühherbſt<lb/> 1897, einundzwanzigjährig, nach Klondike auszog,<lb/> war er überzeugt, daß dieſer gefährliche Ausflug<lb/> nur eine kleine Verzögerung ſeiner Entwicklung<lb/> als Schriftſteller war.</p><lb/> <p>Der nur träumende, gedankenloſe Abenteurer<lb/> iſt überwunden. Der Vagabund hat Ordnung und<lb/> Selbſtdiſziplin gelernt, das iſt die Weisheit, die er<lb/> von der Reiſe nach Klondike mitbringt. Anderes</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Der däniſche Hauptmann Lembourn.</hi> </hi> </head><lb/> <figure> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">der im vergangenen Juni bei Betreten deutſchen<lb/> Gebietes wegen Spionageverdachts verhaftet<lb/> wurde, wurde vom Reichsgerichtshof zu fünf Jah-<lb/> ren Zuchthaus verurteilt.</hi> </hi> </p> </figure> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div xml:id="a04c" prev="#a04b" type="jArticle" n="2"> <p>Gold als dies hat er nicht mitgebracht. Aermer<lb/> denn je ſetzt er ſich von neuem an ſeine Schreib-<lb/> maſchine. Lieber würde er irgendwo irgendwas<lb/> arbeiten, Modell ſtehen, ſonſt was tun. Allein es<lb/> findet ſich nichts. Drei Jahre ſind ungeſähr ver-<lb/> gangen ſeit ſeinem Start in die Provinzen der<lb/> Geiſtigkeit und der Kunſt. Drei Jahre und kein<lb/> Erfolg, das iſt zuviel für ihn, den Ungeduldigen<lb/> und Hungernden. Er hat gerade ſo viel, um nicht<lb/> vor Unterernährung krepieren zu müſſen. Neun-<lb/> zehn Stunden arbeitet er am Tag, nur fünf<lb/> Stunden gönnt er ſich Schlaf. Er ſegnet den Er-<lb/> finder der Weckuhr. Trotzdem ſagt er: „Hölle, es<lb/> iſt zum Verzweifeln.“</p><lb/> <p>Mit einem Male, über Nacht iſt der Erfolg da.<lb/> In den Magazinen erſcheinen ſeine Geſchichten.<lb/> Wunderbare Geſchichten, in denen der trocken-<lb/> heiße Atem des Lebens weht, in denen die Muſik<lb/> des Lebens erklingt und die Schauder des Todes<lb/> einen gräßlichen Reigen tanzen. Ein Verleger<lb/> findet ſich für das erſte Buch. Es heißt: Der<lb/> Sohn des Wolſs.</p><lb/> <p>Unaufhaltſam ſteigt Jack empor. Er ſtudiert<lb/> weiter. Reiſt. Hält Vorträge in Klubs und Uni-<lb/> verſitäten. Und täglich ſchmiedet ſein gutes Hirn<lb/> hundert Zeilen. Hundert Zeilen, auf die Verleger<lb/> und Publikum mit angehaltenem Atem warten.<lb/> Der erſte ſchöpferiſche Rauſch iſt verflogen. Aber<lb/> er ſieht immer klarer. Sein Künſtlertum nimmt<lb/> mit jedem Tag zu. Als Korreſpendent für Hearſt,<lb/> ſieht er wider Willen nichts vom ruſſiſch japani-<lb/> ſchen Krieg. Dafür erlebt er um ſo mehr in den<lb/> Londoner Slums, in denen er ſich wochenlang als<lb/> Stromer herumtreibt. Sein Buch über die Kinder<lb/> des Abgrunds hat keinen Erfolg.</p><lb/> <p>In Glen Ellen, einem der ſchönſten Flecke des<lb/> ſchönen Kalifornien, baut er ſeine Muſterfarm.<lb/> Mit Charmian, ſeiner zweiten Frau, reiſt er,<lb/> eigener Kapitän, auf eigener Jacht im Südſee-<lb/> archipel. Täglich hämmert er ſeine hundert Zeilen<lb/> aus, und wenn er von dem Schreibblock aufſieht<lb/> und über die See ſchaut, über deren blaue Ober-<lb/> fläche die Sonnenfunken hüpfen, dann ſind ſeine<lb/> Gedanken in Glen Ellen, bei ſeinen Eukalyptus-<lb/> bäumen, bei ſeinen belgiſchen Pferden, beim See,<lb/> den er grub ... Iſt er nicht ein glücklicher Menſch,<lb/> denken zehntauſend Amerikaner, wenn ſie am<lb/> Abend im Kino ſein Geſicht auf der ſilbernen<lb/> Wand aufleuchten ſehen. Frauen werben um ihn,<lb/> der von Abenteuern und Ferne umwittert iſt.<lb/> Künſtler bitten um ſein Urteil. Männer von<lb/> Herz und Verſtand, aufrechte Männer halten zu<lb/> ihm, mit ihnen kann er über die Myſterien und<lb/> über den Schlamm der Welt ſprechen. Charmian<lb/> iſt ein Wunder. Die Arbeitskraft, die Phantafie<lb/> ungebrochen. Es ſcheint, als ob er wie in jungen<lb/> Jahren herrliche Träume träumt.</p><lb/> <p>Der Schein trügt. Jack iſt nicht glücklich. War-<lb/> um nicht? Das iſt ſein Geheimnis. Zudem for-<lb/> dert König Alkohol die Bezahlung für all die<lb/> bunten Träume, die er geſandt hat. Jack London,<lb/> der hundert Jahre hatte leben wollen, hat an<lb/> ſeinen vierzig übergenug. Ihn ekelt die Welt. Die<lb/> Menſchen ſind ihm zuwider. Seine eigene Haut<lb/> behagt ihm nicht. Was nützt die Freundſchaft<lb/> John Gerſtenkorns — das iſt der andere Name<lb/> König Alkohols, der Rauſch iſt kurz. Das Ende<lb/> des Jammers iſt nicht abzuſehen. Vielleicht hat<lb/> er wirklich hundert Jahre zu leben? Um Gottes<lb/> willen! Alles, nur nicht das. Der Knochemmann<lb/> mit ſeiner weißen Logik tritt tänzelnd zu ihm.<lb/> Und Jack zögert nicht. Er ergreift die unſichtbare<lb/> Hand, die ſich ihm bietet.</p><lb/> <p>Eines Morgens ſanden ſie ihn ſterbend in ſel-<lb/> nem Bette auf. Es war im November 1916. Er<lb/> hatte ſich mit Laudanum vergiſtet ...</p><lb/> <cb/> </div> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Dreifaches Gaunerspiel</hi><lb/> EIN BANKNOTENROMAN</hi> </hi> </head><lb/> <argument> <p>(14. Fortſetzung)</p> </argument> <byline> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#b">von A. M. FREY</hi> </hi> </byline><lb/> <cb/> <p>„Hm. — Haben Sie in der Lage des<lb/> Leichnam irgendeine Veränderung vorge-<lb/> nommen examinierte Lund.</p><lb/> <p>„Nein, ich habe doch gleich geſehen, daß<lb/> alles aus iſt, und da habe ich nur Lärm ge-<lb/> ſchlagen.“</p><lb/> <p>„Den Revolver haben Sie wohl ſchon<lb/> früher bei Ihrem Herrn beobachtet.“</p><lb/> <p>„Nein, der gnädige Herr hielt ſeine Waf-<lb/> fen immer unter Verſchluß.“</p><lb/> <p>„Haben Sie den Revolver berührt, oder<lb/> liegt er noch ſo, wie bei Ihrem erſten Ein-<lb/> tritt in dem Raum?“ miſchte ſich Morris<lb/> ein.</p><lb/> <p>Mit einem Entſetzen, das ehrlich ſchien,<lb/> wehrte der Diener ab.</p><lb/> <p>„Ich habe ihn zur Hand genommen“, er-<lb/> griff der Arzt das Wort, „um Kaliber und<lb/> Schußkanal mit einander zu vergleichen,<lb/> habe ihn jedoch genau ſo hingelegt, wie er<lb/> vorher lag.“</p><lb/> <p>Morris war hinzugetreten und hatte die<lb/> Waffe aufgehoben, aber in der Weiſe, daß<lb/> er einen Bleiſtift in den abgeſchoſſenen Lauf<lb/> ſteckte und ihn dann emporhob. Es war ein<lb/> kleines, zierliches Ding, durchaus vernickelt<lb/> und glänzend poliert.</p><lb/> <p>„Merkwürdig“, ſagte er, ihn lange und<lb/> genau betrachtend, „daß Bloom zu einem<lb/> ſolchen Spielzeug gegriffen hat. Daß er<lb/> keinen Verſager fürchtete! Und daß er über-<lb/> haupt ſolch Damenſpielzeug beſaß.“</p><lb/> <p>Lund meinte dazu: „Wenn die Patronen<lb/> mit dem rauchſchwarzen Pulver gefüllt ſind,<lb/> das die enorme Durchſchlagskraft hat, ſo<lb/> war er ſeiner Sache wohl ſicher. Und dieſe<lb/> kleinen Waffen ſind ja ſohr beliebt wegen<lb/> ihrer Handlichkeit.“</p><lb/> <p>„Herr Doktor“, nahm Morris wieder das<lb/> Wort, indem er den Gegenſtand des Inter-<lb/> eſſes dem Polizeiarzt hinhielt, „wollen Sie<lb/> bitte, ohne hinzufaſſen — angeben, wie Sie<lb/> den Revolver genommen haben bei Ihrer<lb/> Unterſuchung. Können Sie ſich daran noch<lb/> erinnern?“</p><lb/> <p>„Gewiß“, nickte der Arzt verſtändnisvoll.<lb/> „Ich weiß ſchon, was Sie meinen. Ich<lb/> habe ihn oben an der Mündung des Laufes<lb/> ergriffen. Ich bin an ſolche Vorſicht ge-<lb/> wöhnt bei derartigen Unterſuchungen. In<lb/> Fällen, wo Mord vorliegt, iſt es ja notwen-<lb/> dig, ſo zu handeln, um etwaige Finger-<lb/> abdrücke nicht zu verwiſchen.“</p><lb/> <p>„Ich danke Ihnen, Herr Doktor.“</p><lb/> <p>„Bin ich noch weiter von nöten, Herr<lb/> Aſſeſſor?“ erkundigte ſich der alte Arzt,<lb/> dem offenbar Bett und Nachtruhe mehr am<lb/> Herzen lagen als Selbſtmörder und Polizei-<lb/> aſſeſſoren.</p><lb/> <p>„Ich glaube, nein. — Bitte, ſuchen Sie<lb/> mich morgen oder vielmehr heute früh um<lb/> elſ Uhr in meinem Büro auf.“</p><lb/> <p>Während die beiden Männer voneinan-<lb/> der Abſchied nahmen, war Morris in die<lb/> Garderobe nebenan getreten, die wie alle<lb/> Räume des Hauſes, auf Lunds Befehl hell<lb/> erleuchtet war. Eben wollte der Aſſeſſor<lb/> auch den Diener entlaſſen, als der Ire wie-<lb/> der eintrat. Ueber ſeinem Arm hing der<lb/> rote Domino Blooms.</p><lb/> <p>„Ein merkwürdiges Stück!“ erläuterte er.<lb/> „Bitte, ſehen Sie einmal her. Innen<lb/> ſchwarz, außen rot — oder auch: außen<lb/> ſchwarz, innen rot. Auf zwei Seiten gear-<lb/> beitet, kann der Domino ſo und ſo getragen<lb/> werden.“</p><lb/> <p>„Das war eine Erfindung des gnädigen<lb/> Herrn“, miſchte ſich der Diener ein. „Er<lb/> war ſtolz darauf, und wollte es heute abend<lb/> ausprobieren. Er hat ſich viel Spaß davon<lb/> verſprochen. Wenn er erkannt war, wollte<lb/> er ihn unbemerkt umwenden, um wieder<lb/> von neuem ſeine Scherze machen zu kön-<lb/> nen.“</p><lb/> <p>„Und Sie glauben“, fragte Lund. „daß<lb/> Herr Bloom heute ſolche Verwandlungen<lb/> durchgeführt hat? Erzählt hat er nichts<lb/> davon?“</p><lb/> <p>„Er hat ja kein Wert mehr mit mir ge-<lb/> redet. Aber jedenfalls hat er, wie er weg-<lb/> fuhr zum Ball, die feſte Abſicht gehabt, ſeine<lb/> Späße mit dem doppalten Domino zu ma-<lb/> chen.“</p><lb/> <p>„Gut. — Jonas, führen Sie dieſen Mann<lb/> zu den anderen Angeſtellten und ſorgen Sie<lb/> dafür, daß alle beobachtet werden, bis ich<lb/> hinunterkomme.“</p><lb/> <p>Als die beiden gegangen waren, ſchickte<lb/> Lund auch den Protokollführer fort. Dann<lb/> wandte er ſich an Frank:</p><lb/> <p>„Ich muß Ihnen ein peinliches Geſtänd-<lb/><cb/> nis machen, lieber Morris. Ich fürchte, daß<lb/> mir eine wertvolle Handhabe entgangen iſt.<lb/> Hätte ich nur früher um das Geheimnis die-<lb/> ſes Dominos gewußt! Denken Sie, was mir<lb/> auf dem Maskenfeſt paſſierte. Ich hatte<lb/> mich im großen Saale in eine Fenſterniſche<lb/> zurückgezogen und betrachtete von dort aus<lb/> das bunte Bild, als plötzlich eine Maske<lb/> fahrig auf mich zueilt — ich weiß nicht:<lb/> iſt Ihnen der Page aufgefallen, der mir zu-<lb/> raunt: Alfred ich hab/ etwas angerichtet!<lb/> — Ich bin einen Augenblick ſprachlos, da<lb/> fügt ſie keuchend hinzu: Wenn er begriffen<lb/> hat, ſind wir verloren! — Ich, natürlich<lb/> im Glauben an ein galantes Abenteuer, er-<lb/> widere höflich: Schönſte, ſo weh es mir tut,<lb/> ich heiße nicht Alfred! — worauf ſie aus-<lb/> ruft: Auch du nicht! — wild umherſtiert<lb/> und davonſtürzt.“</p><lb/> <p>„War der Page unzweifelhaft eine<lb/> Dame?“</p><lb/> <p>„Eine Dame? Wie meinen Sie? Sie<lb/> bringen mich da auf einen Gedanken: ſehr<lb/> damenhaft war ihr Benehmen nicht. Aber<lb/> jedenfalls was es etwas Weibliches — un-<lb/> zweifelhaft nach Bewegung und Stimme.“</p><lb/> <p>„Ja, lieber Lund, dann hat — verzeihen<lb/> Sie — der Kriminaliſt in Ihnen allerdings<lb/> Urlaub gehabt. Wenn Sie mit einer Frau<lb/> — welcher immer — Beziehungen haben,<lb/> die geheim bleiben ſollen, und ſie will<lb/> Ihnen ſagen, daß die Sache entdeckt wor-<lb/> den iſt, denkt ſie allemal nur an ſich und<lb/> ſagt daher: ich bin verloren! — aber nicht:<lb/> wir ſind verloren. — Als gute Spürnaſe<lb/> hätten Sie darauf kommen müſſen.“</p><lb/> <p>„Der Teufel ſoll in ſolchen Augenblicken<lb/> an den Dienſt denken!“</p><lb/> <p>„Stimmt: der Teufel. Ein guter Krimi-<lb/> nalmenſch muß was vom Satan in ſich ha-<lb/> ben. Darum möchte ich den Beruf nicht<lb/> dauernd ausüben, ſo belebend er vorüber-<lb/> gehend wirken kann. — Uebrigens wird<lb/> uns Ihr Verſehen hoffentlich nicht ſchaden,<lb/> ich habe nämlich Rupert gebeten, mit Hilfe<lb/> von Fräulein Terſchak eine möglichſt genaue<lb/> Liſte der Teilnehmer des Maskenfeſtes ein-<lb/> ſchließlich ihrer Koſtüme aufzuſtellen, bevor<lb/> ſie den Ball verlaſſen. Denn ich ſelber<lb/> möchte über einige Perſonen Aufſchluß ge-<lb/> winnen.“</p><lb/> <p>„Sie verſtehen doch an alles zu denken,<lb/> Morris“, meinte Lund beinahe neidiſch.</p><lb/> <p>„Es iſt bei mir mehr eine inſtinktive<lb/> Ahnung, daß auf dieſem Feſte etwas —<lb/> nein: manches nicht in Ordnung ſein mag.<lb/> Ich konnte mich, ſo lange ich dort war,<lb/> eines unbehaglichen Gefühls nicht erwehren.<lb/> Und weil ich durch Sie zu früh abgerufen<lb/> wurde, um die Notizen ſelber zu tätigen,<lb/> bat ich Steimmann.“</p><lb/> <p>„Laſſen Sie mir das Verzeichnis bald zu-<lb/> kommen“, verlangte Lund.</p><lb/> <p>„Ich habe Rupert gebeten, es hierher zu<lb/> bringen, nachdem er Fräulein Terſchak<lb/> heimbegleitet hat. In ſolchen Dingen ſind<lb/> oft Minuten koſtbar.“</p><lb/> <p> <hi rendition="#et">(Fortſekung folgt).</hi> </p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Im Zeichen der Völkerverſöhnung</hi> </hi> </head><lb/> <figure> <p>Der <hi rendition="#b">ſaarländiſche Großinduſtrielle</hi> <hi rendition="#aq">Dr. h. c.</hi> Her-<lb/> mann Röchling (im Bilde) wurde im Jahre 1919<lb/> durch ein franzöſiſches Kriegsgericht „wegen Rau-<lb/> bes und gewaltſamen Diebſtahls“ (Abtransport<lb/> von Maſchinen aus den beſetzten Provinzen Frank-<lb/> reichs im Auftrage der Heeresleitung) zu 10 Jah-<lb/> ren Zuchtheus und 19 Millionen Frank Geld-<lb/> ſtraſe verurteilt. Natürlich blieb das Urteil unvoll-<lb/> ſtreckbar. Jetzt wurde dem Kommerzienrat Röch-<lb/> ling eine Zahlungsaufforderung zugeſtellt und<lb/><hi rendition="#c">Zwangsvollſtreckung angedroht.</hi></p> </figure> </div> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [Seite 13[13]/0013]
Samstag. den 12., Sonntag, den 13. Januar „AZ am Abend“ Nr. 10
Jack London
Zu ſeinem Geburtstage am 12. Januar *
Von Lothar Manhold
John, ich bitt’ euch, entſcheidet ſelbſt, wie kann
ein Menſch, der es zu etwas bringen will in die-
ſer Welt, nur John heißen. Jack freilich, das iſt
etwas anderes. Knapp und hell klingt es einem in
die Ohren, dieſes Jack. Alſo nannte ſich der Zehn-
jährige — er kann auch fünger geweſen ſein —
kurz entſchloſſen Jack. Zwar führten ihn die Re-
giſter Oaklands, der Vaterſtadt, unter dem ver-
haßten Vornamen. Doch Regiſter hin, Regiſter
her. Von nun an hieß er Juck London. Hat je-
mand etwas dagegen, he?
Damals ſchacherte er mit Briefmarken und Fla-
ſchen. Und ſeine Beredtſamkeit in Geſchäften, die
einem griechiſchen Händler Tränen in die Augen
treiben konnte, war gefürchtet und berühmt, mehr
gefürchtet als berühmt, das muß man ſchon ſagen.
Denn ach, wer konnte dieſem Mundwerk wider-
ſtehen?
Um das ſechzehnte Jahr war er Beſitzer einer
ſeetüchtigen Jolle. „Razzlo Dazzlo“ ſtand am Bug.
Der Bengel ſegelte ſein Boot in der Flotte der
Schwarzfiſcher, die die Auſternbänke plünderten.
Ah, es war eine Luſt, ſo zu leben. Man hatte
Abenteuer und Geld, mehr als genug. Die Gold-
münzen klingelten nur ſo in den Taſchen der
Spendierhoſe. Mit eisgrauen Seemännern ſoff er
in der „Letzten Chance“, ſchloß mit ihnen Bruder-
ſchaft. Sie erzählten ihre prachtvollen Geſchichten
von Freundſchaft, Kühnheit und Liebe. Und man
grölte im Chor all die wundervollen Seeräuber-
lieder, die Joe Gooſe auf dem Schifferklavier wie
ein gefallener Engel vortrug. Manchmal gab es
blutige Prügeleien. Die Meſſer blitzten und die
Piſtole knallte. Und wenn einer ſtill und bleich im
Sand lag, griff man nach der Korbflaſche, be-
weinte ſeinen Tod und ſchwor — zum tauſend-
ſten Male — ewige Bruderſchaft. Zu dieſer Zeit
nannten ſie ihn im Hafen von Oakland: Fürſt
der Auſternbänke. Einzig mit jenem tollen Nel-
ſon, dem breitſchultrigſten Mann, den der Toten-
beſchauer von Benicia je auf ſeinem Brett hat
liegen ſehen, einzig mit Nelſon war er zu ver-
gleichen. Sie ſegelten ſpäter zuſammen, und der
verhexte Holländer konnte nicht tollkühner fahren
als die beiden. Freilich waren ſie bei ihren Aben-
teuern immer — angeſäuſelt.
Niemand iſt vor ſich ſelbſt ſicher. Eines Tages
überfiel ihn die Erkenntnis ſeines Hundelebens.
Ein Selbſtmordverſuch, in der Melancholie des
Rauſches verübt, mißlang durch einen Zufall.
Die Augen gingen ihm auf Es war Zeit, höchſte
Zeit, die Zelte abzubrechen. Die Träume von
einem herrlich ſchäumenden Leben drohten für
immer zu verſinken. Alſo floh der Siebzehnjährige
hinaus auf die See. Mit einem Dreimaſtſchoner,
als Matroſe, fuhr er nach Japan — und König
Alkohol fuhr mit, als blinder Paſſagier. Einund-
fünfzig Tage dauerte die Reiſe nach den Bonin-
Inſeln, und dieſe einundfünfzig Tage auf dem
Segelſchiff waren beſſer als ein Jahr Radikalkur
in einer Trinkerheilanſtalt. Aber als die Leute
der „Sophie Southerland“ mit den kanadiſchen
und amerikaniſchen Robbenfängern jene be-
rauſchende Saturnalien feierten, konnte da ein
Mann wie Jack London zurückſtehen? Einen
Rauſch, und zwar einen königlichen, war er allein
ſeiner Selbſtachtung ſchuldig. Haha, ganze Stra-
ßenzüge lächerlicher, japaniſcher Papierhäuschen
wurden bei den Saturnalien dieſer modernen
Argonauten zertrampelt, zerdroſchen und zerfetzt.
Es war wunderbar, glaubt mir. Es war unver-
geßlich ſchön.
Wohin er ſich auch wandte, König Alkohol folgte
ihm nach. Jack kannte ſeinen Peiniger und haßte
ihn. Aber König Alkohol war klug. Sehr klug
ſogar und luſtig obendrein. Oh, König Alkohol
wußte ſein Opfer zu halten. Nichts eilte. Der
Tag der Abrechnung würde ſchon kommen. Jetzt
ſchenkte er, König Alkohol, alles. Geduld — die
Zeche wird bezahlt.
Viel Staat war mit dem fungen London nicht
zu machen. Gewiß, ſeine Schultern waren breit,
ſeine Muskeln eiften. Sein Geſicht war ſchön,
hart gaſermt vom Griff des abenteuerlichen Le-
bens. Seine Augen, ſchimmernd und ewig wech-
ſelnd wie das Meer, verrieten die Seele eines
Künſtlers. Doch was nutzt das. Seht, er ſetzt ſich
in den Kopf, Elektrotechniker zu werden. Natür-
lich mußte er dazu arbeiten. Natürlich warf er
alles eines ſchönen Tages beiſeite. Mochte ſchuf-
ten wer Luſt hatte, er nicht. Freilich hatte er für
zwei Kohlenſchaufler rackern müſſen. Seine Ar-
beitsorgie trug ihm nicht mehr ein als dreißig
Dollar, und hinterher mußte er ein Jahr lang die
Handgelenke im Verband tragen. Aber —
Was tut ein Mann, der für immer genug be-
kommen hat von der Arbeit? Er ſchließt ſich, weil
die Gelegenheit gerade günſtig iſt, General Kellys
Lumpenarmee an. Oſtwärts wanderte Jack Lon-
don auf dem Schienenſtrang. Vagabund unter
Vagabunden. Doch ſeltſam, auf ſeinen mühevollen
Wanderungen durch die Bereinigten Staaten
kommt dem jungen Tramp ein leuchtender Ge-
danke. Ein Gedenke, mühſam gefunden nach
langen Froſtnächten, nach ungezählten Hunger-
togen. Nach Hauſe zurück. Bücher vor. Lernen.
Das Hirn trainieren. Nur Kopfarbeit iſt lohnend,
das ſagt ſich der abgeriſſene Soldat aus Kellys
Lumpenarmee, und ſeine Stieſel klopfen den Takt
dazu auf den Schwellen des Bahndamms.
Es war ihm bitter ernſt mit ſeinem Entſchluß.
In vier Monaten leiſtete er die Arbeit zweier
Jahre. Er begann zu ſchreiben. Es gab Zeiten,
in denen er tagein, tagaus fünfzehn Stunden täg-
lich dichtete. Die Manuſkripte häuſten ſich unter
_
ſeinem tinkenſleckigen Tiſch. Die Sicherheit, mit
der ſie den Weg von den Redaktionen zu ihm
zurückfanden, grenzte aus Phantaſtiſche. Jack be-
gann an der Exiſtenz von Redakteuren zu zwei-
feln. Vielleicht waren nur Maſchinen da, die
— allein die Arbeit in der Dampfwäſcherei von
Belmont vertrieb ihm alles Grübeln. Rützliches ſo-
wie unnützes über die Exiſtenz von Redalteuren.
Man mußte leben, das bedeutete, daß man die
geliebte Schreibmaſchine, das Zimmerchen und die
Bücher verließ, um zu arbeiten wie ein Gaul,
dumpf und gedankenlos. Als er im Frühherbſt
1897, einundzwanzigjährig, nach Klondike auszog,
war er überzeugt, daß dieſer gefährliche Ausflug
nur eine kleine Verzögerung ſeiner Entwicklung
als Schriftſteller war.
Der nur träumende, gedankenloſe Abenteurer
iſt überwunden. Der Vagabund hat Ordnung und
Selbſtdiſziplin gelernt, das iſt die Weisheit, die er
von der Reiſe nach Klondike mitbringt. Anderes
Der däniſche Hauptmann Lembourn.
[Abbildung der im vergangenen Juni bei Betreten deutſchen
Gebietes wegen Spionageverdachts verhaftet
wurde, wurde vom Reichsgerichtshof zu fünf Jah-
ren Zuchthaus verurteilt.]
Gold als dies hat er nicht mitgebracht. Aermer
denn je ſetzt er ſich von neuem an ſeine Schreib-
maſchine. Lieber würde er irgendwo irgendwas
arbeiten, Modell ſtehen, ſonſt was tun. Allein es
findet ſich nichts. Drei Jahre ſind ungeſähr ver-
gangen ſeit ſeinem Start in die Provinzen der
Geiſtigkeit und der Kunſt. Drei Jahre und kein
Erfolg, das iſt zuviel für ihn, den Ungeduldigen
und Hungernden. Er hat gerade ſo viel, um nicht
vor Unterernährung krepieren zu müſſen. Neun-
zehn Stunden arbeitet er am Tag, nur fünf
Stunden gönnt er ſich Schlaf. Er ſegnet den Er-
finder der Weckuhr. Trotzdem ſagt er: „Hölle, es
iſt zum Verzweifeln.“
Mit einem Male, über Nacht iſt der Erfolg da.
In den Magazinen erſcheinen ſeine Geſchichten.
Wunderbare Geſchichten, in denen der trocken-
heiße Atem des Lebens weht, in denen die Muſik
des Lebens erklingt und die Schauder des Todes
einen gräßlichen Reigen tanzen. Ein Verleger
findet ſich für das erſte Buch. Es heißt: Der
Sohn des Wolſs.
Unaufhaltſam ſteigt Jack empor. Er ſtudiert
weiter. Reiſt. Hält Vorträge in Klubs und Uni-
verſitäten. Und täglich ſchmiedet ſein gutes Hirn
hundert Zeilen. Hundert Zeilen, auf die Verleger
und Publikum mit angehaltenem Atem warten.
Der erſte ſchöpferiſche Rauſch iſt verflogen. Aber
er ſieht immer klarer. Sein Künſtlertum nimmt
mit jedem Tag zu. Als Korreſpendent für Hearſt,
ſieht er wider Willen nichts vom ruſſiſch japani-
ſchen Krieg. Dafür erlebt er um ſo mehr in den
Londoner Slums, in denen er ſich wochenlang als
Stromer herumtreibt. Sein Buch über die Kinder
des Abgrunds hat keinen Erfolg.
In Glen Ellen, einem der ſchönſten Flecke des
ſchönen Kalifornien, baut er ſeine Muſterfarm.
Mit Charmian, ſeiner zweiten Frau, reiſt er,
eigener Kapitän, auf eigener Jacht im Südſee-
archipel. Täglich hämmert er ſeine hundert Zeilen
aus, und wenn er von dem Schreibblock aufſieht
und über die See ſchaut, über deren blaue Ober-
fläche die Sonnenfunken hüpfen, dann ſind ſeine
Gedanken in Glen Ellen, bei ſeinen Eukalyptus-
bäumen, bei ſeinen belgiſchen Pferden, beim See,
den er grub ... Iſt er nicht ein glücklicher Menſch,
denken zehntauſend Amerikaner, wenn ſie am
Abend im Kino ſein Geſicht auf der ſilbernen
Wand aufleuchten ſehen. Frauen werben um ihn,
der von Abenteuern und Ferne umwittert iſt.
Künſtler bitten um ſein Urteil. Männer von
Herz und Verſtand, aufrechte Männer halten zu
ihm, mit ihnen kann er über die Myſterien und
über den Schlamm der Welt ſprechen. Charmian
iſt ein Wunder. Die Arbeitskraft, die Phantafie
ungebrochen. Es ſcheint, als ob er wie in jungen
Jahren herrliche Träume träumt.
Der Schein trügt. Jack iſt nicht glücklich. War-
um nicht? Das iſt ſein Geheimnis. Zudem for-
dert König Alkohol die Bezahlung für all die
bunten Träume, die er geſandt hat. Jack London,
der hundert Jahre hatte leben wollen, hat an
ſeinen vierzig übergenug. Ihn ekelt die Welt. Die
Menſchen ſind ihm zuwider. Seine eigene Haut
behagt ihm nicht. Was nützt die Freundſchaft
John Gerſtenkorns — das iſt der andere Name
König Alkohols, der Rauſch iſt kurz. Das Ende
des Jammers iſt nicht abzuſehen. Vielleicht hat
er wirklich hundert Jahre zu leben? Um Gottes
willen! Alles, nur nicht das. Der Knochemmann
mit ſeiner weißen Logik tritt tänzelnd zu ihm.
Und Jack zögert nicht. Er ergreift die unſichtbare
Hand, die ſich ihm bietet.
Eines Morgens ſanden ſie ihn ſterbend in ſel-
nem Bette auf. Es war im November 1916. Er
hatte ſich mit Laudanum vergiſtet ...
Dreifaches Gaunerspiel
EIN BANKNOTENROMAN
(14. Fortſetzung)
von A. M. FREY
„Hm. — Haben Sie in der Lage des
Leichnam irgendeine Veränderung vorge-
nommen examinierte Lund.
„Nein, ich habe doch gleich geſehen, daß
alles aus iſt, und da habe ich nur Lärm ge-
ſchlagen.“
„Den Revolver haben Sie wohl ſchon
früher bei Ihrem Herrn beobachtet.“
„Nein, der gnädige Herr hielt ſeine Waf-
fen immer unter Verſchluß.“
„Haben Sie den Revolver berührt, oder
liegt er noch ſo, wie bei Ihrem erſten Ein-
tritt in dem Raum?“ miſchte ſich Morris
ein.
Mit einem Entſetzen, das ehrlich ſchien,
wehrte der Diener ab.
„Ich habe ihn zur Hand genommen“, er-
griff der Arzt das Wort, „um Kaliber und
Schußkanal mit einander zu vergleichen,
habe ihn jedoch genau ſo hingelegt, wie er
vorher lag.“
Morris war hinzugetreten und hatte die
Waffe aufgehoben, aber in der Weiſe, daß
er einen Bleiſtift in den abgeſchoſſenen Lauf
ſteckte und ihn dann emporhob. Es war ein
kleines, zierliches Ding, durchaus vernickelt
und glänzend poliert.
„Merkwürdig“, ſagte er, ihn lange und
genau betrachtend, „daß Bloom zu einem
ſolchen Spielzeug gegriffen hat. Daß er
keinen Verſager fürchtete! Und daß er über-
haupt ſolch Damenſpielzeug beſaß.“
Lund meinte dazu: „Wenn die Patronen
mit dem rauchſchwarzen Pulver gefüllt ſind,
das die enorme Durchſchlagskraft hat, ſo
war er ſeiner Sache wohl ſicher. Und dieſe
kleinen Waffen ſind ja ſohr beliebt wegen
ihrer Handlichkeit.“
„Herr Doktor“, nahm Morris wieder das
Wort, indem er den Gegenſtand des Inter-
eſſes dem Polizeiarzt hinhielt, „wollen Sie
bitte, ohne hinzufaſſen — angeben, wie Sie
den Revolver genommen haben bei Ihrer
Unterſuchung. Können Sie ſich daran noch
erinnern?“
„Gewiß“, nickte der Arzt verſtändnisvoll.
„Ich weiß ſchon, was Sie meinen. Ich
habe ihn oben an der Mündung des Laufes
ergriffen. Ich bin an ſolche Vorſicht ge-
wöhnt bei derartigen Unterſuchungen. In
Fällen, wo Mord vorliegt, iſt es ja notwen-
dig, ſo zu handeln, um etwaige Finger-
abdrücke nicht zu verwiſchen.“
„Ich danke Ihnen, Herr Doktor.“
„Bin ich noch weiter von nöten, Herr
Aſſeſſor?“ erkundigte ſich der alte Arzt,
dem offenbar Bett und Nachtruhe mehr am
Herzen lagen als Selbſtmörder und Polizei-
aſſeſſoren.
„Ich glaube, nein. — Bitte, ſuchen Sie
mich morgen oder vielmehr heute früh um
elſ Uhr in meinem Büro auf.“
Während die beiden Männer voneinan-
der Abſchied nahmen, war Morris in die
Garderobe nebenan getreten, die wie alle
Räume des Hauſes, auf Lunds Befehl hell
erleuchtet war. Eben wollte der Aſſeſſor
auch den Diener entlaſſen, als der Ire wie-
der eintrat. Ueber ſeinem Arm hing der
rote Domino Blooms.
„Ein merkwürdiges Stück!“ erläuterte er.
„Bitte, ſehen Sie einmal her. Innen
ſchwarz, außen rot — oder auch: außen
ſchwarz, innen rot. Auf zwei Seiten gear-
beitet, kann der Domino ſo und ſo getragen
werden.“
„Das war eine Erfindung des gnädigen
Herrn“, miſchte ſich der Diener ein. „Er
war ſtolz darauf, und wollte es heute abend
ausprobieren. Er hat ſich viel Spaß davon
verſprochen. Wenn er erkannt war, wollte
er ihn unbemerkt umwenden, um wieder
von neuem ſeine Scherze machen zu kön-
nen.“
„Und Sie glauben“, fragte Lund. „daß
Herr Bloom heute ſolche Verwandlungen
durchgeführt hat? Erzählt hat er nichts
davon?“
„Er hat ja kein Wert mehr mit mir ge-
redet. Aber jedenfalls hat er, wie er weg-
fuhr zum Ball, die feſte Abſicht gehabt, ſeine
Späße mit dem doppalten Domino zu ma-
chen.“
„Gut. — Jonas, führen Sie dieſen Mann
zu den anderen Angeſtellten und ſorgen Sie
dafür, daß alle beobachtet werden, bis ich
hinunterkomme.“
Als die beiden gegangen waren, ſchickte
Lund auch den Protokollführer fort. Dann
wandte er ſich an Frank:
„Ich muß Ihnen ein peinliches Geſtänd-
nis machen, lieber Morris. Ich fürchte, daß
mir eine wertvolle Handhabe entgangen iſt.
Hätte ich nur früher um das Geheimnis die-
ſes Dominos gewußt! Denken Sie, was mir
auf dem Maskenfeſt paſſierte. Ich hatte
mich im großen Saale in eine Fenſterniſche
zurückgezogen und betrachtete von dort aus
das bunte Bild, als plötzlich eine Maske
fahrig auf mich zueilt — ich weiß nicht:
iſt Ihnen der Page aufgefallen, der mir zu-
raunt: Alfred ich hab/ etwas angerichtet!
— Ich bin einen Augenblick ſprachlos, da
fügt ſie keuchend hinzu: Wenn er begriffen
hat, ſind wir verloren! — Ich, natürlich
im Glauben an ein galantes Abenteuer, er-
widere höflich: Schönſte, ſo weh es mir tut,
ich heiße nicht Alfred! — worauf ſie aus-
ruft: Auch du nicht! — wild umherſtiert
und davonſtürzt.“
„War der Page unzweifelhaft eine
Dame?“
„Eine Dame? Wie meinen Sie? Sie
bringen mich da auf einen Gedanken: ſehr
damenhaft war ihr Benehmen nicht. Aber
jedenfalls was es etwas Weibliches — un-
zweifelhaft nach Bewegung und Stimme.“
„Ja, lieber Lund, dann hat — verzeihen
Sie — der Kriminaliſt in Ihnen allerdings
Urlaub gehabt. Wenn Sie mit einer Frau
— welcher immer — Beziehungen haben,
die geheim bleiben ſollen, und ſie will
Ihnen ſagen, daß die Sache entdeckt wor-
den iſt, denkt ſie allemal nur an ſich und
ſagt daher: ich bin verloren! — aber nicht:
wir ſind verloren. — Als gute Spürnaſe
hätten Sie darauf kommen müſſen.“
„Der Teufel ſoll in ſolchen Augenblicken
an den Dienſt denken!“
„Stimmt: der Teufel. Ein guter Krimi-
nalmenſch muß was vom Satan in ſich ha-
ben. Darum möchte ich den Beruf nicht
dauernd ausüben, ſo belebend er vorüber-
gehend wirken kann. — Uebrigens wird
uns Ihr Verſehen hoffentlich nicht ſchaden,
ich habe nämlich Rupert gebeten, mit Hilfe
von Fräulein Terſchak eine möglichſt genaue
Liſte der Teilnehmer des Maskenfeſtes ein-
ſchließlich ihrer Koſtüme aufzuſtellen, bevor
ſie den Ball verlaſſen. Denn ich ſelber
möchte über einige Perſonen Aufſchluß ge-
winnen.“
„Sie verſtehen doch an alles zu denken,
Morris“, meinte Lund beinahe neidiſch.
„Es iſt bei mir mehr eine inſtinktive
Ahnung, daß auf dieſem Feſte etwas —
nein: manches nicht in Ordnung ſein mag.
Ich konnte mich, ſo lange ich dort war,
eines unbehaglichen Gefühls nicht erwehren.
Und weil ich durch Sie zu früh abgerufen
wurde, um die Notizen ſelber zu tätigen,
bat ich Steimmann.“
„Laſſen Sie mir das Verzeichnis bald zu-
kommen“, verlangte Lund.
„Ich habe Rupert gebeten, es hierher zu
bringen, nachdem er Fräulein Terſchak
heimbegleitet hat. In ſolchen Dingen ſind
oft Minuten koſtbar.“
(Fortſekung folgt).
Im Zeichen der Völkerverſöhnung
[Abbildung Der ſaarländiſche Großinduſtrielle Dr. h. c. Her-
mann Röchling (im Bilde) wurde im Jahre 1919
durch ein franzöſiſches Kriegsgericht „wegen Rau-
bes und gewaltſamen Diebſtahls“ (Abtransport
von Maſchinen aus den beſetzten Provinzen Frank-
reichs im Auftrage der Heeresleitung) zu 10 Jah-
ren Zuchtheus und 19 Millionen Frank Geld-
ſtraſe verurteilt. Natürlich blieb das Urteil unvoll-
ſtreckbar. Jetzt wurde dem Kommerzienrat Röch-
ling eine Zahlungsaufforderung zugeſtellt und
Zwangsvollſtreckung angedroht.]
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(2023-01-02T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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