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Allgemeine Zeitung, Nr. 10, 10. Januar 1872.

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[Spaltenumbruch] setzten den gebührenden Respect und Gehorsam leisten, deren Befehle ohne Widerrede
und unverdrossen vollziehen, im Kriege wie im Frieden, zu Wasser und zu Land, bei
Tag und bei Nacht, auf Märschen und Wachen, bei Belagerungen, in Stürmen und
Schlachten, überhaupt bei allen Gelegenheiten als tapfere und treue Soldaten euch er-
weisen, eure Fahne (Standarte) niemals treulos und meineidig verlassen, vielmehr sie
stets muthig vertheidigen und euch nach Vorschrift der Kriegsgesetze jederzeit so beneh-
men wollet wie es ehrliebenden Soldaten geziemt. Auch schwört ihr im Kriege den Be-
fehlen Sr. Maj. des Deutschen Kaisers als Bundesfeldherrn unbedingt Folge zu leisten."

Hiezu ist die Stabung:

"Ich schwöre zu Gott dem Allmächtigen daß ich alles dasjenige was mir so eben
vorgehalten worden, und was ich wohl verstanden habe, genau befolgen will, so wahr
mir Gott helfe und sein heiliges Wort."


Die unter der Aegide der Führer der Natio-
nalliberalen herausgegebene "Bad. Corr." hat in ihren Neujahrsbetrachtungen
auf die Bedeutungslosigkeit der ultramontanen und der demokratischen Opposition in
unserer Kammer hingewiesen und daraus die unerschütterte Stärke des Ministe-
riums abgeleitet. Es möchte aber doch daraus zu viel gefolgert sein, und wir
können beim Beginn des Jahres nicht umhin die Dinge etwas näher ins Auge
zu fassen. Das Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch ist allerdings zuletzt mit
einer großen Mehrheit angenommen worden, aber man hüte sich daraus auf ein
Vertrauensvotum zu schließen. Art. 20 war kurz vorher, trotz des Widerspruchs
des Ministeriums, mit erheblicher Mehrheit verworfen worden, und wenn die
zweite Kammer endlich den Artikel annahm, so geschah es weder aus Ueber-
zeugung noch aus Willfährigkeit, sondern allein unter dem Druck der Verhältnisse.
In der ersten Kammer, deren Zusammensetzung dem Ministerium eine Gewähr für
Zustimmung zu ihren Vorlagen bildet, war der Artikel wiederhergestellt worden,
und da die Feiertage und das Neujahr, wo das Gesetz in Geltung zu treten hatte,
nahe waren, so sagte die zweite Kammer schließlich nothgedrungen auch ja, indem
man die sichere Ueberzeugung aussprach daß der Neichstag den Artikel wieder
beseitigen werde. Nun ist dazu ein neuer Zwiespalt gekommen, der sich
nicht in gleicher Weise beseitigen lassen wird. Unsere Negierung hat nämlich im
November vor. Is. einen Vertrag mit Bayern über mehrere gegenseitige Eisenbahn-
Verbindungen abgeschlossen, welcher dem Landtag am 7 December vorgelegt
wurde und der bis zum 23 Januar ratificirt sein soll. Nun hat aber die zweite
Kammer, die bis zum 22 d. M. vertagt ist, diesen Vertrag noch gar nicht in Be-
rathung genommen, obschon die Regierung gehofft hatte daß dieß so kurzer Hand
geschehen werde, und wir hören aus den betreffenden Abgeordnetenkreisen daß die
Kammer überhaupt nicht geneigt ist sich damit zu beeilen, weil sie sehr über das
gesammte Eisenbahnwesen verstimmt ist, und keine neuen Eisenbahnen mehr bewil-
ligen will bevor für gründliche Reformen Garantien geboten sind. Kein Land
hat schlimmere Erfahrungen in diesen Dingen gemacht, und wenn man auch
dem gegenwärtigen Ministerium die vielen Bausünden nicht zur Last legen
will und kann, so will man doch Sicherheit vor der Wiederkehr von dergleichen und
eine durchgreifende Reorganisation der Verwaltung, des Betriebs und selbst der leiten-
den Persönlichkeiten. Im Schoße der betreffenden Commission soll beantragt wer-
den an das Ministerium das Verlangen zu stellen: die Eisenbahnen entweder zu
verkaufen oder zu verpachten, oder doch solche Reformen einzuführen daß das Land
einmal Garantien für eine rationelle Aufstellung der Routen und besseren Betrieb er-
halte. Wir würden zwar beiden ersteren Verlangen unsere Billigung nicht er-
theilen können, das dritte aber ist nur zu nothwendig, und wir sprechen den
allgemeinen Wunsch des Landes aus wenn wir das Handelsministerium und die
Direction der Verkehrsanstalten mit ganz anderen Persönlichkeiten besetzt wünsch-
ten. Jedenfalls wird der wiederzusammentretende Landtag sehr ernste Discus-
sionen darüber eröffnen. -- Die Einführung der neuen Maße und Gewichte ist
mit weniger Schwierigkeiten vor sich gegangen als man befürchtete; aber die
Wirthe und Kaufleute waren auch gleich auf ihren Vortheil bedacht, haben sich in
den verschiedenen Städten über gleiche Preiserhöhungen verständigt, und das Publi-
cum hat den Schaden. Nach genauer Reduction würde z. B. von dem bisherigen
Wein zu 12 kr. per Schoppen das Liter 32 kr. kosten, es wird aber zu 36 kr. ausge-
schenkt, und dadurch machen die Wirthe auf einen Schlag einen Profit von 10 fl.
per Ohm. Dieß wäre in den meisten Fällen nicht so gekommen wenn wir zu
gleicher Zeit die Silbermark mit den verschiedenen Pfennigstücken erhalten hätten,
da dann eine richtige Ausgleichung leichter wäre. Auch der Uebergang zur Reichs-
post hat sich ganz unbemerkbar vollzogen, und von der Entfernung so vielen alten
Schlendrians ist noch nichts zu sehen. In den Städten ist noch Mittags 12 bis
2 Uhr der Schalter geschlossen, ein einziger Schalterbeamter muß die Briefe und
Auszahlungen besorgen, wobei das sich drängende Publicum oft eine Stunde lang
auf die Abfertigung warten muß, und wenn wir auch sonst nichts von dem zur
Mode gewordenen Hereinziehen von Preußen in unsere besten Stellen wissen
wollen, so möchten wir doch wünschen daß in unsere Städte baldmöglichst tüchtige
Postvorstände aus Preußen kämen. -- Unsere Zeitungen meldeten in den letzten
Tagen daß aus den Garnisonsstädten des Oberlandes so manche Soldaten deser-
tirten, an 40 Fälle in kürzester Zeit, und ein Blatt will wissen daß das Regiment
in Constanz deßhalb nach Spandau verlegt werden dürfte. Als Grund der De-
sertion führt man übermäßige Anstrengung im Dienst und herabsetzendes Be-
schimpfen durch die Vorgesetzten an, und wenn auch manches davon übertrieben
sein mag, so weiß man doch auch aus anderen Garnisonen ähnliches, und es
sollte von oben herab auf Abstellung solcher Dinge gewirkt werden. Der Süd-
deutsche verträgt eben eine so rücksichtslose Strammheit nicht wie der daran ge-
wohnte Norddeutsche, und dieses Naturell kann leicht berücksichtigt werden ohne der
Sache und dem Dienst etwas zu vergeben.


Professor Theodor Mommsen ist höchlich indignirt
darüber daß ihm eine "Mitschuld" an Napoleons "Cäsar" beigemessen worden ist.
Er hat der Redaction der "Vossischen Zeitung" folgenden Brief zugehen lassen, der
an Aufrichtigkeit gewiß nichts zu wünschen übrig läßt:

"Geehrter Hr. Redacteur! Ich finde in der französischen Correspondenz Ihres
heutigen Blattes den Auszug aus einem jetzt durch die Pariser Blätter die Nunde ma-
chenden Artikel der mich betrifft. Demselben zufolge hat der Krieg mich des mir von
dem Kaiser Napoleon für meine Beihülfe an dem "Leben Cäsars" ausgesetzten Jahres-
[Spaltenumbruch] gehalts von 10,000 Fr. beraubt. Ich habe mich ferner nach dem Frieden an Hrn. Re-
nan gewendet, um die Fortführung dieser Studien durch die Pariser Akademie und den
Fortbezug dieser Pension zu erwirken, jedoch ohne guten Erfolg. Der Correspondent
knüpft daran die wohlmeinende Bemerkung daß ich nicht verfehlen werde diesen verleum-
derischen Anschuldigungen die gebührende Abweisung widerfahren zu lassen. Einer sol-
chen directen Aufforderung der deutschen Presse nicht Folge zu leisten, könnte, ich will
nicht sagen mißverstanden werden, aber doch seltsam erscheinen. Ich will denn also
erklären daß ich nie für Napoleons "Leben Cäsars" eine Zeile geschrieben habe, noch
sonst in irgendeiner Weise dafür thätig gewesen bin; daß ich nie von der französischen
Regierung oder dem Kaiser persönlich auch nur einen Franken empfangen, vielmehr bei
einer bestimmten, an sich völlig legitimen Veranlassung (es handelte sich um die Heraus-
gabe der Werke Borghesi's), die mir von dem dortigen Gouvernement angebotene litera-
rische Vergütung zurückgewiesen habe, um möglichen Mißdeutungen aus dem Wege zu
gehen; daß ich endlich zwar nach dem Frieden mich pflichtmäßig bemüht habe das früher
zwischen den Akademien von Berlin und Paris bestandene gute Einvernehmen, insbesondere
in Betreff des Inschriftenwerkes nach Möglicheit wiederherzustellen, daß dabei aber weder
Napoleons "angefangene Studien" noch irgendeine Geldfrage in Betracht gekommen sind.
Ich würde diese Erklärung nicht abgegeben haben wenn jene deutsche Correspondenz sie
mir nicht abgefordert hätte. Für die Aeußerungen der französischen Presse habe ich keine
Antwort, und nicht etwa bloß ihrer Albernheit wegen, wie denn dieser letzte Article de
Paris
nicht verfehlen kann in allen der literarischen Verhältnisse einigermaßen kundigen
Kreisen Heiterkeit zu erregen, theils wegen der mir darin beigemessenen Mitschuld an
Napoleons Cäsar, theils wegen des feinen Gedankens die unterbrochenen "Studien" des
Ex-Kaisers durch die Pariser Akademie vollenden zu lassen. Es ist eine ernsthaftere Er-
wägung die mir gegen solche Angriffe Schweigen auferlegt. Seit dem letzten Kriege hat
der Pariser Klatsch und sein Niederschlag, die französische Presse, es sich zum System
gemacht gefälschte und, wenn sie wahr wären, ehrenrührige Thatsachen gegen die in
Frankreich bekannten und dort mißliebigen deutschen Gelehrten in Umlauf zu setzen.
Was mich betrifft, so könnte ich, wenn ich es der Mühe worth hielte, von Pasquillen
dieser Art erbauliche Proben vorlegen, und die in gleicher Lage Befindlichen haben ähn-
liche Erfahrungen gemacht. Eine öffentliche Meinung an welche der Deutsche in Frank-
reich appelliren könnte gibt es nicht mehr. Wie es meritorisch zu sein scheint den dort
anwesenden Deutschen todtzuschlagen, so scheint es gleichfalls der Patriotismus zu for-
dern den Abwesenden um seine Ehre zu bringen, indem man Verleumdungen gegen ihn
theils erfindet, theils verbreitet, theils dazu schweigt. Wenn der Zweck ist den Deut-
schen gleichgültig gegen das zu machen was man in Frankreich auf seine Rechnung er-
zählt, so ist er nahezu erreicht. Unsere Landsleute aber werden es billigen wenn der
deutsche Gelehrte jeden aus französischer Quelle stammenden Bericht über deutsche Per-
sönlichkeiten behandelt wie eine ligurische Inschrift, zu deren Kritik die Angabe der Quelle
ausreicht.
Berlin, 3 Januar 1872. Th. Mommsen."

Zu einer Rechtfertigung ähnlicher Art hat sich vor kurzem der frühere Redac-
teur der "Rheinischen Zeitung," Hr. Bürgers, veranlaßt gesehen, der beschuldigt
wurde französische Subventionen erhalten zu haben. Es ist nämlich jüngst ein
Schreiben des ehemaligen Consuls Curtis an den Ex-Kaiser veröffentlicht worden,
der über die von diesem Agenten gemachten Bestechungsversuche interessante Auf-
schlüsse gibt, das Schreiben lautet:

"Paris, den 21 Mai 1868. Majestät! Nach den Befehlen die Ew. Maj. mir
zu ertheilen geruhten, habe ich die Ehre nachstehend ein nach meinem Ueberschlag ge-
fertigtes Kostenverzeichniß der Beträge zu unterbreiten mit welchen die Personen mit
denen ich unterhandelt habe gewonnen werden können, unter Vorbehalt jedoch der Aen-
derungen welche Ew. Maj. zu treffen belieben würden. Dr. Sausen, "Mainzer Jour-
nal," 5000 Francs jährlich. Die "Neue Zeitung in Speyer," welche Hr. Sausen über-
nehmen würde, 3000 bis 4000 Francs jährlich. Das "Echo der Gegenwart" in Aachen
5000 Frcs. jährlich. Die "Nheinische Zeitung" in Köln, das bedeutendste Blatt. Um
sich die Mitwirkung seines Redacteurs, Hrn. H. Bürgers, eines angesehenen Mannes zu
verschaffen, müßte man etwa 5000 Frcs für das Quartal aufwenden, was im ganzen eine
Ausgabe machen würde von ungefähr 22 bis 23,000 Frcs. Nach den mit diesen
Herren getroffenen Vereinbarungen habe ich mich verpflichtet ihnen die Gelder quartal-
weise auszuzahlen, und zwar unter verschiedenen Adressen im Ausland und namentlich
in England, damit die Quelle aus welcher diese Gelder fließen vollständig verborgen
bleibe. Nach geschehener Auszahlung werde ich mich beehren die Quittungen über meine
Zahlungen in die Hände derjenigen Vertrauensperson welche Ew. Maj. mir bezeichnen
wird zu übergeben. Um die Aufmerksamkeit der preußischen Post nicht zu erwecken,
würde ich es auch übernehmen, wenn Ew. Maj. es wünschen, in meinem Namen auf
jedes dieser Blätter zu abonniren, um sie dann in die Hände Ew. Maj. gelangen zu
lassen, damit Ew. Maj. in den Stand gesetzt wären die Arbeit jener Herren zu contro-
liren. Genehmigen Ew. Maj. die Versicherung der tiefsten Ehrfurcht Ihres unterthä-
nigen und gehorsamen Dieners
Curtis."

Darauf erklärt nun Hr. Bürgers: daß der ehemalige Consul Curtis aller-
dings im Anfang des Jahres 1868 auf der Redaction der "Rhein. Ztg." erschienen
sei, und mit Hrn. Bürgers von einer Subvention seitens des Kaisers Napoleon
für den Fall gesprochen habe daß die "Rhein. Ztg." in dem Streite zwischen Bismarck
und Napoleon, wie er sich ausdrückte, eine neutrale Haltung beobachten wollte.
"Ich habe" -- sagt Hr. Bürgers dann -- "den Mann natürlich nur angehört um
ihn auszuforschen und abzuweisen. Da er sich in keiner Weise legitimirt zeigte,
habe ich der Sache keine weitere Folge gegeben, als daß ich in der "Rhein. Ztg."
einigemal auf die Umtriebe französischer Agenten am Rhein hinwies." Ebenso
haben die andern in dem Brief genannten Herren die behaupteten Unterhand-
lungen mit Curtis in Abrede gestellt.

Prinz Friedrich Karl residirt bekanntlich mit seiner Familie im königl.
Schlosse zu Berlin. Gegenwärtig geht jedoch der Prinz mit dem Gedanken um
ein eigenes Palais zu erbauen, und hat dazu ein großartiges Grundstück in der
fashionablesten Gegend der Hauptstadt, am Wilhelmsplatz, in unmittelbarer Nach-
barschaft seines Vaters, des Prinzen Karl, erworben. Noch im Laufe dieses Monats
beabsichtigt der Prinz eine längere Reise nach Italien und nach dem Orient anzu-
treten. -- Der auch als juristischer Schriftsteller bekannte Obertribunalrath
Dr. Goltdammer ist, gerade 72 Jahre alt, am Freitag gestorben. -- Der "Reichs-
Anzeiger" hat vorgestern die Ernennung des Hrn. Aegidi zum wirkl. Geh. Lega-
tionsrath und vortragenden Nath im auswärtigen Amte, sowie von 73 Friedens-
richtern in Elsaß-Lothringen amtlich angezeigt.


Bekanntlich haben die Bundesrathsausschüsse für
Verfassung und Justizwesen den Beschluß des Reichstages, betreffend die Ansdeh-
nung der Competenz der Reichsgesetzgebung auf das gesammte bürgerliche Recht
und die Gerichtsorganisation mit einer Mehrheit abgelehnt welche für das Schick-
sal desselben im Plenum vollständig entscheidend ist. Die Mehrheit hat sich dabei
zum Theil dieselben Gründe angeeignet welche vom Reichskanzler früher wie-
derholt gegenüber unbequemen Forderungen der liberalen Reichstagsparteien

[Spaltenumbruch] ſetzten den gebührenden Reſpect und Gehorſam leiſten, deren Befehle ohne Widerrede
und unverdroſſen vollziehen, im Kriege wie im Frieden, zu Waſſer und zu Land, bei
Tag und bei Nacht, auf Märſchen und Wachen, bei Belagerungen, in Stürmen und
Schlachten, überhaupt bei allen Gelegenheiten als tapfere und treue Soldaten euch er-
weiſen, eure Fahne (Standarte) niemals treulos und meineidig verlaſſen, vielmehr ſie
ſtets muthig vertheidigen und euch nach Vorſchrift der Kriegsgeſetze jederzeit ſo beneh-
men wollet wie es ehrliebenden Soldaten geziemt. Auch ſchwört ihr im Kriege den Be-
fehlen Sr. Maj. des Deutſchen Kaiſers als Bundesfeldherrn unbedingt Folge zu leiſten.“

Hiezu iſt die Stabung:

„Ich ſchwöre zu Gott dem Allmächtigen daß ich alles dasjenige was mir ſo eben
vorgehalten worden, und was ich wohl verſtanden habe, genau befolgen will, ſo wahr
mir Gott helfe und ſein heiliges Wort.“


Die unter der Aegide der Führer der Natio-
nalliberalen herausgegebene „Bad. Corr.“ hat in ihren Neujahrsbetrachtungen
auf die Bedeutungsloſigkeit der ultramontanen und der demokratiſchen Oppoſition in
unſerer Kammer hingewieſen und daraus die unerſchütterte Stärke des Miniſte-
riums abgeleitet. Es möchte aber doch daraus zu viel gefolgert ſein, und wir
können beim Beginn des Jahres nicht umhin die Dinge etwas näher ins Auge
zu faſſen. Das Einführungsgeſetz zum Strafgeſetzbuch iſt allerdings zuletzt mit
einer großen Mehrheit angenommen worden, aber man hüte ſich daraus auf ein
Vertrauensvotum zu ſchließen. Art. 20 war kurz vorher, trotz des Widerſpruchs
des Miniſteriums, mit erheblicher Mehrheit verworfen worden, und wenn die
zweite Kammer endlich den Artikel annahm, ſo geſchah es weder aus Ueber-
zeugung noch aus Willfährigkeit, ſondern allein unter dem Druck der Verhältniſſe.
In der erſten Kammer, deren Zuſammenſetzung dem Miniſterium eine Gewähr für
Zuſtimmung zu ihren Vorlagen bildet, war der Artikel wiederhergeſtellt worden,
und da die Feiertage und das Neujahr, wo das Geſetz in Geltung zu treten hatte,
nahe waren, ſo ſagte die zweite Kammer ſchließlich nothgedrungen auch ja, indem
man die ſichere Ueberzeugung ausſprach daß der Neichstag den Artikel wieder
beſeitigen werde. Nun iſt dazu ein neuer Zwieſpalt gekommen, der ſich
nicht in gleicher Weiſe beſeitigen laſſen wird. Unſere Negierung hat nämlich im
November vor. Is. einen Vertrag mit Bayern über mehrere gegenſeitige Eiſenbahn-
Verbindungen abgeſchloſſen, welcher dem Landtag am 7 December vorgelegt
wurde und der bis zum 23 Januar ratificirt ſein ſoll. Nun hat aber die zweite
Kammer, die bis zum 22 d. M. vertagt iſt, dieſen Vertrag noch gar nicht in Be-
rathung genommen, obſchon die Regierung gehofft hatte daß dieß ſo kurzer Hand
geſchehen werde, und wir hören aus den betreffenden Abgeordnetenkreiſen daß die
Kammer überhaupt nicht geneigt iſt ſich damit zu beeilen, weil ſie ſehr über das
geſammte Eiſenbahnweſen verſtimmt iſt, und keine neuen Eiſenbahnen mehr bewil-
ligen will bevor für gründliche Reformen Garantien geboten ſind. Kein Land
hat ſchlimmere Erfahrungen in dieſen Dingen gemacht, und wenn man auch
dem gegenwärtigen Miniſterium die vielen Bauſünden nicht zur Laſt legen
will und kann, ſo will man doch Sicherheit vor der Wiederkehr von dergleichen und
eine durchgreifende Reorganiſation der Verwaltung, des Betriebs und ſelbſt der leiten-
den Perſönlichkeiten. Im Schoße der betreffenden Commiſſion ſoll beantragt wer-
den an das Miniſterium das Verlangen zu ſtellen: die Eiſenbahnen entweder zu
verkaufen oder zu verpachten, oder doch ſolche Reformen einzuführen daß das Land
einmal Garantien für eine rationelle Aufſtellung der Routen und beſſeren Betrieb er-
halte. Wir würden zwar beiden erſteren Verlangen unſere Billigung nicht er-
theilen können, das dritte aber iſt nur zu nothwendig, und wir ſprechen den
allgemeinen Wunſch des Landes aus wenn wir das Handelsminiſterium und die
Direction der Verkehrsanſtalten mit ganz anderen Perſönlichkeiten beſetzt wünſch-
ten. Jedenfalls wird der wiederzuſammentretende Landtag ſehr ernſte Discuſ-
ſionen darüber eröffnen. — Die Einführung der neuen Maße und Gewichte iſt
mit weniger Schwierigkeiten vor ſich gegangen als man befürchtete; aber die
Wirthe und Kaufleute waren auch gleich auf ihren Vortheil bedacht, haben ſich in
den verſchiedenen Städten über gleiche Preiserhöhungen verſtändigt, und das Publi-
cum hat den Schaden. Nach genauer Reduction würde z. B. von dem bisherigen
Wein zu 12 kr. per Schoppen das Liter 32 kr. koſten, es wird aber zu 36 kr. ausge-
ſchenkt, und dadurch machen die Wirthe auf einen Schlag einen Profit von 10 fl.
per Ohm. Dieß wäre in den meiſten Fällen nicht ſo gekommen wenn wir zu
gleicher Zeit die Silbermark mit den verſchiedenen Pfennigſtücken erhalten hätten,
da dann eine richtige Ausgleichung leichter wäre. Auch der Uebergang zur Reichs-
poſt hat ſich ganz unbemerkbar vollzogen, und von der Entfernung ſo vielen alten
Schlendrians iſt noch nichts zu ſehen. In den Städten iſt noch Mittags 12 bis
2 Uhr der Schalter geſchloſſen, ein einziger Schalterbeamter muß die Briefe und
Auszahlungen beſorgen, wobei das ſich drängende Publicum oft eine Stunde lang
auf die Abfertigung warten muß, und wenn wir auch ſonſt nichts von dem zur
Mode gewordenen Hereinziehen von Preußen in unſere beſten Stellen wiſſen
wollen, ſo möchten wir doch wünſchen daß in unſere Städte baldmöglichſt tüchtige
Poſtvorſtände aus Preußen kämen. — Unſere Zeitungen meldeten in den letzten
Tagen daß aus den Garniſonsſtädten des Oberlandes ſo manche Soldaten deſer-
tirten, an 40 Fälle in kürzeſter Zeit, und ein Blatt will wiſſen daß das Regiment
in Conſtanz deßhalb nach Spandau verlegt werden dürfte. Als Grund der De-
ſertion führt man übermäßige Anſtrengung im Dienſt und herabſetzendes Be-
ſchimpfen durch die Vorgeſetzten an, und wenn auch manches davon übertrieben
ſein mag, ſo weiß man doch auch aus anderen Garniſonen ähnliches, und es
ſollte von oben herab auf Abſtellung ſolcher Dinge gewirkt werden. Der Süd-
deutſche verträgt eben eine ſo rückſichtsloſe Strammheit nicht wie der daran ge-
wohnte Norddeutſche, und dieſes Naturell kann leicht berückſichtigt werden ohne der
Sache und dem Dienſt etwas zu vergeben.


Profeſſor Theodor Mommſen iſt höchlich indignirt
darüber daß ihm eine „Mitſchuld“ an Napoleons „Cäſar“ beigemeſſen worden iſt.
Er hat der Redaction der „Voſſiſchen Zeitung“ folgenden Brief zugehen laſſen, der
an Aufrichtigkeit gewiß nichts zu wünſchen übrig läßt:

„Geehrter Hr. Redacteur! Ich finde in der franzöſiſchen Correſpondenz Ihres
heutigen Blattes den Auszug aus einem jetzt durch die Pariſer Blätter die Nunde ma-
chenden Artikel der mich betrifft. Demſelben zufolge hat der Krieg mich des mir von
dem Kaiſer Napoleon für meine Beihülfe an dem „Leben Cäſars“ ausgeſetzten Jahres-
[Spaltenumbruch] gehalts von 10,000 Fr. beraubt. Ich habe mich ferner nach dem Frieden an Hrn. Re-
nan gewendet, um die Fortführung dieſer Studien durch die Pariſer Akademie und den
Fortbezug dieſer Penſion zu erwirken, jedoch ohne guten Erfolg. Der Correſpondent
knüpft daran die wohlmeinende Bemerkung daß ich nicht verfehlen werde dieſen verleum-
deriſchen Anſchuldigungen die gebührende Abweiſung widerfahren zu laſſen. Einer ſol-
chen directen Aufforderung der deutſchen Preſſe nicht Folge zu leiſten, könnte, ich will
nicht ſagen mißverſtanden werden, aber doch ſeltſam erſcheinen. Ich will denn alſo
erklären daß ich nie für Napoleons „Leben Cäſars“ eine Zeile geſchrieben habe, noch
ſonſt in irgendeiner Weiſe dafür thätig geweſen bin; daß ich nie von der franzöſiſchen
Regierung oder dem Kaiſer perſönlich auch nur einen Franken empfangen, vielmehr bei
einer beſtimmten, an ſich völlig legitimen Veranlaſſung (es handelte ſich um die Heraus-
gabe der Werke Borgheſi’s), die mir von dem dortigen Gouvernement angebotene litera-
riſche Vergütung zurückgewieſen habe, um möglichen Mißdeutungen aus dem Wege zu
gehen; daß ich endlich zwar nach dem Frieden mich pflichtmäßig bemüht habe das früher
zwiſchen den Akademien von Berlin und Paris beſtandene gute Einvernehmen, insbeſondere
in Betreff des Inſchriftenwerkes nach Möglicheit wiederherzuſtellen, daß dabei aber weder
Napoleons „angefangene Studien“ noch irgendeine Geldfrage in Betracht gekommen ſind.
Ich würde dieſe Erklärung nicht abgegeben haben wenn jene deutſche Correſpondenz ſie
mir nicht abgefordert hätte. Für die Aeußerungen der franzöſiſchen Preſſe habe ich keine
Antwort, und nicht etwa bloß ihrer Albernheit wegen, wie denn dieſer letzte Article de
Paris
nicht verfehlen kann in allen der literariſchen Verhältniſſe einigermaßen kundigen
Kreiſen Heiterkeit zu erregen, theils wegen der mir darin beigemeſſenen Mitſchuld an
Napoleons Cäſar, theils wegen des feinen Gedankens die unterbrochenen „Studien“ des
Ex-Kaiſers durch die Pariſer Akademie vollenden zu laſſen. Es iſt eine ernſthaftere Er-
wägung die mir gegen ſolche Angriffe Schweigen auferlegt. Seit dem letzten Kriege hat
der Pariſer Klatſch und ſein Niederſchlag, die franzöſiſche Preſſe, es ſich zum Syſtem
gemacht gefälſchte und, wenn ſie wahr wären, ehrenrührige Thatſachen gegen die in
Frankreich bekannten und dort mißliebigen deutſchen Gelehrten in Umlauf zu ſetzen.
Was mich betrifft, ſo könnte ich, wenn ich es der Mühe worth hielte, von Pasquillen
dieſer Art erbauliche Proben vorlegen, und die in gleicher Lage Befindlichen haben ähn-
liche Erfahrungen gemacht. Eine öffentliche Meinung an welche der Deutſche in Frank-
reich appelliren könnte gibt es nicht mehr. Wie es meritoriſch zu ſein ſcheint den dort
anweſenden Deutſchen todtzuſchlagen, ſo ſcheint es gleichfalls der Patriotismus zu for-
dern den Abweſenden um ſeine Ehre zu bringen, indem man Verleumdungen gegen ihn
theils erfindet, theils verbreitet, theils dazu ſchweigt. Wenn der Zweck iſt den Deut-
ſchen gleichgültig gegen das zu machen was man in Frankreich auf ſeine Rechnung er-
zählt, ſo iſt er nahezu erreicht. Unſere Landsleute aber werden es billigen wenn der
deutſche Gelehrte jeden aus franzöſiſcher Quelle ſtammenden Bericht über deutſche Per-
ſönlichkeiten behandelt wie eine liguriſche Inſchrift, zu deren Kritik die Angabe der Quelle
ausreicht.
Berlin, 3 Januar 1872. Th. Mommſen.“

Zu einer Rechtfertigung ähnlicher Art hat ſich vor kurzem der frühere Redac-
teur der „Rheiniſchen Zeitung,“ Hr. Bürgers, veranlaßt geſehen, der beſchuldigt
wurde franzöſiſche Subventionen erhalten zu haben. Es iſt nämlich jüngſt ein
Schreiben des ehemaligen Conſuls Curtis an den Ex-Kaiſer veröffentlicht worden,
der über die von dieſem Agenten gemachten Beſtechungsverſuche intereſſante Auf-
ſchlüſſe gibt, das Schreiben lautet:

Paris, den 21 Mai 1868. Majeſtät! Nach den Befehlen die Ew. Maj. mir
zu ertheilen geruhten, habe ich die Ehre nachſtehend ein nach meinem Ueberſchlag ge-
fertigtes Koſtenverzeichniß der Beträge zu unterbreiten mit welchen die Perſonen mit
denen ich unterhandelt habe gewonnen werden können, unter Vorbehalt jedoch der Aen-
derungen welche Ew. Maj. zu treffen belieben würden. Dr. Sauſen, „Mainzer Jour-
nal,“ 5000 Francs jährlich. Die „Neue Zeitung in Speyer,“ welche Hr. Sauſen über-
nehmen würde, 3000 bis 4000 Francs jährlich. Das „Echo der Gegenwart“ in Aachen
5000 Frcs. jährlich. Die „Nheiniſche Zeitung“ in Köln, das bedeutendſte Blatt. Um
ſich die Mitwirkung ſeines Redacteurs, Hrn. H. Bürgers, eines angeſehenen Mannes zu
verſchaffen, müßte man etwa 5000 Frcs für das Quartal aufwenden, was im ganzen eine
Ausgabe machen würde von ungefähr 22 bis 23,000 Frcs. Nach den mit dieſen
Herren getroffenen Vereinbarungen habe ich mich verpflichtet ihnen die Gelder quartal-
weiſe auszuzahlen, und zwar unter verſchiedenen Adreſſen im Ausland und namentlich
in England, damit die Quelle aus welcher dieſe Gelder fließen vollſtändig verborgen
bleibe. Nach geſchehener Auszahlung werde ich mich beehren die Quittungen über meine
Zahlungen in die Hände derjenigen Vertrauensperſon welche Ew. Maj. mir bezeichnen
wird zu übergeben. Um die Aufmerkſamkeit der preußiſchen Poſt nicht zu erwecken,
würde ich es auch übernehmen, wenn Ew. Maj. es wünſchen, in meinem Namen auf
jedes dieſer Blätter zu abonniren, um ſie dann in die Hände Ew. Maj. gelangen zu
laſſen, damit Ew. Maj. in den Stand geſetzt wären die Arbeit jener Herren zu contro-
liren. Genehmigen Ew. Maj. die Verſicherung der tiefſten Ehrfurcht Ihres unterthä-
nigen und gehorſamen Dieners
Curtis.

Darauf erklärt nun Hr. Bürgers: daß der ehemalige Conſul Curtis aller-
dings im Anfang des Jahres 1868 auf der Redaction der „Rhein. Ztg.“ erſchienen
ſei, und mit Hrn. Bürgers von einer Subvention ſeitens des Kaiſers Napoleon
für den Fall geſprochen habe daß die „Rhein. Ztg.“ in dem Streite zwiſchen Bismarck
und Napoleon, wie er ſich ausdrückte, eine neutrale Haltung beobachten wollte.
„Ich habe“ — ſagt Hr. Bürgers dann — „den Mann natürlich nur angehört um
ihn auszuforſchen und abzuweiſen. Da er ſich in keiner Weiſe legitimirt zeigte,
habe ich der Sache keine weitere Folge gegeben, als daß ich in der „Rhein. Ztg.“
einigemal auf die Umtriebe franzöſiſcher Agenten am Rhein hinwies.“ Ebenſo
haben die andern in dem Brief genannten Herren die behaupteten Unterhand-
lungen mit Curtis in Abrede geſtellt.

Prinz Friedrich Karl reſidirt bekanntlich mit ſeiner Familie im königl.
Schloſſe zu Berlin. Gegenwärtig geht jedoch der Prinz mit dem Gedanken um
ein eigenes Palais zu erbauen, und hat dazu ein großartiges Grundſtück in der
faſhionableſten Gegend der Hauptſtadt, am Wilhelmsplatz, in unmittelbarer Nach-
barſchaft ſeines Vaters, des Prinzen Karl, erworben. Noch im Laufe dieſes Monats
beabſichtigt der Prinz eine längere Reiſe nach Italien und nach dem Orient anzu-
treten. — Der auch als juriſtiſcher Schriftſteller bekannte Obertribunalrath
Dr. Goltdammer iſt, gerade 72 Jahre alt, am Freitag geſtorben. — Der „Reichs-
Anzeiger“ hat vorgeſtern die Ernennung des Hrn. Aegidi zum wirkl. Geh. Lega-
tionsrath und vortragenden Nath im auswärtigen Amte, ſowie von 73 Friedens-
richtern in Elſaß-Lothringen amtlich angezeigt.


Bekanntlich haben die Bundesrathsausſchüſſe für
Verfaſſung und Juſtizweſen den Beſchluß des Reichstages, betreffend die Ansdeh-
nung der Competenz der Reichsgeſetzgebung auf das geſammte bürgerliche Recht
und die Gerichtsorganiſation mit einer Mehrheit abgelehnt welche für das Schick-
ſal desſelben im Plenum vollſtändig entſcheidend iſt. Die Mehrheit hat ſich dabei
zum Theil dieſelben Gründe angeeignet welche vom Reichskanzler früher wie-
derholt gegenüber unbequemen Forderungen der liberalen Reichstagsparteien

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fehlen Sr. Maj. des Deut&#x017F;chen Kai&#x017F;ers als Bundesfeldherrn unbedingt Folge zu lei&#x017F;ten.&#x201C;</p>
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vorgehalten worden, und was ich wohl ver&#x017F;tanden habe, genau befolgen will, &#x017F;o wahr<lb/>
mir Gott helfe und &#x017F;ein heiliges Wort.&#x201C;</p>
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auf die Bedeutungslo&#x017F;igkeit der ultramontanen und der demokrati&#x017F;chen Oppo&#x017F;ition in<lb/>
un&#x017F;erer Kammer hingewie&#x017F;en und daraus die uner&#x017F;chütterte Stärke des Mini&#x017F;te-<lb/>
riums abgeleitet. Es möchte aber doch daraus zu viel gefolgert &#x017F;ein, und wir<lb/>
können beim Beginn des Jahres nicht umhin die Dinge etwas näher ins Auge<lb/>
zu fa&#x017F;&#x017F;en. Das Einführungsge&#x017F;etz zum Strafge&#x017F;etzbuch i&#x017F;t allerdings zuletzt mit<lb/>
einer großen Mehrheit angenommen worden, aber man hüte &#x017F;ich daraus auf ein<lb/>
Vertrauensvotum zu &#x017F;chließen. Art. 20 war kurz vorher, trotz des Wider&#x017F;pruchs<lb/>
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zweite Kammer endlich den Artikel annahm, &#x017F;o ge&#x017F;chah es weder aus Ueber-<lb/>
zeugung noch aus Willfährigkeit, &#x017F;ondern allein unter dem Druck der Verhältni&#x017F;&#x017F;e.<lb/>
In der er&#x017F;ten Kammer, deren Zu&#x017F;ammen&#x017F;etzung dem Mini&#x017F;terium eine Gewähr für<lb/>
Zu&#x017F;timmung zu ihren Vorlagen bildet, war der Artikel wiederherge&#x017F;tellt worden,<lb/>
und da die Feiertage und das Neujahr, wo das Ge&#x017F;etz in Geltung zu treten hatte,<lb/>
nahe waren, &#x017F;o &#x017F;agte die zweite Kammer &#x017F;chließlich nothgedrungen auch ja, indem<lb/>
man die &#x017F;ichere Ueberzeugung aus&#x017F;prach daß der Neichstag den Artikel wieder<lb/>
be&#x017F;eitigen werde. Nun i&#x017F;t dazu ein neuer Zwie&#x017F;palt gekommen, der &#x017F;ich<lb/>
nicht in gleicher Wei&#x017F;e be&#x017F;eitigen la&#x017F;&#x017F;en wird. Un&#x017F;ere Negierung hat nämlich im<lb/>
November vor. Is. einen Vertrag mit Bayern über mehrere gegen&#x017F;eitige Ei&#x017F;enbahn-<lb/>
Verbindungen abge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, welcher dem Landtag am 7 December vorgelegt<lb/>
wurde und der bis zum 23 Januar ratificirt &#x017F;ein &#x017F;oll. Nun hat aber die zweite<lb/>
Kammer, die bis zum 22 d. M. vertagt i&#x017F;t, die&#x017F;en Vertrag noch gar nicht in Be-<lb/>
rathung genommen, ob&#x017F;chon die Regierung gehofft hatte daß dieß &#x017F;o kurzer Hand<lb/>
ge&#x017F;chehen werde, und wir hören aus den betreffenden Abgeordnetenkrei&#x017F;en daß die<lb/>
Kammer überhaupt nicht geneigt i&#x017F;t &#x017F;ich damit zu beeilen, weil &#x017F;ie &#x017F;ehr über das<lb/>
ge&#x017F;ammte Ei&#x017F;enbahnwe&#x017F;en ver&#x017F;timmt i&#x017F;t, und keine neuen Ei&#x017F;enbahnen mehr bewil-<lb/>
ligen will bevor für gründliche Reformen Garantien geboten &#x017F;ind. Kein Land<lb/>
hat &#x017F;chlimmere Erfahrungen in die&#x017F;en Dingen gemacht, und wenn man auch<lb/>
dem gegenwärtigen Mini&#x017F;terium die vielen Bau&#x017F;ünden nicht zur La&#x017F;t legen<lb/>
will und kann, &#x017F;o will man doch Sicherheit vor der Wiederkehr von dergleichen und<lb/>
eine durchgreifende Reorgani&#x017F;ation der Verwaltung, des Betriebs und &#x017F;elb&#x017F;t der leiten-<lb/>
den Per&#x017F;önlichkeiten. Im Schoße der betreffenden Commi&#x017F;&#x017F;ion &#x017F;oll beantragt wer-<lb/>
den an das Mini&#x017F;terium das Verlangen zu &#x017F;tellen: die Ei&#x017F;enbahnen entweder zu<lb/>
verkaufen oder zu verpachten, oder doch &#x017F;olche Reformen einzuführen daß das Land<lb/>
einmal Garantien für eine rationelle Auf&#x017F;tellung der Routen und be&#x017F;&#x017F;eren Betrieb er-<lb/>
halte. Wir würden zwar beiden er&#x017F;teren Verlangen un&#x017F;ere Billigung nicht er-<lb/>
theilen können, das dritte aber i&#x017F;t nur zu nothwendig, und wir &#x017F;prechen den<lb/>
allgemeinen Wun&#x017F;ch des Landes aus wenn wir das Handelsmini&#x017F;terium und die<lb/>
Direction der Verkehrsan&#x017F;talten mit ganz anderen Per&#x017F;önlichkeiten be&#x017F;etzt wün&#x017F;ch-<lb/>
ten. Jedenfalls wird der wiederzu&#x017F;ammentretende Landtag &#x017F;ehr ern&#x017F;te Discu&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ionen darüber eröffnen. &#x2014; Die Einführung der neuen Maße und Gewichte i&#x017F;t<lb/>
mit weniger Schwierigkeiten vor &#x017F;ich gegangen als man befürchtete; aber die<lb/>
Wirthe und Kaufleute waren auch gleich auf ihren Vortheil bedacht, haben &#x017F;ich in<lb/>
den ver&#x017F;chiedenen Städten über gleiche Preiserhöhungen ver&#x017F;tändigt, und das Publi-<lb/>
cum hat den Schaden. Nach genauer Reduction würde z. B. von dem bisherigen<lb/>
Wein zu 12 kr. per Schoppen das Liter 32 kr. ko&#x017F;ten, es wird aber zu 36 kr. ausge-<lb/>
&#x017F;chenkt, und dadurch machen die Wirthe auf <hi rendition="#g">einen</hi> Schlag einen Profit von 10 fl.<lb/>
per Ohm. Dieß wäre in den mei&#x017F;ten Fällen nicht &#x017F;o gekommen wenn wir zu<lb/>
gleicher Zeit die Silbermark mit den ver&#x017F;chiedenen Pfennig&#x017F;tücken erhalten hätten,<lb/>
da dann eine richtige Ausgleichung leichter wäre. Auch der Uebergang zur Reichs-<lb/>
po&#x017F;t hat &#x017F;ich ganz unbemerkbar vollzogen, und von der Entfernung &#x017F;o vielen alten<lb/>
Schlendrians i&#x017F;t noch nichts zu &#x017F;ehen. In den Städten i&#x017F;t noch Mittags 12 bis<lb/>
2 Uhr der Schalter ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, ein einziger Schalterbeamter muß die Briefe und<lb/>
Auszahlungen be&#x017F;orgen, wobei das &#x017F;ich drängende Publicum oft eine Stunde lang<lb/>
auf die Abfertigung warten muß, und wenn wir auch &#x017F;on&#x017F;t nichts von dem zur<lb/>
Mode gewordenen Hereinziehen von Preußen in un&#x017F;ere be&#x017F;ten Stellen wi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
wollen, &#x017F;o möchten wir doch wün&#x017F;chen daß in un&#x017F;ere Städte baldmöglich&#x017F;t tüchtige<lb/>
Po&#x017F;tvor&#x017F;tände aus Preußen kämen. &#x2014; Un&#x017F;ere Zeitungen meldeten in den letzten<lb/>
Tagen daß aus den Garni&#x017F;ons&#x017F;tädten des Oberlandes &#x017F;o manche Soldaten de&#x017F;er-<lb/>
tirten, an 40 Fälle in kürze&#x017F;ter Zeit, und ein Blatt will wi&#x017F;&#x017F;en daß das Regiment<lb/>
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&#x017F;ertion führt man übermäßige An&#x017F;trengung im Dien&#x017F;t und herab&#x017F;etzendes Be-<lb/>
&#x017F;chimpfen durch die Vorge&#x017F;etzten an, und wenn auch manches davon übertrieben<lb/>
&#x017F;ein mag, &#x017F;o weiß man doch auch aus anderen Garni&#x017F;onen ähnliches, und es<lb/>
&#x017F;ollte von oben herab auf Ab&#x017F;tellung &#x017F;olcher Dinge gewirkt werden. Der Süd-<lb/>
deut&#x017F;che verträgt eben eine &#x017F;o rück&#x017F;ichtslo&#x017F;e Strammheit nicht wie der daran ge-<lb/>
wohnte Norddeut&#x017F;che, und die&#x017F;es Naturell kann leicht berück&#x017F;ichtigt werden ohne der<lb/>
Sache und dem Dien&#x017F;t etwas zu vergeben.</p>
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            <p>Profe&#x017F;&#x017F;or Theodor Momm&#x017F;en i&#x017F;t höchlich indignirt<lb/>
darüber daß ihm eine &#x201E;Mit&#x017F;chuld&#x201C; an Napoleons &#x201E;&#x017F;ar&#x201C; beigeme&#x017F;&#x017F;en worden i&#x017F;t.<lb/>
Er hat der Redaction der &#x201E;Vo&#x017F;&#x017F;i&#x017F;chen Zeitung&#x201C; folgenden Brief zugehen la&#x017F;&#x017F;en, der<lb/>
an Aufrichtigkeit gewiß nichts zu wün&#x017F;chen übrig läßt:</p><lb/>
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              <quote>&#x201E;Geehrter Hr. Redacteur! Ich finde in der franzö&#x017F;i&#x017F;chen Corre&#x017F;pondenz Ihres<lb/>
heutigen Blattes den Auszug aus einem jetzt durch die Pari&#x017F;er Blätter die Nunde ma-<lb/>
chenden Artikel der mich betrifft. Dem&#x017F;elben zufolge hat der Krieg mich des mir von<lb/>
dem Kai&#x017F;er Napoleon für meine Beihülfe an dem &#x201E;Leben Cä&#x017F;ars&#x201C; ausge&#x017F;etzten Jahres-<lb/><cb/>
gehalts von 10,000 Fr. beraubt. Ich habe mich ferner nach dem Frieden an Hrn. Re-<lb/>
nan gewendet, um die Fortführung die&#x017F;er Studien durch die Pari&#x017F;er Akademie und den<lb/>
Fortbezug die&#x017F;er Pen&#x017F;ion zu erwirken, jedoch ohne guten Erfolg. Der Corre&#x017F;pondent<lb/>
knüpft daran die wohlmeinende Bemerkung daß ich nicht verfehlen werde die&#x017F;en verleum-<lb/>
deri&#x017F;chen An&#x017F;chuldigungen die gebührende Abwei&#x017F;ung widerfahren zu la&#x017F;&#x017F;en. Einer &#x017F;ol-<lb/>
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nicht &#x017F;agen mißver&#x017F;tanden werden, aber doch &#x017F;elt&#x017F;am er&#x017F;cheinen. Ich will denn al&#x017F;o<lb/>
erklären daß ich nie für Napoleons &#x201E;Leben Cä&#x017F;ars&#x201C; eine Zeile ge&#x017F;chrieben habe, noch<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t in irgendeiner Wei&#x017F;e dafür thätig gewe&#x017F;en bin; daß ich nie von der franzö&#x017F;i&#x017F;chen<lb/>
Regierung oder dem Kai&#x017F;er per&#x017F;önlich auch nur einen Franken empfangen, vielmehr bei<lb/>
einer be&#x017F;timmten, an &#x017F;ich völlig legitimen Veranla&#x017F;&#x017F;ung (es handelte &#x017F;ich um die Heraus-<lb/>
gabe der Werke Borghe&#x017F;i&#x2019;s), die mir von dem dortigen Gouvernement angebotene litera-<lb/>
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gehen; daß ich endlich zwar nach dem Frieden mich pflichtmäßig bemüht habe das früher<lb/>
zwi&#x017F;chen den Akademien von Berlin und Paris be&#x017F;tandene gute Einvernehmen, insbe&#x017F;ondere<lb/>
in Betreff des In&#x017F;chriftenwerkes nach Möglicheit wiederherzu&#x017F;tellen, daß dabei aber weder<lb/>
Napoleons &#x201E;angefangene Studien&#x201C; noch irgendeine Geldfrage in Betracht gekommen &#x017F;ind.<lb/>
Ich würde die&#x017F;e Erklärung nicht abgegeben haben wenn jene deut&#x017F;che Corre&#x017F;pondenz &#x017F;ie<lb/>
mir nicht abgefordert hätte. Für die Aeußerungen der franzö&#x017F;i&#x017F;chen Pre&#x017F;&#x017F;e habe ich keine<lb/>
Antwort, und nicht etwa bloß ihrer Albernheit wegen, wie denn die&#x017F;er letzte <hi rendition="#aq">Article de<lb/>
Paris</hi> nicht verfehlen kann in allen der literari&#x017F;chen Verhältni&#x017F;&#x017F;e einigermaßen kundigen<lb/>
Krei&#x017F;en Heiterkeit zu erregen, theils wegen der mir darin beigeme&#x017F;&#x017F;enen Mit&#x017F;chuld an<lb/>
Napoleons Cä&#x017F;ar, theils wegen des feinen Gedankens die unterbrochenen &#x201E;Studien&#x201C; des<lb/>
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wägung die mir gegen &#x017F;olche Angriffe Schweigen auferlegt. Seit dem letzten Kriege hat<lb/>
der Pari&#x017F;er Klat&#x017F;ch und &#x017F;ein Nieder&#x017F;chlag, die franzö&#x017F;i&#x017F;che Pre&#x017F;&#x017F;e, es &#x017F;ich zum Sy&#x017F;tem<lb/>
gemacht gefäl&#x017F;chte und, wenn &#x017F;ie wahr wären, ehrenrührige That&#x017F;achen gegen die in<lb/>
Frankreich bekannten und dort mißliebigen deut&#x017F;chen Gelehrten in Umlauf zu &#x017F;etzen.<lb/>
Was mich betrifft, &#x017F;o könnte ich, wenn ich es der Mühe worth hielte, von Pasquillen<lb/>
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reich appelliren könnte gibt es nicht mehr. Wie es meritori&#x017F;ch zu &#x017F;ein &#x017F;cheint den dort<lb/>
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dern den Abwe&#x017F;enden um &#x017F;eine Ehre zu bringen, indem man Verleumdungen gegen ihn<lb/>
theils erfindet, theils verbreitet, theils dazu &#x017F;chweigt. Wenn der Zweck i&#x017F;t den Deut-<lb/>
&#x017F;chen gleichgültig gegen das zu machen was man in Frankreich auf &#x017F;eine Rechnung er-<lb/>
zählt, &#x017F;o i&#x017F;t er nahezu erreicht. Un&#x017F;ere Landsleute aber werden es billigen wenn der<lb/>
deut&#x017F;che Gelehrte jeden aus franzö&#x017F;i&#x017F;cher Quelle &#x017F;tammenden Bericht über deut&#x017F;che Per-<lb/>
&#x017F;önlichkeiten behandelt wie eine liguri&#x017F;che In&#x017F;chrift, zu deren Kritik die Angabe der Quelle<lb/>
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wurde franzö&#x017F;i&#x017F;che Subventionen erhalten zu haben. Es i&#x017F;t nämlich jüng&#x017F;t ein<lb/>
Schreiben des ehemaligen Con&#x017F;uls Curtis an den Ex-Kai&#x017F;er veröffentlicht worden,<lb/>
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zu ertheilen geruhten, habe ich die Ehre nach&#x017F;tehend ein nach meinem Ueber&#x017F;chlag ge-<lb/>
fertigtes Ko&#x017F;tenverzeichniß der Beträge zu unterbreiten mit welchen die Per&#x017F;onen mit<lb/>
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derungen welche Ew. Maj. zu treffen belieben würden. <hi rendition="#aq">Dr.</hi> Sau&#x017F;en, &#x201E;Mainzer Jour-<lb/>
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nehmen würde, 3000 bis 4000 Francs jährlich. Das &#x201E;Echo der Gegenwart&#x201C; in Aachen<lb/>
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&#x017F;ich die Mitwirkung &#x017F;eines Redacteurs, Hrn. H. Bürgers, eines ange&#x017F;ehenen Mannes zu<lb/>
ver&#x017F;chaffen, müßte man etwa 5000 Frcs für das Quartal aufwenden, was im ganzen eine<lb/>
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Herren getroffenen Vereinbarungen habe ich mich verpflichtet ihnen die Gelder quartal-<lb/>
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in England, damit die Quelle aus welcher die&#x017F;e Gelder fließen voll&#x017F;tändig verborgen<lb/>
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Zahlungen in die Hände derjenigen Vertrauensper&#x017F;on welche Ew. Maj. mir bezeichnen<lb/>
wird zu übergeben. Um die Aufmerk&#x017F;amkeit der preußi&#x017F;chen Po&#x017F;t nicht zu erwecken,<lb/>
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jedes die&#x017F;er Blätter zu abonniren, um &#x017F;ie dann in die Hände Ew. Maj. gelangen zu<lb/>
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habe ich der Sache keine weitere Folge gegeben, als daß ich in der &#x201E;Rhein. Ztg.&#x201C;<lb/>
einigemal auf die Umtriebe franzö&#x017F;i&#x017F;cher Agenten am Rhein hinwies.&#x201C; Eben&#x017F;o<lb/>
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Anzeiger&#x201C; hat vorge&#x017F;tern die Ernennung des Hrn. Aegidi zum wirkl. Geh. Lega-<lb/>
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[132/0004] ſetzten den gebührenden Reſpect und Gehorſam leiſten, deren Befehle ohne Widerrede und unverdroſſen vollziehen, im Kriege wie im Frieden, zu Waſſer und zu Land, bei Tag und bei Nacht, auf Märſchen und Wachen, bei Belagerungen, in Stürmen und Schlachten, überhaupt bei allen Gelegenheiten als tapfere und treue Soldaten euch er- weiſen, eure Fahne (Standarte) niemals treulos und meineidig verlaſſen, vielmehr ſie ſtets muthig vertheidigen und euch nach Vorſchrift der Kriegsgeſetze jederzeit ſo beneh- men wollet wie es ehrliebenden Soldaten geziemt. Auch ſchwört ihr im Kriege den Be- fehlen Sr. Maj. des Deutſchen Kaiſers als Bundesfeldherrn unbedingt Folge zu leiſten.“ Hiezu iſt die Stabung: „Ich ſchwöre zu Gott dem Allmächtigen daß ich alles dasjenige was mir ſo eben vorgehalten worden, und was ich wohl verſtanden habe, genau befolgen will, ſo wahr mir Gott helfe und ſein heiliges Wort.“ ⌗ Aus Baden, 7 Jan. Die unter der Aegide der Führer der Natio- nalliberalen herausgegebene „Bad. Corr.“ hat in ihren Neujahrsbetrachtungen auf die Bedeutungsloſigkeit der ultramontanen und der demokratiſchen Oppoſition in unſerer Kammer hingewieſen und daraus die unerſchütterte Stärke des Miniſte- riums abgeleitet. Es möchte aber doch daraus zu viel gefolgert ſein, und wir können beim Beginn des Jahres nicht umhin die Dinge etwas näher ins Auge zu faſſen. Das Einführungsgeſetz zum Strafgeſetzbuch iſt allerdings zuletzt mit einer großen Mehrheit angenommen worden, aber man hüte ſich daraus auf ein Vertrauensvotum zu ſchließen. Art. 20 war kurz vorher, trotz des Widerſpruchs des Miniſteriums, mit erheblicher Mehrheit verworfen worden, und wenn die zweite Kammer endlich den Artikel annahm, ſo geſchah es weder aus Ueber- zeugung noch aus Willfährigkeit, ſondern allein unter dem Druck der Verhältniſſe. In der erſten Kammer, deren Zuſammenſetzung dem Miniſterium eine Gewähr für Zuſtimmung zu ihren Vorlagen bildet, war der Artikel wiederhergeſtellt worden, und da die Feiertage und das Neujahr, wo das Geſetz in Geltung zu treten hatte, nahe waren, ſo ſagte die zweite Kammer ſchließlich nothgedrungen auch ja, indem man die ſichere Ueberzeugung ausſprach daß der Neichstag den Artikel wieder beſeitigen werde. Nun iſt dazu ein neuer Zwieſpalt gekommen, der ſich nicht in gleicher Weiſe beſeitigen laſſen wird. Unſere Negierung hat nämlich im November vor. Is. einen Vertrag mit Bayern über mehrere gegenſeitige Eiſenbahn- Verbindungen abgeſchloſſen, welcher dem Landtag am 7 December vorgelegt wurde und der bis zum 23 Januar ratificirt ſein ſoll. Nun hat aber die zweite Kammer, die bis zum 22 d. M. vertagt iſt, dieſen Vertrag noch gar nicht in Be- rathung genommen, obſchon die Regierung gehofft hatte daß dieß ſo kurzer Hand geſchehen werde, und wir hören aus den betreffenden Abgeordnetenkreiſen daß die Kammer überhaupt nicht geneigt iſt ſich damit zu beeilen, weil ſie ſehr über das geſammte Eiſenbahnweſen verſtimmt iſt, und keine neuen Eiſenbahnen mehr bewil- ligen will bevor für gründliche Reformen Garantien geboten ſind. Kein Land hat ſchlimmere Erfahrungen in dieſen Dingen gemacht, und wenn man auch dem gegenwärtigen Miniſterium die vielen Bauſünden nicht zur Laſt legen will und kann, ſo will man doch Sicherheit vor der Wiederkehr von dergleichen und eine durchgreifende Reorganiſation der Verwaltung, des Betriebs und ſelbſt der leiten- den Perſönlichkeiten. Im Schoße der betreffenden Commiſſion ſoll beantragt wer- den an das Miniſterium das Verlangen zu ſtellen: die Eiſenbahnen entweder zu verkaufen oder zu verpachten, oder doch ſolche Reformen einzuführen daß das Land einmal Garantien für eine rationelle Aufſtellung der Routen und beſſeren Betrieb er- halte. Wir würden zwar beiden erſteren Verlangen unſere Billigung nicht er- theilen können, das dritte aber iſt nur zu nothwendig, und wir ſprechen den allgemeinen Wunſch des Landes aus wenn wir das Handelsminiſterium und die Direction der Verkehrsanſtalten mit ganz anderen Perſönlichkeiten beſetzt wünſch- ten. Jedenfalls wird der wiederzuſammentretende Landtag ſehr ernſte Discuſ- ſionen darüber eröffnen. — Die Einführung der neuen Maße und Gewichte iſt mit weniger Schwierigkeiten vor ſich gegangen als man befürchtete; aber die Wirthe und Kaufleute waren auch gleich auf ihren Vortheil bedacht, haben ſich in den verſchiedenen Städten über gleiche Preiserhöhungen verſtändigt, und das Publi- cum hat den Schaden. Nach genauer Reduction würde z. B. von dem bisherigen Wein zu 12 kr. per Schoppen das Liter 32 kr. koſten, es wird aber zu 36 kr. ausge- ſchenkt, und dadurch machen die Wirthe auf einen Schlag einen Profit von 10 fl. per Ohm. Dieß wäre in den meiſten Fällen nicht ſo gekommen wenn wir zu gleicher Zeit die Silbermark mit den verſchiedenen Pfennigſtücken erhalten hätten, da dann eine richtige Ausgleichung leichter wäre. Auch der Uebergang zur Reichs- poſt hat ſich ganz unbemerkbar vollzogen, und von der Entfernung ſo vielen alten Schlendrians iſt noch nichts zu ſehen. In den Städten iſt noch Mittags 12 bis 2 Uhr der Schalter geſchloſſen, ein einziger Schalterbeamter muß die Briefe und Auszahlungen beſorgen, wobei das ſich drängende Publicum oft eine Stunde lang auf die Abfertigung warten muß, und wenn wir auch ſonſt nichts von dem zur Mode gewordenen Hereinziehen von Preußen in unſere beſten Stellen wiſſen wollen, ſo möchten wir doch wünſchen daß in unſere Städte baldmöglichſt tüchtige Poſtvorſtände aus Preußen kämen. — Unſere Zeitungen meldeten in den letzten Tagen daß aus den Garniſonsſtädten des Oberlandes ſo manche Soldaten deſer- tirten, an 40 Fälle in kürzeſter Zeit, und ein Blatt will wiſſen daß das Regiment in Conſtanz deßhalb nach Spandau verlegt werden dürfte. Als Grund der De- ſertion führt man übermäßige Anſtrengung im Dienſt und herabſetzendes Be- ſchimpfen durch die Vorgeſetzten an, und wenn auch manches davon übertrieben ſein mag, ſo weiß man doch auch aus anderen Garniſonen ähnliches, und es ſollte von oben herab auf Abſtellung ſolcher Dinge gewirkt werden. Der Süd- deutſche verträgt eben eine ſo rückſichtsloſe Strammheit nicht wie der daran ge- wohnte Norddeutſche, und dieſes Naturell kann leicht berückſichtigt werden ohne der Sache und dem Dienſt etwas zu vergeben. * Berlin, 7 Jan. Profeſſor Theodor Mommſen iſt höchlich indignirt darüber daß ihm eine „Mitſchuld“ an Napoleons „Cäſar“ beigemeſſen worden iſt. Er hat der Redaction der „Voſſiſchen Zeitung“ folgenden Brief zugehen laſſen, der an Aufrichtigkeit gewiß nichts zu wünſchen übrig läßt: „Geehrter Hr. Redacteur! Ich finde in der franzöſiſchen Correſpondenz Ihres heutigen Blattes den Auszug aus einem jetzt durch die Pariſer Blätter die Nunde ma- chenden Artikel der mich betrifft. Demſelben zufolge hat der Krieg mich des mir von dem Kaiſer Napoleon für meine Beihülfe an dem „Leben Cäſars“ ausgeſetzten Jahres- gehalts von 10,000 Fr. beraubt. Ich habe mich ferner nach dem Frieden an Hrn. Re- nan gewendet, um die Fortführung dieſer Studien durch die Pariſer Akademie und den Fortbezug dieſer Penſion zu erwirken, jedoch ohne guten Erfolg. Der Correſpondent knüpft daran die wohlmeinende Bemerkung daß ich nicht verfehlen werde dieſen verleum- deriſchen Anſchuldigungen die gebührende Abweiſung widerfahren zu laſſen. Einer ſol- chen directen Aufforderung der deutſchen Preſſe nicht Folge zu leiſten, könnte, ich will nicht ſagen mißverſtanden werden, aber doch ſeltſam erſcheinen. Ich will denn alſo erklären daß ich nie für Napoleons „Leben Cäſars“ eine Zeile geſchrieben habe, noch ſonſt in irgendeiner Weiſe dafür thätig geweſen bin; daß ich nie von der franzöſiſchen Regierung oder dem Kaiſer perſönlich auch nur einen Franken empfangen, vielmehr bei einer beſtimmten, an ſich völlig legitimen Veranlaſſung (es handelte ſich um die Heraus- gabe der Werke Borgheſi’s), die mir von dem dortigen Gouvernement angebotene litera- riſche Vergütung zurückgewieſen habe, um möglichen Mißdeutungen aus dem Wege zu gehen; daß ich endlich zwar nach dem Frieden mich pflichtmäßig bemüht habe das früher zwiſchen den Akademien von Berlin und Paris beſtandene gute Einvernehmen, insbeſondere in Betreff des Inſchriftenwerkes nach Möglicheit wiederherzuſtellen, daß dabei aber weder Napoleons „angefangene Studien“ noch irgendeine Geldfrage in Betracht gekommen ſind. Ich würde dieſe Erklärung nicht abgegeben haben wenn jene deutſche Correſpondenz ſie mir nicht abgefordert hätte. Für die Aeußerungen der franzöſiſchen Preſſe habe ich keine Antwort, und nicht etwa bloß ihrer Albernheit wegen, wie denn dieſer letzte Article de Paris nicht verfehlen kann in allen der literariſchen Verhältniſſe einigermaßen kundigen Kreiſen Heiterkeit zu erregen, theils wegen der mir darin beigemeſſenen Mitſchuld an Napoleons Cäſar, theils wegen des feinen Gedankens die unterbrochenen „Studien“ des Ex-Kaiſers durch die Pariſer Akademie vollenden zu laſſen. Es iſt eine ernſthaftere Er- wägung die mir gegen ſolche Angriffe Schweigen auferlegt. Seit dem letzten Kriege hat der Pariſer Klatſch und ſein Niederſchlag, die franzöſiſche Preſſe, es ſich zum Syſtem gemacht gefälſchte und, wenn ſie wahr wären, ehrenrührige Thatſachen gegen die in Frankreich bekannten und dort mißliebigen deutſchen Gelehrten in Umlauf zu ſetzen. Was mich betrifft, ſo könnte ich, wenn ich es der Mühe worth hielte, von Pasquillen dieſer Art erbauliche Proben vorlegen, und die in gleicher Lage Befindlichen haben ähn- liche Erfahrungen gemacht. Eine öffentliche Meinung an welche der Deutſche in Frank- reich appelliren könnte gibt es nicht mehr. Wie es meritoriſch zu ſein ſcheint den dort anweſenden Deutſchen todtzuſchlagen, ſo ſcheint es gleichfalls der Patriotismus zu for- dern den Abweſenden um ſeine Ehre zu bringen, indem man Verleumdungen gegen ihn theils erfindet, theils verbreitet, theils dazu ſchweigt. Wenn der Zweck iſt den Deut- ſchen gleichgültig gegen das zu machen was man in Frankreich auf ſeine Rechnung er- zählt, ſo iſt er nahezu erreicht. Unſere Landsleute aber werden es billigen wenn der deutſche Gelehrte jeden aus franzöſiſcher Quelle ſtammenden Bericht über deutſche Per- ſönlichkeiten behandelt wie eine liguriſche Inſchrift, zu deren Kritik die Angabe der Quelle ausreicht. Berlin, 3 Januar 1872. Th. Mommſen.“ Zu einer Rechtfertigung ähnlicher Art hat ſich vor kurzem der frühere Redac- teur der „Rheiniſchen Zeitung,“ Hr. Bürgers, veranlaßt geſehen, der beſchuldigt wurde franzöſiſche Subventionen erhalten zu haben. Es iſt nämlich jüngſt ein Schreiben des ehemaligen Conſuls Curtis an den Ex-Kaiſer veröffentlicht worden, der über die von dieſem Agenten gemachten Beſtechungsverſuche intereſſante Auf- ſchlüſſe gibt, das Schreiben lautet: „Paris, den 21 Mai 1868. Majeſtät! Nach den Befehlen die Ew. Maj. mir zu ertheilen geruhten, habe ich die Ehre nachſtehend ein nach meinem Ueberſchlag ge- fertigtes Koſtenverzeichniß der Beträge zu unterbreiten mit welchen die Perſonen mit denen ich unterhandelt habe gewonnen werden können, unter Vorbehalt jedoch der Aen- derungen welche Ew. Maj. zu treffen belieben würden. Dr. Sauſen, „Mainzer Jour- nal,“ 5000 Francs jährlich. Die „Neue Zeitung in Speyer,“ welche Hr. Sauſen über- nehmen würde, 3000 bis 4000 Francs jährlich. Das „Echo der Gegenwart“ in Aachen 5000 Frcs. jährlich. Die „Nheiniſche Zeitung“ in Köln, das bedeutendſte Blatt. Um ſich die Mitwirkung ſeines Redacteurs, Hrn. H. Bürgers, eines angeſehenen Mannes zu verſchaffen, müßte man etwa 5000 Frcs für das Quartal aufwenden, was im ganzen eine Ausgabe machen würde von ungefähr 22 bis 23,000 Frcs. Nach den mit dieſen Herren getroffenen Vereinbarungen habe ich mich verpflichtet ihnen die Gelder quartal- weiſe auszuzahlen, und zwar unter verſchiedenen Adreſſen im Ausland und namentlich in England, damit die Quelle aus welcher dieſe Gelder fließen vollſtändig verborgen bleibe. Nach geſchehener Auszahlung werde ich mich beehren die Quittungen über meine Zahlungen in die Hände derjenigen Vertrauensperſon welche Ew. Maj. mir bezeichnen wird zu übergeben. Um die Aufmerkſamkeit der preußiſchen Poſt nicht zu erwecken, würde ich es auch übernehmen, wenn Ew. Maj. es wünſchen, in meinem Namen auf jedes dieſer Blätter zu abonniren, um ſie dann in die Hände Ew. Maj. gelangen zu laſſen, damit Ew. Maj. in den Stand geſetzt wären die Arbeit jener Herren zu contro- liren. Genehmigen Ew. Maj. die Verſicherung der tiefſten Ehrfurcht Ihres unterthä- nigen und gehorſamen Dieners Curtis.“ Darauf erklärt nun Hr. Bürgers: daß der ehemalige Conſul Curtis aller- dings im Anfang des Jahres 1868 auf der Redaction der „Rhein. Ztg.“ erſchienen ſei, und mit Hrn. Bürgers von einer Subvention ſeitens des Kaiſers Napoleon für den Fall geſprochen habe daß die „Rhein. Ztg.“ in dem Streite zwiſchen Bismarck und Napoleon, wie er ſich ausdrückte, eine neutrale Haltung beobachten wollte. „Ich habe“ — ſagt Hr. Bürgers dann — „den Mann natürlich nur angehört um ihn auszuforſchen und abzuweiſen. Da er ſich in keiner Weiſe legitimirt zeigte, habe ich der Sache keine weitere Folge gegeben, als daß ich in der „Rhein. Ztg.“ einigemal auf die Umtriebe franzöſiſcher Agenten am Rhein hinwies.“ Ebenſo haben die andern in dem Brief genannten Herren die behaupteten Unterhand- lungen mit Curtis in Abrede geſtellt. Prinz Friedrich Karl reſidirt bekanntlich mit ſeiner Familie im königl. Schloſſe zu Berlin. Gegenwärtig geht jedoch der Prinz mit dem Gedanken um ein eigenes Palais zu erbauen, und hat dazu ein großartiges Grundſtück in der faſhionableſten Gegend der Hauptſtadt, am Wilhelmsplatz, in unmittelbarer Nach- barſchaft ſeines Vaters, des Prinzen Karl, erworben. Noch im Laufe dieſes Monats beabſichtigt der Prinz eine längere Reiſe nach Italien und nach dem Orient anzu- treten. — Der auch als juriſtiſcher Schriftſteller bekannte Obertribunalrath Dr. Goltdammer iſt, gerade 72 Jahre alt, am Freitag geſtorben. — Der „Reichs- Anzeiger“ hat vorgeſtern die Ernennung des Hrn. Aegidi zum wirkl. Geh. Lega- tionsrath und vortragenden Nath im auswärtigen Amte, ſowie von 73 Friedens- richtern in Elſaß-Lothringen amtlich angezeigt. (—) Berlin, 7 Jan. Bekanntlich haben die Bundesrathsausſchüſſe für Verfaſſung und Juſtizweſen den Beſchluß des Reichstages, betreffend die Ansdeh- nung der Competenz der Reichsgeſetzgebung auf das geſammte bürgerliche Recht und die Gerichtsorganiſation mit einer Mehrheit abgelehnt welche für das Schick- ſal desſelben im Plenum vollſtändig entſcheidend iſt. Die Mehrheit hat ſich dabei zum Theil dieſelben Gründe angeeignet welche vom Reichskanzler früher wie- derholt gegenüber unbequemen Forderungen der liberalen Reichstagsparteien

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 10, 10. Januar 1872, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine10_1872/4>, abgerufen am 16.06.2024.