Allgemeine Zeitung, Nr. 2, 2. Januar 1872.[Spaltenumbruch]
diese Seite der Sache aufmerksam zu machen, mehrere der letztern sogar für den Aus der Türkei. @ Pera, 23 Dec.Seit acht Tagen hatten sich Gerüchte über einen Minister- Die öffentliche Sicherheit ist auf die bedenklichste Weise compromittirt; fast Die Sanitätsbehörde, die bei dem Ausbruche der Cholera in Brussa und der Ueber den Zustand der öffentlichen Arbeiten und der Communicationen will Der Stadtpräfect Ali Riza Bey also hatte vor mehreren Jahren das Glück sich die Bevor ich schließe gestatte ich mir einige Bemerkungen über unsere Communi- Aus der französischen Nationalversammlung. * Versailles, 28 Dec. Hr. Thiers wohnt der Sitzung bei. Auf die Frage [Spaltenumbruch]
dieſe Seite der Sache aufmerkſam zu machen, mehrere der letztern ſogar für den Aus der Türkei.  Pera, 23 Dec.Seit acht Tagen hatten ſich Gerüchte über einen Miniſter- Die öffentliche Sicherheit iſt auf die bedenklichſte Weiſe compromittirt; faſt Die Sanitätsbehörde, die bei dem Ausbruche der Cholera in Bruſſa und der Ueber den Zuſtand der öffentlichen Arbeiten und der Communicationen will Der Stadtpräfect Ali Riza Bey alſo hatte vor mehreren Jahren das Glück ſich die Bevor ich ſchließe geſtatte ich mir einige Bemerkungen über unſere Communi- Aus der franzöſiſchen Nationalverſammlung. * Verſailles, 28 Dec. Hr. Thiers wohnt der Sitzung bei. Auf die Frage <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <p><pb facs="#f0003" n="11"/><cb/> dieſe Seite der Sache aufmerkſam zu machen, mehrere der letztern ſogar für den<lb/> Antrag Valentin geſtimmt.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Aus der Türkei.</hi> </head><lb/> <dateline> <hi rendition="#b">Pera,</hi> 23 Dec.</dateline><lb/> <p>Seit acht Tagen hatten ſich Gerüchte über einen Miniſter-<lb/> wechſel verbreitet, die ſich aber ſämmtlich als unbegründet erwieſen. Dagegen finden<lb/> noch fortwährend Abſetzungen und Ernennungen der Beamten ſtatt, und zwar haupt-<lb/> ſächlich, wie es in den officiellen „Communiqués“ heißt, im Intereſſe der Erſparungen.<lb/> Das neue Budget, das indeſſen noch nicht erſchienen iſt, ſoll, nach den vertraulichen<lb/> Mittheilungen welche darüber an die große Glocke gehängt wurden, ein Deficit von<lb/> nur 104,000 Beuteln (3 Mill. Thlrn.) aufweiſen, und der „Levant Herald,“ der<lb/> kürzlich mit Sack und Pack aus dem Lager der Oppoſition zu den fetten Fleiſch-<lb/> töpfen der Regierungspreſſe übertrat, ſtimmt einen begeiſterten Dithyrambus über<lb/> dieſes glänzende Ergebniß an. Es ſcheint indeſſen daß, trotz dieſer Poſaunenſtöße<lb/> und trotz der officiellen Gratulationen des engliſchen Botſchafters, die engliſchen<lb/> Capitaliſten gar keine Luſt bezeigen ſich bei der beabſichtigten neuen Anleihe zu<lb/> betheiligen; in Deutſchland dagegen, wo man ſich einbildet daß die Engländer <hi rendition="#g">bei</hi><lb/> den bisherigen türkiſchen Anleihen glänzende Gewinne realiſirt haben, ſcheinen ſich<lb/> mehrere Bankhäuſer um Antheile bei dieſer Anleihe zu bemühen, ohne Zweifel<lb/> weil ſie in die Geheimniſſe der türkiſchen Finanzverwaltung durchaus nicht einge-<lb/> weiht ſind. Was nun die vom „Levant Herald“ poetiſch beſungenen und von Hrn.<lb/> Elliot diplomatiſch becomplimentirten Reformen betrifft, ſo genügt ein Blick auf<lb/> unſere hieſigen Zuſtände um den wahren Werth dieſer Reformen zu erkennen.</p><lb/> <p>Die öffentliche Sicherheit iſt auf die bedenklichſte Weiſe compromittirt; faſt<lb/> täglich hören wir von den frechſten Einbrüchen und Diebſtählen in den frequen-<lb/> teſten Quartieren, ohne daß es der Polizei gelingt der Räuber habhaft zu werden;<lb/> das Militär ſcheint förmlich zu allen möglichen Exceſſen autoriſirt zu ſein, denn<lb/> die Inſolenz der Soldaten namentlich gegen Frauen und Mädchen wird von Tag<lb/> zu Tag größer, und da die Geſandtſchaften keine Miene machen ſich ihrer miß-<lb/> handelten Schutzbefohlenen anzunehmen, ſo ſind wir jetzt wirklich ſo weit gekommen<lb/> daß man ein förmliches Syſtem der Nothwehr, die Organiſirung einer Art Lynch-<lb/> juſtiz, zu discutiren anfängt.</p><lb/> <p>Die Sanitätsbehörde, die bei dem Ausbruche der Cholera in Bruſſa und der<lb/> Umgegend mit einer ſtoiſchen Unbeweglichkeit glänzte, ſchien bei dem Erſcheinen<lb/> der Epidemie in Konſtantinopel wie von einer Tarantel geſtochen, indem ſie ſich<lb/> zu den unerhörteſten Maßregeln und Thorheiten verſtieg; jetzt, wo die Epidemie in<lb/> Abnahme iſt, hat ſie ſich wieder in das majeſtätiſche Schweigen ihrer olympiſchen<lb/> Ruhe gehüllt; der Gouverneur von Syrien, welcher auf die Nachricht von einigen<lb/> Cholerafällen in Akka und Beyrut hieher telegraphirte, und ſtatt 10 Tage 21 Tage<lb/> Quarantäne verlangte, wartet bis jetzt vergebens auf eine Antwort, und ſo ge-<lb/> rathen die Civilbehörden von Akka und Beyrut mit den Sanitätsbehörden in die<lb/> ſeltſamſten Conflicte, ohne daß man eigentlich erfährt wer der Koch und wer der<lb/> Kellner iſt.</p><lb/> <p>Ueber den Zuſtand der öffentlichen Arbeiten und der Communicationen will<lb/> ich lieber ſchweigen; die Provinzbewohner werden nun ſchon ſeit Jahren mit Ab-<lb/> gaben gebrandſchatzt und zu Roboten gezwungen, ohne daß man weiß was aus<lb/> dem Gelde wird, da von Chauſſeen, Landſtraßen u. dgl. nirgends eine Spur<lb/> zu entdecken iſt. Die alte Abneigung gegen gute Communicationsmittel beſteht in<lb/> den Regierungskreiſen noch in voller Stärke. Seit etlichen Monaten befinden ſich<lb/> in Konſtantinopel, Galata, Top-hana bis Beſchiktaſch Tramways, welche einem<lb/> wahren Bedürfniß abhelfen; es ſcheint aber daß man es in den höchſten Kreiſen<lb/> ſehr bedauerte der Tramway-Compagnie die dießfällige Conceſſion gegeben zu<lb/> haben; der neue Stadtpräfect Ali Riza Bey übernahm es die Sache rück-<lb/> gängig zu machen, und zwar auf eine ſehr einfache Weiſe. Am Tage da die Sec-<lb/> tion von Konſtantinopel mit Genehmigung des Großweſſiers eröffnet wurde, ſchickte<lb/> der Stadtpräfect gegen Nachmittag eine Anzahl Polizeiſoldaten und ließ einfach<lb/> durch Gewalt die Fahrten einſtellen. Der Director, Hr. Karapanos, proteſtirte,<lb/> woran man ſich indeſſen nicht kehrte. Das wohlgelungene Experiment hob den<lb/> Muth, und es wurde eine Commiſſion von fünf Mitgliedern, Edhem Paſcha, Safvet<lb/> Paſcha, Kiani Paſcha, Ahmed Vefik Effendi und dem Stadtpräfecten ernannt, um<lb/> die mit dem Frhrn. v. Hirſch zur Erbauung der Eiſenbahn von Konſtantinopel bis<lb/> zur öſterreichiſchen Gränze in derſelben ceremonieloſen Weiſe zu zerreißen und dem<lb/> Frhrn. v. Hirſch vor die Füße zu werfen. Indeſſen machte man ſchon nach einigen<lb/> Tagen die Entdeckung daß hinter Hrn. Karapanos, dem Director der Tramway-Com-<lb/> pagnie, europäiſche Capitaliſten ſtecken, und daß man ſich ſehr böſe Händel auf den<lb/> Hals ziehe; der Stadtpräfect wurde alſo desavouirt und das Geſchehene für ein<lb/> Mißverſtändniß erklärt. Auch die Eiſenbahncommiſſion, über deren eigentliche Ab-<lb/> ſicht bereits vorlaute Mittheilungen im Publicum circulirten und deren Exiſtenz<lb/> ſich nicht abläugnen ließ, wurde plötzlich durch ein officielles Communiqu<hi rendition="#aq">é</hi> (das<lb/> ſich auch in der „Allg. Ztg.“ wiederholt findet) für eine harmloſe Behörde erklärt,<lb/> die ſich lediglich mit der Aufſuchung einer paſſenden Localität für den Bahnhof<lb/> der Eiſenbahn zu beſchäftigen hatte. Auch bei ſeinem ungeſchickten Auftreten gegen<lb/> das Eſſen und Rauchen der Chriſten während des Ramaſans wurde der Stadt-<lb/> präfect ohne weiteres desavouirt. Es ſcheint alſo daß dieſer Stadtpräfect ſich zu<lb/> der Rolle eines Sündenbocks hergegeben hat, und es verlohnt ſich der Mühe ihn<lb/> etwas genauer in Augenſchein zu nehmen, weil <hi rendition="#aq">mutatis mutandis</hi> die Art und<lb/> Weiſe in der Türkei ſich empor zu ſchwingen immer ſo ziemlich dieſelbe iſt.</p><lb/> <p>Der Stadtpräfect Ali Riza Bey alſo hatte vor mehreren Jahren das Glück ſich die<lb/> Gunſt des verſtorbenen Großweſſiers Aali Paſcha zu erwerben durch das Talent<lb/> die fehlerhafte Ausſprache der Perſer, Zigeuner, Armenier, ſo wie die unzüchtigen<lb/> Tänze der Zigeunermädchen nachzuahmen, und bekam dafür zur Belohnung den<lb/> Poſten eines Adjuncten in der Municipalität von Pera und Galata, alſo einen<lb/> ziemlich untergeordneten Poſten. Bald darauf (1867) ward er Adjunct des Ge-<lb/> ſandteneinführers und verblieb in dieſer Stellung etwa vier Jahre; nebenbei geſagt,<lb/> ein Beweis von dem Anſehen in welchem hier die Diplomatie ſteht, indem man die<lb/> Geſandten bei ihren feierlichen Audienzen im kaiſerlichen Palaſt von einem Hans-<lb/> wurſt begleiten läßt. Es war bei einem ſolchen Anlaß, als bereits der betreffende<lb/> Geſandte mit ſeinem Perſonal ſchon wieder weggefahren war, daß Ali Riza Bey<lb/><cb/> bei den Zimmern des Prinzen Juſſuf Izzeddin Effendi vorbeigieng und, da er die<lb/> Thür offen fand, hineintrat. Der Prinz, ein Knabe von etwa 10—11 Jahren,<lb/> beluſtigte ſich an den Späßen welche Ali Riza Bey zum Beſten gab, und bat ihn<lb/> ſeine Beſuche zu wiederholen. Dieſer ließ ſich das nicht zweimal ſagen, und da ſein<lb/> Amt als Adjunct des Geſandten-Einführers ihn wenig in Anſpruch nahm, ſo kam<lb/> er faſt täglich in den Palaſt um den Prinzen mit ſeinen Hanswurſtiaden zu amü-<lb/> ſiren. Da nun kürzlich der Großweſſier den Stadtpräfecten Haider Effendi ab-<lb/> ſetzte, ſo verwendete ſich die Mutter des Prinzen und namentlich der Neger des<lb/> Prinzen angelegentlichſt für Ali Riza Bey, und da er bereits einmal als Adjunct<lb/> der Municipalität von Pera und Galata fungirt hatte, ſo war man überzeugt daß<lb/> man für den Poſten eines Präfecten von Konſtantinopel kein fähigeres Talent<lb/> finden könne als ihn, und ſo geſchah es. <hi rendition="#aq">Ex uno disee omnes.</hi></p><lb/> <p>Bevor ich ſchließe geſtatte ich mir einige Bemerkungen über unſere Communi-<lb/> cationen mit Europa. Es iſt durchaus nichts ſeltenes daß die Telegramme aus<lb/> Europa in 4—5 Tagen hier ankommen, alſo beinahe ebenſo ſchnell wie die Poſt im<lb/> Sommer, welche von Wien nur 4 Tage (3 Tage 22 Stunden) braucht. Schon im<lb/> vorigen Winter fiel es auf daß gerade während der vier Tage des Bairamsfeſtes<lb/> (März 1871) die ſämmtlichen Telegraphendräthe in Unordnung waren, am Tage<lb/> nach dem Feſt aber wieder arbeiteten. Vorige Woche wiederholte ſich dieſelbe Er-<lb/> ſcheinung; gerade während der drei Bairamstage waren die ſämmtlichen Telegra-<lb/> phendräthe in Unordnung, und fiengen unmittelbar nach dem Feſte wieder zu<lb/> arbeiten an. Es ſcheint alſo daß unſere Telegraphendräthe den Islam angenommen<lb/> haben. Unſere Poſtverbindung mit Deutſchland gab ſchon im vorigen Winter zu<lb/> lauten Klagen Anlaß; dieſen Winter zeigten ſich dieſelben Mißverhältniſſe; die<lb/> officiellen drei Ankünfte per Woche concentrirten ſich factiſch auf einen einzigen<lb/> Tag, der noch dazu derſelbe war an welchem unſere Hauptpoſt abgeht. Es wurde<lb/> Abhülfe verſprochen, indem die Landpoſt faſt gänzlich eingieng, die andern beiden<lb/> Poſten aber beſſer vertheilt wurden; in der That jedoch blieb es beim alten: alle An-<lb/> künfte auf den Abgangstag der Hauptpoſt concentrirt. Da man nun einmal<lb/> Sommercurſe und Wintercurſe unterſcheidet, ſo iſt doch wohl ſelbſtverſtändlich daß<lb/> man bei der Einrichtung der Wintercurſe auf die Natur-Phänomene Rückſicht<lb/> nimmt; es ſcheint aber daß man bei dieſer Einrichtung weder auf die kürzeren<lb/> Tage noch auf Schneegeſtöber, Stürme, Ueberſchwemmungen, Eisgang, Nebel und<lb/> ſchlechtere Wege irgend Rückſicht nimmt, ſondern thut als wenn all dergleichen<lb/> ganz unerhörte Dinge, und die Wege in der Türkei lauter Muſter-Chauſſeen<lb/> wären. Tritt nun dennoch ein ſolches Phänomen ein, was faſt wöchentlich geſchieht,<lb/> ſo ergibt ſich ſofort eine Verſpätung von 2, 3, auch wohl 4 Tagen, und dann<lb/> wundert man ſich höchlich darüber daß es im Winter ſchneit, daß die Wege in der<lb/> Türkei ſpottſchlecht ſind und immer ſchlechter werden, daß die Tage ſo kurz ſind<lb/> und daß es in der Nacht dunkel iſt.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Aus der franzöſiſchen Nationalverſammlung.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline>* <hi rendition="#b">Verſailles,</hi> 28 Dec.</dateline><lb/> <p>Hr. Thiers wohnt der Sitzung bei. Auf die Frage<lb/> des Hrn. Antonin <hi rendition="#g">Lef<hi rendition="#aq">è</hi>vre-Pontalis:</hi> warum die Regierung noch nicht zur Ver-<lb/> theilung der ſchon am 6 Sept. für die Departements votirten 100 Millionen ſchreite,<lb/> erwiedert der <hi rendition="#g">Finanzminiſter:</hi> daß die Nationalverſammlung zwar jene Summe<lb/> votirt, aber noch keinen Credit dafür eröffnet habe. Am 5 Jan. werde die Regierung<lb/> in der Lage ſein die erſten 20 Millionen unter die Departements vertheilen zu laſſen.<lb/> Auf der Tagesordnung ſteht die Vorlage der Budgetcommiſſion, wonach eine partielle<lb/> Steuer auf das Einkommen der Actien und Obligationen, auf die Staatsgehalte und<lb/> Penſionen, endlich auf den durch Handel und Gewerbe erzielten Gewinn zu erheben ſei.<lb/> Hr. <hi rendition="#g">Gaslonde</hi> findet dieſes Syſtem noch bedenklicher als das der allgemeinen Ein-<lb/> kommenſteuer, und ſtellt den Gegenantrag auf Einführung eines Zuſchlags von 5 Cent.<lb/> zu der Perſonal- und Mobiliarſteuer und von zwei Zehnteln zu der Thüren- und Fenſter-<lb/> ſteuer. Hr. v. <hi rendition="#g">Douhet</hi> bringt eine proportionelle Steuer auf die Handelsrechnungen<lb/> in Vorſchlag. Beide Anträge werden als ſelbſtändige an die Commiſſion verwieſen.<lb/> Hier wird die Verhandlung durch einen Zwiſchenfall unterbrochen. Hr. <hi rendition="#g">Bocher,</hi><lb/> Referent der Commiſſion für die Bankvorlage, zeigt an daß der Präſident der Republik<lb/> von der Commiſſion gehört worden, und daß man übereingekommen ſei die Verhandlung<lb/> über dieſen Gegenſtand, trotz ſeiner Dringlichkeit, auf die nächſte Woche zu verſchieben.<lb/> Hr. <hi rendition="#g">Thiers:</hi> das ſei ein Mißverſtändniß. Die Bank hat im Augenblick noch einen ziem-<lb/> lich weiten Spielraum für ihre Notenemiſſion; aber die letzten Tage des Jahrs bringen<lb/> immer bedeutende Escomptirungen mit ſich, und ich glaube daß es nicht wohlgethan<lb/> wäre die Bank in die Lage zu ſetzen mit Metall zahlen zu müſſen. Es ſchiene mir viel<lb/> angemeſſener die Frage binnen heut und Samſtag zu löſen. Hr. v. <hi rendition="#g">Laſteyrie,</hi> Präſi-<lb/> dent der Commiſſion, entgegnet gereizt: Wenn die Sache ſo dringend war, warum hat<lb/> die Regierung dann vierzehn Tage der neuen Seſſion vergehen laſſen ohne ihre Vorlage<lb/> einzubringen? (Sehr gut!) Der <hi rendition="#g">Finanzminiſter</hi> entgegnet: die Regierung habe<lb/> noch immer vorausgeſetzt daß die Frage vor dem 1 Januar entſchieden werden konnte.<lb/> Sie will durchaus keinen Druck auf die Commiſſion ausüben, aber die Thatſachen<lb/> drängen. Die Bank hat nur noch 74 Millionen Noten zu vergeben, und müßte,<lb/> wenn dieſe erſchöpft ſind, ihre Zahlungen in Gold und Silber leiſten, was man ihr<lb/> unter den gegenwärtigen Umſtänden doch nicht zumuthen könne. Darum dringen wir<lb/> in die Commiſſion um eine Entſcheidung. Hr. <hi rendition="#g">Bocher</hi> wiederholt daß er einen erſchöpfen-<lb/> den Bericht bis Samſtag nicht liefern könne. Hr. <hi rendition="#g">Thiers:</hi> Es handelt ſich gleichwohl<lb/> nur um die Alternative: eine Anleihe oder eine Vermehrung des Notenumlaufs. In<lb/> zehn Minuten kann man hinlänglich conſtatiren daß an eine Anleihe nicht zu denken iſt.<lb/> Bleibt alſo nur die Frage: ob man 300, 400 oder 500 Millionen neue Noten aus-<lb/> geben ſoll; darüber kann man in einer Stunde einig werden, und die Sache verlohnt<lb/> doch wohl der Mühe, da man ſonſt vielleicht dem Publicum die erſchreckende Anzeige<lb/> machen müßte daß die Bank morgen nicht escomptirt. Hr. <hi rendition="#g">Buffet:</hi> Nicht die Be-<lb/> dürfniſſe der Handelswelt, ſondern die Bedürfniſſe des Staats ſeien die wahre Veran-<lb/> laſſung für den Geſetzentwurf. Die Commiſſion mußte alſo die Anforderungen des<lb/> Staats an die Bank prüfen, und da der Hr. Präſident der Republik uns erklärte daß er<lb/> ſich vor fünf oder ſechs Wochen nicht an die Bank zu wenden brauche, ſo glaubten wir<lb/> Zeit genug zu haben um die Frage der Emiſſionsziffer einer gründlichen Prüfung zu<lb/> unterziehen. Hr. <hi rendition="#g">Thiers:</hi> Für den Augenblick ſind es die Bedürfniſſe des Handels<lb/> welche drängen, da die Escomptirungen jeden Augenblick ihre geſetzliche Gränze erreichen<lb/> können. Hr. <hi rendition="#g">Pouyer-Quertier:</hi> Ich erhalte ſo eben eine Depeſche, wonach die noch<lb/> disponiblen Noten, welche heute früh 75 Millionen betrugen, in dieſem Augenblick ſchon<lb/> auf 32 Millionen reducirt ſind. (Lebhafte Aufregung.) Hr. <hi rendition="#g">Bocher</hi> wiederholt: die<lb/> Commiſſion habe ihre Pflicht gethan; unter den obwaltenden Amſtänden aber müſſe er<lb/> ſelbſt beantragen daß der Gegenſtand in der nächſten Sitzung, ſei es auch ohne ſchrift-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [11/0003]
dieſe Seite der Sache aufmerkſam zu machen, mehrere der letztern ſogar für den
Antrag Valentin geſtimmt.
Aus der Türkei.
 Pera, 23 Dec.
Seit acht Tagen hatten ſich Gerüchte über einen Miniſter-
wechſel verbreitet, die ſich aber ſämmtlich als unbegründet erwieſen. Dagegen finden
noch fortwährend Abſetzungen und Ernennungen der Beamten ſtatt, und zwar haupt-
ſächlich, wie es in den officiellen „Communiqués“ heißt, im Intereſſe der Erſparungen.
Das neue Budget, das indeſſen noch nicht erſchienen iſt, ſoll, nach den vertraulichen
Mittheilungen welche darüber an die große Glocke gehängt wurden, ein Deficit von
nur 104,000 Beuteln (3 Mill. Thlrn.) aufweiſen, und der „Levant Herald,“ der
kürzlich mit Sack und Pack aus dem Lager der Oppoſition zu den fetten Fleiſch-
töpfen der Regierungspreſſe übertrat, ſtimmt einen begeiſterten Dithyrambus über
dieſes glänzende Ergebniß an. Es ſcheint indeſſen daß, trotz dieſer Poſaunenſtöße
und trotz der officiellen Gratulationen des engliſchen Botſchafters, die engliſchen
Capitaliſten gar keine Luſt bezeigen ſich bei der beabſichtigten neuen Anleihe zu
betheiligen; in Deutſchland dagegen, wo man ſich einbildet daß die Engländer bei
den bisherigen türkiſchen Anleihen glänzende Gewinne realiſirt haben, ſcheinen ſich
mehrere Bankhäuſer um Antheile bei dieſer Anleihe zu bemühen, ohne Zweifel
weil ſie in die Geheimniſſe der türkiſchen Finanzverwaltung durchaus nicht einge-
weiht ſind. Was nun die vom „Levant Herald“ poetiſch beſungenen und von Hrn.
Elliot diplomatiſch becomplimentirten Reformen betrifft, ſo genügt ein Blick auf
unſere hieſigen Zuſtände um den wahren Werth dieſer Reformen zu erkennen.
Die öffentliche Sicherheit iſt auf die bedenklichſte Weiſe compromittirt; faſt
täglich hören wir von den frechſten Einbrüchen und Diebſtählen in den frequen-
teſten Quartieren, ohne daß es der Polizei gelingt der Räuber habhaft zu werden;
das Militär ſcheint förmlich zu allen möglichen Exceſſen autoriſirt zu ſein, denn
die Inſolenz der Soldaten namentlich gegen Frauen und Mädchen wird von Tag
zu Tag größer, und da die Geſandtſchaften keine Miene machen ſich ihrer miß-
handelten Schutzbefohlenen anzunehmen, ſo ſind wir jetzt wirklich ſo weit gekommen
daß man ein förmliches Syſtem der Nothwehr, die Organiſirung einer Art Lynch-
juſtiz, zu discutiren anfängt.
Die Sanitätsbehörde, die bei dem Ausbruche der Cholera in Bruſſa und der
Umgegend mit einer ſtoiſchen Unbeweglichkeit glänzte, ſchien bei dem Erſcheinen
der Epidemie in Konſtantinopel wie von einer Tarantel geſtochen, indem ſie ſich
zu den unerhörteſten Maßregeln und Thorheiten verſtieg; jetzt, wo die Epidemie in
Abnahme iſt, hat ſie ſich wieder in das majeſtätiſche Schweigen ihrer olympiſchen
Ruhe gehüllt; der Gouverneur von Syrien, welcher auf die Nachricht von einigen
Cholerafällen in Akka und Beyrut hieher telegraphirte, und ſtatt 10 Tage 21 Tage
Quarantäne verlangte, wartet bis jetzt vergebens auf eine Antwort, und ſo ge-
rathen die Civilbehörden von Akka und Beyrut mit den Sanitätsbehörden in die
ſeltſamſten Conflicte, ohne daß man eigentlich erfährt wer der Koch und wer der
Kellner iſt.
Ueber den Zuſtand der öffentlichen Arbeiten und der Communicationen will
ich lieber ſchweigen; die Provinzbewohner werden nun ſchon ſeit Jahren mit Ab-
gaben gebrandſchatzt und zu Roboten gezwungen, ohne daß man weiß was aus
dem Gelde wird, da von Chauſſeen, Landſtraßen u. dgl. nirgends eine Spur
zu entdecken iſt. Die alte Abneigung gegen gute Communicationsmittel beſteht in
den Regierungskreiſen noch in voller Stärke. Seit etlichen Monaten befinden ſich
in Konſtantinopel, Galata, Top-hana bis Beſchiktaſch Tramways, welche einem
wahren Bedürfniß abhelfen; es ſcheint aber daß man es in den höchſten Kreiſen
ſehr bedauerte der Tramway-Compagnie die dießfällige Conceſſion gegeben zu
haben; der neue Stadtpräfect Ali Riza Bey übernahm es die Sache rück-
gängig zu machen, und zwar auf eine ſehr einfache Weiſe. Am Tage da die Sec-
tion von Konſtantinopel mit Genehmigung des Großweſſiers eröffnet wurde, ſchickte
der Stadtpräfect gegen Nachmittag eine Anzahl Polizeiſoldaten und ließ einfach
durch Gewalt die Fahrten einſtellen. Der Director, Hr. Karapanos, proteſtirte,
woran man ſich indeſſen nicht kehrte. Das wohlgelungene Experiment hob den
Muth, und es wurde eine Commiſſion von fünf Mitgliedern, Edhem Paſcha, Safvet
Paſcha, Kiani Paſcha, Ahmed Vefik Effendi und dem Stadtpräfecten ernannt, um
die mit dem Frhrn. v. Hirſch zur Erbauung der Eiſenbahn von Konſtantinopel bis
zur öſterreichiſchen Gränze in derſelben ceremonieloſen Weiſe zu zerreißen und dem
Frhrn. v. Hirſch vor die Füße zu werfen. Indeſſen machte man ſchon nach einigen
Tagen die Entdeckung daß hinter Hrn. Karapanos, dem Director der Tramway-Com-
pagnie, europäiſche Capitaliſten ſtecken, und daß man ſich ſehr böſe Händel auf den
Hals ziehe; der Stadtpräfect wurde alſo desavouirt und das Geſchehene für ein
Mißverſtändniß erklärt. Auch die Eiſenbahncommiſſion, über deren eigentliche Ab-
ſicht bereits vorlaute Mittheilungen im Publicum circulirten und deren Exiſtenz
ſich nicht abläugnen ließ, wurde plötzlich durch ein officielles Communiqué (das
ſich auch in der „Allg. Ztg.“ wiederholt findet) für eine harmloſe Behörde erklärt,
die ſich lediglich mit der Aufſuchung einer paſſenden Localität für den Bahnhof
der Eiſenbahn zu beſchäftigen hatte. Auch bei ſeinem ungeſchickten Auftreten gegen
das Eſſen und Rauchen der Chriſten während des Ramaſans wurde der Stadt-
präfect ohne weiteres desavouirt. Es ſcheint alſo daß dieſer Stadtpräfect ſich zu
der Rolle eines Sündenbocks hergegeben hat, und es verlohnt ſich der Mühe ihn
etwas genauer in Augenſchein zu nehmen, weil mutatis mutandis die Art und
Weiſe in der Türkei ſich empor zu ſchwingen immer ſo ziemlich dieſelbe iſt.
Der Stadtpräfect Ali Riza Bey alſo hatte vor mehreren Jahren das Glück ſich die
Gunſt des verſtorbenen Großweſſiers Aali Paſcha zu erwerben durch das Talent
die fehlerhafte Ausſprache der Perſer, Zigeuner, Armenier, ſo wie die unzüchtigen
Tänze der Zigeunermädchen nachzuahmen, und bekam dafür zur Belohnung den
Poſten eines Adjuncten in der Municipalität von Pera und Galata, alſo einen
ziemlich untergeordneten Poſten. Bald darauf (1867) ward er Adjunct des Ge-
ſandteneinführers und verblieb in dieſer Stellung etwa vier Jahre; nebenbei geſagt,
ein Beweis von dem Anſehen in welchem hier die Diplomatie ſteht, indem man die
Geſandten bei ihren feierlichen Audienzen im kaiſerlichen Palaſt von einem Hans-
wurſt begleiten läßt. Es war bei einem ſolchen Anlaß, als bereits der betreffende
Geſandte mit ſeinem Perſonal ſchon wieder weggefahren war, daß Ali Riza Bey
bei den Zimmern des Prinzen Juſſuf Izzeddin Effendi vorbeigieng und, da er die
Thür offen fand, hineintrat. Der Prinz, ein Knabe von etwa 10—11 Jahren,
beluſtigte ſich an den Späßen welche Ali Riza Bey zum Beſten gab, und bat ihn
ſeine Beſuche zu wiederholen. Dieſer ließ ſich das nicht zweimal ſagen, und da ſein
Amt als Adjunct des Geſandten-Einführers ihn wenig in Anſpruch nahm, ſo kam
er faſt täglich in den Palaſt um den Prinzen mit ſeinen Hanswurſtiaden zu amü-
ſiren. Da nun kürzlich der Großweſſier den Stadtpräfecten Haider Effendi ab-
ſetzte, ſo verwendete ſich die Mutter des Prinzen und namentlich der Neger des
Prinzen angelegentlichſt für Ali Riza Bey, und da er bereits einmal als Adjunct
der Municipalität von Pera und Galata fungirt hatte, ſo war man überzeugt daß
man für den Poſten eines Präfecten von Konſtantinopel kein fähigeres Talent
finden könne als ihn, und ſo geſchah es. Ex uno disee omnes.
Bevor ich ſchließe geſtatte ich mir einige Bemerkungen über unſere Communi-
cationen mit Europa. Es iſt durchaus nichts ſeltenes daß die Telegramme aus
Europa in 4—5 Tagen hier ankommen, alſo beinahe ebenſo ſchnell wie die Poſt im
Sommer, welche von Wien nur 4 Tage (3 Tage 22 Stunden) braucht. Schon im
vorigen Winter fiel es auf daß gerade während der vier Tage des Bairamsfeſtes
(März 1871) die ſämmtlichen Telegraphendräthe in Unordnung waren, am Tage
nach dem Feſt aber wieder arbeiteten. Vorige Woche wiederholte ſich dieſelbe Er-
ſcheinung; gerade während der drei Bairamstage waren die ſämmtlichen Telegra-
phendräthe in Unordnung, und fiengen unmittelbar nach dem Feſte wieder zu
arbeiten an. Es ſcheint alſo daß unſere Telegraphendräthe den Islam angenommen
haben. Unſere Poſtverbindung mit Deutſchland gab ſchon im vorigen Winter zu
lauten Klagen Anlaß; dieſen Winter zeigten ſich dieſelben Mißverhältniſſe; die
officiellen drei Ankünfte per Woche concentrirten ſich factiſch auf einen einzigen
Tag, der noch dazu derſelbe war an welchem unſere Hauptpoſt abgeht. Es wurde
Abhülfe verſprochen, indem die Landpoſt faſt gänzlich eingieng, die andern beiden
Poſten aber beſſer vertheilt wurden; in der That jedoch blieb es beim alten: alle An-
künfte auf den Abgangstag der Hauptpoſt concentrirt. Da man nun einmal
Sommercurſe und Wintercurſe unterſcheidet, ſo iſt doch wohl ſelbſtverſtändlich daß
man bei der Einrichtung der Wintercurſe auf die Natur-Phänomene Rückſicht
nimmt; es ſcheint aber daß man bei dieſer Einrichtung weder auf die kürzeren
Tage noch auf Schneegeſtöber, Stürme, Ueberſchwemmungen, Eisgang, Nebel und
ſchlechtere Wege irgend Rückſicht nimmt, ſondern thut als wenn all dergleichen
ganz unerhörte Dinge, und die Wege in der Türkei lauter Muſter-Chauſſeen
wären. Tritt nun dennoch ein ſolches Phänomen ein, was faſt wöchentlich geſchieht,
ſo ergibt ſich ſofort eine Verſpätung von 2, 3, auch wohl 4 Tagen, und dann
wundert man ſich höchlich darüber daß es im Winter ſchneit, daß die Wege in der
Türkei ſpottſchlecht ſind und immer ſchlechter werden, daß die Tage ſo kurz ſind
und daß es in der Nacht dunkel iſt.
Aus der franzöſiſchen Nationalverſammlung.
* Verſailles, 28 Dec.
Hr. Thiers wohnt der Sitzung bei. Auf die Frage
des Hrn. Antonin Lefèvre-Pontalis: warum die Regierung noch nicht zur Ver-
theilung der ſchon am 6 Sept. für die Departements votirten 100 Millionen ſchreite,
erwiedert der Finanzminiſter: daß die Nationalverſammlung zwar jene Summe
votirt, aber noch keinen Credit dafür eröffnet habe. Am 5 Jan. werde die Regierung
in der Lage ſein die erſten 20 Millionen unter die Departements vertheilen zu laſſen.
Auf der Tagesordnung ſteht die Vorlage der Budgetcommiſſion, wonach eine partielle
Steuer auf das Einkommen der Actien und Obligationen, auf die Staatsgehalte und
Penſionen, endlich auf den durch Handel und Gewerbe erzielten Gewinn zu erheben ſei.
Hr. Gaslonde findet dieſes Syſtem noch bedenklicher als das der allgemeinen Ein-
kommenſteuer, und ſtellt den Gegenantrag auf Einführung eines Zuſchlags von 5 Cent.
zu der Perſonal- und Mobiliarſteuer und von zwei Zehnteln zu der Thüren- und Fenſter-
ſteuer. Hr. v. Douhet bringt eine proportionelle Steuer auf die Handelsrechnungen
in Vorſchlag. Beide Anträge werden als ſelbſtändige an die Commiſſion verwieſen.
Hier wird die Verhandlung durch einen Zwiſchenfall unterbrochen. Hr. Bocher,
Referent der Commiſſion für die Bankvorlage, zeigt an daß der Präſident der Republik
von der Commiſſion gehört worden, und daß man übereingekommen ſei die Verhandlung
über dieſen Gegenſtand, trotz ſeiner Dringlichkeit, auf die nächſte Woche zu verſchieben.
Hr. Thiers: das ſei ein Mißverſtändniß. Die Bank hat im Augenblick noch einen ziem-
lich weiten Spielraum für ihre Notenemiſſion; aber die letzten Tage des Jahrs bringen
immer bedeutende Escomptirungen mit ſich, und ich glaube daß es nicht wohlgethan
wäre die Bank in die Lage zu ſetzen mit Metall zahlen zu müſſen. Es ſchiene mir viel
angemeſſener die Frage binnen heut und Samſtag zu löſen. Hr. v. Laſteyrie, Präſi-
dent der Commiſſion, entgegnet gereizt: Wenn die Sache ſo dringend war, warum hat
die Regierung dann vierzehn Tage der neuen Seſſion vergehen laſſen ohne ihre Vorlage
einzubringen? (Sehr gut!) Der Finanzminiſter entgegnet: die Regierung habe
noch immer vorausgeſetzt daß die Frage vor dem 1 Januar entſchieden werden konnte.
Sie will durchaus keinen Druck auf die Commiſſion ausüben, aber die Thatſachen
drängen. Die Bank hat nur noch 74 Millionen Noten zu vergeben, und müßte,
wenn dieſe erſchöpft ſind, ihre Zahlungen in Gold und Silber leiſten, was man ihr
unter den gegenwärtigen Umſtänden doch nicht zumuthen könne. Darum dringen wir
in die Commiſſion um eine Entſcheidung. Hr. Bocher wiederholt daß er einen erſchöpfen-
den Bericht bis Samſtag nicht liefern könne. Hr. Thiers: Es handelt ſich gleichwohl
nur um die Alternative: eine Anleihe oder eine Vermehrung des Notenumlaufs. In
zehn Minuten kann man hinlänglich conſtatiren daß an eine Anleihe nicht zu denken iſt.
Bleibt alſo nur die Frage: ob man 300, 400 oder 500 Millionen neue Noten aus-
geben ſoll; darüber kann man in einer Stunde einig werden, und die Sache verlohnt
doch wohl der Mühe, da man ſonſt vielleicht dem Publicum die erſchreckende Anzeige
machen müßte daß die Bank morgen nicht escomptirt. Hr. Buffet: Nicht die Be-
dürfniſſe der Handelswelt, ſondern die Bedürfniſſe des Staats ſeien die wahre Veran-
laſſung für den Geſetzentwurf. Die Commiſſion mußte alſo die Anforderungen des
Staats an die Bank prüfen, und da der Hr. Präſident der Republik uns erklärte daß er
ſich vor fünf oder ſechs Wochen nicht an die Bank zu wenden brauche, ſo glaubten wir
Zeit genug zu haben um die Frage der Emiſſionsziffer einer gründlichen Prüfung zu
unterziehen. Hr. Thiers: Für den Augenblick ſind es die Bedürfniſſe des Handels
welche drängen, da die Escomptirungen jeden Augenblick ihre geſetzliche Gränze erreichen
können. Hr. Pouyer-Quertier: Ich erhalte ſo eben eine Depeſche, wonach die noch
disponiblen Noten, welche heute früh 75 Millionen betrugen, in dieſem Augenblick ſchon
auf 32 Millionen reducirt ſind. (Lebhafte Aufregung.) Hr. Bocher wiederholt: die
Commiſſion habe ihre Pflicht gethan; unter den obwaltenden Amſtänden aber müſſe er
ſelbſt beantragen daß der Gegenſtand in der nächſten Sitzung, ſei es auch ohne ſchrift-
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(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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