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Niviandts, Friedrich: Güldenes Schwerd. Köln, 1708.

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Güldenes Schwerd.
22. Nehmet hin den heiligen Geist/
welchen ihr die Sünde erlasset/ den
seynd sie erlassen: und welchen ihr sie
behaltet/ den seynd sie behalten.
Krafft
welcher Worten Christi/ die H H. Aposte-
len als Priestere/ und derselben Nach fahren
in diesem Priesterthumb vollkommene
Macht und Gewalt bekommen haben die
Sünden zu erlassen und zu behalten; wie
will aber dieses geschehen/ wan dieselbe kei-
ne Erkäntnus der Sünden haben? Wie
wollen sie aber diese Erkäntnus anders ein-
holen als durch die Ohren-Beicht deß
Sünders? Ein Richter muß ja der Sa-
chen Beschaffenheit erst erkennen/ ehe er
eine Sententz fehlen könne: wie will dan ein
Priester/ der auch als ein Richter da sitzet/
ein Urtheil oder einer Erlassung oder Behal-
tung der Sünden sprechen können/ wan er
dieselbe und deß innerlichen Menschens Be-
schaffenheit nit wisse? Diese aber kan er/ nit
durch den alleinen Glauben und Bußsertig-
keit deß Hertzens/ sondern durch eine äusser-
liche Bekäntnus deß Munds wissen. Jm
Gesätz Moysis muste ja der Sünder seine
Sünden dem Priester beichten/ wie zu se-
hen Num. 5. v. 6. Wan ein Mann oder

Weib

Guͤldenes Schwerd.
22. Nehmet hin den heiligen Geiſt/
welchen ihr die Sünde erlaſſet/ den
ſeynd ſie erlaſſen: und welchen ihr ſie
behaltet/ den ſeynd ſie behalten.
Krafft
welcher Worten Chriſti/ die H H. Apoſte-
len als Prieſtere/ und derſelben Nach fahren
in dieſem Prieſterthumb vollkommene
Macht und Gewalt bekommen haben die
Suͤnden zu erlaſſen und zu behalten; wie
will aber dieſes geſchehen/ wan dieſelbe kei-
ne Erkaͤntnus der Suͤnden haben? Wie
wollen ſie aber dieſe Erkaͤntnus anders ein-
holen als durch die Ohren-Beicht deß
Suͤnders? Ein Richter muß ja der Sa-
chen Beſchaffenheit erſt erkennen/ ehe er
eine Sententz fehlen koͤnne: wie will dan ein
Prieſter/ der auch als ein Richter da ſitzet/
ein Urtheil oder einer Erlaſſung oder Behal-
tung der Suͤnden ſprechen koͤnnen/ wan er
dieſelbe und deß innerlichen Menſchens Be-
ſchaffenheit nit wiſſe? Dieſe aber kan er/ nit
durch den alleinen Glauben und Bußſertig-
keit deß Hertzens/ ſondern durch eine aͤuſſer-
liche Bekaͤntnus deß Munds wiſſen. Jm
Geſaͤtz Moyſis muſte ja der Suͤnder ſeine
Suͤnden dem Prieſter beichten/ wie zu ſe-
hen Num. 5. v. 6. Wan ein Mann oder

Weib
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[452/0464] Guͤldenes Schwerd. 22. Nehmet hin den heiligen Geiſt/ welchen ihr die Sünde erlaſſet/ den ſeynd ſie erlaſſen: und welchen ihr ſie behaltet/ den ſeynd ſie behalten. Krafft welcher Worten Chriſti/ die H H. Apoſte- len als Prieſtere/ und derſelben Nach fahren in dieſem Prieſterthumb vollkommene Macht und Gewalt bekommen haben die Suͤnden zu erlaſſen und zu behalten; wie will aber dieſes geſchehen/ wan dieſelbe kei- ne Erkaͤntnus der Suͤnden haben? Wie wollen ſie aber dieſe Erkaͤntnus anders ein- holen als durch die Ohren-Beicht deß Suͤnders? Ein Richter muß ja der Sa- chen Beſchaffenheit erſt erkennen/ ehe er eine Sententz fehlen koͤnne: wie will dan ein Prieſter/ der auch als ein Richter da ſitzet/ ein Urtheil oder einer Erlaſſung oder Behal- tung der Suͤnden ſprechen koͤnnen/ wan er dieſelbe und deß innerlichen Menſchens Be- ſchaffenheit nit wiſſe? Dieſe aber kan er/ nit durch den alleinen Glauben und Bußſertig- keit deß Hertzens/ ſondern durch eine aͤuſſer- liche Bekaͤntnus deß Munds wiſſen. Jm Geſaͤtz Moyſis muſte ja der Suͤnder ſeine Suͤnden dem Prieſter beichten/ wie zu ſe- hen Num. 5. v. 6. Wan ein Mann oder Weib

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Zitationshilfe: Niviandts, Friedrich: Güldenes Schwerd. Köln, 1708, S. 452. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niviandts_schwerd_1708/464>, abgerufen am 26.06.2024.