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Niviandts, Friedrich: Güldenes Schwerd. Köln, 1708.

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Güldenes Schwerd.
Orten seyn könne: daß zwen Götter seyen: der
alte/ so von Ewigkeit her Gott gewesen ist
und bleibt: der Junge aber sey die Menschli-
che Natur Christi/ welche mit den göttlichen
Eygenschafften begabt/ und also zu einem
Gott gecrönt und erhöcht worden: daß die
Menschheit Christi nit allein zur rechten
Hand Gottes sitze/ sonderen ubique, über-
all/ in Laub und Graß/ ovibus und bovi-
bus
lebhafftig gegenwärtig und vorhanden
seye. Daß Christus seiner Menschheit nach
ein grober Ignorant, und unsere Person
angenohmen habe/ damit er ein Sünder
und deß Fluchs schüldig würde: daß alle
Propheten in ihrem Geist vorgesehen ha-
ben/ Christus würde der ärgste Bößwicht/
Mörder und Todtschläger/ etc. werden/ und
derohalben als der gröste und eintzige Sün-
der auff Erden der Tauff meistens nöhtig
gehabt habe: daß darumb die Sonn am
Himmel verfinstert worden/ damit Chri-
stus sehen soll/ daß ihn Gott dermassen ver-
lassen/ daß er ihme des Tags-Liecht nicht
mehr vergünt/ als der nicht werth seye/ daß
ihn die Sonn anscheinen soll: daß Christus
zur Zeit seines Leydens nichts verdienet/ so
gar ihm selber nichts auß lauter Anfechtung

an
F 2

Guͤldenes Schwerd.
Orten ſeyn koͤnne: daß zwen Goͤtter ſeyen: der
alte/ ſo von Ewigkeit her Gott geweſen iſt
und bleibt: der Junge aber ſey die Menſchli-
che Natur Chriſti/ welche mit den goͤttlichen
Eygenſchafften begabt/ und alſo zu einem
Gott gecroͤnt und erhoͤcht worden: daß die
Menſchheit Chriſti nit allein zur rechten
Hand Gottes ſitze/ ſonderen ubique, uͤber-
all/ in Laub und Graß/ ovibus und bovi-
bus
lebhafftig gegenwaͤrtig und vorhanden
ſeye. Daß Chriſtus ſeiner Menſchheit nach
ein grober Ignorant, und unſere Perſon
angenohmen habe/ damit er ein Suͤnder
und deß Fluchs ſchuͤldig wuͤrde: daß alle
Propheten in ihrem Geiſt vorgeſehen ha-
ben/ Chriſtus wuͤrde der aͤrgſte Boͤßwicht/
Moͤrder und Todtſchlaͤger/ ꝛc. werden/ und
derohalben als der groͤſte und eintzige Suͤn-
der auff Erden der Tauff meiſtens noͤhtig
gehabt habe: daß darumb die Sonn am
Himmel verfinſtert worden/ damit Chri-
ſtus ſehen ſoll/ daß ihn Gott dermaſſen ver-
laſſen/ daß er ihme des Tags-Liecht nicht
mehr vergünt/ als der nicht werth ſeye/ daß
ihn die Sonn anſcheinen ſoll: daß Chriſtus
zur Zeit ſeines Leydens nichts verdienet/ ſo
gar ihm ſelber nichts auß lauter Anfechtung

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[123/0135] Guͤldenes Schwerd. Orten ſeyn koͤnne: daß zwen Goͤtter ſeyen: der alte/ ſo von Ewigkeit her Gott geweſen iſt und bleibt: der Junge aber ſey die Menſchli- che Natur Chriſti/ welche mit den goͤttlichen Eygenſchafften begabt/ und alſo zu einem Gott gecroͤnt und erhoͤcht worden: daß die Menſchheit Chriſti nit allein zur rechten Hand Gottes ſitze/ ſonderen ubique, uͤber- all/ in Laub und Graß/ ovibus und bovi- bus lebhafftig gegenwaͤrtig und vorhanden ſeye. Daß Chriſtus ſeiner Menſchheit nach ein grober Ignorant, und unſere Perſon angenohmen habe/ damit er ein Suͤnder und deß Fluchs ſchuͤldig wuͤrde: daß alle Propheten in ihrem Geiſt vorgeſehen ha- ben/ Chriſtus wuͤrde der aͤrgſte Boͤßwicht/ Moͤrder und Todtſchlaͤger/ ꝛc. werden/ und derohalben als der groͤſte und eintzige Suͤn- der auff Erden der Tauff meiſtens noͤhtig gehabt habe: daß darumb die Sonn am Himmel verfinſtert worden/ damit Chri- ſtus ſehen ſoll/ daß ihn Gott dermaſſen ver- laſſen/ daß er ihme des Tags-Liecht nicht mehr vergünt/ als der nicht werth ſeye/ daß ihn die Sonn anſcheinen ſoll: daß Chriſtus zur Zeit ſeines Leydens nichts verdienet/ ſo gar ihm ſelber nichts auß lauter Anfechtung an F 2

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Zitationshilfe: Niviandts, Friedrich: Güldenes Schwerd. Köln, 1708, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niviandts_schwerd_1708/135>, abgerufen am 06.05.2024.