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Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 3. Chemnitz, 1884.

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Wohlauf! Hier ist mein Vorgebirg und da das Meer:
das wälzt sich zu mir heran, zottelig, schmeichlerisch,
das getreue alte hundertköpfige Hunds-Ungethüm, das
ich liebe.

Wohlauf! Hier will ich die Wage halten über ge¬
wälztem Meere: und auch einen Zeugen wähle ich,
dass er zusehe, -- dich, du Einsiedler-Baum, dich
starkduftigen, breitgewölbten, den ich liebe! --

Auf welcher Brücke geht zum Dereinst das Jetzt?
Nach welchem Zwange zwingt das Hohe sich zum
Niederen? Und was heisst auch das Höchste noch --
hinaufwachsen? --

Nun steht die Wage gleich und still: drei schwere
Fragen warf ich hinein, drei schwere Antworten trägt
die andre Wagschale.


2.

Wollust: allen busshemdigen Leib-Verächtern ihr
Stachel und Pfahl, und als "Welt" verflucht bei allen
Hinterweltlern: denn sie höhnt und narrt alle Wirr-
und Irr-Lehrer.

Wollust: dem Gesindel das langsame Feuer, auf
dem es verbrannt wird; allem wurmichten Holze,
allen stinkenden Lumpen der bereite Brunst- und
Brodel-Ofen.

Wollust: für die freien Herzen unschuldig und
frei, das Garten-Glück der Erde, aller Zukunft Dankes-
Überschwang an das Jetzt.

Wollust: nur dem Welken ein süsslich Gift,

Wohlauf! Hier ist mein Vorgebirg und da das Meer:
das wälzt sich zu mir heran, zottelig, schmeichlerisch,
das getreue alte hundertköpfige Hunds-Ungethüm, das
ich liebe.

Wohlauf! Hier will ich die Wage halten über ge¬
wälztem Meere: und auch einen Zeugen wähle ich,
dass er zusehe, — dich, du Einsiedler-Baum, dich
starkduftigen, breitgewölbten, den ich liebe! —

Auf welcher Brücke geht zum Dereinst das Jetzt?
Nach welchem Zwange zwingt das Hohe sich zum
Niederen? Und was heisst auch das Höchste noch —
hinaufwachsen? —

Nun steht die Wage gleich und still: drei schwere
Fragen warf ich hinein, drei schwere Antworten trägt
die andre Wagschale.


2.

Wollust: allen busshemdigen Leib-Verächtern ihr
Stachel und Pfahl, und als „Welt“ verflucht bei allen
Hinterweltlern: denn sie höhnt und narrt alle Wirr-
und Irr-Lehrer.

Wollust: dem Gesindel das langsame Feuer, auf
dem es verbrannt wird; allem wurmichten Holze,
allen stinkenden Lumpen der bereite Brunst- und
Brodel-Ofen.

Wollust: für die freien Herzen unschuldig und
frei, das Garten-Glück der Erde, aller Zukunft Dankes-
Überschwang an das Jetzt.

Wollust: nur dem Welken ein süsslich Gift,

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[54/0064] Wohlauf! Hier ist mein Vorgebirg und da das Meer: das wälzt sich zu mir heran, zottelig, schmeichlerisch, das getreue alte hundertköpfige Hunds-Ungethüm, das ich liebe. Wohlauf! Hier will ich die Wage halten über ge¬ wälztem Meere: und auch einen Zeugen wähle ich, dass er zusehe, — dich, du Einsiedler-Baum, dich starkduftigen, breitgewölbten, den ich liebe! — Auf welcher Brücke geht zum Dereinst das Jetzt? Nach welchem Zwange zwingt das Hohe sich zum Niederen? Und was heisst auch das Höchste noch — hinaufwachsen? — Nun steht die Wage gleich und still: drei schwere Fragen warf ich hinein, drei schwere Antworten trägt die andre Wagschale. 2. Wollust: allen busshemdigen Leib-Verächtern ihr Stachel und Pfahl, und als „Welt“ verflucht bei allen Hinterweltlern: denn sie höhnt und narrt alle Wirr- und Irr-Lehrer. Wollust: dem Gesindel das langsame Feuer, auf dem es verbrannt wird; allem wurmichten Holze, allen stinkenden Lumpen der bereite Brunst- und Brodel-Ofen. Wollust: für die freien Herzen unschuldig und frei, das Garten-Glück der Erde, aller Zukunft Dankes- Überschwang an das Jetzt. Wollust: nur dem Welken ein süsslich Gift,

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Zitationshilfe: Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 3. Chemnitz, 1884, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra03_1884/64>, abgerufen am 23.11.2024.