jenem Irrthum verleitet worden, und welches auf der verworrenen Entgegensetzung von Sachen und Wor- ten beruht.
Geht man auf die Eintheilung der Gegenstände überhaupt zurück, so zeigt sich zunächst die Unter- scheidung derselben in die der Außenwelt und die der Innenwelt, die mit einer bekannten Benennung als reale und ideale einander entgegengesetzt wer- den. Allein die Unvollständigkeit dieser Eintheilung und Benennung macht sich schon dadurch kenntlich, daß man, den einen Theil des Gegensatzes Sachen nennend, für den andern Theil keine andre Bezeichnung kennt, als die der Worte. Zwar giebt es eine Ansicht, von welcher aus auch selbst dieser Entgegensetzung etwas Wahres zugestanden werden kann: wiefern nämlich die höchsten idealen Gegenstände (die Ideen) in dem Worte ihre eigenthümlichste Erscheinungsweise für uns haben. Dann aber wird dem Ausdruck Wort eine Aus- dehnung der Bedeutung gegeben, die ihm in dem Sprach- gebrauche überall nicht zukömmt, und die eben deshalb nur Verwirrung anrichten kann. Aber der eigentliche Grund der Verwirrung, die sich in dem pädagogischen Streite über die Unterrichtsgegenstände findet, liegt weit tiefer in dem Mangel richtiger Unterscheidung der Gegenstände überhaupt, und in dem Uebersprin- gen und Verwechseln der Eintheilungsgründe, das durch unbestimmte Benennungen der Ge- gensätze veranlaßt und unterhalten wird. Da diese von den Meisten vernachlässigte schärfere Unterscheidung in
Von d. Grundſ. d. Erziehungsunterr. im Allgem.
jenem Irrthum verleitet worden, und welches auf der verworrenen Entgegenſetzung von Sachen und Wor- ten beruht.
Geht man auf die Eintheilung der Gegenſtaͤnde uͤberhaupt zuruͤck, ſo zeigt ſich zunaͤchſt die Unter- ſcheidung derſelben in die der Außenwelt und die der Innenwelt, die mit einer bekannten Benennung als reale und ideale einander entgegengeſetzt wer- den. Allein die Unvollſtaͤndigkeit dieſer Eintheilung und Benennung macht ſich ſchon dadurch kenntlich, daß man, den einen Theil des Gegenſatzes Sachen nennend, fuͤr den andern Theil keine andre Bezeichnung kennt, als die der Worte. Zwar giebt es eine Anſicht, von welcher aus auch ſelbſt dieſer Entgegenſetzung etwas Wahres zugeſtanden werden kann: wiefern naͤmlich die hoͤchſten idealen Gegenſtaͤnde (die Ideen) in dem Worte ihre eigenthuͤmlichſte Erſcheinungsweiſe fuͤr uns haben. Dann aber wird dem Ausdruck Wort eine Aus- dehnung der Bedeutung gegeben, die ihm in dem Sprach- gebrauche uͤberall nicht zukoͤmmt, und die eben deshalb nur Verwirrung anrichten kann. Aber der eigentliche Grund der Verwirrung, die ſich in dem paͤdagogiſchen Streite uͤber die Unterrichtsgegenſtaͤnde findet, liegt weit tiefer in dem Mangel richtiger Unterſcheidung der Gegenſtaͤnde uͤberhaupt, und in dem Ueberſprin- gen und Verwechſeln der Eintheilungsgruͤnde, das durch unbeſtimmte Benennungen der Ge- genſaͤtze veranlaßt und unterhalten wird. Da dieſe von den Meiſten vernachlaͤſſigte ſchaͤrfere Unterſcheidung in
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Von d. Grundſ. d. Erziehungsunterr. im Allgem.
jenem Irrthum verleitet worden, und welches auf der
verworrenen Entgegenſetzung von Sachen und Wor-
ten beruht.
Geht man auf die Eintheilung der Gegenſtaͤnde
uͤberhaupt zuruͤck, ſo zeigt ſich zunaͤchſt die Unter-
ſcheidung derſelben in die der Außenwelt und die
der Innenwelt, die mit einer bekannten Benennung
als reale und ideale einander entgegengeſetzt wer-
den. Allein die Unvollſtaͤndigkeit dieſer Eintheilung
und Benennung macht ſich ſchon dadurch kenntlich,
daß man, den einen Theil des Gegenſatzes Sachen
nennend, fuͤr den andern Theil keine andre Bezeichnung
kennt, als die der Worte. Zwar giebt es eine Anſicht,
von welcher aus auch ſelbſt dieſer Entgegenſetzung etwas
Wahres zugeſtanden werden kann: wiefern naͤmlich die
hoͤchſten idealen Gegenſtaͤnde (die Ideen) in dem
Worte ihre eigenthuͤmlichſte Erſcheinungsweiſe fuͤr uns
haben. Dann aber wird dem Ausdruck Wort eine Aus-
dehnung der Bedeutung gegeben, die ihm in dem Sprach-
gebrauche uͤberall nicht zukoͤmmt, und die eben deshalb
nur Verwirrung anrichten kann. Aber der eigentliche
Grund der Verwirrung, die ſich in dem paͤdagogiſchen
Streite uͤber die Unterrichtsgegenſtaͤnde findet, liegt
weit tiefer in dem Mangel richtiger Unterſcheidung der
Gegenſtaͤnde uͤberhaupt, und in dem Ueberſprin-
gen und Verwechſeln der Eintheilungsgruͤnde,
das durch unbeſtimmte Benennungen der Ge-
genſaͤtze veranlaßt und unterhalten wird. Da dieſe von
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Niethammer, Friedrich Immanuel: Der Streit des Philanthropinismus und Humanismus in der Theorie des Erziehungs-Unterrichts unsrer Zeit. Jena, 1808, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niethammer_philantropinismus_1808/177>, abgerufen am 01.07.2024.
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