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Niemeyer, August Hermann: Timotheus. Bd. 1. 2. Aufl. Frankfurt (Main) u.a., 1790.

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zurücklassen, der sie ohne eine solche Gesinnung
vornimmt. Die emzigen Mittel, deren man
sich zu ihrer Beförderung bey andern bedienen
sollte, sind solche, die auf die Ueberzeugung
würken, und den Menschen das als seine eigen-
ste Glückseligkeit schatzen lehren, was ohne diese
Ueberzeugung ihm nicht einmal nützlich wer-
den kann."

Diese Urtheile hatten auch auf die Art,
wie er von der Religion redete, großen Einfluß.
Er war, so theuer ihm ihre Wahrheiten waren,
und so innig er sich freute, sie auch bey andern
besördern zu können, nie zudringlich; und such-
te die beyden schwer zu vermeidenden Klippen,
"sich ihres Bekenntnisses zu schämen, und sie
zur Schau zu tragen," in gleichem Grade zu ver-
meiden. Er wich keiner Gelegenheit aus, wo
er etwas zur Ehre Gottes und Jesu Christi
sagen, keiner, wo er seiner Lehre und ihren
großen Würkungen Liebe und Achtung ver-
schaffen zu können glaubte; er suchte sie sogar
da, wo er auf einigen Nutzen rechnen konnte,
oder glaubte, daß er ein Beyspiel zu geben ver-
bunden sey; er munterte jeden, der dasselbe that,
durch sein Beystimmen auf, und hatte es da-
durch bey denen, die ihn umgaben, dahin ge-
bracht, daß sie die ehrwürdigsten und wichtig-
sten Gegenstände, über die Menschen denken
und sprechen können, mcht mehr für Dinge an-
sahn, aus denen man Geheimnisse machen
müsse, und über die sich wenigstens ohne Errö-
then nicht sprechen lasse.

Er

zurücklaſſen, der ſie ohne eine ſolche Geſinnung
vornimmt. Die emzigen Mittel, deren man
ſich zu ihrer Beförderung bey andern bedienen
ſollte, ſind ſolche, die auf die Ueberzeugung
würken, und den Menſchen das als ſeine eigen-
ſte Glückſeligkeit ſchatzen lehren, was ohne dieſe
Ueberzeugung ihm nicht einmal nützlich wer-
den kann.“

Dieſe Urtheile hatten auch auf die Art,
wie er von der Religion redete, großen Einfluß.
Er war, ſo theuer ihm ihre Wahrheiten waren,
und ſo innig er ſich freute, ſie auch bey andern
beſördern zu können, nie zudringlich; und ſuch-
te die beyden ſchwer zu vermeidenden Klippen,
„ſich ihres Bekenntniſſes zu ſchämen, und ſie
zur Schau zu tragen,“ in gleichem Grade zu ver-
meiden. Er wich keiner Gelegenheit aus, wo
er etwas zur Ehre Gottes und Jeſu Chriſti
ſagen, keiner, wo er ſeiner Lehre und ihren
großen Würkungen Liebe und Achtung ver-
ſchaffen zu können glaubte; er ſuchte ſie ſogar
da, wo er auf einigen Nutzen rechnen konnte,
oder glaubte, daß er ein Beyſpiel zu geben ver-
bunden ſey; er munterte jeden, der daſſelbe that,
durch ſein Beyſtimmen auf, und hatte es da-
durch bey denen, die ihn umgaben, dahin ge-
bracht, daß ſie die ehrwürdigſten und wichtig-
ſten Gegenſtände, über die Menſchen denken
und ſprechen können, mcht mehr für Dinge an-
ſahn, aus denen man Geheimniſſe machen
müſſe, und über die ſich wenigſtens ohne Errö-
then nicht ſprechen laſſe.

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[4/0008] zurücklaſſen, der ſie ohne eine ſolche Geſinnung vornimmt. Die emzigen Mittel, deren man ſich zu ihrer Beförderung bey andern bedienen ſollte, ſind ſolche, die auf die Ueberzeugung würken, und den Menſchen das als ſeine eigen- ſte Glückſeligkeit ſchatzen lehren, was ohne dieſe Ueberzeugung ihm nicht einmal nützlich wer- den kann.“ Dieſe Urtheile hatten auch auf die Art, wie er von der Religion redete, großen Einfluß. Er war, ſo theuer ihm ihre Wahrheiten waren, und ſo innig er ſich freute, ſie auch bey andern beſördern zu können, nie zudringlich; und ſuch- te die beyden ſchwer zu vermeidenden Klippen, „ſich ihres Bekenntniſſes zu ſchämen, und ſie zur Schau zu tragen,“ in gleichem Grade zu ver- meiden. Er wich keiner Gelegenheit aus, wo er etwas zur Ehre Gottes und Jeſu Chriſti ſagen, keiner, wo er ſeiner Lehre und ihren großen Würkungen Liebe und Achtung ver- ſchaffen zu können glaubte; er ſuchte ſie ſogar da, wo er auf einigen Nutzen rechnen konnte, oder glaubte, daß er ein Beyſpiel zu geben ver- bunden ſey; er munterte jeden, der daſſelbe that, durch ſein Beyſtimmen auf, und hatte es da- durch bey denen, die ihn umgaben, dahin ge- bracht, daß ſie die ehrwürdigſten und wichtig- ſten Gegenſtände, über die Menſchen denken und ſprechen können, mcht mehr für Dinge an- ſahn, aus denen man Geheimniſſe machen müſſe, und über die ſich wenigſtens ohne Errö- then nicht ſprechen laſſe. Er

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Zitationshilfe: Niemeyer, August Hermann: Timotheus. Bd. 1. 2. Aufl. Frankfurt (Main) u.a., 1790, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niemeyer_timotheus01_1790/8>, abgerufen am 24.11.2024.