Der Tag ist dahin, und hoffentlich nicht umsonst! Wir haben geruht von den Arbeiten der Wo- che, und uns neue Kräfte sammlen können, mit dem kommenden Morgen wieder da fortzufahren, wo wir am gestrigen Abend abbrachen, jeder in seinem Kreise und in seinem Beruf.
Heute konnten wir auf unsre bisherigen Tag- werke zurück sehn; bemerken, wie viel wir vor uns gebracht haben und wie viel noch fehlt; überlegen, wo zu helfen und zu bessern wäre, und Entschlüsse fassen, vorsichtiger, weiser und thätiger zu seyn. Jch mißbillige es gar nicht, wenn dies von uns in Absicht unsrer äußern bürgerlichen Berufs- und Nah- rungsgeschäffte geschehen ist. Denn die Religion ist nicht eine eigne von unsern übrigen Geschäfften ganz unabhängige [Besc]häfftigung, sondern kann in dem engsten Zusammenhange mit allem stehn, was wir denken und thun. Mögen wir also immer auch heu- te darüber gedacht haben, warum wir es in diesem und jenem, was unser äußeres Leben betrifft, noch nicht weiter brachten; warum uns so manches Un- angenehme in unserm Umgang mit andern Menschen
begeg-
Die Abendſtunde.
Der Tag iſt dahin, und hoffentlich nicht umſonſt! Wir haben geruht von den Arbeiten der Wo- che, und uns neue Kräfte ſammlen können, mit dem kommenden Morgen wieder da fortzufahren, wo wir am geſtrigen Abend abbrachen, jeder in ſeinem Kreiſe und in ſeinem Beruf.
Heute konnten wir auf unſre bisherigen Tag- werke zurück ſehn; bemerken, wie viel wir vor uns gebracht haben und wie viel noch fehlt; überlegen, wo zu helfen und zu beſſern wäre, und Entſchlüſſe faſſen, vorſichtiger, weiſer und thätiger zu ſeyn. Jch mißbillige es gar nicht, wenn dies von uns in Abſicht unſrer äußern bürgerlichen Berufs- und Nah- rungsgeſchäffte geſchehen iſt. Denn die Religion iſt nicht eine eigne von unſern übrigen Geſchäfften ganz unabhängige [Beſc]häfftigung, ſondern kann in dem engſten Zuſammenhange mit allem ſtehn, was wir denken und thun. Mögen wir alſo immer auch heu- te darüber gedacht haben, warum wir es in dieſem und jenem, was unſer äußeres Leben betrifft, noch nicht weiter brachten; warum uns ſo manches Un- angenehme in unſerm Umgang mit andern Menſchen
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[34[46]/0050]
Die Abendſtunde.
Der Tag iſt dahin, und hoffentlich nicht umſonſt!
Wir haben geruht von den Arbeiten der Wo-
che, und uns neue Kräfte ſammlen können, mit
dem kommenden Morgen wieder da fortzufahren, wo
wir am geſtrigen Abend abbrachen, jeder in ſeinem
Kreiſe und in ſeinem Beruf.
Heute konnten wir auf unſre bisherigen Tag-
werke zurück ſehn; bemerken, wie viel wir vor uns
gebracht haben und wie viel noch fehlt; überlegen,
wo zu helfen und zu beſſern wäre, und Entſchlüſſe
faſſen, vorſichtiger, weiſer und thätiger zu ſeyn.
Jch mißbillige es gar nicht, wenn dies von uns in
Abſicht unſrer äußern bürgerlichen Berufs- und Nah-
rungsgeſchäffte geſchehen iſt. Denn die Religion iſt
nicht eine eigne von unſern übrigen Geſchäfften ganz
unabhängige Beſchäfftigung, ſondern kann in dem
engſten Zuſammenhange mit allem ſtehn, was wir
denken und thun. Mögen wir alſo immer auch heu-
te darüber gedacht haben, warum wir es in dieſem
und jenem, was unſer äußeres Leben betrifft, noch
nicht weiter brachten; warum uns ſo manches Un-
angenehme in unſerm Umgang mit andern Menſchen
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Niemeyer, August Hermann: Timotheus. Bd. 1. 2. Aufl. Frankfurt (Main) u.a., 1790, S. 34[46]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niemeyer_timotheus01_1790/50>, abgerufen am 26.06.2024.
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