Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Niemeyer, August Hermann: Timotheus. Bd. 1. 2. Aufl. Frankfurt (Main) u.a., 1790.

Bild:
<< vorherige Seite


Hoher Werth
der Versöhnung mit Gott
durch Jesum.

Die allervortrefflichsten Wahrheiten unsrer Reli-
gion haben, in dem Auge selbst sehr unpar-
theyischer Menschen, viel von ihrem Werth verlie-
ren müssen, weil man zu Zeiten gerade die aller-
kleinste, unerweislichste, und man möchte fast sa-
gen unwürdigste Vorstellung von ihnen für die ein-
zige wahre ausgegeben hat. Wir wollen nicht in
Abrede seyn, daß selbst diese, so fern immer etwas
Wahres in ihr übrig war, ihr Gutes gewirkt ha-
ben kann. Aber eine gleiche Würkung sollten wir
doch durch solche Einseitigkeit weder bey andern,
noch bey uns ferner verhindern. Es haben viele
sehr fromme und einsichtsvolle Menschen geglaubt,
daß die Leiden unsers Herrn, im eigentlichen Ver-
stande, den gegen uns zornigen Gott ausgesöhnt
und allein dahin gebracht hätten, uns wohl zu
wollen. Es haben andre dieß mit der aus lauter
Liebe schon vorher beschlossenen und geschehenen
Sendung Jesu so wenig, als mit den allerhöchsten,

so


Hoher Werth
der Verſöhnung mit Gott
durch Jeſum.

Die allervortrefflichſten Wahrheiten unſrer Reli-
gion haben, in dem Auge ſelbſt ſehr unpar-
theyiſcher Menſchen, viel von ihrem Werth verlie-
ren müſſen, weil man zu Zeiten gerade die aller-
kleinſte, unerweislichſte, und man möchte faſt ſa-
gen unwürdigſte Vorſtellung von ihnen für die ein-
zige wahre ausgegeben hat. Wir wollen nicht in
Abrede ſeyn, daß ſelbſt dieſe, ſo fern immer etwas
Wahres in ihr übrig war, ihr Gutes gewirkt ha-
ben kann. Aber eine gleiche Würkung ſollten wir
doch durch ſolche Einſeitigkeit weder bey andern,
noch bey uns ferner verhindern. Es haben viele
ſehr fromme und einſichtsvolle Menſchen geglaubt,
daß die Leiden unſers Herrn, im eigentlichen Ver-
ſtande, den gegen uns zornigen Gott ausgeſöhnt
und allein dahin gebracht hätten, uns wohl zu
wollen. Es haben andre dieß mit der aus lauter
Liebe ſchon vorher beſchloſſenen und geſchehenen
Sendung Jeſu ſo wenig, als mit den allerhöchſten,

ſo
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0154" n="138[150]"/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#g">Hoher Werth<lb/><hi rendition="#b">der Ver&#x017F;öhnung mit Gott<lb/>
durch Je&#x017F;um.</hi></hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">D</hi>ie allervortrefflich&#x017F;ten Wahrheiten un&#x017F;rer Reli-<lb/>
gion haben, in dem Auge &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;ehr unpar-<lb/>
theyi&#x017F;cher Men&#x017F;chen, viel von ihrem Werth verlie-<lb/>
ren mü&#x017F;&#x017F;en, weil man zu Zeiten gerade die aller-<lb/>
klein&#x017F;te, unerweislich&#x017F;te, und man möchte fa&#x017F;t &#x017F;a-<lb/>
gen unwürdig&#x017F;te Vor&#x017F;tellung von ihnen für die ein-<lb/>
zige wahre ausgegeben hat. Wir wollen nicht in<lb/>
Abrede &#x017F;eyn, daß &#x017F;elb&#x017F;t die&#x017F;e, &#x017F;o fern immer etwas<lb/>
Wahres in ihr übrig war, ihr Gutes gewirkt ha-<lb/>
ben kann. Aber eine gleiche Würkung &#x017F;ollten wir<lb/>
doch durch &#x017F;olche Ein&#x017F;eitigkeit weder bey andern,<lb/>
noch bey uns ferner verhindern. Es haben viele<lb/>
&#x017F;ehr fromme und ein&#x017F;ichtsvolle Men&#x017F;chen geglaubt,<lb/>
daß die Leiden un&#x017F;ers Herrn, im eigentlichen Ver-<lb/>
&#x017F;tande, den gegen uns zornigen Gott ausge&#x017F;öhnt<lb/>
und allein dahin gebracht hätten, uns wohl zu<lb/>
wollen. Es haben andre dieß mit der aus lauter<lb/>
Liebe &#x017F;chon vorher be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen und ge&#x017F;chehenen<lb/>
Sendung Je&#x017F;u &#x017F;o wenig, als mit den allerhöch&#x017F;ten,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;o</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[138[150]/0154] Hoher Werth der Verſöhnung mit Gott durch Jeſum. Die allervortrefflichſten Wahrheiten unſrer Reli- gion haben, in dem Auge ſelbſt ſehr unpar- theyiſcher Menſchen, viel von ihrem Werth verlie- ren müſſen, weil man zu Zeiten gerade die aller- kleinſte, unerweislichſte, und man möchte faſt ſa- gen unwürdigſte Vorſtellung von ihnen für die ein- zige wahre ausgegeben hat. Wir wollen nicht in Abrede ſeyn, daß ſelbſt dieſe, ſo fern immer etwas Wahres in ihr übrig war, ihr Gutes gewirkt ha- ben kann. Aber eine gleiche Würkung ſollten wir doch durch ſolche Einſeitigkeit weder bey andern, noch bey uns ferner verhindern. Es haben viele ſehr fromme und einſichtsvolle Menſchen geglaubt, daß die Leiden unſers Herrn, im eigentlichen Ver- ſtande, den gegen uns zornigen Gott ausgeſöhnt und allein dahin gebracht hätten, uns wohl zu wollen. Es haben andre dieß mit der aus lauter Liebe ſchon vorher beſchloſſenen und geſchehenen Sendung Jeſu ſo wenig, als mit den allerhöchſten, ſo

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/niemeyer_timotheus01_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/niemeyer_timotheus01_1790/154
Zitationshilfe: Niemeyer, August Hermann: Timotheus. Bd. 1. 2. Aufl. Frankfurt (Main) u.a., 1790, S. 138[150]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niemeyer_timotheus01_1790/154>, abgerufen am 26.06.2024.