tische. Die dreyhundert und sechs Fabier, von wenigen Clienten begleitet, ziehen, im Vertrauen auf den Frie- den, nach Rom, um heilige Gebräuche ihres Geschlechts zu vollziehen. Sie ahnden nicht daß die Vejenter den Frieden brechen, daß ganz Etrurien unter den Waffen und ihnen nahe ist. Unerwartet finden sie sich angegriffen: die gesammte etruskische Macht umringt sie, und sie fallen, nicht vor dem Schwerdt oder dem Speer, son- dern von Wurfgeschossen, aus der Ferne auf die Unnah- baren geschleudert.
Diodor von Sicilien, dessen Nachrichten von der älteren römischen Geschichte äußerst dürftig sind, und, wie von dem Ekel eines griechischen Sophisten an bar- barischen Vorfällen, flüchtig, ist doch dadurch merkwür- dig daß er Fabius, und vielleicht nur ihn allein unter den Römern gebrauchte. Seine ganz abweichenden Er- zählungen tragen viele Spuren leichtsinniger Bearbeitung, die ihm selbst zur Last fallen; dennoch dürfen sie nicht übersehen werden; was ihnen zum Grunde liegt ist eine von den vielen verschiedenen Gestalten welche die römische Geschichte anfänglich trug als sie aus Sagen niederge- schrieben ward, ehe ihrer eine, nur vorgezogen, herr- schend war. Denkbar ist es freylich auch daß er seinem Landsmanne, dem Sikelioten Timäus, den Vorzug vor barbarischen Annalisten, selbst in ihrer einheimischen Ge- schichte gegeben habe. Diodor nun schweigt von den frühern und den späteren Vorfällen dieses Kriegs, und redet nur bey den Consuln dieses Jahrs von einer gro- ßen Schlacht welche die Römer am Cremera gegen die
tiſche. Die dreyhundert und ſechs Fabier, von wenigen Clienten begleitet, ziehen, im Vertrauen auf den Frie- den, nach Rom, um heilige Gebraͤuche ihres Geſchlechts zu vollziehen. Sie ahnden nicht daß die Vejenter den Frieden brechen, daß ganz Etrurien unter den Waffen und ihnen nahe iſt. Unerwartet finden ſie ſich angegriffen: die geſammte etruskiſche Macht umringt ſie, und ſie fallen, nicht vor dem Schwerdt oder dem Speer, ſon- dern von Wurfgeſchoſſen, aus der Ferne auf die Unnah- baren geſchleudert.
Diodor von Sicilien, deſſen Nachrichten von der aͤlteren roͤmiſchen Geſchichte aͤußerſt duͤrftig ſind, und, wie von dem Ekel eines griechiſchen Sophiſten an bar- bariſchen Vorfaͤllen, fluͤchtig, iſt doch dadurch merkwuͤr- dig daß er Fabius, und vielleicht nur ihn allein unter den Roͤmern gebrauchte. Seine ganz abweichenden Er- zaͤhlungen tragen viele Spuren leichtſinniger Bearbeitung, die ihm ſelbſt zur Laſt fallen; dennoch duͤrfen ſie nicht uͤberſehen werden; was ihnen zum Grunde liegt iſt eine von den vielen verſchiedenen Geſtalten welche die roͤmiſche Geſchichte anfaͤnglich trug als ſie aus Sagen niederge- ſchrieben ward, ehe ihrer eine, nur vorgezogen, herr- ſchend war. Denkbar iſt es freylich auch daß er ſeinem Landsmanne, dem Sikelioten Timaͤus, den Vorzug vor barbariſchen Annaliſten, ſelbſt in ihrer einheimiſchen Ge- ſchichte gegeben habe. Diodor nun ſchweigt von den fruͤhern und den ſpaͤteren Vorfaͤllen dieſes Kriegs, und redet nur bey den Conſuln dieſes Jahrs von einer gro- ßen Schlacht welche die Roͤmer am Cremera gegen die
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tiſche. Die dreyhundert und ſechs Fabier, von wenigen
Clienten begleitet, ziehen, im Vertrauen auf den Frie-
den, nach Rom, um heilige Gebraͤuche ihres Geſchlechts
zu vollziehen. Sie ahnden nicht daß die Vejenter den
Frieden brechen, daß ganz Etrurien unter den Waffen und
ihnen nahe iſt. Unerwartet finden ſie ſich angegriffen:
die geſammte etruskiſche Macht umringt ſie, und ſie
fallen, nicht vor dem Schwerdt oder dem Speer, ſon-
dern von Wurfgeſchoſſen, aus der Ferne auf die Unnah-
baren geſchleudert.
Diodor von Sicilien, deſſen Nachrichten von der
aͤlteren roͤmiſchen Geſchichte aͤußerſt duͤrftig ſind, und,
wie von dem Ekel eines griechiſchen Sophiſten an bar-
bariſchen Vorfaͤllen, fluͤchtig, iſt doch dadurch merkwuͤr-
dig daß er Fabius, und vielleicht nur ihn allein unter
den Roͤmern gebrauchte. Seine ganz abweichenden Er-
zaͤhlungen tragen viele Spuren leichtſinniger Bearbeitung,
die ihm ſelbſt zur Laſt fallen; dennoch duͤrfen ſie nicht
uͤberſehen werden; was ihnen zum Grunde liegt iſt eine
von den vielen verſchiedenen Geſtalten welche die roͤmiſche
Geſchichte anfaͤnglich trug als ſie aus Sagen niederge-
ſchrieben ward, ehe ihrer eine, nur vorgezogen, herr-
ſchend war. Denkbar iſt es freylich auch daß er ſeinem
Landsmanne, dem Sikelioten Timaͤus, den Vorzug vor
barbariſchen Annaliſten, ſelbſt in ihrer einheimiſchen Ge-
ſchichte gegeben habe. Diodor nun ſchweigt von den
fruͤhern und den ſpaͤteren Vorfaͤllen dieſes Kriegs, und
redet nur bey den Conſuln dieſes Jahrs von einer gro-
ßen Schlacht welche die Roͤmer am Cremera gegen die
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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/95>, abgerufen am 23.11.2024.
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