Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.Forschen wir nun bey Livius nach dem Verhältniß Es war den Römern eine ehrfürchtige Sorgfalt für Forſchen wir nun bey Livius nach dem Verhaͤltniß Es war den Roͤmern eine ehrfuͤrchtige Sorgfalt fuͤr <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0488" n="472"/> <p>Forſchen wir nun bey Livius nach dem Verhaͤltniß<lb/> zwiſchen Rom und Latium, ſo gilt es ihm fuͤr ausge-<lb/> macht daß dieſes nach der Schlacht am Regillus durch<lb/> den Friedensſchluß in die Abhaͤngigkeit zuruͤckfiel, deren<lb/> Joch es abzuſchuͤtteln geſtrebt hatte: daß dieſe in ihrer<lb/> hoͤchſten Strenge ſogar die Selbſtvertheidigung gegen<lb/> feindliche Einfaͤlle unterſagte, und die Bedraͤngten har-<lb/> ren hieß bis Nom die Waffen zu ihrer Vertheidigung<lb/> nehme: daß die Latiner nach der Einnahme der Stadt<lb/> ſich empoͤrt haͤtten: daß endlich nach dreyßig Jahren<lb/> ihren Bitten der Friede auf die Bedingungen des alten<lb/> Vertrags gewaͤhrt, alſo die gaͤnzliche Abhaͤngigkeit wie-<lb/> derhergeſtellt waͤre. So redet er denn auch von dem<lb/> großen latiniſchen Krieg als von einer frechen und hoͤchſt<lb/> ſtrafwuͤrdigen Nebellion.</p><lb/> <p>Es war den Roͤmern eine ehrfuͤrchtige Sorgfalt fuͤr<lb/> der Vorfahren guten Ruf eigen, die ihre Ungerechtig-<lb/> keiten aͤngſtlich verſchleyerte, und allen ihren Handlun-<lb/> gen die Geſtalt einer guten Sache und reines Gewiſ-<lb/> ſens zu geben trachtete. Neben dieſer aus loͤblichem<lb/> Trieb hervorgehenden Unredlichkeit bewegte ſie eine ganz<lb/> thoͤrichte Eitelkeit zu verſtecken daß es eine Zeit gegeben<lb/> hatte in der die Republik klein und ſchwach geweſen<lb/> war: dieſe Thorheit nahm zu je mehr ſie ihrem<lb/> Alterthum fremd wurden, ihre aͤlteſten Annaliſten ſchei-<lb/> nen ganz unbefangen geweſen zu ſeyn. Beyde Urſachen<lb/> der Verfaͤlſchung haben gewuͤrkt ein ganz unwahres<lb/> Bild von dem Verhaͤltniß zwiſchen Rom und Latium<lb/> zu erkuͤnſteln.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [472/0488]
Forſchen wir nun bey Livius nach dem Verhaͤltniß
zwiſchen Rom und Latium, ſo gilt es ihm fuͤr ausge-
macht daß dieſes nach der Schlacht am Regillus durch
den Friedensſchluß in die Abhaͤngigkeit zuruͤckfiel, deren
Joch es abzuſchuͤtteln geſtrebt hatte: daß dieſe in ihrer
hoͤchſten Strenge ſogar die Selbſtvertheidigung gegen
feindliche Einfaͤlle unterſagte, und die Bedraͤngten har-
ren hieß bis Nom die Waffen zu ihrer Vertheidigung
nehme: daß die Latiner nach der Einnahme der Stadt
ſich empoͤrt haͤtten: daß endlich nach dreyßig Jahren
ihren Bitten der Friede auf die Bedingungen des alten
Vertrags gewaͤhrt, alſo die gaͤnzliche Abhaͤngigkeit wie-
derhergeſtellt waͤre. So redet er denn auch von dem
großen latiniſchen Krieg als von einer frechen und hoͤchſt
ſtrafwuͤrdigen Nebellion.
Es war den Roͤmern eine ehrfuͤrchtige Sorgfalt fuͤr
der Vorfahren guten Ruf eigen, die ihre Ungerechtig-
keiten aͤngſtlich verſchleyerte, und allen ihren Handlun-
gen die Geſtalt einer guten Sache und reines Gewiſ-
ſens zu geben trachtete. Neben dieſer aus loͤblichem
Trieb hervorgehenden Unredlichkeit bewegte ſie eine ganz
thoͤrichte Eitelkeit zu verſtecken daß es eine Zeit gegeben
hatte in der die Republik klein und ſchwach geweſen
war: dieſe Thorheit nahm zu je mehr ſie ihrem
Alterthum fremd wurden, ihre aͤlteſten Annaliſten ſchei-
nen ganz unbefangen geweſen zu ſeyn. Beyde Urſachen
der Verfaͤlſchung haben gewuͤrkt ein ganz unwahres
Bild von dem Verhaͤltniß zwiſchen Rom und Latium
zu erkuͤnſteln.
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