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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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denn nie durften Gemeintriften fehlen weil nur Bauland
zugetheilt ward. Wäre das urbare Land nicht hinrei-
chend gewesen jedem sein volles Maaß zu gewähren,
so würde unter der Republik ein andrer Domainenbe-
zirk das fehlende ersetzt haben: bey den Militarcolo-
nieen that es gesetzlose Confiscation der angränzenden
Landschaft, wie Mantua dieses Schicksal erfuhr.

Das limitirte und das formlose Land hatten, mit
allen übrigen Eigenschaften des quiritarischen Grund-
eigenthums, auch die directe Steuerfreyheit unter sich ge-
mein. Ihr Werth ward allerdings im Census abge-
schätzt, und im Tributum versteuert. Dem Gemeinland
hingegen war die directe Steuerpflichtigkeit so eigen-
thümlich, daß auf das in Zahlung gegebene Domainen-
land ein Nominalgrundzins von einem As für das Ju-
gerum gelegt ward, um seine Eigenschaft zu bezeichnen,
damit die Republik ihr Einlösungsrecht bewahre 36).

Sonst aber hatte das limitirte Land Rechtseigen-
thümlichkeiten, wovon freylich kaum eine andre Notiz
ausdrücklich erhalten ist als die daß ihm die Alluvion
fehlte 37): weil ein bestimmtes Maaß die Bedingung
seiner Bildung war. Fast vorherrschend in den meisten
Regionen Italiens, gewöhnlich in den Provinzen des
Westens, scheint im Osten dieser Charakter des Grund-
eigenthums äußerst selten gewesen zu seyn, daher die
Versäumniß bey den Auszügen für die Pandecten. Die
Nichterwähnung auch der auffallendsten Eigenschaften

36) Livius XXXI. c. 13.
37) l. 16. D. de adquir. rer. dom. l. 1. §. 6. D. de fluminib.

denn nie durften Gemeintriften fehlen weil nur Bauland
zugetheilt ward. Waͤre das urbare Land nicht hinrei-
chend geweſen jedem ſein volles Maaß zu gewaͤhren,
ſo wuͤrde unter der Republik ein andrer Domainenbe-
zirk das fehlende erſetzt haben: bey den Militarcolo-
nieen that es geſetzloſe Confiscation der angraͤnzenden
Landſchaft, wie Mantua dieſes Schickſal erfuhr.

Das limitirte und das formloſe Land hatten, mit
allen uͤbrigen Eigenſchaften des quiritariſchen Grund-
eigenthums, auch die directe Steuerfreyheit unter ſich ge-
mein. Ihr Werth ward allerdings im Cenſus abge-
ſchaͤtzt, und im Tributum verſteuert. Dem Gemeinland
hingegen war die directe Steuerpflichtigkeit ſo eigen-
thuͤmlich, daß auf das in Zahlung gegebene Domainen-
land ein Nominalgrundzins von einem As fuͤr das Ju-
gerum gelegt ward, um ſeine Eigenſchaft zu bezeichnen,
damit die Republik ihr Einloͤſungsrecht bewahre 36).

Sonſt aber hatte das limitirte Land Rechtseigen-
thuͤmlichkeiten, wovon freylich kaum eine andre Notiz
ausdruͤcklich erhalten iſt als die daß ihm die Alluvion
fehlte 37): weil ein beſtimmtes Maaß die Bedingung
ſeiner Bildung war. Faſt vorherrſchend in den meiſten
Regionen Italiens, gewoͤhnlich in den Provinzen des
Weſtens, ſcheint im Oſten dieſer Charakter des Grund-
eigenthums aͤußerſt ſelten geweſen zu ſeyn, daher die
Verſaͤumniß bey den Auszuͤgen fuͤr die Pandecten. Die
Nichterwaͤhnung auch der auffallendſten Eigenſchaften

36) Livius XXXI. c. 13.
37) l. 16. D. de adquir. rer. dom. l. 1. §. 6. D. de fluminib.
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[391/0407] denn nie durften Gemeintriften fehlen weil nur Bauland zugetheilt ward. Waͤre das urbare Land nicht hinrei- chend geweſen jedem ſein volles Maaß zu gewaͤhren, ſo wuͤrde unter der Republik ein andrer Domainenbe- zirk das fehlende erſetzt haben: bey den Militarcolo- nieen that es geſetzloſe Confiscation der angraͤnzenden Landſchaft, wie Mantua dieſes Schickſal erfuhr. Das limitirte und das formloſe Land hatten, mit allen uͤbrigen Eigenſchaften des quiritariſchen Grund- eigenthums, auch die directe Steuerfreyheit unter ſich ge- mein. Ihr Werth ward allerdings im Cenſus abge- ſchaͤtzt, und im Tributum verſteuert. Dem Gemeinland hingegen war die directe Steuerpflichtigkeit ſo eigen- thuͤmlich, daß auf das in Zahlung gegebene Domainen- land ein Nominalgrundzins von einem As fuͤr das Ju- gerum gelegt ward, um ſeine Eigenſchaft zu bezeichnen, damit die Republik ihr Einloͤſungsrecht bewahre 36). Sonſt aber hatte das limitirte Land Rechtseigen- thuͤmlichkeiten, wovon freylich kaum eine andre Notiz ausdruͤcklich erhalten iſt als die daß ihm die Alluvion fehlte 37): weil ein beſtimmtes Maaß die Bedingung ſeiner Bildung war. Faſt vorherrſchend in den meiſten Regionen Italiens, gewoͤhnlich in den Provinzen des Weſtens, ſcheint im Oſten dieſer Charakter des Grund- eigenthums aͤußerſt ſelten geweſen zu ſeyn, daher die Verſaͤumniß bey den Auszuͤgen fuͤr die Pandecten. Die Nichterwaͤhnung auch der auffallendſten Eigenſchaften 36) Livius XXXI. c. 13. 37) l. 16. D. de adquir. rer. dom. l. 1. §. 6. D. de fluminib.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/407>, abgerufen am 22.11.2024.