Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

Ganzen dem Gemeinland geblieben sind, doch für das
Ganze jene Ausscheidung nothwendig angedeutet.

Formlos dagegen (arcifinius), nur durch natürliche
oder willkührliche Feldscheiden abgegränzt, ist, außer je-
der fremden, auch jede Municipalmark: der wichtigste
Theil dieser Klasse aber ist das römische Gemeinland 14).
Hier verwirren die späten Schriftsteller zwey Begriffe: der
Form nach gehört das Gemeinland unter den ager arcifi-
nius:
auch als es, vielleicht unter Trajan, eingeführt
ward die Domainen in den Provinzen zu vermessen und
abzugränzen, geschah dies mißbräuchlich zwar auch nach
den Regeln der wahren Limitation, richtiger aber in
Streifen und Blöcken (per strigas et scamna). Aber
nur vom eigentlichsten Gemeinland kann der Ausdruck
occupatorius gebraucht werden, der die Art der Besitz-
ergreifung bezeichnet.

Der Begriff aller Limitation ist die Ziehung von Li-
nien, in der Richtung der vier Weltgegenden, parallel
und sich kreuzend, zur gleichförmigen Eintheilung der vom
Gemeinland in Privateigenthum übergehenden Landloose,
und zu unveränderlicher Feststellung ihrer Gränzen 15).
Daher werden sie -- die Limites -- durch eine ihnen
angewiesene, von allem Anbau ausgeschlossene Breite, als

14) Latifundia arcentium vicinos. Plinius H. N. XVIII. c. 5.
15) Von denen sie, wie es scheint, meistens zwey Seiten und
einen Winkel, wenigstens eine Seite unmittelbar bildeten,
und mittelbar die übrigen Seiten und Winkel anzeigten.
Von der wirklichen Begränzung kommt der gewöhnlichere
Sprachgebrauch des Worts limes.

Ganzen dem Gemeinland geblieben ſind, doch fuͤr das
Ganze jene Ausſcheidung nothwendig angedeutet.

Formlos dagegen (arcifinius), nur durch natuͤrliche
oder willkuͤhrliche Feldſcheiden abgegraͤnzt, iſt, außer je-
der fremden, auch jede Municipalmark: der wichtigſte
Theil dieſer Klaſſe aber iſt das roͤmiſche Gemeinland 14).
Hier verwirren die ſpaͤten Schriftſteller zwey Begriffe: der
Form nach gehoͤrt das Gemeinland unter den ager arcifi-
nius:
auch als es, vielleicht unter Trajan, eingefuͤhrt
ward die Domainen in den Provinzen zu vermeſſen und
abzugraͤnzen, geſchah dies mißbraͤuchlich zwar auch nach
den Regeln der wahren Limitation, richtiger aber in
Streifen und Bloͤcken (per strigas et scamna). Aber
nur vom eigentlichſten Gemeinland kann der Ausdruck
occupatorius gebraucht werden, der die Art der Beſitz-
ergreifung bezeichnet.

Der Begriff aller Limitation iſt die Ziehung von Li-
nien, in der Richtung der vier Weltgegenden, parallel
und ſich kreuzend, zur gleichfoͤrmigen Eintheilung der vom
Gemeinland in Privateigenthum uͤbergehenden Landlooſe,
und zu unveraͤnderlicher Feſtſtellung ihrer Graͤnzen 15).
Daher werden ſie — die Limites — durch eine ihnen
angewieſene, von allem Anbau ausgeſchloſſene Breite, als

14) Latifundia arcentium vicinos. Plinius H. N. XVIII. c. 5.
15) Von denen ſie, wie es ſcheint, meiſtens zwey Seiten und
einen Winkel, wenigſtens eine Seite unmittelbar bildeten,
und mittelbar die uͤbrigen Seiten und Winkel anzeigten.
Von der wirklichen Begraͤnzung kommt der gewoͤhnlichere
Sprachgebrauch des Worts limes.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0398" n="382"/>
Ganzen dem Gemeinland geblieben &#x017F;ind, doch fu&#x0364;r das<lb/>
Ganze jene Aus&#x017F;cheidung nothwendig angedeutet.</p><lb/>
        <p>Formlos dagegen (<hi rendition="#aq">arcifinius</hi>), nur durch natu&#x0364;rliche<lb/>
oder willku&#x0364;hrliche Feld&#x017F;cheiden abgegra&#x0364;nzt, i&#x017F;t, außer je-<lb/>
der fremden, auch jede Municipalmark: der wichtig&#x017F;te<lb/>
Theil die&#x017F;er Kla&#x017F;&#x017F;e aber i&#x017F;t das ro&#x0364;mi&#x017F;che Gemeinland <note place="foot" n="14)"><hi rendition="#aq">Latifundia arcentium vicinos.</hi> Plinius <hi rendition="#aq">H. N. XVIII. c.</hi> 5.</note>.<lb/>
Hier verwirren die &#x017F;pa&#x0364;ten Schrift&#x017F;teller zwey Begriffe: der<lb/>
Form nach geho&#x0364;rt das Gemeinland unter den <hi rendition="#aq">ager arcifi-<lb/>
nius:</hi> auch als es, vielleicht unter Trajan, eingefu&#x0364;hrt<lb/>
ward die Domainen in den Provinzen zu verme&#x017F;&#x017F;en und<lb/>
abzugra&#x0364;nzen, ge&#x017F;chah dies mißbra&#x0364;uchlich zwar auch nach<lb/>
den Regeln der wahren Limitation, richtiger aber in<lb/>
Streifen und Blo&#x0364;cken (<hi rendition="#aq">per strigas et scamna</hi>). Aber<lb/>
nur vom eigentlich&#x017F;ten Gemeinland kann der Ausdruck<lb/><hi rendition="#aq">occupatorius</hi> gebraucht werden, der die Art der Be&#x017F;itz-<lb/>
ergreifung bezeichnet.</p><lb/>
        <p>Der Begriff aller Limitation i&#x017F;t die Ziehung von Li-<lb/>
nien, in der Richtung der vier Weltgegenden, parallel<lb/>
und &#x017F;ich kreuzend, zur gleichfo&#x0364;rmigen Eintheilung der vom<lb/>
Gemeinland in Privateigenthum u&#x0364;bergehenden Landloo&#x017F;e,<lb/>
und zu unvera&#x0364;nderlicher Fe&#x017F;t&#x017F;tellung ihrer Gra&#x0364;nzen <note place="foot" n="15)">Von denen &#x017F;ie, wie es &#x017F;cheint, mei&#x017F;tens zwey Seiten und<lb/>
einen Winkel, wenig&#x017F;tens eine Seite unmittelbar bildeten,<lb/>
und mittelbar die u&#x0364;brigen Seiten und Winkel anzeigten.<lb/>
Von der wirklichen Begra&#x0364;nzung kommt der gewo&#x0364;hnlichere<lb/>
Sprachgebrauch des Worts <hi rendition="#aq">limes.</hi></note>.<lb/>
Daher werden &#x017F;ie &#x2014; die <hi rendition="#aq">Limites</hi> &#x2014; durch eine ihnen<lb/>
angewie&#x017F;ene, von allem Anbau ausge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;ene Breite, als<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[382/0398] Ganzen dem Gemeinland geblieben ſind, doch fuͤr das Ganze jene Ausſcheidung nothwendig angedeutet. Formlos dagegen (arcifinius), nur durch natuͤrliche oder willkuͤhrliche Feldſcheiden abgegraͤnzt, iſt, außer je- der fremden, auch jede Municipalmark: der wichtigſte Theil dieſer Klaſſe aber iſt das roͤmiſche Gemeinland 14). Hier verwirren die ſpaͤten Schriftſteller zwey Begriffe: der Form nach gehoͤrt das Gemeinland unter den ager arcifi- nius: auch als es, vielleicht unter Trajan, eingefuͤhrt ward die Domainen in den Provinzen zu vermeſſen und abzugraͤnzen, geſchah dies mißbraͤuchlich zwar auch nach den Regeln der wahren Limitation, richtiger aber in Streifen und Bloͤcken (per strigas et scamna). Aber nur vom eigentlichſten Gemeinland kann der Ausdruck occupatorius gebraucht werden, der die Art der Beſitz- ergreifung bezeichnet. Der Begriff aller Limitation iſt die Ziehung von Li- nien, in der Richtung der vier Weltgegenden, parallel und ſich kreuzend, zur gleichfoͤrmigen Eintheilung der vom Gemeinland in Privateigenthum uͤbergehenden Landlooſe, und zu unveraͤnderlicher Feſtſtellung ihrer Graͤnzen 15). Daher werden ſie — die Limites — durch eine ihnen angewieſene, von allem Anbau ausgeſchloſſene Breite, als 14) Latifundia arcentium vicinos. Plinius H. N. XVIII. c. 5. 15) Von denen ſie, wie es ſcheint, meiſtens zwey Seiten und einen Winkel, wenigſtens eine Seite unmittelbar bildeten, und mittelbar die uͤbrigen Seiten und Winkel anzeigten. Von der wirklichen Begraͤnzung kommt der gewoͤhnlichere Sprachgebrauch des Worts limes.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/398
Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 382. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/398>, abgerufen am 18.05.2024.