Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.Zeiten entstand wo bürgerliche Macht wenigstens nicht 91) Appian a. a. O. Plutarch, Gracch. p. 828. D. Schon Sir Thomas More schrieb, Schaafe wären für den Land- mann furchtbarere Raubthiere als Wölfe. In den Hoch- landen haben die Einwohner vieler Dörfer auswandern müssen, weil der Gutsherr die Schaafzucht einträglicher fand: elfhundert gingen von einem einzigen Gut nach Canada. 92) Horaz Carm. II. 18.
Deine Habsucht, nimmer satt, Verrückt den Markstein jedes nahen Ackers: Und du überschreitest stets Des Schützlings Gränzrein: ausgestoßen wandern Weib und Mann: er trägt im Schooß Der Väter Hausgott und die armen Kinder. Wehe einer Nation wenn der alte Feudalstolz erlosch, und der Gewinnsucht wich, alles nur als Speculation berechnet wird, Liebe und von Geschlecht zu Geschlecht ererbte Anhänglich- keit keinen Reiz mehr haben, Güter eine jedem Wucherer käufliche Waare werden: wenn dann nicht die Verhältnisse des Bauern zum Gutsherrn und sein eigenthümlicher Be- sitz schon unverrückbar. festgesetzt sind. Eine Bettelfreyheit hilft nicht. Zeiten entſtand wo buͤrgerliche Macht wenigſtens nicht 91) Appian a. a. O. Plutarch, Gracch. p. 828. D. Schon Sir Thomas More ſchrieb, Schaafe waͤren fuͤr den Land- mann furchtbarere Raubthiere als Woͤlfe. In den Hoch- landen haben die Einwohner vieler Doͤrfer auswandern muͤſſen, weil der Gutsherr die Schaafzucht eintraͤglicher fand: elfhundert gingen von einem einzigen Gut nach Canada. 92) Horaz Carm. II. 18.
Deine Habſucht, nimmer ſatt, Verruͤckt den Markſtein jedes nahen Ackers: Und du uͤberſchreiteſt ſtets Des Schuͤtzlings Graͤnzrein: ausgeſtoßen wandern Weib und Mann: er traͤgt im Schooß Der Vaͤter Hausgott und die armen Kinder. Wehe einer Nation wenn der alte Feudalſtolz erloſch, und der Gewinnſucht wich, alles nur als Speculation berechnet wird, Liebe und von Geſchlecht zu Geſchlecht ererbte Anhaͤnglich- keit keinen Reiz mehr haben, Guͤter eine jedem Wucherer kaͤufliche Waare werden: wenn dann nicht die Verhaͤltniſſe des Bauern zum Gutsherrn und ſein eigenthuͤmlicher Be- ſitz ſchon unverruͤckbar. feſtgeſetzt ſind. Eine Bettelfreyheit hilft nicht. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0388" n="372"/> Zeiten entſtand wo buͤrgerliche Macht wenigſtens nicht<lb/> der untergeordnete Zweck der meiſten Großen war, und<lb/> das allgemeine Wohl Roms und Italiens mehr galt als<lb/> des Einzelnen Gewinn, mußte aufhoͤren als Habſucht und<lb/> Bereicherung der einzige Gegenſtand der Wuͤnſche wur-<lb/> den. Da geſchah es, was Tiberius Gracchus bejam-<lb/> merte, daß die kleinen Leute aus ihren Beſitzungen ver-<lb/> trieben, und dieſe zu Weiden verwandelt wurden <note place="foot" n="91)">Appian a. a. O. Plutarch, <hi rendition="#aq">Gracch. p. 828. D.</hi> Schon<lb/> Sir Thomas More ſchrieb, Schaafe waͤren fuͤr den Land-<lb/> mann furchtbarere Raubthiere als Woͤlfe. In den Hoch-<lb/> landen haben die Einwohner vieler Doͤrfer auswandern<lb/> muͤſſen, weil der Gutsherr die Schaafzucht eintraͤglicher<lb/> fand: elfhundert gingen von einem einzigen Gut nach Canada.</note>: da<lb/> trauerte Horaz uͤber die Ausſtoßung der armen Clienten<lb/> aus der vaͤterlichen Huͤtte <note place="foot" n="92)">Horaz <hi rendition="#aq">Carm. II.</hi> 18.<lb/> Deine Habſucht, nimmer ſatt,<lb/> Verruͤckt den Markſtein jedes nahen Ackers:<lb/> Und du uͤberſchreiteſt ſtets<lb/> Des Schuͤtzlings Graͤnzrein: ausgeſtoßen wandern<lb/> Weib und Mann: er traͤgt im Schooß<lb/> Der Vaͤter Hausgott und die armen Kinder.<lb/> Wehe einer Nation wenn der alte Feudalſtolz erloſch, und der<lb/> Gewinnſucht wich, alles nur als Speculation berechnet wird,<lb/> Liebe und von Geſchlecht zu Geſchlecht ererbte Anhaͤnglich-<lb/> keit keinen Reiz mehr haben, Guͤter eine jedem Wucherer<lb/> kaͤufliche Waare werden: wenn dann nicht die Verhaͤltniſſe<lb/> des Bauern zum Gutsherrn und ſein eigenthuͤmlicher Be-<lb/> ſitz ſchon unverruͤckbar. feſtgeſetzt ſind. Eine Bettelfreyheit<lb/> hilft nicht.</note>.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [372/0388]
Zeiten entſtand wo buͤrgerliche Macht wenigſtens nicht
der untergeordnete Zweck der meiſten Großen war, und
das allgemeine Wohl Roms und Italiens mehr galt als
des Einzelnen Gewinn, mußte aufhoͤren als Habſucht und
Bereicherung der einzige Gegenſtand der Wuͤnſche wur-
den. Da geſchah es, was Tiberius Gracchus bejam-
merte, daß die kleinen Leute aus ihren Beſitzungen ver-
trieben, und dieſe zu Weiden verwandelt wurden 91): da
trauerte Horaz uͤber die Ausſtoßung der armen Clienten
aus der vaͤterlichen Huͤtte 92).
91) Appian a. a. O. Plutarch, Gracch. p. 828. D. Schon
Sir Thomas More ſchrieb, Schaafe waͤren fuͤr den Land-
mann furchtbarere Raubthiere als Woͤlfe. In den Hoch-
landen haben die Einwohner vieler Doͤrfer auswandern
muͤſſen, weil der Gutsherr die Schaafzucht eintraͤglicher
fand: elfhundert gingen von einem einzigen Gut nach Canada.
92) Horaz Carm. II. 18.
Deine Habſucht, nimmer ſatt,
Verruͤckt den Markſtein jedes nahen Ackers:
Und du uͤberſchreiteſt ſtets
Des Schuͤtzlings Graͤnzrein: ausgeſtoßen wandern
Weib und Mann: er traͤgt im Schooß
Der Vaͤter Hausgott und die armen Kinder.
Wehe einer Nation wenn der alte Feudalſtolz erloſch, und der
Gewinnſucht wich, alles nur als Speculation berechnet wird,
Liebe und von Geſchlecht zu Geſchlecht ererbte Anhaͤnglich-
keit keinen Reiz mehr haben, Guͤter eine jedem Wucherer
kaͤufliche Waare werden: wenn dann nicht die Verhaͤltniſſe
des Bauern zum Gutsherrn und ſein eigenthuͤmlicher Be-
ſitz ſchon unverruͤckbar. feſtgeſetzt ſind. Eine Bettelfreyheit
hilft nicht.
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