Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

geworfen hatte, hinabgestürzt. Sein Haus ward ge-
schleift, und, nach einer Sage 26), die Stätte mit zwey
Hainen bepflanzt: nach einer andern 27) der Tempel
der Juno Moneta, später auch die Münze, dort auf-
geführt. Damals soll auch vom Volk verordnet seyn
daß kein Patricier künftig auf der Burg wohnen dürfe:
ein Beschluß der nach einer Erfahrung von hundert
sechs und zwanzig Jahren sehr überflüssig gewesen zu
seyn scheint wenn man diese feste Wohnung wegen An-
lockung des Volks durch Wohlthätigkeit und Herablas-
sung gefährlich hielt. Auch verordnete das Manlische
Geschlecht durch einen Beschluß auf ewige Zeiten daß
kein Patricier von ihnen den Vornahmen Marcus füh-
ren solle, wie das Cla[n]dische einst den Nahmen Lucius
für sich ausschließen mußte, weil z[ - 3 Zeichen fehlen]. ihrer Gentilen,
die ihn führten, der eine wegen Mord, der andre we-
gen Straßenraub verurtheilt waren.

M. Manlius ward im Jahr 371 hingerichtet. Nach
seinem Tode vergingen drittehalb Jahrhunderte, in de-
nen die jetzt bald befestigte Harmonie der Verfassung
dem ehrgeizigen Bürger keine Verführung darbot sich am
Staat zu versündigen; keine Gebrechen die auch eine
gewaltsame Abhülfe als ein unvermeidliches Uebel er-
scheinen lassen konnten. Auch Manlius Blut, wie sehr
er sich verirrt haben mag, lag auf der Seele der Se-
natoren; denn bey gerechter und menschlicher Verwal-
tung wäre er nie gefährlich, bey billiger Würdigung

26) Die Rede pro domo. c. 38.
27) Livius VI. c. 10.

geworfen hatte, hinabgeſtuͤrzt. Sein Haus ward ge-
ſchleift, und, nach einer Sage 26), die Staͤtte mit zwey
Hainen bepflanzt: nach einer andern 27) der Tempel
der Juno Moneta, ſpaͤter auch die Muͤnze, dort auf-
gefuͤhrt. Damals ſoll auch vom Volk verordnet ſeyn
daß kein Patricier kuͤnftig auf der Burg wohnen duͤrfe:
ein Beſchluß der nach einer Erfahrung von hundert
ſechs und zwanzig Jahren ſehr uͤberfluͤſſig geweſen zu
ſeyn ſcheint wenn man dieſe feſte Wohnung wegen An-
lockung des Volks durch Wohlthaͤtigkeit und Herablaſ-
ſung gefaͤhrlich hielt. Auch verordnete das Manliſche
Geſchlecht durch einen Beſchluß auf ewige Zeiten daß
kein Patricier von ihnen den Vornahmen Marcus fuͤh-
ren ſolle, wie das Cla[n]diſche einſt den Nahmen Lucius
fuͤr ſich ausſchließen mußte, weil z[ – 3 Zeichen fehlen]. ihrer Gentilen,
die ihn fuͤhrten, der eine wegen Mord, der andre we-
gen Straßenraub verurtheilt waren.

M. Manlius ward im Jahr 371 hingerichtet. Nach
ſeinem Tode vergingen drittehalb Jahrhunderte, in de-
nen die jetzt bald befeſtigte Harmonie der Verfaſſung
dem ehrgeizigen Buͤrger keine Verfuͤhrung darbot ſich am
Staat zu verſuͤndigen; keine Gebrechen die auch eine
gewaltſame Abhuͤlfe als ein unvermeidliches Uebel er-
ſcheinen laſſen konnten. Auch Manlius Blut, wie ſehr
er ſich verirrt haben mag, lag auf der Seele der Se-
natoren; denn bey gerechter und menſchlicher Verwal-
tung waͤre er nie gefaͤhrlich, bey billiger Wuͤrdigung

26) Die Rede pro domo. c. 38.
27) Livius VI. c. 10.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0346" n="330"/>
geworfen hatte, hinabge&#x017F;tu&#x0364;rzt. Sein Haus ward ge-<lb/>
&#x017F;chleift, und, nach einer Sage <note place="foot" n="26)">Die Rede <hi rendition="#aq">pro domo. c.</hi> 38.</note>, die Sta&#x0364;tte mit zwey<lb/>
Hainen bepflanzt: nach einer andern <note place="foot" n="27)">Livius <hi rendition="#aq">VI. c.</hi> 10.</note> der Tempel<lb/>
der Juno Moneta, &#x017F;pa&#x0364;ter auch die Mu&#x0364;nze, dort auf-<lb/>
gefu&#x0364;hrt. Damals &#x017F;oll auch vom Volk verordnet &#x017F;eyn<lb/>
daß kein Patricier ku&#x0364;nftig auf der Burg wohnen du&#x0364;rfe:<lb/>
ein Be&#x017F;chluß der nach einer Erfahrung von hundert<lb/>
&#x017F;echs und zwanzig Jahren &#x017F;ehr u&#x0364;berflu&#x0364;&#x017F;&#x017F;ig gewe&#x017F;en zu<lb/>
&#x017F;eyn &#x017F;cheint wenn man die&#x017F;e fe&#x017F;te Wohnung wegen An-<lb/>
lockung des Volks durch Wohltha&#x0364;tigkeit und Herabla&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ung gefa&#x0364;hrlich hielt. Auch verordnete das Manli&#x017F;che<lb/>
Ge&#x017F;chlecht durch einen Be&#x017F;chluß auf ewige Zeiten daß<lb/>
kein Patricier von ihnen den Vornahmen Marcus fu&#x0364;h-<lb/>
ren &#x017F;olle, wie das Cla<supplied>n</supplied>di&#x017F;che ein&#x017F;t den Nahmen Lucius<lb/>
fu&#x0364;r &#x017F;ich aus&#x017F;chließen mußte, weil z<gap unit="chars" quantity="3"/>. ihrer Gentilen,<lb/>
die ihn fu&#x0364;hrten, der eine wegen Mord, der andre we-<lb/>
gen Straßenraub verurtheilt waren.</p><lb/>
        <p>M. Manlius ward im Jahr 371 hingerichtet. Nach<lb/>
&#x017F;einem Tode vergingen drittehalb Jahrhunderte, in de-<lb/>
nen die jetzt bald befe&#x017F;tigte Harmonie der Verfa&#x017F;&#x017F;ung<lb/>
dem ehrgeizigen Bu&#x0364;rger keine Verfu&#x0364;hrung darbot &#x017F;ich am<lb/>
Staat zu ver&#x017F;u&#x0364;ndigen; keine Gebrechen die auch eine<lb/>
gewalt&#x017F;ame Abhu&#x0364;lfe als ein unvermeidliches Uebel er-<lb/>
&#x017F;cheinen la&#x017F;&#x017F;en konnten. Auch Manlius Blut, wie &#x017F;ehr<lb/>
er &#x017F;ich verirrt haben mag, lag auf der Seele der Se-<lb/>
natoren; denn bey gerechter und men&#x017F;chlicher Verwal-<lb/>
tung wa&#x0364;re er nie gefa&#x0364;hrlich, bey billiger Wu&#x0364;rdigung<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[330/0346] geworfen hatte, hinabgeſtuͤrzt. Sein Haus ward ge- ſchleift, und, nach einer Sage 26), die Staͤtte mit zwey Hainen bepflanzt: nach einer andern 27) der Tempel der Juno Moneta, ſpaͤter auch die Muͤnze, dort auf- gefuͤhrt. Damals ſoll auch vom Volk verordnet ſeyn daß kein Patricier kuͤnftig auf der Burg wohnen duͤrfe: ein Beſchluß der nach einer Erfahrung von hundert ſechs und zwanzig Jahren ſehr uͤberfluͤſſig geweſen zu ſeyn ſcheint wenn man dieſe feſte Wohnung wegen An- lockung des Volks durch Wohlthaͤtigkeit und Herablaſ- ſung gefaͤhrlich hielt. Auch verordnete das Manliſche Geſchlecht durch einen Beſchluß auf ewige Zeiten daß kein Patricier von ihnen den Vornahmen Marcus fuͤh- ren ſolle, wie das Clandiſche einſt den Nahmen Lucius fuͤr ſich ausſchließen mußte, weil z___. ihrer Gentilen, die ihn fuͤhrten, der eine wegen Mord, der andre we- gen Straßenraub verurtheilt waren. M. Manlius ward im Jahr 371 hingerichtet. Nach ſeinem Tode vergingen drittehalb Jahrhunderte, in de- nen die jetzt bald befeſtigte Harmonie der Verfaſſung dem ehrgeizigen Buͤrger keine Verfuͤhrung darbot ſich am Staat zu verſuͤndigen; keine Gebrechen die auch eine gewaltſame Abhuͤlfe als ein unvermeidliches Uebel er- ſcheinen laſſen konnten. Auch Manlius Blut, wie ſehr er ſich verirrt haben mag, lag auf der Seele der Se- natoren; denn bey gerechter und menſchlicher Verwal- tung waͤre er nie gefaͤhrlich, bey billiger Wuͤrdigung 26) Die Rede pro domo. c. 38. 27) Livius VI. c. 10.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/346
Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/346>, abgerufen am 23.11.2024.