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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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Die eigentliche Armee, auf welche die Republik ver-
traute, war aber nur vier und zwanzigtausend Mann
stark: diese standen, wie es scheint, den Allia, einen
Bergstrohm von sehr hohen Ufern, vor der Fronte, die
linke Flanke an die Tiber, die rechte an einen Hügel
angelehnt, auf dem, als einem Ort der auch für schlech-
tere Truppen durch natürliche Festigkeit haltbar war, die
übrigen, mehr eine Zahl als Soldaten, wahrscheinlich
die Bejahrten und die ganz Ungeübten aufgestellt wa-
ren 42). So weit läßt sich die Anordnung des römischen
Feldherrn vielleicht nicht tadeln, da er den unglücklichen
Entschluß faßte eine Schlacht zu liefern, gegen einen
furchtbaren und weit überlegnen Feind, dessen Zahl auf
siebzigtausend angegeben wird: denn die Senoner, welche
vor Clusium erschienen waren, hatten große Verstärkun-
gen neuer Einwanderer an sich gezogen. Aber im Allge-
meinen ist Livius Ausspruch höchst wahr daß eine entsetz-
liche Verblendung die Römer in das Verderben stürzte.
Man überließ die Republik, der Dictatur uneingedenk,
alltäglichen Anführern, welche für gewöhnliche Zeiten er-
nannt waren: nicht die gemeinste Vorsicht, die in ge-
wöhnlichen und fast gleichgültigen Kriegen nie versäumt
ward, war beobachtet; das Lager war nicht verschanzt;
nichts für einen Rückzug angeordnet; an die Befestigung
und Vertheidigung der Stadt, deren Schicksal ganz al-
lein von dem Sieg oder der Niederlage des Heers ab-
hing, war nicht gedacht. Es war eine taumelnde Eile zur
Schlacht, wohl nicht aus wähnender Siegstrunkenheit:

42) Diodor XIV. c. 114.

Die eigentliche Armee, auf welche die Republik ver-
traute, war aber nur vier und zwanzigtauſend Mann
ſtark: dieſe ſtanden, wie es ſcheint, den Allia, einen
Bergſtrohm von ſehr hohen Ufern, vor der Fronte, die
linke Flanke an die Tiber, die rechte an einen Huͤgel
angelehnt, auf dem, als einem Ort der auch fuͤr ſchlech-
tere Truppen durch natuͤrliche Feſtigkeit haltbar war, die
uͤbrigen, mehr eine Zahl als Soldaten, wahrſcheinlich
die Bejahrten und die ganz Ungeuͤbten aufgeſtellt wa-
ren 42). So weit laͤßt ſich die Anordnung des roͤmiſchen
Feldherrn vielleicht nicht tadeln, da er den ungluͤcklichen
Entſchluß faßte eine Schlacht zu liefern, gegen einen
furchtbaren und weit uͤberlegnen Feind, deſſen Zahl auf
ſiebzigtauſend angegeben wird: denn die Senoner, welche
vor Cluſium erſchienen waren, hatten große Verſtaͤrkun-
gen neuer Einwanderer an ſich gezogen. Aber im Allge-
meinen iſt Livius Ausſpruch hoͤchſt wahr daß eine entſetz-
liche Verblendung die Roͤmer in das Verderben ſtuͤrzte.
Man uͤberließ die Republik, der Dictatur uneingedenk,
alltaͤglichen Anfuͤhrern, welche fuͤr gewoͤhnliche Zeiten er-
nannt waren: nicht die gemeinſte Vorſicht, die in ge-
woͤhnlichen und faſt gleichguͤltigen Kriegen nie verſaͤumt
ward, war beobachtet; das Lager war nicht verſchanzt;
nichts fuͤr einen Ruͤckzug angeordnet; an die Befeſtigung
und Vertheidigung der Stadt, deren Schickſal ganz al-
lein von dem Sieg oder der Niederlage des Heers ab-
hing, war nicht gedacht. Es war eine taumelnde Eile zur
Schlacht, wohl nicht aus waͤhnender Siegstrunkenheit:

42) Diodor XIV. c. 114.
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[269/0285] Die eigentliche Armee, auf welche die Republik ver- traute, war aber nur vier und zwanzigtauſend Mann ſtark: dieſe ſtanden, wie es ſcheint, den Allia, einen Bergſtrohm von ſehr hohen Ufern, vor der Fronte, die linke Flanke an die Tiber, die rechte an einen Huͤgel angelehnt, auf dem, als einem Ort der auch fuͤr ſchlech- tere Truppen durch natuͤrliche Feſtigkeit haltbar war, die uͤbrigen, mehr eine Zahl als Soldaten, wahrſcheinlich die Bejahrten und die ganz Ungeuͤbten aufgeſtellt wa- ren 42). So weit laͤßt ſich die Anordnung des roͤmiſchen Feldherrn vielleicht nicht tadeln, da er den ungluͤcklichen Entſchluß faßte eine Schlacht zu liefern, gegen einen furchtbaren und weit uͤberlegnen Feind, deſſen Zahl auf ſiebzigtauſend angegeben wird: denn die Senoner, welche vor Cluſium erſchienen waren, hatten große Verſtaͤrkun- gen neuer Einwanderer an ſich gezogen. Aber im Allge- meinen iſt Livius Ausſpruch hoͤchſt wahr daß eine entſetz- liche Verblendung die Roͤmer in das Verderben ſtuͤrzte. Man uͤberließ die Republik, der Dictatur uneingedenk, alltaͤglichen Anfuͤhrern, welche fuͤr gewoͤhnliche Zeiten er- nannt waren: nicht die gemeinſte Vorſicht, die in ge- woͤhnlichen und faſt gleichguͤltigen Kriegen nie verſaͤumt ward, war beobachtet; das Lager war nicht verſchanzt; nichts fuͤr einen Ruͤckzug angeordnet; an die Befeſtigung und Vertheidigung der Stadt, deren Schickſal ganz al- lein von dem Sieg oder der Niederlage des Heers ab- hing, war nicht gedacht. Es war eine taumelnde Eile zur Schlacht, wohl nicht aus waͤhnender Siegstrunkenheit: 42) Diodor XIV. c. 114.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/285>, abgerufen am 28.11.2024.