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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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es daß der Anfang der Magistratur bald früher, bald
später versetzt ward. Jene Ahndung genügte dem Se-
nat, und er wollte den Tribunen nicht gestatten die
Feldherrn vor das Volksgericht zu ziehen, deren Ver-
fahren er selbst als strafwürdig bezeichnet hatte. Des-
wegen, und um das Murren über die Ungerechtigkeit der
Besteurung zu entfernen, strebten die Patricier die Wahl
der neuen Volkstribunen zu stören, und gegen das Tre-
bonische Gesetz eine Cooptation der fehlenden; gegen das
Grundgesetz Ergänzung durch Mitstände zu bewürken.
Jenes gelang, dieses nicht: der Zweck aber ward ganz
verfehlt. Acht Tribunen waren von Volk erwählt, sie
strebten durch eifrige Erfüllung ihres Berufs Vergessen-
heit für ihre Schwäche bey der Uebertretung des Tre-
bonischen Gesetzes zu erlangen; und die cooptirten wag-
ten es nicht die gegen ihre Gönner übernommenen Ver-
pflichtungen zu erfüllen. Die abgesetzten Militartribu-
nen wurden vom Volk in eine Mult verurtheilt. Und
bey dieser Ahndung der beleidigten Majestät der Repu-
blik, zwiefach beleidigt durch die Bemühung die Schul-
digen ihrer Strafe zu entziehen, beruhigten die Volks-
tribunen sich nicht. Sie untersagten die Erhebung der
einseitigen und ungerechten Vermögenssteuer, und die
Armee, wohl wissend daß ihr nicht der Sold mißgönnt
sondern Uebernahme wenigstens eines großen Theils des-
selben auf die rechtmäßige Einnahme der Republik vom
Gemeinlande gefordert werde, war im Begriff sich
gegen den Senat zu empören da die Zahlung ausblieb.
Diese Gefahr schreckte die Patricier so, daß sie, in der

es daß der Anfang der Magiſtratur bald fruͤher, bald
ſpaͤter verſetzt ward. Jene Ahndung genuͤgte dem Se-
nat, und er wollte den Tribunen nicht geſtatten die
Feldherrn vor das Volksgericht zu ziehen, deren Ver-
fahren er ſelbſt als ſtrafwuͤrdig bezeichnet hatte. Des-
wegen, und um das Murren uͤber die Ungerechtigkeit der
Beſteurung zu entfernen, ſtrebten die Patricier die Wahl
der neuen Volkstribunen zu ſtoͤren, und gegen das Tre-
boniſche Geſetz eine Cooptation der fehlenden; gegen das
Grundgeſetz Ergaͤnzung durch Mitſtaͤnde zu bewuͤrken.
Jenes gelang, dieſes nicht: der Zweck aber ward ganz
verfehlt. Acht Tribunen waren von Volk erwaͤhlt, ſie
ſtrebten durch eifrige Erfuͤllung ihres Berufs Vergeſſen-
heit fuͤr ihre Schwaͤche bey der Uebertretung des Tre-
boniſchen Geſetzes zu erlangen; und die cooptirten wag-
ten es nicht die gegen ihre Goͤnner uͤbernommenen Ver-
pflichtungen zu erfuͤllen. Die abgeſetzten Militartribu-
nen wurden vom Volk in eine Mult verurtheilt. Und
bey dieſer Ahndung der beleidigten Majeſtaͤt der Repu-
blik, zwiefach beleidigt durch die Bemuͤhung die Schul-
digen ihrer Strafe zu entziehen, beruhigten die Volks-
tribunen ſich nicht. Sie unterſagten die Erhebung der
einſeitigen und ungerechten Vermoͤgensſteuer, und die
Armee, wohl wiſſend daß ihr nicht der Sold mißgoͤnnt
ſondern Uebernahme wenigſtens eines großen Theils deſ-
ſelben auf die rechtmaͤßige Einnahme der Republik vom
Gemeinlande gefordert werde, war im Begriff ſich
gegen den Senat zu empoͤren da die Zahlung ausblieb.
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[244/0260] es daß der Anfang der Magiſtratur bald fruͤher, bald ſpaͤter verſetzt ward. Jene Ahndung genuͤgte dem Se- nat, und er wollte den Tribunen nicht geſtatten die Feldherrn vor das Volksgericht zu ziehen, deren Ver- fahren er ſelbſt als ſtrafwuͤrdig bezeichnet hatte. Des- wegen, und um das Murren uͤber die Ungerechtigkeit der Beſteurung zu entfernen, ſtrebten die Patricier die Wahl der neuen Volkstribunen zu ſtoͤren, und gegen das Tre- boniſche Geſetz eine Cooptation der fehlenden; gegen das Grundgeſetz Ergaͤnzung durch Mitſtaͤnde zu bewuͤrken. Jenes gelang, dieſes nicht: der Zweck aber ward ganz verfehlt. Acht Tribunen waren von Volk erwaͤhlt, ſie ſtrebten durch eifrige Erfuͤllung ihres Berufs Vergeſſen- heit fuͤr ihre Schwaͤche bey der Uebertretung des Tre- boniſchen Geſetzes zu erlangen; und die cooptirten wag- ten es nicht die gegen ihre Goͤnner uͤbernommenen Ver- pflichtungen zu erfuͤllen. Die abgeſetzten Militartribu- nen wurden vom Volk in eine Mult verurtheilt. Und bey dieſer Ahndung der beleidigten Majeſtaͤt der Repu- blik, zwiefach beleidigt durch die Bemuͤhung die Schul- digen ihrer Strafe zu entziehen, beruhigten die Volks- tribunen ſich nicht. Sie unterſagten die Erhebung der einſeitigen und ungerechten Vermoͤgensſteuer, und die Armee, wohl wiſſend daß ihr nicht der Sold mißgoͤnnt ſondern Uebernahme wenigſtens eines großen Theils deſ- ſelben auf die rechtmaͤßige Einnahme der Republik vom Gemeinlande gefordert werde, war im Begriff ſich gegen den Senat zu empoͤren da die Zahlung ausblieb. Dieſe Gefahr ſchreckte die Patricier ſo, daß ſie, in der

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/260>, abgerufen am 24.11.2024.