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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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sechsten Stunde sich ablösend, einen Minengang, der in
die vejentische Burg, in dem Tempel der Juno, an den
Tag führen sollte.

So gewiß war jetzt der Dictator vom Erfolg daß
er vor dem Sturm den Senat befragte: wie mit der
Beute verfahren, ob sie den Soldaten überlassen oder
für die Staatscasse eingezogen werden solle? Für das
letzte stimmte Appius Claudius, des Decemvirs Enkel;
unter dem Vorwand, man könne den Ertrag anwenden
um Sold davon zu zahlen, anstatt Schoß auszuschrei-
ben. Gegen diesen Antrag erklärte sich P. Licinius, nach
Livius der erste plebejische Consulartribun. Mit der Vor-
sicht einen Verdacht gegen die vor denen man redet,
wenn man ihn auch mit allen theilt, als eine beleidi-
gende Beschuldigung darzustellen, welcher keinen Schein
zu leihen ihre Ehre erfordere, stellte er dem Senat vor:
das Volk werde glauben es sey die Absicht ihm die
Früchte einer Eroberung ganz zu entziehen welche es
mit seinem Blut und unendlichen Steuern erkauft habe:
beydes sey nur für die Bereicherung der Patricier ver-
schwendet, welche sich den Ertrag der Beute theilen
würden, wie sie schon im Geist die vejentische Feldmark
in Landgüter unter sich austheilten. Einem so verderb-
lichen Argwohn dürfe keine Nahrung gewährt werden.
Es würde aber auch unbillig seyn nur die anwesenden
Soldaten eine Beute theilen zu lassen welche durch die
Aufopferungen aller Bürger erkauft sey. Daher solle man
bekannt machen, wer Theil an der Beute nehmen wolle
könne sich in das Lager begeben.


ſechſten Stunde ſich abloͤſend, einen Minengang, der in
die vejentiſche Burg, in dem Tempel der Juno, an den
Tag fuͤhren ſollte.

So gewiß war jetzt der Dictator vom Erfolg daß
er vor dem Sturm den Senat befragte: wie mit der
Beute verfahren, ob ſie den Soldaten uͤberlaſſen oder
fuͤr die Staatscaſſe eingezogen werden ſolle? Fuͤr das
letzte ſtimmte Appius Claudius, des Decemvirs Enkel;
unter dem Vorwand, man koͤnne den Ertrag anwenden
um Sold davon zu zahlen, anſtatt Schoß auszuſchrei-
ben. Gegen dieſen Antrag erklaͤrte ſich P. Licinius, nach
Livius der erſte plebejiſche Conſulartribun. Mit der Vor-
ſicht einen Verdacht gegen die vor denen man redet,
wenn man ihn auch mit allen theilt, als eine beleidi-
gende Beſchuldigung darzuſtellen, welcher keinen Schein
zu leihen ihre Ehre erfordere, ſtellte er dem Senat vor:
das Volk werde glauben es ſey die Abſicht ihm die
Fruͤchte einer Eroberung ganz zu entziehen welche es
mit ſeinem Blut und unendlichen Steuern erkauft habe:
beydes ſey nur fuͤr die Bereicherung der Patricier ver-
ſchwendet, welche ſich den Ertrag der Beute theilen
wuͤrden, wie ſie ſchon im Geiſt die vejentiſche Feldmark
in Landguͤter unter ſich austheilten. Einem ſo verderb-
lichen Argwohn duͤrfe keine Nahrung gewaͤhrt werden.
Es wuͤrde aber auch unbillig ſeyn nur die anweſenden
Soldaten eine Beute theilen zu laſſen welche durch die
Aufopferungen aller Buͤrger erkauft ſey. Daher ſolle man
bekannt machen, wer Theil an der Beute nehmen wolle
koͤnne ſich in das Lager begeben.


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[230/0246] ſechſten Stunde ſich abloͤſend, einen Minengang, der in die vejentiſche Burg, in dem Tempel der Juno, an den Tag fuͤhren ſollte. So gewiß war jetzt der Dictator vom Erfolg daß er vor dem Sturm den Senat befragte: wie mit der Beute verfahren, ob ſie den Soldaten uͤberlaſſen oder fuͤr die Staatscaſſe eingezogen werden ſolle? Fuͤr das letzte ſtimmte Appius Claudius, des Decemvirs Enkel; unter dem Vorwand, man koͤnne den Ertrag anwenden um Sold davon zu zahlen, anſtatt Schoß auszuſchrei- ben. Gegen dieſen Antrag erklaͤrte ſich P. Licinius, nach Livius der erſte plebejiſche Conſulartribun. Mit der Vor- ſicht einen Verdacht gegen die vor denen man redet, wenn man ihn auch mit allen theilt, als eine beleidi- gende Beſchuldigung darzuſtellen, welcher keinen Schein zu leihen ihre Ehre erfordere, ſtellte er dem Senat vor: das Volk werde glauben es ſey die Abſicht ihm die Fruͤchte einer Eroberung ganz zu entziehen welche es mit ſeinem Blut und unendlichen Steuern erkauft habe: beydes ſey nur fuͤr die Bereicherung der Patricier ver- ſchwendet, welche ſich den Ertrag der Beute theilen wuͤrden, wie ſie ſchon im Geiſt die vejentiſche Feldmark in Landguͤter unter ſich austheilten. Einem ſo verderb- lichen Argwohn duͤrfe keine Nahrung gewaͤhrt werden. Es wuͤrde aber auch unbillig ſeyn nur die anweſenden Soldaten eine Beute theilen zu laſſen welche durch die Aufopferungen aller Buͤrger erkauft ſey. Daher ſolle man bekannt machen, wer Theil an der Beute nehmen wolle koͤnne ſich in das Lager begeben.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/246>, abgerufen am 07.05.2024.