waffneten, errichtete sein Tribunal als Dictator auf dem Forum. Erwartungsvolle Unruhe versammelte hier das Volk, unter ihm war Mälius gekommen. Vor- gerufen, den Tod vor den Augen, verbarg er sich un- ter der Menge. Gegen die Diener schützten ihn die Umgebenden, aber vor C. Servilius Ahala, dem Ober- sten der Ritter, wichen sie zurück, der bewaffnet, mit einem Gefolge bewaffneter patricischer Jünglinge, das wehrlose Schlachtopfer verfolgte, ihn ergriff, und nie- derhieb. Das ist Mord: und nichts entschuldigt ihn; denn wer Mälius erreichen und ungerächt tödten konnte, vermochte auch ihn vor das Tribunal des Dictators zu führen: und der Dictator selbst mußte nicht richten wo er Parthey scheinen konnte: es war genug daß er die Macht hatte den Angeklagten verhaften zu lassen, damit er sich dem Spruch der Centurien nicht entziehen konnte. Gegen Appius Claudius hatten die Tribunen jede Form des Rechts beobachtet. Partheygeist und Familieneitelkeit in den Leichenreden des Quinctischen und des Servilischen Geschlechts haben den Mord als eine große Handlung ausgerufen: die Nachwelt hat sich von ihnen überreden lassen. Aber der kritische Prüfer darf nach Jahrtausenden die Beschuldigung nicht scheuen daß er den Glauben der Alten willkührlichem Haschen nach Neuheit oder eigensinnigen Ansichten aufopfere: er muß bey seinem Todtengericht aussprechen: es scheine daß der Erschlagene, die Tugend seiner Handlungen möge, streng beurtheilt, auch nicht rein gewesen seyn, als ein Opfer fiel um die Plebejer auf viele Jahre vom
waffneten, errichtete ſein Tribunal als Dictator auf dem Forum. Erwartungsvolle Unruhe verſammelte hier das Volk, unter ihm war Maͤlius gekommen. Vor- gerufen, den Tod vor den Augen, verbarg er ſich un- ter der Menge. Gegen die Diener ſchuͤtzten ihn die Umgebenden, aber vor C. Servilius Ahala, dem Ober- ſten der Ritter, wichen ſie zuruͤck, der bewaffnet, mit einem Gefolge bewaffneter patriciſcher Juͤnglinge, das wehrloſe Schlachtopfer verfolgte, ihn ergriff, und nie- derhieb. Das iſt Mord: und nichts entſchuldigt ihn; denn wer Maͤlius erreichen und ungeraͤcht toͤdten konnte, vermochte auch ihn vor das Tribunal des Dictators zu fuͤhren: und der Dictator ſelbſt mußte nicht richten wo er Parthey ſcheinen konnte: es war genug daß er die Macht hatte den Angeklagten verhaften zu laſſen, damit er ſich dem Spruch der Centurien nicht entziehen konnte. Gegen Appius Claudius hatten die Tribunen jede Form des Rechts beobachtet. Partheygeiſt und Familieneitelkeit in den Leichenreden des Quinctiſchen und des Serviliſchen Geſchlechts haben den Mord als eine große Handlung ausgerufen: die Nachwelt hat ſich von ihnen uͤberreden laſſen. Aber der kritiſche Pruͤfer darf nach Jahrtauſenden die Beſchuldigung nicht ſcheuen daß er den Glauben der Alten willkuͤhrlichem Haſchen nach Neuheit oder eigenſinnigen Anſichten aufopfere: er muß bey ſeinem Todtengericht ausſprechen: es ſcheine daß der Erſchlagene, die Tugend ſeiner Handlungen moͤge, ſtreng beurtheilt, auch nicht rein geweſen ſeyn, als ein Opfer fiel um die Plebejer auf viele Jahre vom
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[191/0207]
waffneten, errichtete ſein Tribunal als Dictator auf
dem Forum. Erwartungsvolle Unruhe verſammelte
hier das Volk, unter ihm war Maͤlius gekommen. Vor-
gerufen, den Tod vor den Augen, verbarg er ſich un-
ter der Menge. Gegen die Diener ſchuͤtzten ihn die
Umgebenden, aber vor C. Servilius Ahala, dem Ober-
ſten der Ritter, wichen ſie zuruͤck, der bewaffnet, mit
einem Gefolge bewaffneter patriciſcher Juͤnglinge, das
wehrloſe Schlachtopfer verfolgte, ihn ergriff, und nie-
derhieb. Das iſt Mord: und nichts entſchuldigt ihn;
denn wer Maͤlius erreichen und ungeraͤcht toͤdten konnte,
vermochte auch ihn vor das Tribunal des Dictators zu
fuͤhren: und der Dictator ſelbſt mußte nicht richten
wo er Parthey ſcheinen konnte: es war genug daß er
die Macht hatte den Angeklagten verhaften zu laſſen,
damit er ſich dem Spruch der Centurien nicht entziehen
konnte. Gegen Appius Claudius hatten die Tribunen
jede Form des Rechts beobachtet. Partheygeiſt und
Familieneitelkeit in den Leichenreden des Quinctiſchen
und des Serviliſchen Geſchlechts haben den Mord als
eine große Handlung ausgerufen: die Nachwelt hat ſich
von ihnen uͤberreden laſſen. Aber der kritiſche Pruͤfer
darf nach Jahrtauſenden die Beſchuldigung nicht ſcheuen
daß er den Glauben der Alten willkuͤhrlichem Haſchen
nach Neuheit oder eigenſinnigen Anſichten aufopfere: er
muß bey ſeinem Todtengericht ausſprechen: es ſcheine
daß der Erſchlagene, die Tugend ſeiner Handlungen
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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/207>, abgerufen am 23.11.2024.
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