die Bäche noch nicht versiegt sind: in diesem Vorsommer muß man sich auch den eben erzählten Feldzug denken. Von da bis zum Anfang Septembers wären, wenn jene Zeit in den Anfang unsers Junius fällt, weni- ger als drey Monate vergangen; und wenn im Septem- ber die Stadt voll Flüchtlinge war, so scheint es daß die Aequer in vollem Besitz der Vortheile des letzten Feldzugs geblieben seyn müssen. Diese Pest raffte beyde Consuln und eine zahllose Menge Menschen hin. Rom konnte kein Heer aufstellen: die Aequer erschienen unter den Mauern der Stadt: nachdem sie das ganze römi- sche Gebiet verwüstet hatten, drangen sie in die entleg- neren Gegenden der Latiner ein. Diese vereinigten ihre Kräfte zum Widerstand, aber sie wurden bey Tusculum gänzlich geschlagen; und wäre damals Eroberung der Zweck der Bergbewohner gewesen, so hätten die latini- schen Städte vielleicht nur schwachen Widerstand leisten können. Aber sie zogen sich freywillig aus einem Lande zurück, in welchem sich wahrscheinlich die Ansteckung von Rom her gefährlich verbreitet hatte, wenn die Seuche in der Stadt ausgebrochen war und nicht vielmehr zu einer viel verbreiteteren Contagion gehörte. Mit dem Jahre hatte diese aufgehört, und die neuen Consuln tilgten die Schmach und den Verlust des verflossenen. Die Volsker wurden in ihrem eignen Lande geschlagen (292): und ein Streifzug auf das römische Gebiet, welchen der Consul nicht zu hindern vermocht hatte, ward an dem plündernden Haufen blutig gerochen. Ein zweyter Sieg über die vereinigten feindlichen Heere
die Baͤche noch nicht verſiegt ſind: in dieſem Vorſommer muß man ſich auch den eben erzaͤhlten Feldzug denken. Von da bis zum Anfang Septembers waͤren, wenn jene Zeit in den Anfang unſers Junius faͤllt, weni- ger als drey Monate vergangen; und wenn im Septem- ber die Stadt voll Fluͤchtlinge war, ſo ſcheint es daß die Aequer in vollem Beſitz der Vortheile des letzten Feldzugs geblieben ſeyn muͤſſen. Dieſe Peſt raffte beyde Conſuln und eine zahlloſe Menge Menſchen hin. Rom konnte kein Heer aufſtellen: die Aequer erſchienen unter den Mauern der Stadt: nachdem ſie das ganze roͤmi- ſche Gebiet verwuͤſtet hatten, drangen ſie in die entleg- neren Gegenden der Latiner ein. Dieſe vereinigten ihre Kraͤfte zum Widerſtand, aber ſie wurden bey Tusculum gaͤnzlich geſchlagen; und waͤre damals Eroberung der Zweck der Bergbewohner geweſen, ſo haͤtten die latini- ſchen Staͤdte vielleicht nur ſchwachen Widerſtand leiſten koͤnnen. Aber ſie zogen ſich freywillig aus einem Lande zuruͤck, in welchem ſich wahrſcheinlich die Anſteckung von Rom her gefaͤhrlich verbreitet hatte, wenn die Seuche in der Stadt ausgebrochen war und nicht vielmehr zu einer viel verbreiteteren Contagion gehoͤrte. Mit dem Jahre hatte dieſe aufgehoͤrt, und die neuen Conſuln tilgten die Schmach und den Verluſt des verfloſſenen. Die Volsker wurden in ihrem eignen Lande geſchlagen (292): und ein Streifzug auf das roͤmiſche Gebiet, welchen der Conſul nicht zu hindern vermocht hatte, ward an dem pluͤndernden Haufen blutig gerochen. Ein zweyter Sieg uͤber die vereinigten feindlichen Heere
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0109"n="93"/>
die Baͤche noch nicht verſiegt ſind: in dieſem Vorſommer<lb/>
muß man ſich auch den eben erzaͤhlten Feldzug denken.<lb/>
Von da bis zum Anfang Septembers waͤren, wenn<lb/>
jene Zeit in den Anfang unſers Junius faͤllt, weni-<lb/>
ger als drey Monate vergangen; und wenn im Septem-<lb/>
ber die Stadt voll Fluͤchtlinge war, ſo ſcheint es daß<lb/>
die Aequer in vollem Beſitz der Vortheile des letzten<lb/>
Feldzugs geblieben ſeyn muͤſſen. Dieſe Peſt raffte beyde<lb/>
Conſuln und eine zahlloſe Menge Menſchen hin. Rom<lb/>
konnte kein Heer aufſtellen: die Aequer erſchienen unter<lb/>
den Mauern der Stadt: nachdem ſie das ganze roͤmi-<lb/>ſche Gebiet verwuͤſtet hatten, drangen ſie in die entleg-<lb/>
neren Gegenden der Latiner ein. Dieſe vereinigten ihre<lb/>
Kraͤfte zum Widerſtand, aber ſie wurden bey Tusculum<lb/>
gaͤnzlich geſchlagen; und waͤre damals Eroberung der<lb/>
Zweck der Bergbewohner geweſen, ſo haͤtten die latini-<lb/>ſchen Staͤdte vielleicht nur ſchwachen Widerſtand leiſten<lb/>
koͤnnen. Aber ſie zogen ſich freywillig aus einem Lande<lb/>
zuruͤck, in welchem ſich wahrſcheinlich die Anſteckung von<lb/>
Rom her gefaͤhrlich verbreitet hatte, wenn die Seuche<lb/>
in der Stadt ausgebrochen war und nicht vielmehr zu<lb/>
einer viel verbreiteteren Contagion gehoͤrte. Mit dem<lb/>
Jahre hatte dieſe aufgehoͤrt, und die neuen Conſuln<lb/>
tilgten die Schmach und den Verluſt des verfloſſenen.<lb/>
Die Volsker wurden in ihrem eignen Lande geſchlagen<lb/>
(292): und ein Streifzug auf das roͤmiſche Gebiet,<lb/>
welchen der Conſul nicht zu hindern vermocht hatte,<lb/>
ward an dem pluͤndernden Haufen blutig gerochen. Ein<lb/>
zweyter Sieg uͤber die vereinigten feindlichen Heere<lb/></p></div></body></text></TEI>
[93/0109]
die Baͤche noch nicht verſiegt ſind: in dieſem Vorſommer
muß man ſich auch den eben erzaͤhlten Feldzug denken.
Von da bis zum Anfang Septembers waͤren, wenn
jene Zeit in den Anfang unſers Junius faͤllt, weni-
ger als drey Monate vergangen; und wenn im Septem-
ber die Stadt voll Fluͤchtlinge war, ſo ſcheint es daß
die Aequer in vollem Beſitz der Vortheile des letzten
Feldzugs geblieben ſeyn muͤſſen. Dieſe Peſt raffte beyde
Conſuln und eine zahlloſe Menge Menſchen hin. Rom
konnte kein Heer aufſtellen: die Aequer erſchienen unter
den Mauern der Stadt: nachdem ſie das ganze roͤmi-
ſche Gebiet verwuͤſtet hatten, drangen ſie in die entleg-
neren Gegenden der Latiner ein. Dieſe vereinigten ihre
Kraͤfte zum Widerſtand, aber ſie wurden bey Tusculum
gaͤnzlich geſchlagen; und waͤre damals Eroberung der
Zweck der Bergbewohner geweſen, ſo haͤtten die latini-
ſchen Staͤdte vielleicht nur ſchwachen Widerſtand leiſten
koͤnnen. Aber ſie zogen ſich freywillig aus einem Lande
zuruͤck, in welchem ſich wahrſcheinlich die Anſteckung von
Rom her gefaͤhrlich verbreitet hatte, wenn die Seuche
in der Stadt ausgebrochen war und nicht vielmehr zu
einer viel verbreiteteren Contagion gehoͤrte. Mit dem
Jahre hatte dieſe aufgehoͤrt, und die neuen Conſuln
tilgten die Schmach und den Verluſt des verfloſſenen.
Die Volsker wurden in ihrem eignen Lande geſchlagen
(292): und ein Streifzug auf das roͤmiſche Gebiet,
welchen der Conſul nicht zu hindern vermocht hatte,
ward an dem pluͤndernden Haufen blutig gerochen. Ein
zweyter Sieg uͤber die vereinigten feindlichen Heere
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/109>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.