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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

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in den älteren Zeiten kein Volk Italiens den Griechen
durch Kriege und Verkehr so bekannt und so wichtig als
die Tyrrhener, deren Macht und Seeherrschaft schon
blühte als die Griechen anfingen ihre See zu besuchen,
und sich noch Jahrhunderte lang erhielt.

Daß die Erzählung Herodots von ihrer Auswande-
rung aus Lydien auch nicht in einer lydischen Sage gegrün-
det gewesen ist, beweißt Dionysius mit Xanthus unver-
werflicher Autorität; daß sie, auch wäre sie Sage, kei-
nen Glauben verdiene, durch die völlige Verschiedenheit
der Sprache, Gewohnheiten und Religion beyder Natio-
nen. Seine Versicherung, daß die Tyrrhener eine unter
den italischen Völkern ganz eigenthümliche Sprache rede-
ten, (welche sich auch noch später als seine Zeit, und wohl
am spätesten unter allen nichtlateinischen erhielt, wahr-
scheinlich durch ihre heiligen Bücher) wird durch die In-
schriften bestätigt, in deren Worten auch durch die gewalt-
samsten etymologischen Künste keine Analogie mit der grie-
chischen Sprache, oder dem ihr verwandten Stamm der
lateinischen entdeckt werden kann. Also erklärt sich hier
historische Autorität für das Urtheil, welches eigene An-
schauung uns fällen heißt; und nichts verwehrt uns in den
Tuskern ein eigenthümliches Urvolk zu erkennen. Gegen
das einmüthige Zeugniß der Alten, die mit gleicher Zu-
versichtlichkeit die Tuskische Sprache von der Sabinischen
und Oskischen unterscheiden, hat sich unter den italiäni-
schen Gelehrten die Meinung erhoben, alle Völker Ita-
liens, von deren Sprache sich Ueberreste in Inschriften
finden, mit Ausnahme einiger nahmenlosen Stämme

Erster Theil. E

in den aͤlteren Zeiten kein Volk Italiens den Griechen
durch Kriege und Verkehr ſo bekannt und ſo wichtig als
die Tyrrhener, deren Macht und Seeherrſchaft ſchon
bluͤhte als die Griechen anfingen ihre See zu beſuchen,
und ſich noch Jahrhunderte lang erhielt.

Daß die Erzaͤhlung Herodots von ihrer Auswande-
rung aus Lydien auch nicht in einer lydiſchen Sage gegruͤn-
det geweſen iſt, beweißt Dionyſius mit Xanthus unver-
werflicher Autoritaͤt; daß ſie, auch waͤre ſie Sage, kei-
nen Glauben verdiene, durch die voͤllige Verſchiedenheit
der Sprache, Gewohnheiten und Religion beyder Natio-
nen. Seine Verſicherung, daß die Tyrrhener eine unter
den italiſchen Voͤlkern ganz eigenthuͤmliche Sprache rede-
ten, (welche ſich auch noch ſpaͤter als ſeine Zeit, und wohl
am ſpaͤteſten unter allen nichtlateiniſchen erhielt, wahr-
ſcheinlich durch ihre heiligen Buͤcher) wird durch die In-
ſchriften beſtaͤtigt, in deren Worten auch durch die gewalt-
ſamſten etymologiſchen Kuͤnſte keine Analogie mit der grie-
chiſchen Sprache, oder dem ihr verwandten Stamm der
lateiniſchen entdeckt werden kann. Alſo erklaͤrt ſich hier
hiſtoriſche Autoritaͤt fuͤr das Urtheil, welches eigene An-
ſchauung uns faͤllen heißt; und nichts verwehrt uns in den
Tuſkern ein eigenthuͤmliches Urvolk zu erkennen. Gegen
das einmuͤthige Zeugniß der Alten, die mit gleicher Zu-
verſichtlichkeit die Tuskiſche Sprache von der Sabiniſchen
und Oſkiſchen unterſcheiden, hat ſich unter den italiaͤni-
ſchen Gelehrten die Meinung erhoben, alle Voͤlker Ita-
liens, von deren Sprache ſich Ueberreſte in Inſchriften
finden, mit Ausnahme einiger nahmenloſen Staͤmme

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[65/0087] in den aͤlteren Zeiten kein Volk Italiens den Griechen durch Kriege und Verkehr ſo bekannt und ſo wichtig als die Tyrrhener, deren Macht und Seeherrſchaft ſchon bluͤhte als die Griechen anfingen ihre See zu beſuchen, und ſich noch Jahrhunderte lang erhielt. Daß die Erzaͤhlung Herodots von ihrer Auswande- rung aus Lydien auch nicht in einer lydiſchen Sage gegruͤn- det geweſen iſt, beweißt Dionyſius mit Xanthus unver- werflicher Autoritaͤt; daß ſie, auch waͤre ſie Sage, kei- nen Glauben verdiene, durch die voͤllige Verſchiedenheit der Sprache, Gewohnheiten und Religion beyder Natio- nen. Seine Verſicherung, daß die Tyrrhener eine unter den italiſchen Voͤlkern ganz eigenthuͤmliche Sprache rede- ten, (welche ſich auch noch ſpaͤter als ſeine Zeit, und wohl am ſpaͤteſten unter allen nichtlateiniſchen erhielt, wahr- ſcheinlich durch ihre heiligen Buͤcher) wird durch die In- ſchriften beſtaͤtigt, in deren Worten auch durch die gewalt- ſamſten etymologiſchen Kuͤnſte keine Analogie mit der grie- chiſchen Sprache, oder dem ihr verwandten Stamm der lateiniſchen entdeckt werden kann. Alſo erklaͤrt ſich hier hiſtoriſche Autoritaͤt fuͤr das Urtheil, welches eigene An- ſchauung uns faͤllen heißt; und nichts verwehrt uns in den Tuſkern ein eigenthuͤmliches Urvolk zu erkennen. Gegen das einmuͤthige Zeugniß der Alten, die mit gleicher Zu- verſichtlichkeit die Tuskiſche Sprache von der Sabiniſchen und Oſkiſchen unterſcheiden, hat ſich unter den italiaͤni- ſchen Gelehrten die Meinung erhoben, alle Voͤlker Ita- liens, von deren Sprache ſich Ueberreſte in Inſchriften finden, mit Ausnahme einiger nahmenloſen Staͤmme Erſter Theil. E

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/87>, abgerufen am 22.11.2024.