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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

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vollkommner Gestalt die ganze Vollendung der Verfassung
sich entwickelte, erst nach jenem Gesetz anhebt. Es scheint
unmöglich, daß es nur die Form der Wahlen gegolten
haben sollte: erklärten aber die Comitien der Trions da-
durch einen weiteren Umfang ihrer Macht, so ist die un-
mäßige Heftigkeit ganz natürlich womit die Patricier den
Volksbeschluß zu vereiteln suchten, und seine Anerkennung
verweigerten. Es war das Verhältniß Karls des ersten
zum Unterhause bey der Bittschrift der Rechte. Die
eigentliche Allgemeingültigkeit der Plebiscite begann erst
nach dem Umsturz der Decemviralregierung: nach wel-
chen Rechtsgrundsätzen sie darauf Ansprüche machen konn-
ten, und wie damals das Verhältniß zwischen Senat und
Volk sich bestimmte, gehört für die Geschichte je-
ner Zeit.

Wahrscheinlich hatte das Volk sich zwey Anführer er-
wählt, und erkannte diese als seine ersten Tribunen, un-
ter deren Vorsitz die Wahl gehalten ward welche ihre Zahl
auf fünf brachte 75). Denn Pisos Autorität ist mitnich-
ten wichtig genug daß man ihr, gegen das allgemeine
Zeugniß glauben müßte diese Zahl sey erst durch das
Publilische Gesetz bestimmt geworden, und bis zum Jahr
283 hätte das Volk nur zwey Tribunen alljährlich er-
wählt 76). Vielmehr entspricht diese Zahl, wie es von
der verdoppelten ausdrücklich anerkannt wird 77), den
fünf Klassen, welche ursprünglich plebejisch waren.


75) Livius II. c. 33.
76) Livius II. c. 58.
77) Livius III. c. 30.

vollkommner Geſtalt die ganze Vollendung der Verfaſſung
ſich entwickelte, erſt nach jenem Geſetz anhebt. Es ſcheint
unmoͤglich, daß es nur die Form der Wahlen gegolten
haben ſollte: erklaͤrten aber die Comitien der Trions da-
durch einen weiteren Umfang ihrer Macht, ſo iſt die un-
maͤßige Heftigkeit ganz natuͤrlich womit die Patricier den
Volksbeſchluß zu vereiteln ſuchten, und ſeine Anerkennung
verweigerten. Es war das Verhaͤltniß Karls des erſten
zum Unterhauſe bey der Bittſchrift der Rechte. Die
eigentliche Allgemeinguͤltigkeit der Plebiſcite begann erſt
nach dem Umſturz der Decemviralregierung: nach wel-
chen Rechtsgrundſaͤtzen ſie darauf Anſpruͤche machen konn-
ten, und wie damals das Verhaͤltniß zwiſchen Senat und
Volk ſich beſtimmte, gehoͤrt fuͤr die Geſchichte je-
ner Zeit.

Wahrſcheinlich hatte das Volk ſich zwey Anfuͤhrer er-
waͤhlt, und erkannte dieſe als ſeine erſten Tribunen, un-
ter deren Vorſitz die Wahl gehalten ward welche ihre Zahl
auf fuͤnf brachte 75). Denn Piſos Autoritaͤt iſt mitnich-
ten wichtig genug daß man ihr, gegen das allgemeine
Zeugniß glauben muͤßte dieſe Zahl ſey erſt durch das
Publiliſche Geſetz beſtimmt geworden, und bis zum Jahr
283 haͤtte das Volk nur zwey Tribunen alljaͤhrlich er-
waͤhlt 76). Vielmehr entſpricht dieſe Zahl, wie es von
der verdoppelten ausdruͤcklich anerkannt wird 77), den
fuͤnf Klaſſen, welche urſpruͤnglich plebejiſch waren.


75) Livius II. c. 33.
76) Livius II. c. 58.
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[424/0446] vollkommner Geſtalt die ganze Vollendung der Verfaſſung ſich entwickelte, erſt nach jenem Geſetz anhebt. Es ſcheint unmoͤglich, daß es nur die Form der Wahlen gegolten haben ſollte: erklaͤrten aber die Comitien der Trions da- durch einen weiteren Umfang ihrer Macht, ſo iſt die un- maͤßige Heftigkeit ganz natuͤrlich womit die Patricier den Volksbeſchluß zu vereiteln ſuchten, und ſeine Anerkennung verweigerten. Es war das Verhaͤltniß Karls des erſten zum Unterhauſe bey der Bittſchrift der Rechte. Die eigentliche Allgemeinguͤltigkeit der Plebiſcite begann erſt nach dem Umſturz der Decemviralregierung: nach wel- chen Rechtsgrundſaͤtzen ſie darauf Anſpruͤche machen konn- ten, und wie damals das Verhaͤltniß zwiſchen Senat und Volk ſich beſtimmte, gehoͤrt fuͤr die Geſchichte je- ner Zeit. Wahrſcheinlich hatte das Volk ſich zwey Anfuͤhrer er- waͤhlt, und erkannte dieſe als ſeine erſten Tribunen, un- ter deren Vorſitz die Wahl gehalten ward welche ihre Zahl auf fuͤnf brachte 75). Denn Piſos Autoritaͤt iſt mitnich- ten wichtig genug daß man ihr, gegen das allgemeine Zeugniß glauben muͤßte dieſe Zahl ſey erſt durch das Publiliſche Geſetz beſtimmt geworden, und bis zum Jahr 283 haͤtte das Volk nur zwey Tribunen alljaͤhrlich er- waͤhlt 76). Vielmehr entſpricht dieſe Zahl, wie es von der verdoppelten ausdruͤcklich anerkannt wird 77), den fuͤnf Klaſſen, welche urſpruͤnglich plebejiſch waren. 75) Livius II. c. 33. 76) Livius II. c. 58. 77) Livius III. c. 30.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/446>, abgerufen am 24.11.2024.