Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

Bild:
<< vorherige Seite

noch allein im Besitz des Consulats, die Valerischen Ge-
setze vorgetragen und annehmen lassen, welche die erste
Sicherheit des Volks gegen Mißbrauch der monarchischen
Gewalt der Consuln waren.

Die Ausübung des Blutbanns, bey vielen Gesetzen
welche Todesstrafe aussprachen, ist selbst in den mittleren
Zeiten der Republik sehr dunkel: über die älteste Verfas-
sung sind in dieser Hinsicht die bewährten Nachrichten
höchst ärmlich. Indessen dürfen wir wohl voraussetzen,
was bey einem künftigen Zeitpunkt dieser Geschichte näher
dargethan werden wird, daß unter den ersten Consuln
wie unter den Königen zwey Blutrichter alljährlich durch
die Curien erwählt wurden, und daß die Könige selbst
diese Gerichtsbarkeit nicht ausübten.

Dagegen aber erbten die Consuln von den Königen
eine despotische Macht ihren Befehlen durch Todesstrafe,
ausgesprochen nach ihrem eignen Gericht, oder im Au-
genblick wo Ungehorsam kund ward, Gehorsam zu ver-
schaffen. Die Ausübung dieser Macht mochte häufiger
veranlaßt werden nach einer Revolution über die zu Rom

zur Belohnung ein Bauplatz angewiesen worden, wohin
die Auszeichnung gehört daß ihm gestattet ward die Thüren
sich nach der Straße öffnen zu lassen: welches einerley ist
mit der Erzählung Plutarchs und Dionysius V. 39., wie
seinem Bruder Marcus ein Haus auf öffentliche Kosten er-
baut sey: beydes, das zerstörte und das erbaute Haus ist
wohl im Grunde dieselbe verschieden gewandte Erzählung.
Plutarch vergaß die dürftigen Hütten der großen Männer
Athens, indem er von dem Pallast des römischen Consuls
träumte.
Y 2

noch allein im Beſitz des Conſulats, die Valeriſchen Ge-
ſetze vorgetragen und annehmen laſſen, welche die erſte
Sicherheit des Volks gegen Mißbrauch der monarchiſchen
Gewalt der Conſuln waren.

Die Ausuͤbung des Blutbanns, bey vielen Geſetzen
welche Todesſtrafe ausſprachen, iſt ſelbſt in den mittleren
Zeiten der Republik ſehr dunkel: uͤber die aͤlteſte Verfaſ-
ſung ſind in dieſer Hinſicht die bewaͤhrten Nachrichten
hoͤchſt aͤrmlich. Indeſſen duͤrfen wir wohl vorausſetzen,
was bey einem kuͤnftigen Zeitpunkt dieſer Geſchichte naͤher
dargethan werden wird, daß unter den erſten Conſuln
wie unter den Koͤnigen zwey Blutrichter alljaͤhrlich durch
die Curien erwaͤhlt wurden, und daß die Koͤnige ſelbſt
dieſe Gerichtsbarkeit nicht ausuͤbten.

Dagegen aber erbten die Conſuln von den Koͤnigen
eine despotiſche Macht ihren Befehlen durch Todesſtrafe,
ausgeſprochen nach ihrem eignen Gericht, oder im Au-
genblick wo Ungehorſam kund ward, Gehorſam zu ver-
ſchaffen. Die Ausuͤbung dieſer Macht mochte haͤufiger
veranlaßt werden nach einer Revolution uͤber die zu Rom

zur Belohnung ein Bauplatz angewieſen worden, wohin
die Auszeichnung gehoͤrt daß ihm geſtattet ward die Thuͤren
ſich nach der Straße oͤffnen zu laſſen: welches einerley iſt
mit der Erzaͤhlung Plutarchs und Dionyſius V. 39., wie
ſeinem Bruder Marcus ein Haus auf oͤffentliche Koſten er-
baut ſey: beydes, das zerſtoͤrte und das erbaute Haus iſt
wohl im Grunde dieſelbe verſchieden gewandte Erzaͤhlung.
Plutarch vergaß die duͤrftigen Huͤtten der großen Maͤnner
Athens, indem er von dem Pallaſt des roͤmiſchen Conſuls
traͤumte.
Y 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0361" n="339"/>
noch allein im Be&#x017F;itz des Con&#x017F;ulats, die Valeri&#x017F;chen Ge-<lb/>
&#x017F;etze vorgetragen und annehmen la&#x017F;&#x017F;en, welche die er&#x017F;te<lb/>
Sicherheit des Volks gegen Mißbrauch der monarchi&#x017F;chen<lb/>
Gewalt der Con&#x017F;uln waren.</p><lb/>
          <p>Die Ausu&#x0364;bung des Blutbanns, bey vielen Ge&#x017F;etzen<lb/>
welche Todes&#x017F;trafe aus&#x017F;prachen, i&#x017F;t &#x017F;elb&#x017F;t in den mittleren<lb/>
Zeiten der Republik &#x017F;ehr dunkel: u&#x0364;ber die a&#x0364;lte&#x017F;te Verfa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ung &#x017F;ind in die&#x017F;er Hin&#x017F;icht die bewa&#x0364;hrten Nachrichten<lb/>
ho&#x0364;ch&#x017F;t a&#x0364;rmlich. Inde&#x017F;&#x017F;en du&#x0364;rfen wir wohl voraus&#x017F;etzen,<lb/>
was bey einem ku&#x0364;nftigen Zeitpunkt die&#x017F;er Ge&#x017F;chichte na&#x0364;her<lb/>
dargethan werden wird, daß unter den er&#x017F;ten Con&#x017F;uln<lb/>
wie unter den Ko&#x0364;nigen zwey Blutrichter allja&#x0364;hrlich durch<lb/>
die Curien erwa&#x0364;hlt wurden, und daß die Ko&#x0364;nige &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
die&#x017F;e Gerichtsbarkeit nicht ausu&#x0364;bten.</p><lb/>
          <p>Dagegen aber erbten die Con&#x017F;uln von den Ko&#x0364;nigen<lb/>
eine despoti&#x017F;che Macht ihren Befehlen durch Todes&#x017F;trafe,<lb/>
ausge&#x017F;prochen nach ihrem eignen Gericht, oder im Au-<lb/>
genblick wo Ungehor&#x017F;am kund ward, Gehor&#x017F;am zu ver-<lb/>
&#x017F;chaffen. Die Ausu&#x0364;bung die&#x017F;er Macht mochte ha&#x0364;ufiger<lb/>
veranlaßt werden nach einer Revolution u&#x0364;ber die zu Rom<lb/><note xml:id="note-0361" prev="#note-0360" place="foot" n="1)">zur Belohnung ein Bauplatz angewie&#x017F;en worden, wohin<lb/>
die Auszeichnung geho&#x0364;rt daß ihm ge&#x017F;tattet ward die Thu&#x0364;ren<lb/>
&#x017F;ich nach der Straße o&#x0364;ffnen zu la&#x017F;&#x017F;en: welches einerley i&#x017F;t<lb/>
mit der Erza&#x0364;hlung Plutarchs und Diony&#x017F;ius <hi rendition="#aq">V.</hi> 39., wie<lb/>
&#x017F;einem Bruder Marcus ein Haus auf o&#x0364;ffentliche Ko&#x017F;ten er-<lb/>
baut &#x017F;ey: beydes, das zer&#x017F;to&#x0364;rte und das erbaute Haus i&#x017F;t<lb/>
wohl im Grunde die&#x017F;elbe ver&#x017F;chieden gewandte Erza&#x0364;hlung.<lb/>
Plutarch vergaß die du&#x0364;rftigen Hu&#x0364;tten der großen Ma&#x0364;nner<lb/>
Athens, indem er von dem Palla&#x017F;t des ro&#x0364;mi&#x017F;chen Con&#x017F;uls<lb/>
tra&#x0364;umte.</note><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Y 2</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[339/0361] noch allein im Beſitz des Conſulats, die Valeriſchen Ge- ſetze vorgetragen und annehmen laſſen, welche die erſte Sicherheit des Volks gegen Mißbrauch der monarchiſchen Gewalt der Conſuln waren. Die Ausuͤbung des Blutbanns, bey vielen Geſetzen welche Todesſtrafe ausſprachen, iſt ſelbſt in den mittleren Zeiten der Republik ſehr dunkel: uͤber die aͤlteſte Verfaſ- ſung ſind in dieſer Hinſicht die bewaͤhrten Nachrichten hoͤchſt aͤrmlich. Indeſſen duͤrfen wir wohl vorausſetzen, was bey einem kuͤnftigen Zeitpunkt dieſer Geſchichte naͤher dargethan werden wird, daß unter den erſten Conſuln wie unter den Koͤnigen zwey Blutrichter alljaͤhrlich durch die Curien erwaͤhlt wurden, und daß die Koͤnige ſelbſt dieſe Gerichtsbarkeit nicht ausuͤbten. Dagegen aber erbten die Conſuln von den Koͤnigen eine despotiſche Macht ihren Befehlen durch Todesſtrafe, ausgeſprochen nach ihrem eignen Gericht, oder im Au- genblick wo Ungehorſam kund ward, Gehorſam zu ver- ſchaffen. Die Ausuͤbung dieſer Macht mochte haͤufiger veranlaßt werden nach einer Revolution uͤber die zu Rom 1) 1) zur Belohnung ein Bauplatz angewieſen worden, wohin die Auszeichnung gehoͤrt daß ihm geſtattet ward die Thuͤren ſich nach der Straße oͤffnen zu laſſen: welches einerley iſt mit der Erzaͤhlung Plutarchs und Dionyſius V. 39., wie ſeinem Bruder Marcus ein Haus auf oͤffentliche Koſten er- baut ſey: beydes, das zerſtoͤrte und das erbaute Haus iſt wohl im Grunde dieſelbe verſchieden gewandte Erzaͤhlung. Plutarch vergaß die duͤrftigen Huͤtten der großen Maͤnner Athens, indem er von dem Pallaſt des roͤmiſchen Conſuls traͤumte. Y 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/361
Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/361>, abgerufen am 22.11.2024.