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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

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sprünglichen Gründung das Bürgerrecht der Colonie an-
nahmen, entsagten dadurch dem Römischen: sobald
die Colonie als Staat in den Besitz ihrer Rechte getreten
war, konnte sie ihr Bürgerrecht mittheilen; sie konnte die
alten Einwohner die nach dem Verlust ihres Eigenthums
in den Mauern ihrer Heimath ausdauerten, die als Pach-
ter Erwerb durch die Bestellung ihrer ehemaligen Hufen
suchten, sie konnte auch fremde Italiker zu Bürgern auf-
nehmen, und die Zahl derselben scheint, wie das Beyspiel
von Fregellä beweißt, in Hinsicht der Vermehrung unbe-
gränzt gewesen zu seyn; aber sie durste nicht unter die ur-
sprünglich bestimmte Zahl fallen, weil die Größe des Con-
tingents dieser angemessen bestimmt war. Im Fall der
Verödung war Rom, ursprünglich wohl gemeinschaftlich
mit Latium, berechtigt diese Zahl durch neue Bürger zu er-
gänzen, ein Fall der nach erschöpfenden Kriegen nicht sel-
ten eingetreten ist, und wohl mit einer neuen Theilung der
Feldmark begleitet war, oder doch, wenn, wie ich an sei-
ner Stelle wenigstens höchst wahrscheinlich zu machen ver-
traue, die Untheilbarkeit der assignirten Hufen, als völlig
geschlossener, schon damals galt, für jeden den Verlust
von allem was er über den Umfang einer solchen Hufe be-
saß, nach sich zog. Denn die Verpflichtung des Contin-
gents traf die Stadt unerlaßlich: und die Aufopferung
eines Theils des Landeigenthums so viel außer den öden
Hufen nöthig war um den neuen Bürgern ein Erbe zu
verschaffen, ward als eine Ausgleichung für den erleich-
terten, sonst unerschwinglich gewordnen Dienst betrachtet.
Dieser Unterschied bestand nach der Natur der Sache zwi-

ſpruͤnglichen Gruͤndung das Buͤrgerrecht der Colonie an-
nahmen, entſagten dadurch dem Roͤmiſchen: ſobald
die Colonie als Staat in den Beſitz ihrer Rechte getreten
war, konnte ſie ihr Buͤrgerrecht mittheilen; ſie konnte die
alten Einwohner die nach dem Verluſt ihres Eigenthums
in den Mauern ihrer Heimath ausdauerten, die als Pach-
ter Erwerb durch die Beſtellung ihrer ehemaligen Hufen
ſuchten, ſie konnte auch fremde Italiker zu Buͤrgern auf-
nehmen, und die Zahl derſelben ſcheint, wie das Beyſpiel
von Fregellaͤ beweißt, in Hinſicht der Vermehrung unbe-
graͤnzt geweſen zu ſeyn; aber ſie durſte nicht unter die ur-
ſpruͤnglich beſtimmte Zahl fallen, weil die Groͤße des Con-
tingents dieſer angemeſſen beſtimmt war. Im Fall der
Veroͤdung war Rom, urſpruͤnglich wohl gemeinſchaftlich
mit Latium, berechtigt dieſe Zahl durch neue Buͤrger zu er-
gaͤnzen, ein Fall der nach erſchoͤpfenden Kriegen nicht ſel-
ten eingetreten iſt, und wohl mit einer neuen Theilung der
Feldmark begleitet war, oder doch, wenn, wie ich an ſei-
ner Stelle wenigſtens hoͤchſt wahrſcheinlich zu machen ver-
traue, die Untheilbarkeit der aſſignirten Hufen, als voͤllig
geſchloſſener, ſchon damals galt, fuͤr jeden den Verluſt
von allem was er uͤber den Umfang einer ſolchen Hufe be-
ſaß, nach ſich zog. Denn die Verpflichtung des Contin-
gents traf die Stadt unerlaßlich: und die Aufopferung
eines Theils des Landeigenthums ſo viel außer den oͤden
Hufen noͤthig war um den neuen Buͤrgern ein Erbe zu
verſchaffen, ward als eine Ausgleichung fuͤr den erleich-
terten, ſonſt unerſchwinglich gewordnen Dienſt betrachtet.
Dieſer Unterſchied beſtand nach der Natur der Sache zwi-

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[303/0325] ſpruͤnglichen Gruͤndung das Buͤrgerrecht der Colonie an- nahmen, entſagten dadurch dem Roͤmiſchen: ſobald die Colonie als Staat in den Beſitz ihrer Rechte getreten war, konnte ſie ihr Buͤrgerrecht mittheilen; ſie konnte die alten Einwohner die nach dem Verluſt ihres Eigenthums in den Mauern ihrer Heimath ausdauerten, die als Pach- ter Erwerb durch die Beſtellung ihrer ehemaligen Hufen ſuchten, ſie konnte auch fremde Italiker zu Buͤrgern auf- nehmen, und die Zahl derſelben ſcheint, wie das Beyſpiel von Fregellaͤ beweißt, in Hinſicht der Vermehrung unbe- graͤnzt geweſen zu ſeyn; aber ſie durſte nicht unter die ur- ſpruͤnglich beſtimmte Zahl fallen, weil die Groͤße des Con- tingents dieſer angemeſſen beſtimmt war. Im Fall der Veroͤdung war Rom, urſpruͤnglich wohl gemeinſchaftlich mit Latium, berechtigt dieſe Zahl durch neue Buͤrger zu er- gaͤnzen, ein Fall der nach erſchoͤpfenden Kriegen nicht ſel- ten eingetreten iſt, und wohl mit einer neuen Theilung der Feldmark begleitet war, oder doch, wenn, wie ich an ſei- ner Stelle wenigſtens hoͤchſt wahrſcheinlich zu machen ver- traue, die Untheilbarkeit der aſſignirten Hufen, als voͤllig geſchloſſener, ſchon damals galt, fuͤr jeden den Verluſt von allem was er uͤber den Umfang einer ſolchen Hufe be- ſaß, nach ſich zog. Denn die Verpflichtung des Contin- gents traf die Stadt unerlaßlich: und die Aufopferung eines Theils des Landeigenthums ſo viel außer den oͤden Hufen noͤthig war um den neuen Buͤrgern ein Erbe zu verſchaffen, ward als eine Ausgleichung fuͤr den erleich- terten, ſonſt unerſchwinglich gewordnen Dienſt betrachtet. Dieſer Unterſchied beſtand nach der Natur der Sache zwi-

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/325>, abgerufen am 22.11.2024.