Fladen: für alle gemeinschaftlich ward von den Römern, wenn sie im Besitz der Hoheit waren, ein Stier geopfert, von dessen Fleisch jede berechtigte Stadt einen Antheil er- hielt: daher ist zum Latinischen Bunde gehören, und Fleisch auf dem Albaner Berg empfangen, gleichbedeu- tend. Die Bundestruppen welche die Latiner stellten ver- einigte Tarquinius in Legionen mit seinen Römern, wel- ches auch als Rom der Oberherrschaft entsagt hatte, bis zum großen latinischen Kriege, wenn die beyden Völker verbunden handelten, gewöhnlich geschehen zu seyn scheint. Der erste gemeinschaftliche Feldzug ward gegen Suessa Pometia gerichtet. Suessa war damals eine blühende Stadt, reich durch den Besitz des noch sehr fruchtbaren und angebauten Gebiets, der Pometinischen Ebenen, die jetzt als Sümpfe mit einer geringen Veränderung des Nahmens verrufen sind. Ob Volsker oder Aurunker beyde Völker eines Stamms diese Stadt damals besaßen, ist, ungeachtet dieser Krieg ein volskischer genannt wird, sehr zweifelhaft, denn im Jahr 252 war sie, nach dem Zeugniß derselben Annalen, im Besitz der Aurunker 67). Die Stadt ward erobert und gewährte eine unermeßliche Beute. Pisos Zahl, der sie auf 40000 Pfund Silber an- gab, war nicht, wie Livius meint, der sich nur des Atti- schen Talents erinnerte, verschieden, und übertriebner als die des Fabius der für Griechen schrieb und von vierhun- dert Talenten redete, denn durch dieses Wort, welches freylich den griechischen Leser irre führte, wollte er das Italische Talent bezeichnen, ein Gewicht von 100 Pfunden
67) Livius II. c. 17.
Fladen: fuͤr alle gemeinſchaftlich ward von den Roͤmern, wenn ſie im Beſitz der Hoheit waren, ein Stier geopfert, von deſſen Fleiſch jede berechtigte Stadt einen Antheil er- hielt: daher iſt zum Latiniſchen Bunde gehoͤren, und Fleiſch auf dem Albaner Berg empfangen, gleichbedeu- tend. Die Bundestruppen welche die Latiner ſtellten ver- einigte Tarquinius in Legionen mit ſeinen Roͤmern, wel- ches auch als Rom der Oberherrſchaft entſagt hatte, bis zum großen latiniſchen Kriege, wenn die beyden Voͤlker verbunden handelten, gewoͤhnlich geſchehen zu ſeyn ſcheint. Der erſte gemeinſchaftliche Feldzug ward gegen Sueſſa Pometia gerichtet. Sueſſa war damals eine bluͤhende Stadt, reich durch den Beſitz des noch ſehr fruchtbaren und angebauten Gebiets, der Pometiniſchen Ebenen, die jetzt als Suͤmpfe mit einer geringen Veraͤnderung des Nahmens verrufen ſind. Ob Volsker oder Aurunker beyde Voͤlker eines Stamms dieſe Stadt damals beſaßen, iſt, ungeachtet dieſer Krieg ein volskiſcher genannt wird, ſehr zweifelhaft, denn im Jahr 252 war ſie, nach dem Zeugniß derſelben Annalen, im Beſitz der Aurunker 67). Die Stadt ward erobert und gewaͤhrte eine unermeßliche Beute. Piſos Zahl, der ſie auf 40000 Pfund Silber an- gab, war nicht, wie Livius meint, der ſich nur des Atti- ſchen Talents erinnerte, verſchieden, und uͤbertriebner als die des Fabius der fuͤr Griechen ſchrieb und von vierhun- dert Talenten redete, denn durch dieſes Wort, welches freylich den griechiſchen Leſer irre fuͤhrte, wollte er das Italiſche Talent bezeichnen, ein Gewicht von 100 Pfunden
67) Livius II. c. 17.
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Fladen: fuͤr alle gemeinſchaftlich ward von den Roͤmern,
wenn ſie im Beſitz der Hoheit waren, ein Stier geopfert,
von deſſen Fleiſch jede berechtigte Stadt einen Antheil er-
hielt: daher iſt zum Latiniſchen Bunde gehoͤren, und
Fleiſch auf dem Albaner Berg empfangen, gleichbedeu-
tend. Die Bundestruppen welche die Latiner ſtellten ver-
einigte Tarquinius in Legionen mit ſeinen Roͤmern, wel-
ches auch als Rom der Oberherrſchaft entſagt hatte, bis
zum großen latiniſchen Kriege, wenn die beyden Voͤlker
verbunden handelten, gewoͤhnlich geſchehen zu ſeyn ſcheint.
Der erſte gemeinſchaftliche Feldzug ward gegen Sueſſa
Pometia gerichtet. Sueſſa war damals eine bluͤhende
Stadt, reich durch den Beſitz des noch ſehr fruchtbaren
und angebauten Gebiets, der Pometiniſchen Ebenen, die
jetzt als Suͤmpfe mit einer geringen Veraͤnderung des
Nahmens verrufen ſind. Ob Volsker oder Aurunker
beyde Voͤlker eines Stamms dieſe Stadt damals beſaßen,
iſt, ungeachtet dieſer Krieg ein volskiſcher genannt wird,
ſehr zweifelhaft, denn im Jahr 252 war ſie, nach dem
Zeugniß derſelben Annalen, im Beſitz der Aurunker 67).
Die Stadt ward erobert und gewaͤhrte eine unermeßliche
Beute. Piſos Zahl, der ſie auf 40000 Pfund Silber an-
gab, war nicht, wie Livius meint, der ſich nur des Atti-
ſchen Talents erinnerte, verſchieden, und uͤbertriebner als
die des Fabius der fuͤr Griechen ſchrieb und von vierhun-
dert Talenten redete, denn durch dieſes Wort, welches
freylich den griechiſchen Leſer irre fuͤhrte, wollte er das
Italiſche Talent bezeichnen, ein Gewicht von 100 Pfunden
67) Livius II. c. 17.
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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/319>, abgerufen am 22.11.2024.
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