reichbar bleiben muß: zweckwidrig, weil neben der histori- schen Belehrung nichts vollkommneres, zur Bildung des Sinns in der Jugend, zu seiner Erhaltung im späteren Alter, unter den mannichfaltigen barbarischen Einwirkun- gen unsrer uneigenthümlichen und erborgten Denkart und Manier, uns durch das Leben begleiten könnte, als eine solche Geschichte von neuntehalb Jahrhunderten. Es be- dürfte nur für die Zeit der früheren einer Kritik des Ver- fälschten, einer Absonderung der eingemischten Dichtun- gen von dem historisch Glaublichen: ohne die Kühnheit mit alten Meistern scheinbar zu wetteifern, könnten wir die Verfassung und die Entwicklung einzelner Zeiten in rei- nen Umrissen zeichnen, wo Livius uns ohne Kunde verläßt oder irre führt. Weil aber jene Werke nur in Bruchstücken erhalten sind; weil sie uns über Epochen verstummen, die durch die Wichtigkeit ihrer Begebenheiten vielleicht noch über diejenigen hervorragen, welche wir durch sie le- bendig sehen; weil die Geschichtserzählung dieser Zeit- räume, von Neueren unternommen, unbefriedigend und oft voll Irrthümer ist; so schien es angemessen, die Kennt- niß der Römischen Geschichte durch ihr gewidmete Vorle- sungen zu erleichtern. Es konnte zweifelhaft seyn ob einer zusammenhängenden Erzählung der Vorzug gebühre, oder ob es besser sey nur diejenigen Zeiträume vorzutra- gen in denen wir jene beyden Historiker entbehren. Ich habe mich, in dem Vertrauen daß keiner meiner Hörer oder Leser sich verführen lassen werde ein Studium der classischen Geschichtschreiber Roms für entbehrlich zu hal- ten, wenn er einen Begriff von den Begebenheiten erhal-
reichbar bleiben muß: zweckwidrig, weil neben der hiſtori- ſchen Belehrung nichts vollkommneres, zur Bildung des Sinns in der Jugend, zu ſeiner Erhaltung im ſpaͤteren Alter, unter den mannichfaltigen barbariſchen Einwirkun- gen unſrer uneigenthuͤmlichen und erborgten Denkart und Manier, uns durch das Leben begleiten koͤnnte, als eine ſolche Geſchichte von neuntehalb Jahrhunderten. Es be- duͤrfte nur fuͤr die Zeit der fruͤheren einer Kritik des Ver- faͤlſchten, einer Abſonderung der eingemiſchten Dichtun- gen von dem hiſtoriſch Glaublichen: ohne die Kuͤhnheit mit alten Meiſtern ſcheinbar zu wetteifern, koͤnnten wir die Verfaſſung und die Entwicklung einzelner Zeiten in rei- nen Umriſſen zeichnen, wo Livius uns ohne Kunde verlaͤßt oder irre fuͤhrt. Weil aber jene Werke nur in Bruchſtuͤcken erhalten ſind; weil ſie uns uͤber Epochen verſtummen, die durch die Wichtigkeit ihrer Begebenheiten vielleicht noch uͤber diejenigen hervorragen, welche wir durch ſie le- bendig ſehen; weil die Geſchichtserzaͤhlung dieſer Zeit- raͤume, von Neueren unternommen, unbefriedigend und oft voll Irrthuͤmer iſt; ſo ſchien es angemeſſen, die Kennt- niß der Roͤmiſchen Geſchichte durch ihr gewidmete Vorle- ſungen zu erleichtern. Es konnte zweifelhaft ſeyn ob einer zuſammenhaͤngenden Erzaͤhlung der Vorzug gebuͤhre, oder ob es beſſer ſey nur diejenigen Zeitraͤume vorzutra- gen in denen wir jene beyden Hiſtoriker entbehren. Ich habe mich, in dem Vertrauen daß keiner meiner Hoͤrer oder Leſer ſich verfuͤhren laſſen werde ein Studium der claſſiſchen Geſchichtſchreiber Roms fuͤr entbehrlich zu hal- ten, wenn er einen Begriff von den Begebenheiten erhal-
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reichbar bleiben muß: zweckwidrig, weil neben der hiſtori-
ſchen Belehrung nichts vollkommneres, zur Bildung des
Sinns in der Jugend, zu ſeiner Erhaltung im ſpaͤteren
Alter, unter den mannichfaltigen barbariſchen Einwirkun-
gen unſrer uneigenthuͤmlichen und erborgten Denkart und
Manier, uns durch das Leben begleiten koͤnnte, als eine
ſolche Geſchichte von neuntehalb Jahrhunderten. Es be-
duͤrfte nur fuͤr die Zeit der fruͤheren einer Kritik des Ver-
faͤlſchten, einer Abſonderung der eingemiſchten Dichtun-
gen von dem hiſtoriſch Glaublichen: ohne die Kuͤhnheit
mit alten Meiſtern ſcheinbar zu wetteifern, koͤnnten wir
die Verfaſſung und die Entwicklung einzelner Zeiten in rei-
nen Umriſſen zeichnen, wo Livius uns ohne Kunde verlaͤßt
oder irre fuͤhrt. Weil aber jene Werke nur in Bruchſtuͤcken
erhalten ſind; weil ſie uns uͤber Epochen verſtummen,
die durch die Wichtigkeit ihrer Begebenheiten vielleicht
noch uͤber diejenigen hervorragen, welche wir durch ſie le-
bendig ſehen; weil die Geſchichtserzaͤhlung dieſer Zeit-
raͤume, von Neueren unternommen, unbefriedigend und
oft voll Irrthuͤmer iſt; ſo ſchien es angemeſſen, die Kennt-
niß der Roͤmiſchen Geſchichte durch ihr gewidmete Vorle-
ſungen zu erleichtern. Es konnte zweifelhaft ſeyn ob
einer zuſammenhaͤngenden Erzaͤhlung der Vorzug gebuͤhre,
oder ob es beſſer ſey nur diejenigen Zeitraͤume vorzutra-
gen in denen wir jene beyden Hiſtoriker entbehren. Ich
habe mich, in dem Vertrauen daß keiner meiner Hoͤrer
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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/24>, abgerufen am 22.11.2024.
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