len; so waren sie allen lieb. Aber ihr Uebermuth erregte ihnen Händel mit den Hirten des reichen Numitor: denn alles weit umher war unbebaut und Wald, nur für Heer- den benutzt. Ihre Widersacher fingen Remus durch List, und schleppten ihn als Räuber nach Alba vor ihren Herrn. Eine Ahndung, das Andenken an seine Enkel welches die Erzählung der Herkunft beyder Brüder erweckte, hielt Numitor von einem raschen Urtheil zurück: der Pflegeva- ter des Angeklagten eilte mit Romulus herbey, entdeckte dem Greise und den Jünglingen wer sie einander wären. Diese unternahmen es ihr eignes Unrecht und das ihres Hauses zu rächen: mit ihren treuen Gesellen die Remus Gefahr in die Stadt gerufen hatte, erschlugen sie den Kö- nig, und das Volk von Alba kehrte unter Numitors Herrschaft zurück.
Das ist die alte Erzählung, wie Fabius sie geschrie- ben hatte, und wie sie bis auf Dionysius Tage in heiligen alten Liedern gesungen ward 92). Mit ihr begnügte sich auch Livius; aber die modernen Griechen, Dionysius und Plutarch, ergriffen begierig die vernünftig natürliche Ge- stalt welche spätere ihr gegeben hatten: Amulius selbst habe, wie ein tragischer Tyrann, beydes aus wilder Lust, und um das Haus seines Bruders zu verderben, der Sil- via Gewalt gethan, sie dann mit ihren Kindern zum Tode verurtheilt; ferner, Austausch der Kinder durch Numi- tors Sorge: Ersäufung untergeschobener die er dazu auf- opferte: heimliche aber standesmäßige Erziehung seiner
92)I. c. 79.
len; ſo waren ſie allen lieb. Aber ihr Uebermuth erregte ihnen Haͤndel mit den Hirten des reichen Numitor: denn alles weit umher war unbebaut und Wald, nur fuͤr Heer- den benutzt. Ihre Widerſacher fingen Remus durch Liſt, und ſchleppten ihn als Raͤuber nach Alba vor ihren Herrn. Eine Ahndung, das Andenken an ſeine Enkel welches die Erzaͤhlung der Herkunft beyder Bruͤder erweckte, hielt Numitor von einem raſchen Urtheil zuruͤck: der Pflegeva- ter des Angeklagten eilte mit Romulus herbey, entdeckte dem Greiſe und den Juͤnglingen wer ſie einander waͤren. Dieſe unternahmen es ihr eignes Unrecht und das ihres Hauſes zu raͤchen: mit ihren treuen Geſellen die Remus Gefahr in die Stadt gerufen hatte, erſchlugen ſie den Koͤ- nig, und das Volk von Alba kehrte unter Numitors Herrſchaft zuruͤck.
Das iſt die alte Erzaͤhlung, wie Fabius ſie geſchrie- ben hatte, und wie ſie bis auf Dionyſius Tage in heiligen alten Liedern geſungen ward 92). Mit ihr begnuͤgte ſich auch Livius; aber die modernen Griechen, Dionyſius und Plutarch, ergriffen begierig die vernuͤnftig natuͤrliche Ge- ſtalt welche ſpaͤtere ihr gegeben hatten: Amulius ſelbſt habe, wie ein tragiſcher Tyrann, beydes aus wilder Luſt, und um das Haus ſeines Bruders zu verderben, der Sil- via Gewalt gethan, ſie dann mit ihren Kindern zum Tode verurtheilt; ferner, Austauſch der Kinder durch Numi- tors Sorge: Erſaͤufung untergeſchobener die er dazu auf- opferte: heimliche aber ſtandesmaͤßige Erziehung ſeiner
92)I. c. 79.
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len; ſo waren ſie allen lieb. Aber ihr Uebermuth erregte
ihnen Haͤndel mit den Hirten des reichen Numitor: denn
alles weit umher war unbebaut und Wald, nur fuͤr Heer-
den benutzt. Ihre Widerſacher fingen Remus durch Liſt,
und ſchleppten ihn als Raͤuber nach Alba vor ihren Herrn.
Eine Ahndung, das Andenken an ſeine Enkel welches die
Erzaͤhlung der Herkunft beyder Bruͤder erweckte, hielt
Numitor von einem raſchen Urtheil zuruͤck: der Pflegeva-
ter des Angeklagten eilte mit Romulus herbey, entdeckte
dem Greiſe und den Juͤnglingen wer ſie einander waͤren.
Dieſe unternahmen es ihr eignes Unrecht und das ihres
Hauſes zu raͤchen: mit ihren treuen Geſellen die Remus
Gefahr in die Stadt gerufen hatte, erſchlugen ſie den Koͤ-
nig, und das Volk von Alba kehrte unter Numitors
Herrſchaft zuruͤck.
Das iſt die alte Erzaͤhlung, wie Fabius ſie geſchrie-
ben hatte, und wie ſie bis auf Dionyſius Tage in heiligen
alten Liedern geſungen ward 92). Mit ihr begnuͤgte ſich
auch Livius; aber die modernen Griechen, Dionyſius und
Plutarch, ergriffen begierig die vernuͤnftig natuͤrliche Ge-
ſtalt welche ſpaͤtere ihr gegeben hatten: Amulius ſelbſt
habe, wie ein tragiſcher Tyrann, beydes aus wilder Luſt,
und um das Haus ſeines Bruders zu verderben, der Sil-
via Gewalt gethan, ſie dann mit ihren Kindern zum Tode
verurtheilt; ferner, Austauſch der Kinder durch Numi-
tors Sorge: Erſaͤufung untergeſchobener die er dazu auf-
opferte: heimliche aber ſtandesmaͤßige Erziehung ſeiner
92) I. c. 79.
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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/174>, abgerufen am 22.11.2024.
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