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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

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durch Zeichen, gebräuchlich ehe die Buchstabenschrift ein-
geführt ward: sie gleichen darin den Aztekischen, daß sie
Abbildungen eines von einer bestimmten Zahl unzertrennli-
chen Gegenstands sind. Sie sind einheimisch aus der Zeit
wo der Westen, noch in seiner ursprünglichen Eigenthüm-
lichkeit, dem Osten fremd da stand: aus derselben Zeit
da die Turdetaner ihre Schrift und ihre Litteratur bilde-
ten 89). Einheimisch und unerborgt, vielleicht schon aus
dem Norden, der Götter Sitz 90), hergebracht waren
auch die profanen Wissenschaften Etruriens: Heilkunde,
Naturkunde und Astronomie. Hier zeigt sich eben die wun-
derbare Erscheinung, welche uns in der neuen Welt in Er-
staunen setzt: eine höchst vollkommne Zeitbestimmung; und
zwar, im cyclischen Jahr, ganz in demselben Geist wie
die altmexikanischen Gesetzgeber der Zeitrechnung verfuh-
ren: aus astronomisch genau bestimmten Massen sehr lan-
ger Zeiträume, mit Vernachlässigung der Mondserschei-
nungen, abgemessene Zeittheile; doch bey den Etruskern
dabey ein bürgerliches Mondenjahr, dem das cyclische
nur zur Correction dient. Diesen Gegenstand werde ich
an einem andern Ort dieses Theils aus der Dunkelheit zu
ziehen suchen: merkwürdig aber, und nicht leichtsinnig ab-
zuweisen, erscheint die Verwandtschaft der Weisheit des
alten Westens mit der wahrscheinlich einst viel weiter
über den Welttheil verbreiteten Wissenschaft, in deren er-
erbtem, vielleicht todtem, Besitz die Mexikaner sich noch
befanden als ihr Volk zerstört ward: noch ernsthafterer

89) Strabo III. c. 1. p. 371. ed. Sieb.
90) Festus, s. v. sinistrae aves.

durch Zeichen, gebraͤuchlich ehe die Buchſtabenſchrift ein-
gefuͤhrt ward: ſie gleichen darin den Aztekiſchen, daß ſie
Abbildungen eines von einer beſtimmten Zahl unzertrennli-
chen Gegenſtands ſind. Sie ſind einheimiſch aus der Zeit
wo der Weſten, noch in ſeiner urſpruͤnglichen Eigenthuͤm-
lichkeit, dem Oſten fremd da ſtand: aus derſelben Zeit
da die Turdetaner ihre Schrift und ihre Litteratur bilde-
ten 89). Einheimiſch und unerborgt, vielleicht ſchon aus
dem Norden, der Goͤtter Sitz 90), hergebracht waren
auch die profanen Wiſſenſchaften Etruriens: Heilkunde,
Naturkunde und Aſtronomie. Hier zeigt ſich eben die wun-
derbare Erſcheinung, welche uns in der neuen Welt in Er-
ſtaunen ſetzt: eine hoͤchſt vollkommne Zeitbeſtimmung; und
zwar, im cycliſchen Jahr, ganz in demſelben Geiſt wie
die altmexikaniſchen Geſetzgeber der Zeitrechnung verfuh-
ren: aus aſtronomiſch genau beſtimmten Maſſen ſehr lan-
ger Zeitraͤume, mit Vernachlaͤſſigung der Mondserſchei-
nungen, abgemeſſene Zeittheile; doch bey den Etruskern
dabey ein buͤrgerliches Mondenjahr, dem das cycliſche
nur zur Correction dient. Dieſen Gegenſtand werde ich
an einem andern Ort dieſes Theils aus der Dunkelheit zu
ziehen ſuchen: merkwuͤrdig aber, und nicht leichtſinnig ab-
zuweiſen, erſcheint die Verwandtſchaft der Weisheit des
alten Weſtens mit der wahrſcheinlich einſt viel weiter
uͤber den Welttheil verbreiteten Wiſſenſchaft, in deren er-
erbtem, vielleicht todtem, Beſitz die Mexikaner ſich noch
befanden als ihr Volk zerſtoͤrt ward: noch ernſthafterer

89) Strabo III. c. 1. p. 371. ed. Sieb.
90) Feſtus, s. v. sinistræ aves.
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[90/0112] durch Zeichen, gebraͤuchlich ehe die Buchſtabenſchrift ein- gefuͤhrt ward: ſie gleichen darin den Aztekiſchen, daß ſie Abbildungen eines von einer beſtimmten Zahl unzertrennli- chen Gegenſtands ſind. Sie ſind einheimiſch aus der Zeit wo der Weſten, noch in ſeiner urſpruͤnglichen Eigenthuͤm- lichkeit, dem Oſten fremd da ſtand: aus derſelben Zeit da die Turdetaner ihre Schrift und ihre Litteratur bilde- ten 89). Einheimiſch und unerborgt, vielleicht ſchon aus dem Norden, der Goͤtter Sitz 90), hergebracht waren auch die profanen Wiſſenſchaften Etruriens: Heilkunde, Naturkunde und Aſtronomie. Hier zeigt ſich eben die wun- derbare Erſcheinung, welche uns in der neuen Welt in Er- ſtaunen ſetzt: eine hoͤchſt vollkommne Zeitbeſtimmung; und zwar, im cycliſchen Jahr, ganz in demſelben Geiſt wie die altmexikaniſchen Geſetzgeber der Zeitrechnung verfuh- ren: aus aſtronomiſch genau beſtimmten Maſſen ſehr lan- ger Zeitraͤume, mit Vernachlaͤſſigung der Mondserſchei- nungen, abgemeſſene Zeittheile; doch bey den Etruskern dabey ein buͤrgerliches Mondenjahr, dem das cycliſche nur zur Correction dient. Dieſen Gegenſtand werde ich an einem andern Ort dieſes Theils aus der Dunkelheit zu ziehen ſuchen: merkwuͤrdig aber, und nicht leichtſinnig ab- zuweiſen, erſcheint die Verwandtſchaft der Weisheit des alten Weſtens mit der wahrſcheinlich einſt viel weiter uͤber den Welttheil verbreiteten Wiſſenſchaft, in deren er- erbtem, vielleicht todtem, Beſitz die Mexikaner ſich noch befanden als ihr Volk zerſtoͤrt ward: noch ernſthafterer 89) Strabo III. c. 1. p. 371. ed. Sieb. 90) Feſtus, s. v. sinistræ aves.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/112>, abgerufen am 22.11.2024.