der Mangel eines dazu fähigen lutherischen Kandi- daten, war bisher daran hinderlich gewesen.
Es ward also der zweyte Sohn des Kaufmanns dem Sebaldus übergeben, zu nicht geringem Mis- vergnügen des reformirten Hofmeisters, Meester Puistma, der den Knaben schon als sein Eigenthum betrachtet hatte, und es als ein Mistrauen gegen einen so gelehrten Mann, auslegte, daß man einen Knaben, dessen Erziehung er schon angefangen hatte, einem andern anvertrauen wollte. Wahr ist es, daß er zu Erziehung der Jugend, ganz besondere Talente hatte. Er war nicht umsonst fünf Jahre in Gröningen und in Utrecht gewesen, sondern hatte daselbst alle Worte der berühmtesten Hochlehrer nachgeschrieben und den reichsten Schatz holländischer Schulgelehrsamkeit und holländischer Rechtgläubigkeit gesammlet. Er- hatte alle Spitzfindigkeiten der Voetischen und Coc- cejanischen Theologie durchkrochen. Er wuste so genau, in wie mancherley Sinne alle mögliche Theo- loganten in den sieben vereinigten Provinzen, die Haushaltungen des göttlichen Gnadenbundes geordnet und verstanden hatten, daß er noch eine neue Haushaltung hätte erdenken können. Er konnte auf ein Haar bestimmen, ob Christus im al- ten Testamente nur ein Bürge und fidejussor für das
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der Mangel eines dazu faͤhigen lutheriſchen Kandi- daten, war bisher daran hinderlich geweſen.
Es ward alſo der zweyte Sohn des Kaufmanns dem Sebaldus uͤbergeben, zu nicht geringem Mis- vergnuͤgen des reformirten Hofmeiſters, Meeſter Puiſtma, der den Knaben ſchon als ſein Eigenthum betrachtet hatte, und es als ein Mistrauen gegen einen ſo gelehrten Mann, auslegte, daß man einen Knaben, deſſen Erziehung er ſchon angefangen hatte, einem andern anvertrauen wollte. Wahr iſt es, daß er zu Erziehung der Jugend, ganz beſondere Talente hatte. Er war nicht umſonſt fuͤnf Jahre in Groͤningen und in Utrecht geweſen, ſondern hatte daſelbſt alle Worte der beruͤhmteſten Hochlehrer nachgeſchrieben und den reichſten Schatz hollaͤndiſcher Schulgelehrſamkeit und hollaͤndiſcher Rechtglaͤubigkeit geſammlet. Er- hatte alle Spitzfindigkeiten der Voetiſchen und Coc- cejaniſchen Theologie durchkrochen. Er wuſte ſo genau, in wie mancherley Sinne alle moͤgliche Theo- loganten in den ſieben vereinigten Provinzen, die Haushaltungen des goͤttlichen Gnadenbundes geordnet und verſtanden hatten, daß er noch eine neue Haushaltung haͤtte erdenken koͤnnen. Er konnte auf ein Haar beſtimmen, ob Chriſtus im al- ten Teſtamente nur ein Buͤrge und fidejuſſor fuͤr das
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[17[16]/0025]
der Mangel eines dazu faͤhigen lutheriſchen Kandi-
daten, war bisher daran hinderlich geweſen.
Es ward alſo der zweyte Sohn des Kaufmanns
dem Sebaldus uͤbergeben, zu nicht geringem Mis-
vergnuͤgen des reformirten Hofmeiſters, Meeſter
Puiſtma, der den Knaben ſchon als ſein Eigenthum
betrachtet hatte, und es als ein Mistrauen gegen
einen ſo gelehrten Mann, auslegte, daß man einen
Knaben, deſſen Erziehung er ſchon angefangen hatte,
einem andern anvertrauen wollte. Wahr iſt es, daß er
zu Erziehung der Jugend, ganz beſondere Talente hatte.
Er war nicht umſonſt fuͤnf Jahre in Groͤningen und
in Utrecht geweſen, ſondern hatte daſelbſt alle Worte
der beruͤhmteſten Hochlehrer nachgeſchrieben und
den reichſten Schatz hollaͤndiſcher Schulgelehrſamkeit
und hollaͤndiſcher Rechtglaͤubigkeit geſammlet. Er-
hatte alle Spitzfindigkeiten der Voetiſchen und Coc-
cejaniſchen Theologie durchkrochen. Er wuſte ſo
genau, in wie mancherley Sinne alle moͤgliche Theo-
loganten in den ſieben vereinigten Provinzen, die
Haushaltungen des goͤttlichen Gnadenbundes
geordnet und verſtanden hatten, daß er noch eine
neue Haushaltung haͤtte erdenken koͤnnen. Er
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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776, S. 17[16]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker03_1776/25>, abgerufen am 27.07.2024.
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