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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776.

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Zweyter Abschnitt.

Der Kaufmann hatte bereits in seinem Hause
einen Hofmeister, der zu Erziehung seiner bei-
den Söhne gar wohl hätte hinlänglich seyn können.
Allein er hatte eine lutherische Frau, und in den Ehe-
pakten war versehen, daß das erste Kind reformirt
und das zweyte lutherisch erzogen werden sollte.
Seine Frau, eine gutmüthige Matrone, mit der er
in allen Dingen, auch selbst in Absicht der zwischen
ihnen verschiedenen Konfession, in größter Eintracht
lebte, würde mit dem Einen Hofmeister für ihre
beiden Söhne, ob er gleich reformirt war, sehr wohl
zufrieden gewesen seyn; wenn nicht Domine Ter-
Breidelen,
ihr lutherischer Gewissensrath, ihr die
Nichterfüllung dieses Theils der Ehepakten, so oft
zu einer Gewissenssache gemacht, und über diese Be-
einträchtigung der reinen Lehre, bey ihren Mitluthe-
rischen Vettern und Muhmen, so oft bittere Klagen
geführt hätte; daß Frau Elsabe endlich anfangen
mußte, ihrem Manne über diese Sache in den Oh-
ren zu liegen. Dieser würde auch zu Bevestigung des
Hausfriedens, so wie des Kirchenfriedens, schon längst
ihrem Verlangen ein Genüge gethan haben. Bloß

der


Zweyter Abſchnitt.

Der Kaufmann hatte bereits in ſeinem Hauſe
einen Hofmeiſter, der zu Erziehung ſeiner bei-
den Soͤhne gar wohl haͤtte hinlaͤnglich ſeyn koͤnnen.
Allein er hatte eine lutheriſche Frau, und in den Ehe-
pakten war verſehen, daß das erſte Kind reformirt
und das zweyte lutheriſch erzogen werden ſollte.
Seine Frau, eine gutmuͤthige Matrone, mit der er
in allen Dingen, auch ſelbſt in Abſicht der zwiſchen
ihnen verſchiedenen Konfeſſion, in groͤßter Eintracht
lebte, wuͤrde mit dem Einen Hofmeiſter fuͤr ihre
beiden Soͤhne, ob er gleich reformirt war, ſehr wohl
zufrieden geweſen ſeyn; wenn nicht Domine Ter-
Breidelen,
ihr lutheriſcher Gewiſſensrath, ihr die
Nichterfuͤllung dieſes Theils der Ehepakten, ſo oft
zu einer Gewiſſensſache gemacht, und uͤber dieſe Be-
eintraͤchtigung der reinen Lehre, bey ihren Mitluthe-
riſchen Vettern und Muhmen, ſo oft bittere Klagen
gefuͤhrt haͤtte; daß Frau Elſabe endlich anfangen
mußte, ihrem Manne uͤber dieſe Sache in den Oh-
ren zu liegen. Dieſer wuͤrde auch zu Beveſtigung des
Hausfriedens, ſo wie des Kirchenfriedens, ſchon laͤngſt
ihrem Verlangen ein Genuͤge gethan haben. Bloß

der
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[16[15]/0024] Zweyter Abſchnitt. Der Kaufmann hatte bereits in ſeinem Hauſe einen Hofmeiſter, der zu Erziehung ſeiner bei- den Soͤhne gar wohl haͤtte hinlaͤnglich ſeyn koͤnnen. Allein er hatte eine lutheriſche Frau, und in den Ehe- pakten war verſehen, daß das erſte Kind reformirt und das zweyte lutheriſch erzogen werden ſollte. Seine Frau, eine gutmuͤthige Matrone, mit der er in allen Dingen, auch ſelbſt in Abſicht der zwiſchen ihnen verſchiedenen Konfeſſion, in groͤßter Eintracht lebte, wuͤrde mit dem Einen Hofmeiſter fuͤr ihre beiden Soͤhne, ob er gleich reformirt war, ſehr wohl zufrieden geweſen ſeyn; wenn nicht Domine Ter- Breidelen, ihr lutheriſcher Gewiſſensrath, ihr die Nichterfuͤllung dieſes Theils der Ehepakten, ſo oft zu einer Gewiſſensſache gemacht, und uͤber dieſe Be- eintraͤchtigung der reinen Lehre, bey ihren Mitluthe- riſchen Vettern und Muhmen, ſo oft bittere Klagen gefuͤhrt haͤtte; daß Frau Elſabe endlich anfangen mußte, ihrem Manne uͤber dieſe Sache in den Oh- ren zu liegen. Dieſer wuͤrde auch zu Beveſtigung des Hausfriedens, ſo wie des Kirchenfriedens, ſchon laͤngſt ihrem Verlangen ein Genuͤge gethan haben. Bloß der

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Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776, S. 16[15]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker03_1776/24>, abgerufen am 21.11.2024.