durch das Beyspiel des seligen Don Quixotte, und durch das Beyspiel verschiedener noch leben- der Genies, bestärkt wird, nehmlich: daß ein Mensch sehr wohl in allen Dingen so denken und handeln könne, daß ihn die ganze übrige Welt für verständig gelten läßt, und nur in einem einzigen so, daß ihn jedermann für einen Tho- ren hält.
Sie hätten sich auch wohl erinnern können, daß der beste, nachgebendste Mensch, ein Ding, über welches er seine Geisteskräfte einmal bis zu einer gewissen Anspannung angestrengt hat, sich nicht so leicht werde nehmen lassen. Daß da- her ein Gelehrter ein Buch, besonders ein bibli- sches Buch, worüber er eine ihm wichtig schei- nende Hypothese erfunden hat, niemals ganz werde fahren lassen können.
Sie mögen übrigens deshalb unbesorgt seyn, daß des Sebaldus vermeintliche abergläubische
Achtung
durch das Beyſpiel des ſeligen Don Quixotte, und durch das Beyſpiel verſchiedener noch leben- der Genies, beſtaͤrkt wird, nehmlich: daß ein Menſch ſehr wohl in allen Dingen ſo denken und handeln koͤnne, daß ihn die ganze uͤbrige Welt fuͤr verſtaͤndig gelten laͤßt, und nur in einem einzigen ſo, daß ihn jedermann fuͤr einen Tho- ren haͤlt.
Sie haͤtten ſich auch wohl erinnern koͤnnen, daß der beſte, nachgebendſte Menſch, ein Ding, uͤber welches er ſeine Geiſteskraͤfte einmal bis zu einer gewiſſen Anſpannung angeſtrengt hat, ſich nicht ſo leicht werde nehmen laſſen. Daß da- her ein Gelehrter ein Buch, beſonders ein bibli- ſches Buch, woruͤber er eine ihm wichtig ſchei- nende Hypotheſe erfunden hat, niemals ganz werde fahren laſſen koͤnnen.
Sie moͤgen uͤbrigens deshalb unbeſorgt ſeyn, daß des Sebaldus vermeintliche aberglaͤubiſche
Achtung
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[171[170]/0185]
durch das Beyſpiel des ſeligen Don Quixotte,
und durch das Beyſpiel verſchiedener noch leben-
der Genies, beſtaͤrkt wird, nehmlich: daß ein
Menſch ſehr wohl in allen Dingen ſo denken
und handeln koͤnne, daß ihn die ganze uͤbrige
Welt fuͤr verſtaͤndig gelten laͤßt, und nur in einem
einzigen ſo, daß ihn jedermann fuͤr einen Tho-
ren haͤlt.
Sie haͤtten ſich auch wohl erinnern koͤnnen,
daß der beſte, nachgebendſte Menſch, ein Ding,
uͤber welches er ſeine Geiſteskraͤfte einmal bis
zu einer gewiſſen Anſpannung angeſtrengt hat,
ſich nicht ſo leicht werde nehmen laſſen. Daß da-
her ein Gelehrter ein Buch, beſonders ein bibli-
ſches Buch, woruͤber er eine ihm wichtig ſchei-
nende Hypotheſe erfunden hat, niemals ganz werde
fahren laſſen koͤnnen.
Sie moͤgen uͤbrigens deshalb unbeſorgt ſeyn,
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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776, S. 171[170]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker03_1776/185>, abgerufen am 16.02.2025.
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