Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776.etwan noch die Jungfer Anastasia heurathen, bey welcher er seit einiger Zeit, wie es scheint, nicht ohne Absicht, fleißig aus- und eingehet. Jndessen lebt er bey seinem Vater, und läßt sich seit einigen Jahren gefallen, dessen Kommentar über die Apo- kalypse, so wie er fertig wird, ins reine zu schrei- ben. Dabey ist er in Nebenstunden beflissen, Ab- handlungen und Recensionen, in verschiedene Journale und Zeitungen einzusenden. Wenn man irgendwo schielende und ungereimte Urtheile lie- set, über Dinge, wovon, wie offenbar zu sehen ist, der Recensent nichts verstanden hat; wenn dabey verdiente Männer mit naseweisem Geschnat- ter, fein superklug, über die ersten Gründe der Kunst oder Wissenschaft, in der sie vorzüglich groß sind, belehrt werden; wenn unbescheidner Eigendün- kel für deutsche Freymüthigkeit, und ungehobelter Gernwitz für Laune verkauft wird; wenn eine be- stimmte
etwan noch die Jungfer Anaſtaſia heurathen, bey welcher er ſeit einiger Zeit, wie es ſcheint, nicht ohne Abſicht, fleißig aus- und eingehet. Jndeſſen lebt er bey ſeinem Vater, und laͤßt ſich ſeit einigen Jahren gefallen, deſſen Kommentar uͤber die Apo- kalypſe, ſo wie er fertig wird, ins reine zu ſchrei- ben. Dabey iſt er in Nebenſtunden befliſſen, Ab- handlungen und Recenſionen, in verſchiedene Journale und Zeitungen einzuſenden. Wenn man irgendwo ſchielende und ungereimte Urtheile lie- ſet, uͤber Dinge, wovon, wie offenbar zu ſehen iſt, der Recenſent nichts verſtanden hat; wenn dabey verdiente Maͤnner mit naſeweiſem Geſchnat- ter, fein ſuperklug, uͤber die erſten Gruͤnde der Kunſt oder Wiſſenſchaft, in der ſie vorzuͤglich groß ſind, belehrt werden; wenn unbeſcheidner Eigenduͤn- kel fuͤr deutſche Freymuͤthigkeit, und ungehobelter Gernwitz fuͤr Laune verkauft wird; wenn eine be- ſtimmte
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etwan noch die Jungfer Anaſtaſia heurathen, bey
welcher er ſeit einiger Zeit, wie es ſcheint, nicht ohne
Abſicht, fleißig aus- und eingehet. Jndeſſen lebt
er bey ſeinem Vater, und laͤßt ſich ſeit einigen
Jahren gefallen, deſſen Kommentar uͤber die Apo-
kalypſe, ſo wie er fertig wird, ins reine zu ſchrei-
ben. Dabey iſt er in Nebenſtunden befliſſen, Ab-
handlungen und Recenſionen, in verſchiedene
Journale und Zeitungen einzuſenden. Wenn man
irgendwo ſchielende und ungereimte Urtheile lie-
ſet, uͤber Dinge, wovon, wie offenbar zu ſehen
iſt, der Recenſent nichts verſtanden hat; wenn
dabey verdiente Maͤnner mit naſeweiſem Geſchnat-
ter, fein ſuperklug, uͤber die erſten Gruͤnde der
Kunſt oder Wiſſenſchaft, in der ſie vorzuͤglich groß
ſind, belehrt werden; wenn unbeſcheidner Eigenduͤn-
kel fuͤr deutſche Freymuͤthigkeit, und ungehobelter
Gernwitz fuͤr Laune verkauft wird; wenn eine be-
ſtimmte
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