Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776.einzelnen Hause einzukehren. Der Regen hörte den ganzen Tag nicht auf, der Bauer wollte nicht war- ten, weil er den andern Tag einen Hofedienst zu thun hatte, und da sie von dem Bewohner des Hau- ses, welcher, weil er in seiner Jugend Soldat ge- wesen, die Gegend weit und breit kannte, auf ihre Erkundigung nach dem Wege, vernahm, daß sie sehr weit von dem Hildesheimischen entfernt sey; so ent- schloß sie sich kurz, den Bauer abzulohnen, und bis zur Besserung des Wetters in diesem Hause zu bleiben. Das Haus war von einem Greise, seiner Frau Hof G 5
einzelnen Hauſe einzukehren. Der Regen hoͤrte den ganzen Tag nicht auf, der Bauer wollte nicht war- ten, weil er den andern Tag einen Hofedienſt zu thun hatte, und da ſie von dem Bewohner des Hau- ſes, welcher, weil er in ſeiner Jugend Soldat ge- weſen, die Gegend weit und breit kannte, auf ihre Erkundigung nach dem Wege, vernahm, daß ſie ſehr weit von dem Hildesheimiſchen entfernt ſey; ſo ent- ſchloß ſie ſich kurz, den Bauer abzulohnen, und bis zur Beſſerung des Wetters in dieſem Hauſe zu bleiben. Das Haus war von einem Greiſe, ſeiner Frau Hof G 5
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einzelnen Hauſe einzukehren. Der Regen hoͤrte den
ganzen Tag nicht auf, der Bauer wollte nicht war-
ten, weil er den andern Tag einen Hofedienſt zu
thun hatte, und da ſie von dem Bewohner des Hau-
ſes, welcher, weil er in ſeiner Jugend Soldat ge-
weſen, die Gegend weit und breit kannte, auf ihre
Erkundigung nach dem Wege, vernahm, daß ſie ſehr
weit von dem Hildesheimiſchen entfernt ſey; ſo ent-
ſchloß ſie ſich kurz, den Bauer abzulohnen, und bis zur
Beſſerung des Wetters in dieſem Hauſe zu bleiben.
Das Haus war von einem Greiſe, ſeiner Frau
und ſeiner Tochter bewohnt, die ſich theils vom Spin-
nen, der gewoͤhnlichen Winternahrung der Weſt-
phaͤliſchen Hausleute, erhielten, theils die Milch einer
Kuh, und die Fruͤchte eines Krautgartens verzehr-
ten, der durch ihren eignen Fleiß war urbar gemacht
worden. Der alte Hauswirth verband mit der treu-
herzigen Ehrlichkeit eines Landmanns, die Weltkennt-
niß, die lange Feldzuͤge gewaͤhren. Er hatte mit
ſeinem Gutsherrn, der ſein Oberſter geweſen war,
alle Gefahren der Feldzuͤge in Braband getheilt, und
war ihm in allen Vorfaͤllen ſo treu und ergeben ge-
weſen, daß der Gutsherr, aus edler Dankdarkeit,
das Schickſal ſeines alten Kriegskammeraden zu ver-
beſſern ſuchte. Als der Mann alt ward, ward der
Hof
G 5
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