Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775.Sebaldus fiel ihm schnell in die Rede: ,Und wenn Der Prediger schaute, mit stierem Blicke, und ver- ,Sie sind also, wie ich merke, ein Gönner der "Chri-
Sebaldus fiel ihm ſchnell in die Rede: ‚Und wenn Der Prediger ſchaute, mit ſtierem Blicke, und ver- ‚Sie ſind alſo, wie ich merke, ein Goͤnner der ”Chri-
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Sebaldus fiel ihm ſchnell in die Rede: ‚Und wenn
”ſie denn nun inkonſequent waͤren? Wer einzelne Vor-
”urtheile beſtreitet, aber viele andere damit verbun-
”dene nicht beſtreiten kann oder darf, kann, ſeiner
”Ehrlichkeit und ſeiner Einſicht unbeſchadet, inkonſe-
”quent ſeyn oder ſcheinen. Die Verbeſſerer der Reli-
”gion moͤgen immerhin ein zerrißnes Buch ſeyn, daß
”weder Titel noch Regiſter hat, und in welchem hin
”und wieder Blaͤtter fehlen; aber auf den vorhande-
”nen Blaͤttern ſtehen noͤthige, nuͤtzliche, vortrefflliche
”Sachen, und ich will dieſe Blaͤtter, ohne Zuſammen-
”hang, lieber haben, als Meenens Beweis der
”Ewigkeit der Hoͤllenſtrafen, und wenn dieß
”Buch noch ſo komplet waͤre.‛
Der Prediger ſchaute, mit ſtierem Blicke, und ver-
laͤngertem Angeſichte, dem Sebaldus gerade ins Ge-
ſicht, zog ſeinen Hut langſam ab, und ſagte, indem
er ſich gegen ihn neigte, mit einem Tone voll Nach-
druck und Wuͤrde:
‚Sie ſind alſo, wie ich merke, ein Goͤnner der
”neuern heterodoxen Theologen. Sie werden ver-
”muthlich alles, was dahin gehoͤrt, wohl uͤberlegt ha-
”ben; denn Herren Jhrer Art handeln niemals un-
”uͤberlegt. Sagen Sie mir alſo doch, was fuͤr ein
”Chri-
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