"du wirst eben so wohl in nichts verwandelt werden, "als ich und wir alle; drum laß uns noch eins trin- "ken. Denn (er sang)
,Unser leben währet kurz, "Es vergeht geschwinde.'
Hiemit schenkte er ein volles Glas ein, und brachte es dem Sebaldus: ,Da trink mit, auf der Babylonischen Hure "Gesundheit!' Alle vier brachen in ein Pferdege- lächter aus, und Sebaldus, der jetzt erst merkte in was für Gesellschaft er war, ließ sich durch kein Zure- den aufhalten, sondern eilte zur Thür hinaus, und schöpste nicht eher wieder frische Luft, bis er auf der Straße war. Er empfand den ehrlichen Unwillen, don ein kluger Mann allezeit empfindet, wenn er merkt, daß er einer Gesellschaft von Narren zum Schauspiele gedienet habe. Hiezu kam die Beküm- merniß über seine nun mehrmals fehlgeschlagene Hoffnung, sich die ersten Bedürfnisse des Lebens zu schaffen.
Er wollte eben in laute Klagen ausbrechen, als ihm sein gewesener Reisegefährte begegnete. Derselbe war in einen guten tuchenen Rock gekleidet, gieng mit niedergeschlagenen Augen ernsthaft einher, in Gesellschaft, eines braunen von der Sonne verbraun- ten Menschen von widriger Miene, der in Reiseklei-
dern
”du wirſt eben ſo wohl in nichts verwandelt werden, ”als ich und wir alle; drum laß uns noch eins trin- ”ken. Denn (er ſang)
‚Unſer leben waͤhret kurz, ”Es vergeht geſchwinde.‛
Hiemit ſchenkte er ein volles Glas ein, und brachte es dem Sebaldus: ‚Da trink mit, auf der Babyloniſchen Hure ”Geſundheit!‛ Alle vier brachen in ein Pferdege- laͤchter aus, und Sebaldus, der jetzt erſt merkte in was fuͤr Geſellſchaft er war, ließ ſich durch kein Zure- den aufhalten, ſondern eilte zur Thuͤr hinaus, und ſchoͤpſte nicht eher wieder friſche Luft, bis er auf der Straße war. Er empfand den ehrlichen Unwillen, don ein kluger Mann allezeit empfindet, wenn er merkt, daß er einer Geſellſchaft von Narren zum Schauſpiele gedienet habe. Hiezu kam die Bekuͤm- merniß uͤber ſeine nun mehrmals fehlgeſchlagene Hoffnung, ſich die erſten Beduͤrfniſſe des Lebens zu ſchaffen.
Er wollte eben in laute Klagen ausbrechen, als ihm ſein geweſener Reiſegefaͤhrte begegnete. Derſelbe war in einen guten tuchenen Rock gekleidet, gieng mit niedergeſchlagenen Augen ernſthaft einher, in Geſellſchaft, eines braunen von der Sonne verbraun- ten Menſchen von widriger Miene, der in Reiſeklei-
dern
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”du wirſt eben ſo wohl in nichts verwandelt werden,
”als ich und wir alle; drum laß uns noch eins trin-
”ken. Denn (er ſang)
‚Unſer leben waͤhret kurz,
”Es vergeht geſchwinde.‛
Hiemit ſchenkte er ein volles Glas ein, und brachte es dem
Sebaldus: ‚Da trink mit, auf der Babyloniſchen Hure
”Geſundheit!‛ Alle vier brachen in ein Pferdege-
laͤchter aus, und Sebaldus, der jetzt erſt merkte in
was fuͤr Geſellſchaft er war, ließ ſich durch kein Zure-
den aufhalten, ſondern eilte zur Thuͤr hinaus, und
ſchoͤpſte nicht eher wieder friſche Luft, bis er auf der
Straße war. Er empfand den ehrlichen Unwillen,
don ein kluger Mann allezeit empfindet, wenn er
merkt, daß er einer Geſellſchaft von Narren zum
Schauſpiele gedienet habe. Hiezu kam die Bekuͤm-
merniß uͤber ſeine nun mehrmals fehlgeſchlagene
Hoffnung, ſich die erſten Beduͤrfniſſe des Lebens zu
ſchaffen.
Er wollte eben in laute Klagen ausbrechen, als
ihm ſein geweſener Reiſegefaͤhrte begegnete. Derſelbe
war in einen guten tuchenen Rock gekleidet, gieng
mit niedergeſchlagenen Augen ernſthaft einher, in
Geſellſchaft, eines braunen von der Sonne verbraun-
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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/45>, abgerufen am 26.07.2024.
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