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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775.

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hauptsächlich nur deswegen predigte, um sich, von
der Kanzel herab, in seiner Grösse zu zeigen, redete
beständig von sich selbst, von seinem guten Willen
gegen seine Zuhörer, von seinem Herzen, von sei-
ner
Liebe, von seinem Vertrauen, kurz, er predigte
sich selbst, um sein selbst willen.

Wenn ferner diese Predigt vom Sebaldus, oder
auch nur von irgend einem andern Landprediger, an
Bauern, gehalten wäre, so würde darinn nicht so
mancherley ,von Geld und Gut; von einem Geiz-
"halse
der einen Freyer abweiset, wenn er nicht so
"viel Gut und Geld hat, als seine Tochter; von
"einem Mädchen, das am meisten Geld hat; von
"einem unehrbaren Mädchen, das man nicht heura-
"then sollte, wenn sie auch noch so viel Geld hätte,'
vorkommen. Wenn Sebaldus über diese Gegen-
stände zu reden gehabt hätte, so würde er von Vieh,
Aeckern, Wiesen
und Gärten gesprochen haben;
denn darinn bestand das Vermögen seiner Bauern,
so wie der allermeisten Bauern in der Welt. Daß
Sebaldus Vaterland zwar fruchtbar, aber ohne
baares Geld gewesen, kann der Leser schon aus der
Art, wie der ehrliche Hieronymus seinen Buchhan-
del treiben mußte, schließen.

Eben
S 2



hauptſaͤchlich nur deswegen predigte, um ſich, von
der Kanzel herab, in ſeiner Groͤſſe zu zeigen, redete
beſtaͤndig von ſich ſelbſt, von ſeinem guten Willen
gegen ſeine Zuhoͤrer, von ſeinem Herzen, von ſei-
ner
Liebe, von ſeinem Vertrauen, kurz, er predigte
ſich ſelbſt, um ſein ſelbſt willen.

Wenn ferner dieſe Predigt vom Sebaldus, oder
auch nur von irgend einem andern Landprediger, an
Bauern, gehalten waͤre, ſo wuͤrde darinn nicht ſo
mancherley ‚von Geld und Gut; von einem Geiz-
”halſe
der einen Freyer abweiſet, wenn er nicht ſo
”viel Gut und Geld hat, als ſeine Tochter; von
”einem Maͤdchen, das am meiſten Geld hat; von
”einem unehrbaren Maͤdchen, das man nicht heura-
”then ſollte, wenn ſie auch noch ſo viel Geld haͤtte,‛
vorkommen. Wenn Sebaldus uͤber dieſe Gegen-
ſtaͤnde zu reden gehabt haͤtte, ſo wuͤrde er von Vieh,
Aeckern, Wieſen
und Gaͤrten geſprochen haben;
denn darinn beſtand das Vermoͤgen ſeiner Bauern,
ſo wie der allermeiſten Bauern in der Welt. Daß
Sebaldus Vaterland zwar fruchtbar, aber ohne
baares Geld geweſen, kann der Leſer ſchon aus der
Art, wie der ehrliche Hieronymus ſeinen Buchhan-
del treiben mußte, ſchließen.

Eben
S 2
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[271/0285] hauptſaͤchlich nur deswegen predigte, um ſich, von der Kanzel herab, in ſeiner Groͤſſe zu zeigen, redete beſtaͤndig von ſich ſelbſt, von ſeinem guten Willen gegen ſeine Zuhoͤrer, von ſeinem Herzen, von ſei- ner Liebe, von ſeinem Vertrauen, kurz, er predigte ſich ſelbſt, um ſein ſelbſt willen. Wenn ferner dieſe Predigt vom Sebaldus, oder auch nur von irgend einem andern Landprediger, an Bauern, gehalten waͤre, ſo wuͤrde darinn nicht ſo mancherley ‚von Geld und Gut; von einem Geiz- ”halſe der einen Freyer abweiſet, wenn er nicht ſo ”viel Gut und Geld hat, als ſeine Tochter; von ”einem Maͤdchen, das am meiſten Geld hat; von ”einem unehrbaren Maͤdchen, das man nicht heura- ”then ſollte, wenn ſie auch noch ſo viel Geld haͤtte,‛ vorkommen. Wenn Sebaldus uͤber dieſe Gegen- ſtaͤnde zu reden gehabt haͤtte, ſo wuͤrde er von Vieh, Aeckern, Wieſen und Gaͤrten geſprochen haben; denn darinn beſtand das Vermoͤgen ſeiner Bauern, ſo wie der allermeiſten Bauern in der Welt. Daß Sebaldus Vaterland zwar fruchtbar, aber ohne baares Geld geweſen, kann der Leſer ſchon aus der Art, wie der ehrliche Hieronymus ſeinen Buchhan- del treiben mußte, ſchließen. Eben S 2

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Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/285>, abgerufen am 25.11.2024.