Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775.anzunehmen, die ebenderselbe Fürst, um des unge- stümen Anhaltens seiner Landstände loszuwerden, in seiner Residenz gestiftet hatte. Hier waren ihm zwan- zig Gulden fixes Gehalt, ein halber Wispel Rocken, etwas Flachs, und andere Naturalien, nebst freyer Wohnung, ausgesetzt, welche letztere aber, vor der Hand, wegen Baufälligkeit nicht gebraucht wer- den konnte. Alles war ungefähr auf achtzig Gulden geschätzt, weil der Fürst der gnädigsten Meinung war, den Unterweisern seiner Unter- thanen nur ungefähr den zehnten Theil dessen zukommen zu lassen, was die Erzieher seiner Pfer- de und Hunde foderten. Die Geheimen Räthe des Fürsten hielten dieß für sehr billig; theils, weil es ungleich leichter seyn müßte, vernünftige Men- schen zu erziehen, als unvernünftige Bestien abzurichten; theils, weil jedes Schulkind noch wohl wöchentlich einen oder zwey Groschen Schulgeld ge- ben könnte, welches die Füllen und jungen Hunde nicht aufzubringen vermöchten. Unglücklicherweise hatte der ehrliche Elardus konnte R 4
anzunehmen, die ebenderſelbe Fuͤrſt, um des unge- ſtuͤmen Anhaltens ſeiner Landſtaͤnde loszuwerden, in ſeiner Reſidenz geſtiftet hatte. Hier waren ihm zwan- zig Gulden fixes Gehalt, ein halber Wiſpel Rocken, etwas Flachs, und andere Naturalien, nebſt freyer Wohnung, ausgeſetzt, welche letztere aber, vor der Hand, wegen Baufaͤlligkeit nicht gebraucht wer- den konnte. Alles war ungefaͤhr auf achtzig Gulden geſchaͤtzt, weil der Fuͤrſt der gnaͤdigſten Meinung war, den Unterweiſern ſeiner Unter- thanen nur ungefaͤhr den zehnten Theil deſſen zukommen zu laſſen, was die Erzieher ſeiner Pfer- de und Hunde foderten. Die Geheimen Raͤthe des Fuͤrſten hielten dieß fuͤr ſehr billig; theils, weil es ungleich leichter ſeyn muͤßte, vernuͤnftige Men- ſchen zu erziehen, als unvernuͤnftige Beſtien abzurichten; theils, weil jedes Schulkind noch wohl woͤchentlich einen oder zwey Groſchen Schulgeld ge- ben koͤnnte, welches die Fuͤllen und jungen Hunde nicht aufzubringen vermoͤchten. Ungluͤcklicherweiſe hatte der ehrliche Elardus konnte R 4
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0273" n="259"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> anzunehmen, die ebenderſelbe Fuͤrſt, um des unge-<lb/> ſtuͤmen Anhaltens ſeiner Landſtaͤnde loszuwerden, in<lb/> ſeiner Reſidenz geſtiftet hatte. Hier waren ihm zwan-<lb/> zig Gulden fixes Gehalt, ein halber Wiſpel Rocken,<lb/> etwas Flachs, und andere Naturalien, nebſt freyer<lb/> Wohnung, ausgeſetzt, welche letztere aber, vor der<lb/> Hand, wegen Baufaͤlligkeit nicht gebraucht wer-<lb/> den konnte. Alles war ungefaͤhr auf achtzig<lb/> Gulden geſchaͤtzt, weil der Fuͤrſt der gnaͤdigſten<lb/> Meinung war, den Unterweiſern ſeiner Unter-<lb/> thanen nur ungefaͤhr den zehnten Theil deſſen<lb/> zukommen zu laſſen, was die Erzieher ſeiner Pfer-<lb/> de und Hunde foderten. Die Geheimen Raͤthe des<lb/> Fuͤrſten hielten dieß fuͤr ſehr billig; theils, weil es<lb/> ungleich leichter ſeyn muͤßte, vernuͤnftige Men-<lb/> ſchen zu erziehen, als unvernuͤnftige Beſtien<lb/> abzurichten; theils, weil jedes Schulkind noch wohl<lb/> woͤchentlich einen oder zwey Groſchen Schulgeld ge-<lb/> ben koͤnnte, welches die Fuͤllen und jungen Hunde<lb/> nicht aufzubringen vermoͤchten.</p><lb/> <p>Ungluͤcklicherweiſe hatte der ehrliche <hi rendition="#fr">Elardus</hi><lb/> nicht recht gelernt, was zu einem tuͤchtigen Schul-<lb/> manne erfoderlich iſt. Jm Hebraͤiſchen war er<lb/> beym kleinen <hi rendition="#fr">Danz</hi> ſtehen geblieben, im Griechiſchen<lb/> <fw place="bottom" type="sig">R 4</fw><fw place="bottom" type="catch">konnte</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [259/0273]
anzunehmen, die ebenderſelbe Fuͤrſt, um des unge-
ſtuͤmen Anhaltens ſeiner Landſtaͤnde loszuwerden, in
ſeiner Reſidenz geſtiftet hatte. Hier waren ihm zwan-
zig Gulden fixes Gehalt, ein halber Wiſpel Rocken,
etwas Flachs, und andere Naturalien, nebſt freyer
Wohnung, ausgeſetzt, welche letztere aber, vor der
Hand, wegen Baufaͤlligkeit nicht gebraucht wer-
den konnte. Alles war ungefaͤhr auf achtzig
Gulden geſchaͤtzt, weil der Fuͤrſt der gnaͤdigſten
Meinung war, den Unterweiſern ſeiner Unter-
thanen nur ungefaͤhr den zehnten Theil deſſen
zukommen zu laſſen, was die Erzieher ſeiner Pfer-
de und Hunde foderten. Die Geheimen Raͤthe des
Fuͤrſten hielten dieß fuͤr ſehr billig; theils, weil es
ungleich leichter ſeyn muͤßte, vernuͤnftige Men-
ſchen zu erziehen, als unvernuͤnftige Beſtien
abzurichten; theils, weil jedes Schulkind noch wohl
woͤchentlich einen oder zwey Groſchen Schulgeld ge-
ben koͤnnte, welches die Fuͤllen und jungen Hunde
nicht aufzubringen vermoͤchten.
Ungluͤcklicherweiſe hatte der ehrliche Elardus
nicht recht gelernt, was zu einem tuͤchtigen Schul-
manne erfoderlich iſt. Jm Hebraͤiſchen war er
beym kleinen Danz ſtehen geblieben, im Griechiſchen
konnte
R 4
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/273 |
Zitationshilfe: | Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/273>, abgerufen am 05.07.2024. |