Und nun! fuhr der Kaufmann fort, ist nicht das Opfer, das ins Becken geworfen wird, etwas zusäl- liges?
Mackligius, nach einigem Stocken, bejahete es.
Gut! sagte der Kaufmann, hören Sie also ei[n]en Vorschlag zum Vergleiche: Jch will, weil es denn Rev. Ministerium nicht anders haben will, allen we- sentlichen Pflichten eines Taufzeugen entsagen. Jch will jedermann in Ungewißheit lassen, ob das Kind getauft worden; ich will mich hüten, für seine Erzie- hung zu sorgen, und wenn es auch Vater und Mut- ter verlieren, und von seinen Vormündern verlassen werden sollte. Kann mir denn nun wenigstens nicht erlaubt werden, das Zufällige eines Taufzeugen zu verrichten, und, nach vollbrachter Handlung, diese Dukaten ins Becken zu opfern?
Mackligius war in keiner geringen Verlegenheit. Endlich bewog ihn die Distinktion des Kaufmanns, und das Bitten des Vaters, für diesesmal einen reformirten Taufzeugen zuzulassen.
Kaum waren sie wieder zu Hause angekommen, so rückte ihm Sebaldus vor, daß er nicht nach sei- nen eignen Grundsätzen handele. Denn, wenn eine feyerliche Verbindung unverbrüchlich müste gehalten
wer-
Und nun! fuhr der Kaufmann fort, iſt nicht das Opfer, das ins Becken geworfen wird, etwas zuſaͤl- liges?
Mackligius, nach einigem Stocken, bejahete es.
Gut! ſagte der Kaufmann, hoͤren Sie alſo ei[n]en Vorſchlag zum Vergleiche: Jch will, weil es denn Rev. Miniſterium nicht anders haben will, allen we- ſentlichen Pflichten eines Taufzeugen entſagen. Jch will jedermann in Ungewißheit laſſen, ob das Kind getauft worden; ich will mich huͤten, fuͤr ſeine Erzie- hung zu ſorgen, und wenn es auch Vater und Mut- ter verlieren, und von ſeinen Vormuͤndern verlaſſen werden ſollte. Kann mir denn nun wenigſtens nicht erlaubt werden, das Zufaͤllige eines Taufzeugen zu verrichten, und, nach vollbrachter Handlung, dieſe Dukaten ins Becken zu opfern?
Mackligius war in keiner geringen Verlegenheit. Endlich bewog ihn die Diſtinktion des Kaufmanns, und das Bitten des Vaters, fuͤr dieſesmal einen reformirten Taufzeugen zuzulaſſen.
Kaum waren ſie wieder zu Hauſe angekommen, ſo ruͤckte ihm Sebaldus vor, daß er nicht nach ſei- nen eignen Grundſaͤtzen handele. Denn, wenn eine feyerliche Verbindung unverbruͤchlich muͤſte gehalten
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Und nun! fuhr der Kaufmann fort, iſt nicht das
Opfer, das ins Becken geworfen wird, etwas zuſaͤl-
liges?
Mackligius, nach einigem Stocken, bejahete es.
Gut! ſagte der Kaufmann, hoͤren Sie alſo einen
Vorſchlag zum Vergleiche: Jch will, weil es denn
Rev. Miniſterium nicht anders haben will, allen we-
ſentlichen Pflichten eines Taufzeugen entſagen. Jch
will jedermann in Ungewißheit laſſen, ob das Kind
getauft worden; ich will mich huͤten, fuͤr ſeine Erzie-
hung zu ſorgen, und wenn es auch Vater und Mut-
ter verlieren, und von ſeinen Vormuͤndern verlaſſen
werden ſollte. Kann mir denn nun wenigſtens nicht
erlaubt werden, das Zufaͤllige eines Taufzeugen zu
verrichten, und, nach vollbrachter Handlung, dieſe
Dukaten ins Becken zu opfern?
Mackligius war in keiner geringen Verlegenheit.
Endlich bewog ihn die Diſtinktion des Kaufmanns,
und das Bitten des Vaters, fuͤr dieſesmal einen
reformirten Taufzeugen zuzulaſſen.
Kaum waren ſie wieder zu Hauſe angekommen,
ſo ruͤckte ihm Sebaldus vor, daß er nicht nach ſei-
nen eignen Grundſaͤtzen handele. Denn, wenn eine
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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/247>, abgerufen am 16.02.2025.
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