welches so vielen grundgelehrten Leuten, die über die Kleidung der Alten geschrieben haben, vielleicht bloß deswegen noch bisher nicht hat gelingen wollen, weil sie alle nicht wußten, ob man einen Pelzmantel in die Länge oder in die Quere des Zeuges zuschneiden muß.
Nachdem er des Hieronymus Brief gelesen hatte, versicherte er den Sebaldus zwar sehr ernsthaft seiner Gnade; (denn seitdem er reich geworden, ergriff er gern jede Gelegenheit, wobey er den Mäcen spielen konnte;) doch bedauerte er es, daß er einen so grund- gelehrten Mann, wie Sebaldus nicht zu seinem Bibliothekar haben könnte, weil diese Stelle bereits durch einen gelehrten Magister besetzt worden, der ein Schwestersohn eines Mannes war, der ihm viele Alterthümer, und noch kürzlich einen raren Kameo, in ächten Ambra, und nicht etwa in Bernstein ge- schnitten, verkauft habe. Jndessen lud er ihn doch auf den andern Morgen zum Frühstück ein.
Dieß letztere geschahe nicht sowohl des Sebaldus, als sein selbst wegen; denn, weil es seinen Nachbarn, die ohne dieß von allen Alterthümern aufs höchste alte Pokale und alte Bankothaler liebten, schon bekannt war, daß unser gelehrter Landjunker diejenigen, die er einmal in sein Kabinett bekommen konnte, so bald
nicht
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welches ſo vielen grundgelehrten Leuten, die uͤber die Kleidung der Alten geſchrieben haben, vielleicht bloß deswegen noch bisher nicht hat gelingen wollen, weil ſie alle nicht wußten, ob man einen Pelzmantel in die Laͤnge oder in die Quere des Zeuges zuſchneiden muß.
Nachdem er des Hieronymus Brief geleſen hatte, verſicherte er den Sebaldus zwar ſehr ernſthaft ſeiner Gnade; (denn ſeitdem er reich geworden, ergriff er gern jede Gelegenheit, wobey er den Maͤcen ſpielen konnte;) doch bedauerte er es, daß er einen ſo grund- gelehrten Mann, wie Sebaldus nicht zu ſeinem Bibliothekar haben koͤnnte, weil dieſe Stelle bereits durch einen gelehrten Magiſter beſetzt worden, der ein Schweſterſohn eines Mannes war, der ihm viele Alterthuͤmer, und noch kuͤrzlich einen raren Kameo, in aͤchten Ambra, und nicht etwa in Bernſtein ge- ſchnitten, verkauft habe. Jndeſſen lud er ihn doch auf den andern Morgen zum Fruͤhſtuͤck ein.
Dieß letztere geſchahe nicht ſowohl des Sebaldus, als ſein ſelbſt wegen; denn, weil es ſeinen Nachbarn, die ohne dieß von allen Alterthuͤmern aufs hoͤchſte alte Pokale und alte Bankothaler liebten, ſchon bekannt war, daß unſer gelehrter Landjunker diejenigen, die er einmal in ſein Kabinett bekommen konnte, ſo bald
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welches ſo vielen grundgelehrten Leuten, die uͤber die
Kleidung der Alten geſchrieben haben, vielleicht bloß
deswegen noch bisher nicht hat gelingen wollen, weil
ſie alle nicht wußten, ob man einen Pelzmantel in
die Laͤnge oder in die Quere des Zeuges zuſchneiden
muß.
Nachdem er des Hieronymus Brief geleſen hatte,
verſicherte er den Sebaldus zwar ſehr ernſthaft ſeiner
Gnade; (denn ſeitdem er reich geworden, ergriff er
gern jede Gelegenheit, wobey er den Maͤcen ſpielen
konnte;) doch bedauerte er es, daß er einen ſo grund-
gelehrten Mann, wie Sebaldus nicht zu ſeinem
Bibliothekar haben koͤnnte, weil dieſe Stelle bereits
durch einen gelehrten Magiſter beſetzt worden, der
ein Schweſterſohn eines Mannes war, der ihm viele
Alterthuͤmer, und noch kuͤrzlich einen raren Kameo,
in aͤchten Ambra, und nicht etwa in Bernſtein ge-
ſchnitten, verkauft habe. Jndeſſen lud er ihn doch
auf den andern Morgen zum Fruͤhſtuͤck ein.
Dieß letztere geſchahe nicht ſowohl des Sebaldus,
als ſein ſelbſt wegen; denn, weil es ſeinen Nachbarn,
die ohne dieß von allen Alterthuͤmern aufs hoͤchſte alte
Pokale und alte Bankothaler liebten, ſchon bekannt
war, daß unſer gelehrter Landjunker diejenigen, die
er einmal in ſein Kabinett bekommen konnte, ſo bald
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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/225>, abgerufen am 16.02.2025.
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