Jm Frühlinge, nachdem er auf dieser zweyten Uni- versität ein Jahr gewesen war, berief ihn sein Va- ter, der sich nach geendigtem Kriege in Westphalen ein Landgut gekauft hatte, nach Hause. Er reisete also mit Rambolden ab, und nahm seinen Weg über den Landsitz seiner Tante, die sich stellte, als ob sie den Vorfall mit Marianen ganz vergessen hätte, und ihn mit sehr vieler Freundlichkeit aufnahm. Er trauete sich demungeachtet nicht, sich nach Maria- nen zu erkundigen. Sie selbst aber nahm Anlaß ihm einst, bey Gelegenheit, mit lächelndem Munde eine Neuigkeit zu sagen, die ihm wie ein Blitz in seine arme Seele fuhr: "daß die Mariane, die einst ein "flüchtiger Gegenstand seiner Neigung gewesen, in "Franken bey einem Edelmanne, Französische Mann "sell worden, und kürzlich den Jnformator, dem der "gnädige Herr eine erledigte Pfarre gegeben hätte, "geheurathet habe."
Sie erdichtete diese Nachricht nicht ohne besondere Absichten. Zu Folge ihrer beständigen Leidenschaft, ihre Familie zu erheben, wünschte sie, daß ihr Neffe eine Adeliche heurathen möchte. Jhre Augen waren dabey auf das Fräulein von Ehrenkolb gerichtet, ein Fräulein von altem Adel, aber nicht von großem Vermögen, welche mit ihrer Mutter, einer Wittwe,
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Jm Fruͤhlinge, nachdem er auf dieſer zweyten Uni- verſitaͤt ein Jahr geweſen war, berief ihn ſein Va- ter, der ſich nach geendigtem Kriege in Weſtphalen ein Landgut gekauft hatte, nach Hauſe. Er reiſete alſo mit Rambolden ab, und nahm ſeinen Weg uͤber den Landſitz ſeiner Tante, die ſich ſtellte, als ob ſie den Vorfall mit Marianen ganz vergeſſen haͤtte, und ihn mit ſehr vieler Freundlichkeit aufnahm. Er trauete ſich demungeachtet nicht, ſich nach Maria- nen zu erkundigen. Sie ſelbſt aber nahm Anlaß ihm einſt, bey Gelegenheit, mit laͤchelndem Munde eine Neuigkeit zu ſagen, die ihm wie ein Blitz in ſeine arme Seele fuhr: „daß die Mariane, die einſt ein ”fluͤchtiger Gegenſtand ſeiner Neigung geweſen, in ”Franken bey einem Edelmanne, Franzoͤſiſche Mann ”ſell worden, und kuͤrzlich den Jnformator, dem der ”gnaͤdige Herr eine erledigte Pfarre gegeben haͤtte, ”geheurathet habe.‟
Sie erdichtete dieſe Nachricht nicht ohne beſondere Abſichten. Zu Folge ihrer beſtaͤndigen Leidenſchaft, ihre Familie zu erheben, wuͤnſchte ſie, daß ihr Neffe eine Adeliche heurathen moͤchte. Jhre Augen waren dabey auf das Fraͤulein von Ehrenkolb gerichtet, ein Fraͤulein von altem Adel, aber nicht von großem Vermoͤgen, welche mit ihrer Mutter, einer Wittwe,
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Jm Fruͤhlinge, nachdem er auf dieſer zweyten Uni-
verſitaͤt ein Jahr geweſen war, berief ihn ſein Va-
ter, der ſich nach geendigtem Kriege in Weſtphalen
ein Landgut gekauft hatte, nach Hauſe. Er reiſete
alſo mit Rambolden ab, und nahm ſeinen Weg
uͤber den Landſitz ſeiner Tante, die ſich ſtellte, als ob
ſie den Vorfall mit Marianen ganz vergeſſen haͤtte,
und ihn mit ſehr vieler Freundlichkeit aufnahm. Er
trauete ſich demungeachtet nicht, ſich nach Maria-
nen zu erkundigen. Sie ſelbſt aber nahm Anlaß ihm
einſt, bey Gelegenheit, mit laͤchelndem Munde eine
Neuigkeit zu ſagen, die ihm wie ein Blitz in ſeine
arme Seele fuhr: „daß die Mariane, die einſt ein
”fluͤchtiger Gegenſtand ſeiner Neigung geweſen, in
”Franken bey einem Edelmanne, Franzoͤſiſche Mann
”ſell worden, und kuͤrzlich den Jnformator, dem der
”gnaͤdige Herr eine erledigte Pfarre gegeben haͤtte,
”geheurathet habe.‟
Sie erdichtete dieſe Nachricht nicht ohne beſondere
Abſichten. Zu Folge ihrer beſtaͤndigen Leidenſchaft,
ihre Familie zu erheben, wuͤnſchte ſie, daß ihr Neffe
eine Adeliche heurathen moͤchte. Jhre Augen waren
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ein Fraͤulein von altem Adel, aber nicht von großem
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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/157>, abgerufen am 05.07.2024.
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