Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773."und so lange führen wolle, bis er seinem wahren Nah- "men Ehre bringen könnte." Sebaldus ward bei dieser Nachricht ganz blaß, und Wilhelmine fiel mit einem lauten Geschrey rücklings aufs Canape. Sie besann sich aber bald, daß itzt die beste Gelegenheit sey, spartanische Gesinnungen zu zeigen, ermannete sich, stand auf, und sagte mit thränenden Augen: "Jch habe ihn dazu gebohren!" Sie suchte auf alle Weise ihre heldenmüthige Gesinnungen bey sich wieder hervor zu ziehen. Bald stellte sie sich die gro- ßen Thaten vor, die ihr Sohn verrichten würde; bald bedaurete sie nur, daß er seinen Nahmen verändert hatte, weil sie auf diese Art von ihr unbemerkt ge- schehen könnten. Bald hofte sie wieder, daß er, wenn er etwas großes verrichtet hätte, gewiß sei- nen Namen kund thun werde. Jnzwischen konnten alle diese heroische Gesinnungen, mit denen sie sich tröstete, und die dem Sebaldus gar keinen Trost gaben, weder ihre mütterliche Zärtlichkeit noch des Sebaldus weise Betrachtungen unterdrücken, die sich beständig dazwischen mischten. Nachdem sie damit den Nachmittag zugebracht hatten, legten sie sich bei- derseits in einer solchen Gemüthsverfassung schlafen, daß, wenn sie vier und zwanzig Stunden vorher darin gewesen wären, Sebaldus schwerlich würde gepre- digt
„und ſo lange fuͤhren wolle, bis er ſeinem wahren Nah- „men Ehre bringen koͤnnte.‟ Sebaldus ward bei dieſer Nachricht ganz blaß, und Wilhelmine fiel mit einem lauten Geſchrey ruͤcklings aufs Canape. Sie beſann ſich aber bald, daß itzt die beſte Gelegenheit ſey, ſpartaniſche Geſinnungen zu zeigen, ermannete ſich, ſtand auf, und ſagte mit thraͤnenden Augen: „Jch habe ihn dazu gebohren!‟ Sie ſuchte auf alle Weiſe ihre heldenmuͤthige Geſinnungen bey ſich wieder hervor zu ziehen. Bald ſtellte ſie ſich die gro- ßen Thaten vor, die ihr Sohn verrichten wuͤrde; bald bedaurete ſie nur, daß er ſeinen Nahmen veraͤndert hatte, weil ſie auf dieſe Art von ihr unbemerkt ge- ſchehen koͤnnten. Bald hofte ſie wieder, daß er, wenn er etwas großes verrichtet haͤtte, gewiß ſei- nen Namen kund thun werde. Jnzwiſchen konnten alle dieſe heroiſche Geſinnungen, mit denen ſie ſich troͤſtete, und die dem Sebaldus gar keinen Troſt gaben, weder ihre muͤtterliche Zaͤrtlichkeit noch des Sebaldus weiſe Betrachtungen unterdruͤcken, die ſich beſtaͤndig dazwiſchen miſchten. Nachdem ſie damit den Nachmittag zugebracht hatten, legten ſie ſich bei- derſeits in einer ſolchen Gemuͤthsverfaſſung ſchlafen, daß, wenn ſie vier und zwanzig Stunden vorher darin geweſen waͤren, Sebaldus ſchwerlich wuͤrde gepre- digt
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„und ſo lange fuͤhren wolle, bis er ſeinem wahren Nah-
„men Ehre bringen koͤnnte.‟ Sebaldus ward bei
dieſer Nachricht ganz blaß, und Wilhelmine fiel mit
einem lauten Geſchrey ruͤcklings aufs Canape. Sie
beſann ſich aber bald, daß itzt die beſte Gelegenheit
ſey, ſpartaniſche Geſinnungen zu zeigen, ermannete
ſich, ſtand auf, und ſagte mit thraͤnenden Augen:
„Jch habe ihn dazu gebohren!‟ Sie ſuchte auf
alle Weiſe ihre heldenmuͤthige Geſinnungen bey ſich
wieder hervor zu ziehen. Bald ſtellte ſie ſich die gro-
ßen Thaten vor, die ihr Sohn verrichten wuͤrde; bald
bedaurete ſie nur, daß er ſeinen Nahmen veraͤndert
hatte, weil ſie auf dieſe Art von ihr unbemerkt ge-
ſchehen koͤnnten. Bald hofte ſie wieder, daß er,
wenn er etwas großes verrichtet haͤtte, gewiß ſei-
nen Namen kund thun werde. Jnzwiſchen konnten
alle dieſe heroiſche Geſinnungen, mit denen ſie ſich
troͤſtete, und die dem Sebaldus gar keinen Troſt
gaben, weder ihre muͤtterliche Zaͤrtlichkeit noch des
Sebaldus weiſe Betrachtungen unterdruͤcken, die ſich
beſtaͤndig dazwiſchen miſchten. Nachdem ſie damit
den Nachmittag zugebracht hatten, legten ſie ſich bei-
derſeits in einer ſolchen Gemuͤthsverfaſſung ſchlafen,
daß, wenn ſie vier und zwanzig Stunden vorher darin
geweſen waͤren, Sebaldus ſchwerlich wuͤrde gepre-
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