Nun schritt die gnädige Frau zur Jnstruction der künftigen Hofmeisterinn ihrer Kinder. Der Haupt- punkt war, daß sie beständig französisch und niemals deutsch mit ihnen sprechen, und daß sie die Kinder an- weisen sollte, sich als Personen von Stande zu betra- gen, und jederzeit artige Manieren zu haben. Hierauf ward gefragt, ob sie Gelegenheit gehabt habe, öfters Personen von Stande zu sehen und ihr Betra- gen zu beobachten. Mariane ob sie gleich hier eine Französinn vorstellte, hatte doch das zuversichtliche Be- jahen noch nicht gelernt, welches schon oft, sowohl man- cher französischen Hofmeisterinn und Kammerjungfer, als manchem französischen Kammerdiener und Pro- jektmacher, aus der Noth geholfen hat; sie bekannte daher mit Erröthen, daß sie selten in dem Falle gewe- sen wäre.
"Desto schlimmer, sagte der Hr. von Hohenauf, "denn bey der Erziehung vornehmer Kinder ist das "nothwendigste, ihnen standesmäßige Manieren "beyzubringen. Zum Glück kann sie ihren Mangel "abhelfen, Mamsell, wenn sie fleißig auf meine Ge- "mahlinn Acht hat, dann die ist ein vollkommnes Mu- "ster standesmäßiger Aufführung."
Die Frau von Hohenauf neigte ihr mit starken Knochen versehenes Vorderhanpt nachläßig auf die
rechte
Nun ſchritt die gnaͤdige Frau zur Jnſtruction der kuͤnftigen Hofmeiſterinn ihrer Kinder. Der Haupt- punkt war, daß ſie beſtaͤndig franzoͤſiſch und niemals deutſch mit ihnen ſprechen, und daß ſie die Kinder an- weiſen ſollte, ſich als Perſonen von Stande zu betra- gen, und jederzeit artige Manieren zu haben. Hierauf ward gefragt, ob ſie Gelegenheit gehabt habe, oͤfters Perſonen von Stande zu ſehen und ihr Betra- gen zu beobachten. Mariane ob ſie gleich hier eine Franzoͤſinn vorſtellte, hatte doch das zuverſichtliche Be- jahen noch nicht gelernt, welches ſchon oft, ſowohl man- cher franzoͤſiſchen Hofmeiſterinn und Kammerjungfer, als manchem franzoͤſiſchen Kammerdiener und Pro- jektmacher, aus der Noth geholfen hat; ſie bekannte daher mit Erroͤthen, daß ſie ſelten in dem Falle gewe- ſen waͤre.
„Deſto ſchlimmer, ſagte der Hr. von Hohenauf, „denn bey der Erziehung vornehmer Kinder iſt das „nothwendigſte, ihnen ſtandesmaͤßige Manieren „beyzubringen. Zum Gluͤck kann ſie ihren Mangel „abhelfen, Mamſell, wenn ſie fleißig auf meine Ge- „mahlinn Acht hat, dann die iſt ein vollkommnes Mu- „ſter ſtandesmaͤßiger Auffuͤhrung.‟
Die Frau von Hohenauf neigte ihr mit ſtarken Knochen verſehenes Vorderhanpt nachlaͤßig auf die
rechte
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Nun ſchritt die gnaͤdige Frau zur Jnſtruction der
kuͤnftigen Hofmeiſterinn ihrer Kinder. Der Haupt-
punkt war, daß ſie beſtaͤndig franzoͤſiſch und niemals
deutſch mit ihnen ſprechen, und daß ſie die Kinder an-
weiſen ſollte, ſich als Perſonen von Stande zu betra-
gen, und jederzeit artige Manieren zu haben.
Hierauf ward gefragt, ob ſie Gelegenheit gehabt habe,
oͤfters Perſonen von Stande zu ſehen und ihr Betra-
gen zu beobachten. Mariane ob ſie gleich hier eine
Franzoͤſinn vorſtellte, hatte doch das zuverſichtliche Be-
jahen noch nicht gelernt, welches ſchon oft, ſowohl man-
cher franzoͤſiſchen Hofmeiſterinn und Kammerjungfer,
als manchem franzoͤſiſchen Kammerdiener und Pro-
jektmacher, aus der Noth geholfen hat; ſie bekannte
daher mit Erroͤthen, daß ſie ſelten in dem Falle gewe-
ſen waͤre.
„Deſto ſchlimmer, ſagte der Hr. von Hohenauf,
„denn bey der Erziehung vornehmer Kinder iſt das
„nothwendigſte, ihnen ſtandesmaͤßige Manieren
„beyzubringen. Zum Gluͤck kann ſie ihren Mangel
„abhelfen, Mamſell, wenn ſie fleißig auf meine Ge-
„mahlinn Acht hat, dann die iſt ein vollkommnes Mu-
„ſter ſtandesmaͤßiger Auffuͤhrung.‟
Die Frau von Hohenauf neigte ihr mit ſtarken
Knochen verſehenes Vorderhanpt nachlaͤßig auf die
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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773/192>, abgerufen am 26.06.2024.
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