Hier. Mit nichten! denn es ist gar keine Groß- muth. Jch habe Correspondenz nach dummeren Städten und Provinzen, wo diese schlechte Bücher begierig gekauft werden.
Seb. Aber wenn diese auch einmahl klug werden?
Hier. Sehr wohl. Alsdenn bin ich ganz gefast, den Buchhandel niederzulegen, und bloß beym Korn- handel zu bleiben. Seitdem die ökonomischen Prin- cipien aus Frankreich bey uns Mode worden sind, und alles ruft: fahrt nur viel Korn weg, so werdet ihr viel haben, ist in meinem Vaterlande und in den benachtbarten Gegenden so oft Kornman- gel, daß es sich der Mühe belohnt, ein Kornhändler zu seyn. Auf allen Fall werden in meinem Vater- lande noch keine Zeuge zu Schlafröcken, noch keine Mützen Hüte und Strümpfe gemacht; ich kann also noch Manufacturen anlegen. Aber wehe den Buch- händlern in dummen Ländern, wo schon viel Manu- facturen sind und wo die Handlung überhäuft ist. Wenn ein solch Land einmahl erleuchtet wird, so ist für sie kein Mittel zur Nahrung weiter übrig.
Seb. Aber ich habe doch gehört, daß in England und in Frankreich sich die Buchhändler bey guten Bü- chern sehr wohl stehen sollen.
Hier.
Hier. Mit nichten! denn es iſt gar keine Groß- muth. Jch habe Correſpondenz nach dummeren Staͤdten und Provinzen, wo dieſe ſchlechte Buͤcher begierig gekauft werden.
Seb. Aber wenn dieſe auch einmahl klug werden?
Hier. Sehr wohl. Alsdenn bin ich ganz gefaſt, den Buchhandel niederzulegen, und bloß beym Korn- handel zu bleiben. Seitdem die oͤkonomiſchen Prin- cipien aus Frankreich bey uns Mode worden ſind, und alles ruft: fahrt nur viel Korn weg, ſo werdet ihr viel haben, iſt in meinem Vaterlande und in den benachtbarten Gegenden ſo oft Kornman- gel, daß es ſich der Muͤhe belohnt, ein Kornhaͤndler zu ſeyn. Auf allen Fall werden in meinem Vater- lande noch keine Zeuge zu Schlafroͤcken, noch keine Muͤtzen Huͤte und Struͤmpfe gemacht; ich kann alſo noch Manufacturen anlegen. Aber wehe den Buch- haͤndlern in dummen Laͤndern, wo ſchon viel Manu- facturen ſind und wo die Handlung uͤberhaͤuft iſt. Wenn ein ſolch Land einmahl erleuchtet wird, ſo iſt fuͤr ſie kein Mittel zur Nahrung weiter uͤbrig.
Seb. Aber ich habe doch gehoͤrt, daß in England und in Frankreich ſich die Buchhaͤndler bey guten Buͤ- chern ſehr wohl ſtehen ſollen.
Hier.
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Hier. Mit nichten! denn es iſt gar keine Groß-
muth. Jch habe Correſpondenz nach dummeren
Staͤdten und Provinzen, wo dieſe ſchlechte Buͤcher
begierig gekauft werden.
Seb. Aber wenn dieſe auch einmahl klug werden?
Hier. Sehr wohl. Alsdenn bin ich ganz gefaſt,
den Buchhandel niederzulegen, und bloß beym Korn-
handel zu bleiben. Seitdem die oͤkonomiſchen Prin-
cipien aus Frankreich bey uns Mode worden ſind,
und alles ruft: fahrt nur viel Korn weg, ſo
werdet ihr viel haben, iſt in meinem Vaterlande
und in den benachtbarten Gegenden ſo oft Kornman-
gel, daß es ſich der Muͤhe belohnt, ein Kornhaͤndler
zu ſeyn. Auf allen Fall werden in meinem Vater-
lande noch keine Zeuge zu Schlafroͤcken, noch keine
Muͤtzen Huͤte und Struͤmpfe gemacht; ich kann alſo
noch Manufacturen anlegen. Aber wehe den Buch-
haͤndlern in dummen Laͤndern, wo ſchon viel Manu-
facturen ſind und wo die Handlung uͤberhaͤuft iſt.
Wenn ein ſolch Land einmahl erleuchtet wird, ſo iſt
fuͤr ſie kein Mittel zur Nahrung weiter uͤbrig.
Seb. Aber ich habe doch gehoͤrt, daß in England
und in Frankreich ſich die Buchhaͤndler bey guten Buͤ-
chern ſehr wohl ſtehen ſollen.
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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773/144>, abgerufen am 22.07.2024.
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